Apocalypse Now

Land der Tausend Elefanten, 19.11. bis 11.12.2011

Vang Vieng könnte ein idyllischer Ort sein. Umgeben von Karstbergen, nicht unähnlich denen von Guilin in China oder der Halong Bucht in Vietnam. Verschlafen könnte Vang Vieng sein, das Örtchen hat 25.000 Einwohner und da ist bestimmt die Bevölkerung der umliegenden Dörfer mit eingerechnet. Ein einstündiger Stadtspaziergang reicht vollkommen aus, um alle Straßen abgelatscht zu haben.

Noch verschlafener war das Nest bis 1964, bis dahin nur eine relativ unbedeutende Übernachtungsstation auf dem Weg von Luang Prabang und Vientiane. Während des Vietnam-Krieges betonierten die Amerikaner in Viang Veng eine Start- und Landebahn gleich neben die Häuser der Stadt und flogen von hier aus ihre Angriffe auf Vietnam. Lima 6 war der Codename der Rollbahn, die heute noch markanter Bestandteil des Ortes ist, jedoch nun fröhlich vor sich hin bröselt.

Nach dem Ende des Krieges wurde es erneut idyllisch ruhig in Vang Vieng. Bis Anfang der 1990er Jahre der Tourismus kam. Er kam, wie so oft, zunächst in Form von Rucksacktouristen, die auf der Suche nach den unentdeckten Orten auf Mutter Erde waren. Üblicherweise kommt nach dem Rucksacktourismus der Pauschaltourismus. Leider nicht so in Viang Veng, denn nach den Backpackern kamen die Partytouristen. Und sind bis heute geblieben. Die wenigen Straßen der Stadt sind gesäumt von Restaurants, in denen man die Weltküche zwischen Pizza und Hamburger serviert bekommt. Eingenommen werden die Köstlichkeiten auf Liegepodesten, zeitgleich werden amerikanische Soaps konsumiert, die über große Flachbildschirme flimmern. Am Abend ziehen die Partygänger leicht bekleidet und von Alkohol und Drogen umnebelt gröhlend durch die Straßen. Sie sind meist gerade zurück von der „Party Area„. Was es damit auf sich hat gleich mehr dazu.

Wir sind nicht nach Vang Vieng gekommen um Party zu machen. Wir wollen etwas sehen vom Ort, vor Allem aber von der einmaligen Umgebung! Daher nach dem Frühstück rauf aufs Rad und raus in die Landschaft. Zuerst zur Tham Chang. Tham ist das laotische Wort für Höhle. Also eine Tropfsteinhöhle. Ich habe schon ein paar davon gesehen und Tham Chang steht ehrlich gesagt nicht ganz oben auf meiner Liste der must see caves. Aber die ganze Anlage drumherum ist nett, ebenso die Aussicht, die man von dort oben hat. Das klingt etwas paradox für eine Höhle, um jedoch den Einstieg zu erreichen muss man zunächst 147 Treppenstufen ersteigen.

Daraufhin folgte eine abenteuerliche Fahrt zur Pou Kham Höhle rund sieben Kilometer westlich von Viang Vieng. Abenteuerlich, weil der Weg dorthin eine Schotterpiste ist, die auf einem Abschnitt dank des Regens in der vorgestrigen Nacht mit kniehohen Schlammpfützen gespickt war. Sehr zu meiner Freude, ich liebe Wasserdurchfahrten! Die anderen haben den mehr trockenen Weg gewählt. Tham Pou Kham ist auch wieder nur ein Höhle, aber wohl die einzige auf der Welt mit einer Blauen Lagune davor. Die „Blaue Lagune“ entpuppt sich dabei als Urwaldbach, der an dieser Stelle bläulich schimmert und zum Baden und Tarzan spielen einlädt. Wir haben uns darauf beschränkt den jungen Backpackern bei ihren „tollkühnen“ Sprüngen von einem Baum ins Wasser zuzusehen.

Letzte Station unseres Tagesausfluges: Die Biofarm (Organic Farm) vier Kilometer nördlich von Vang Vieng. Auch dort muss es vor einigen Jahren idyllisch gewesen sein. Aber schon bei unserer Ankunft hören wir die Beschallung der Techno-Beats. Unser Plan ist es, nach einem leckeren Essen im angeschlossenen Restaurant und einem kurzen Rundgang über die Farm, die eine laotischen Variante des Ökobauernhofs ist, mit Kajaks auf dem Song Fluss zurück nach Vang Vieng zu paddeln. Wir steigen also um in die Boote und fahren die ersten 500 Meter direkt durch die „Party Area„: Rechts und links des Ufers reiht sich Bar-Terrasse nach der anderen, alle gut gefüllt mit gut abgefüllten jungen Europäern und Nordamerikanern. Zum Wummern der Bässe wiegt man sich in Badehose oder Bikini. Die Szenen, die sich uns da bieten, sind mehr als skurril und passen so gar nicht zu dem, was wir bisher von Laos gesehen haben (und sehen werden). Ich war vorgewarnt, aber bei meiner ersten Reise nach Vang Vieng 2010 kam ich mir vor wie im Film „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola. Wer den Film kennt wird wissen, welche Szene ich meine.

Zum Glück haben wir die „Party Area“ bald hinter uns gelassen und können die letzte Stunde bis Vang Vieng in unseren Kajaks auf dem Fluss in Ruhe genießen. Den Abend geben wir Yong frei und verpflegen uns selbst in einem Restaurant.

Die Fotos des heutigen Tages stammen von Hardy, Karl, Traudl und Viola. Vielen Dank dafür! Die Bilder sind nicht richtig chronologisch sortiert, da fast alle Kameras nach einer anderen Zeit ticken. Meine Fotos liegen noch auf dem Grund des Song Flusses. Dorthin ist meine Knipse irgendwann während der Kajakfahrt entglitten. So ein Mist aber auch 🙁


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