Gesprengte Ketten

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Strecke: ca. 85 km, Wetter: ok

Blog von Monika (bis jetzt noch ohne Kettenriss)

In der Nacht tobt sich ein heftiges Gewitter über dem kleinen Bergdorf aus. Regen tost herab und schreckt einige Radler aus dem Schlaf auf. Unser leckeres Grillhühnchen am Vorabend war ganz offensichtlich nicht der hauseigene Hahn. Der macht sich recht früh und lautstark bemerkbar.

Die Fensterläden der einzelnen Zimmer der ‚Famous Farm‘ werden aufgeklappt. Unser organic- geführtes Resort liegt weit oben. Unter uns im Tal hängen Wolkenfetzen und einige Nebelschwaden wehen träge am gestern besuchten Tempel vorbei. Es ist wohltuend still – nur ganz, ganz entfernt hört man das Mehrton-Hupen der LKWs. Martin streunt auf der Suche nach Fotomotiven durch die Anlage. Hinter dem Gänsestall wird er fündig – beste Sicht auf ein riesiges, eisiges Bergmassiv. Das ist der Langtang, nein Anapurna. Die ganze Radltruppe will es sehen und staut sich zwischen Truthahn und Pfau. Ein Pony schaut erstaunt zur Stalltür hinaus. Alles falsch, es ist die Bergkette des Ganesh Himal, knapp 7000 Meter und heilig.

Wir sammeln gebückt unsere Sachen ein. Die Zimmerdecke ist sehr niedrig und erfordert eine dauerhaft demütige Haltung. Wer sie aufgibt hat eine Beule am Kopf. Edi holt sich das nächste Hämatom.

Der heftige Regen hat die Strecke aufgeweicht und Geröll auf die Straße gespült. Gudula fegt los – die Büffelmilch zum Frühstück gibt Kraft. Wir holpern die 500 Höhenmeter über die steilen Serpentinen hinunter ins Tal und orientieren uns Richtung Fluss. Dem folgen wir heute den ganzen Tag, tendenziell bergab. Die Strecke heute hat das Profil von Wellblech – es geht eigentlich immer nur die Hügel hinauf und hinunter. Geradeaus steht heute nicht auf dem Programm.

Auf den Dörfern läuft der Bürgermeister mit Wahlzetteln von Haus zu Haus, LKWs mit laut dudelnder Musik fahren über die Bergstraßen und kleben Plakate, gelegentlich werden bunte Wahlzettel auch im hohen Bogen aus dem Auto geschleudert. Heute fahren wir einem fähnchenschwenkenden Motorradkonvoi hinterher. Jens hat sich in den Pulk eingereiht und erbeutet zwei Partei-Fahnen. Auf einer ist das Unendlichkeitszeichen in Form eines Hakenkreuzes. Bhasker schnappt sich die Fahne, – not good for Germany‘ – zückt sein Taschenmesser und schneidet das Zeichen heraus. Mit großem Loch gibt er die Fahne zurück und nickt zufrieden – besser so.

Die Reisfelder haben wir zurückgelassen – auf den Feldern wächst Gemüse und Obst. Bhasker besorgt uns fingergroße Bananen zur Pause. Nicht die EU-Norm aber doppelt lecker. Jochen ist gleich drei davon. Der Verkehr nimmt zu – die Überholmanöver waghalsiger. Lichthupe bedeutet ‚Achtung – egal was du machst, ich gebe auf keinen Fall nach‘. Auf den bunten Bussen sind Namen aufgemalt: Black Diamond hustet uns mit Ruß voll, Highway Hero drängelt uns fast in den Graben und Titanic Express ist mit einer Panne liegengeblieben. Den ersten Kettenriss hat Doris nach wenigen Kilometern.

Das Tal wird enger, fast canyonartig schmal. Am Straßenrand qualmen Müllfeuer, an den viele Wasserstellen wird gewaschen und die typischen hohen Wasserkannen gefüllt. Wir müssen auf Edi und Jan warten, der nächste Kettenriss wird repariert, diesmal hat es eine völlig neu aufgezogene Kette gesprengt. Kleine Garküchen bekochen die LKWs und Businsassen. Direkt daneben versorgen wir uns an Obstständen mit frischer Ananas und Mandarinen. Albin sucht – diesmal Orangen. Unter uns krabbelt ein Rafting Team tapfer in ein rotes Gummiboot und saust die Stromschnellen hinab. Die letzten Kilometer radeln wir gemeinsam ins Riverside View Resort. Wir müssen unser Abendessen selbst aussuchen, was einige von uns fast überfordert. Wir sind gewohnt zu essen was auf den Tisch kommt. Lutz und Jutta bestellen zu scharf, das muss Jan essen, denn sein Gericht war viel zu klein. Gewinner sind die, die ein bruzzelndes Steak ordern. Ganz so heilig sind die Kühe dann doch nicht meint Sigi

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