Kaiser, Konfuzius, Kommerzielles

Kaiser, Kanäle Konfuzius, 04. bis 25.05.2019

Besichtigungstag in Qufu, der Heimatstadt des Konfuzius. Weiterhin warm und sonnig.

Als man sich im China der achtziger und neunziger Jahre wieder auf die nationale Geschichte und die „kulturellen Wurzeln“ des Reiches der Mitte besann, wurde auch Konfuzius wieder aus der Schublade geholt. Man entstaubte ihn etwas und schon war er (wieder) da, der Patron der Chinesischen Gesellschaft und ihrer Werte. Es überrascht nicht, dass Qufu, die Heimatstadt des Konfuzius mittlerweile eine Touristenhochburg geworden ist.

Gemeinsam mit tausenden Besuchern lassen wir uns heute hineinziehen um ein kleines Spektakel, das im China unserer Zeit um Meister Kong gemacht wird. Vor dem Eingang des Konfuzius-Tempel werden wir gleich von einer großen Gruppe Grundschulkindern, verkleidet als kleine Gelehrte aus vergangenen Zeiten, begrüßt. Sie rezitieren lauthals im Chor die berühmtesten Sprüche des großen Gelehrten.

Innerhalb des Tempels werden wir dann von einer Theaterinszenierung überrascht: Hinterlegt mit mächtigen Klängen, die an Filmmusik aus epischen Kriegsfilmen erinnert, wird von einer Gruppe junger Schauspieler eine historische Opferzeremonie für Konfuzius nachgespielt. Es werden Fanfaren geblasen und die Schauspieler tragen reich geschmückte Kostüme, das Ganze macht schon was her!

Fast alle der verschiedenen Tempelhallen des größten und wichtigsten Konfuzius-Tempels des Landes werden genutzt, Konfuzius-Merchandise zu verkaufen: Neben Büchern wie den Gesprächen (lunyu) und anderen konfuzianischen Klassikern gibt es viel dekoratives wie Konfuzius-Statuen, altertümliche Siegel, Schriftrollen und Bilder zu kaufen. Auch im historischen Anwesen der Familie Kong, das wir im Anschluss besuchen, ist ein Großteil der Räumlichkeiten für Kommerz reserviert.

Nach dem ganzen Trubel wird unser Nachmittagsausflug in den „Konfuzius-Wald“, in dem es das vermeintliche Grab von Konfuzius und seiner Nachfahren zu besichtigen gibt, zu einer richtigen Wohltat. Während wir uns am Grabhügel von Meister Kong noch einmal durch die Menschenmengen schieben, sind wir auf dem anschließenden Spaziergang durch die schöne Friedhofsanlage beinahe alleine und genießen die Ruhe im schattigen Grün.

Eine recht erfreuliche Anekdote sei diesem Tag noch angefügt: Zwischen dem Konfuzius-Anwesen und der Grabanlage liegen etwa zwei Kilometer, die wir uns nach der vielen Lauferei lieber in einem der Pferdewagen fahren lassen. Auf dem Hinweg haben wir dafür zusammen 50 Yuan bezahlt, der Rückweg ist etwas länger und soll laut der geschäftstüchtigen Managerin des Wagens nun 70 Yuan kosten. Ich handle sie auf 60 für uns fünf runter, etwa 1,40 € pro Person scheint doch ein angemessener Preis zu sein. Kurz bevor wir abfahren, steigt plötzlich noch ein junges chinesisches Pärchen hinzu, beide recht schick gekleidet. Bevor sie am Ziel wieder aussteigen, kommt die Überraschung: der junge Mann bezahlt (natürlich bargeldlos mit dem Smartphone) 120 Yuan für den Transport, also etwa 7 Euro pro Nase. Etwas besorgt erkundige ich mich bei der Kutschersfrau, ob mit unserem Preis alles seine Richtigkeit hätte. Ohne rot zu werden gibt die Frau zu, dass sie die Beiden gehörig über‘s Ohr gehauen hat.

Was für eine befriedigende Premiere – während man sonst als Ausländer in touristischen Ecken doch oft das Gefühl hat, etwas mehr zu zahlen, als die Einheimischen, war es heute zum ersten Mal anders herum! Soviel zu den kleinen (Schaden-) Freuden eines Reiseleiters 😉

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