Grenzgebiet

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Die Nacht war turbulent, jetzt hat sich die Lage für uns beruhigt. Kambodschanische Truppen hatten das Grenz-Kasino besetzt, in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserer gestrigen Absteige, deshalb haben wir zusammen mit den meisten Grenzbewohnern den geordneten Rückzug in Richtung Norden angetreten. Mittlerweile sind wir in Surin, etwa 60km entfernt von der Thailändisch-Kambodschanischen Grenze.

Am Ende unseres Radtages sind wir schon gestern nachmittag in dem namenlosen, ziemlich unwirklichen Grenzort bei Kap Choeng eingefahren. Die Gegend ist wild, nur ein paar Kilometer von hier, über der grünen Grenze, hatten die Roten Khmer ihre letzten Rückzugsgebiete. Unsere Herberge hier ist sehr einfach, eine Mischung aus Motel und Stundenhotel, aber die Betreiber einfach fantastisch. Pim und ihre Töchter Nam und Noun sind lustig und warmherzig und haben uns ein tolles Abendessen gekocht. Als schon die meisten von uns im Bett waren, machte die Meldung von der Kasino-Besetzung die Runde. Alle thailändische Staatsbürger darin sollen inhaftiert worden sein. Plötzlich großer Verkehr: Pick-Up-Trucks vollbeladen mit Zivilisten und ihren Habseligkeiten von der Grenze weg, Militärs zur Grenze hin. Wir haben schnell den Absprung geschafft und waren nachts um eins in Surin.

Den Grenzstreit gibt es schon lange, aber selten ist er so eskaliert wie dieser Tage. Im ganzen Grenzgebiet soll es nun kleine Scharmützel geben. Es geht bei dem Ganzen offiziell um den alten Khmer-Tempel Preah Vihear, auf den sowohl die Thais als auch die Kambodschaner Besitzansprüche anmelden. Den Grenzbewohnern auf beiden Seiten könnte der Tempel nicht gleichgültiger sein, hinter dem ganzen Schlamassel steht die Politik, vor allem das Testosteron des kambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen. Natürlich bekommen wir hier vor allem die thailändische Perspektive mit, aber zu Hun Sen gibt es keine zwei Meinungen: der sorgt seit über 20 Jahren mit seiner Familie und seinen Günstlingen für eine unberechenbare Politik und ist der reichste Mann in einem der ärmsten Länder der Welt.

Wir sind von dem Hin-und Her nur in sofern betroffen, als dass wir uns nun andere Wege an die laotische Grenze suchen müssen. Heute bleiben wir erstmal in Surin und planen und organisieren uns. Zum Schluss noch die unrühmliche kleine Information, dass ich gestern fast totgetrampelt worden wäre. Das war etwas naiv von mir. Wir hatten jedenfalls einen jungen Arbeitselefanten auf seinem Feld gesehen, also nichts wie hin, schön streicheln und ein paar Bananen reichen. Der Mahout (d.h. sein Herrchen) war weit und breit nicht zu sehen. Irgendwann ist der Elefant nervös geworden, hat mir meinen Fahrradhelm aus der Hand gerissen und mir dann noch eine gescheuert. Und mich dann mit einem Bruststoß zu Boden geschickt. Das war eine überzeugende Vorstellung, aber richtig unschön war das Gefühl erst, als er sich kurz auf die Hinterläufe gestellt hat. Zum Glück hat die Kette gehalten. Jetzt habe ich einen männlichen kleinen Cut unter dem rechten Auge und werde in Zukunft mehr Respekt vor großen Tieren zeigen.

Die Szene gibt es auf Film, sogar aus zwei Perspektiven, später wurde sie herumgezeigt und man hat mich für meinen Überlebenswillen beglückwünscht. Einen Ganesh hat man mir abends geschenkt, den Hindugott mit Elefantenkopf, ich war sehr gerührt.

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4 Kommentare:

  1. Hallo Jan, hab gerade deinen Blog gelesen. Sehr beeindruckend, was du da machst und erlebst und eine angenehme Zerstreuung, etwas aus der großen weiten Welt zu lesen… Eine gute Tour und nimm dich in Acht vor jungen stürmischen Elefanten.
    Lieben Gruß von Barbara

  2. hoffentlich seid ihr alle in sicherheit und alles ist weiterhin entspannt !

  3. Hallo Jan, toller Blog. Hab von den Unruhen gehört und mal auf Eurer Seite geschaut und bin so hier gelandet. Deine Elefanten-Geschichte hört sich aber gefährlicher an als die Unruhen! Macht Spaß zu lesen, was Ihr erlebt und weckt schöne Erinnerungen an unsere Tour. Auch eine Art, das Fernweh zu stillen. Viele Grüße, Susann

  4. I hope you are all safe and everything is still in plan.

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