Gemütliches Radeln zum Botanischen Garten

Goldenes Dreieck, vom 16.01. bis 30.01.2020

Von Ganlanba nach Menglun, 43 km, 439 HM

Beim Frühstück ist es wieder kühl. Der Morgennebel hängt im Dai-Dorf, die nahen Hügel sind nicht zu erkennen, aus den Koffern werden Daunenjacken und andere wärmende Kleidungsstücke herausgekramt. Daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen.

Pünktlich um halb elf klart es auf, wir schalten um auf Sommer und sämtliche Jacken werden wieder verstaut. Was mich mehr beschäftigt, ist die neue Straße, auf der zwar für chinesische Verhältnisse nur mäßig Verkehr fließt, aber ein Weg durch die Hügel wäre wesentlich angenehmer. Wir sind uns einig und versuchen unser Glück auf der alten Straße, die die Gruppen vor uns gemieden haben – und werden belohnt. Denn der Belag auf der kleinen kurvigen Passstraße (na ja, es war nur ein Hügel) ist durchweg neu und angenehm schattig.

Nach Fahrt durch Palmenalleen, vorbei an der Chilliernte, einigen Baumschulen, Bananan-, Drachenfrucht- und Annanasplantagen mit Obstpicknick (heute gibt es Babybananen, Pomelo und Annanas) auf einer kurvigen Waldstraße sind wir schon gegen Mittag in Menglun angekommen. Den Rest des Tages verbringen wir im Botanischen Garten, in dem vor allem gegen Sonnenuntergang eine schöne Lichstimmung herrscht, die von chinesischen Studenten zur Malerei genutzt wird. Bisher sind wir keinen weiteren Ausländern begegnet und werden dementsprechend oft gegrüßt, angesprochen und fotografiert. Andere Radfahrer, wie man sie weiter im Norden Yunnans auf bestimmten Routen trifft, sind hier auch nicht unterwegs. Mal sehen, ob sich das morgen ändert, wenn wir unsere Königsetappe in China fahren.

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Überwintern in Yunnan

Goldenes Dreieck, vom 16.01. bis 30.01.2020

Von Jinghong nach Ganlanba, 31 km flach, anschließend 20 km Spazierfahrt in der Umgebung

Heute bin ich auf ein mir neues Phänomen gestoßen. Unser Gästehaus im Dai-Dorf Ganlanba ist vor allem von älteren chinesischen Herrschaften besucht, die uns kurz beobachten und dann das Gespräch suchen. Auch Xiao Luo, die Frau unseres Fahrers, wundert sich und fragt nach. „Wie verbringen hier die kältesten Wintermonate. Ich komme zum Beispiel aus Xian, da ist es im Winter kalt und die Luft schlecht. Unsere Kinder wohnen weit weg, also überwintern wir lieben hier,“ erzählt eine ältere Dame, die mit ihrem Mann einen Monat lang im Dai-Dorf Ganlanba wohnt. Ich muss schmunzeln, das Überwintern haben sie mit den Kranichen, die wir heute beobachten konnten, gemeinsam. Manche der Langzeitgäste bleiben zwei Monate oder länger, andere wechseln ihre Winterquartiere und sind immer in Bewegung. Nicht schlecht.

„Es ist immer etwas los, jeden Tag kommen neue Besucher, es gibt andere Langzeitgäste und ihr seid ja auch da. Gestern haben wir einen Tanzkurs besucht, langweilig wird es nicht.“ Es gibt ganze Agenturen, die sich auf Vermittlung von Zimmern an ältere Ehepaare, die dem nordchinesischen Winter mit schlechter Luft entfliehen wollen, spezialisiert haben. Wer will, bekommt Essen am Buffet, die meisten ziehen es aber vor, selbst zu kochen. Kreuzfahrt war gestern, denke ich mir, ein einfaches Zimmer in einem traditionellen Holzhaus der Dai, gutes Essen und angenehmes Klima genügen völlig.

PS: Apropos Klima: morgens ist es herbstlich kühl, genauso tagsüber im Schatten, aber in der Sonne bricht dann der Sommer aus. Wir sind heute zunächst 30 km am Mekong geradelt und haben in Ganlanba angekommen Tempel und eine Aufführung besucht, bei der die Dai täglich das Wasserfest nachspielen (ja, es ist touristisch, aber die Kinder haben ihren Spaß und wenn es Gäste hierher bringt, warum nicht). Nach so kurzer Strecke zeigt Detlefs Uhr an, dass noch etwas Bewegung anstünde. Also schwingen wir uns wieder auf die Räder zur Naherkundung. Über die neue Mekong-Autobrücke bis zur noch nicht fertiggestellten Eisenbahnbrücke, dazwischen holprige Straße, Drachenfruchtplantagen, und an den Hängen immer wieder Kautschuk. Beim Abendessen zeigt sich, dass die niedrigen Tische der Dai nicht für lange europäische Beine gemacht sind. Also ziehen wir zum Abendessen an den höheren Teetisch um. Unterwegs haben wir viele Hähne in Flechtkäfigen gesehen, auch in unserer Unterkunft. Mal sehen, wann das liebe Ferdervieh uns morgen aus dem Bett ruft.

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Wo fängt das Goldene Dreieck an?

Goldenes Dreieck, vom 16.01. bis 30.01.2020

Tourstart in Xishuangbanna, 27 km in und um Jinghong

Für uns Radelnde, diesmal sind wir zu fünft unterwegs, startet die Tour in Jinghong, der Hauptstadt von Xishuangbanna, in der es trotz einer knappen Million Einwohnern eher gemächlich zugeht. Diese Gegend ist eine autonome Region der Dai, eine Gruppe, die zur Sprachfamilie der Thai gehört. Alles erinnert eher an Südostasien als an China, wie wir auf der ersten Erkundungstour feststellen: die Architektur, die zahlreichen Tempel mit goldenen Dächern, die nun Wat heißen, mir fremde Schriftzeichen neben den chinesischen Zeichen, einige Frauen tragen traditionelle Kleidung, das heißt fein gewebte bunte Wickeltücher, die Vegetation ist üppig, fast tropisch.

Nur heute früh, bei der ersten Nudelsuppe, wollte sich noch keine Tropenstimmung einstellen. Denn am Morgen ist es bei zehn bis zwölf Grad erstaunlich frisch. Die Stadtbewohner tragen dann gern Mützen und Handschuhe. Vielleicht waren wir einfach noch müde, denn die gestrige lange Anreise steckt noch in den Knochen. Auf dem Fahrrad geht es gemächlich los, zum Großen Buddha, weiter über Nebenwege durch traditionelle Straßenzüge der Dai mit Holzhäusern auf Stelzen und am ruhigen Mekong-Ufer entlang.

Am Nordostufer, nachdem wir die Große Banna-Brücke über den Mekong genommen haben, könnten die Gegensätze kaum größer sein. Nach einem Mittagessen in einer einfachen Garküche schauen wir uns den neuen Stadtteil Gaozhuang an. Der besteht aus Hochhäusern, einem überdimensionierten Hotel, und dazwischen aus kleinen Holzbauten. Hier haben die Stadtplaner eine Alternative zu den eintönigen Hochhaussiedlungen und eine schöne Mischung aus Alt und Neu im Thai-Stil gewagt. Heute abend werden wir uns dieses Viertel ansehen, wenn der Nachtmarkt mit seinen vielen Ständen und Köstlichkeiten öffnet.

Die Tropenstimmung hat sich über Mittag dann noch eingestellt, der Winter in Xishuangabnna ist mit 30 Grad, strahlendem Sonnenschein und kaum erhöhter Luftfeuchtigkeit ganz gut zu ertragen.

Hier die Impressionen vom Nachtmarkt in Gaozhuang.

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Abschiede, Heimreise und Statistik

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Statistik der ersten zwei Etappen von Mythos Mekong: Die oberen Schluchten des Mekong und Entlang der Teestraße

Heute vor fünf Wochen habe ich mich auf den Weg nach Yunnan gemacht. Jetzt sitze ich zu Hause, um viele Bekanntschaften, Erfahrungen und Erlebnisse reicher. Sortiere Unterlagen, sichere Fotos und schaue, ob Haralds nächster Blog schon online ist.

In knapp fünf Wochen haben wir unglaublich viel gesehen. Die verschneiten 6.000er Gipfel der Meili Snow Mountains, Reisfelder, Teeplantagen und sämtliche dazwischenliegenden Klimazonen bis hin zum tropischen Urwald mit seinen wilden Elefanten. Dafür liebe ich Yunnan. Wir sind verschiedenen Mentalitäten und einer unglaublichen Gastfreundschaft begegnet. Haben Grenzen getestet und in Emmerich unseren Meister gefunden… alle Widrigkeiten überwunden… keine Nudelsuppe ausgelassen und uns durch die chinesische Küche probiert, zwei Geburtstage gefeiert und jede Menge Spaß gehabt. Abgesehen von den vielen Eindrücken… hier die Statistik:

1.721 gefahrene Radkilometer
19.208 Höhenmeter
knapp über 4.000 m Höhe geradelt
mit 2.079 HM einen unerwarteten Radtag gehabt

… wir sind ja nicht nur geradelt, sondern haben mindestens diese Orte besichtigt: Yuantong Tempel und Cuihu Park in Kunming, Songzanlin Kloster in Shangrila, Balagezhong Scenic Area, Dongzhulin Kloster mit Sandmandala unterwegs, Feilai Kloster und Aussichtsplattform am Meili Snow Mountain bei Deqin, Schwarzstumpfnasenaffen bei Tacheng, Steinschatzberg bei Shaxi, Drei Pagoden von Dali, daoistische Klöster am Weibaoshan, Teeplantagen bei Chabolan Yuan, Wild Elephant Valley bei Sanchahe, die Große Pagode und den Nachtmarkt von Jinghong. 

In Xishuangbanna gehen die „Oberen Schluchten des Mekong“ und „Entlang der Teestraße“ zu Ende. Wir machen letzte Stadtrundgänge und werden von Xiao Luo und Xiao Ding zum Abschiedsessen in ein Dai-Restaurant eingeladen. Erst verabschieden wir Wilfried, am nächsten Tag trete auch ich den langen Heimweg an.

Für unsere drei Jungs Emmerich, Harald und Klaus ist die Reise noch lange nicht zu Ende, sie folgen dem Mekong bis zur Mündung in Vietnam. Karl übernimmt die Gruppe und hat drei neue Radfahrer mitgebracht.

Euch allen: es war toll mit Euch, gute Weiterreise!

Heute wird es bestimmt nicht kalt

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Sanchahe nach Jinghong, 42 km, 360 HM

Eine Tasse Kaffee auf der Terrasse mit Blick auf den Urwald. Das darf man sich auf der Teestraße auch mal gönnen. Denn direkt hinter der Herberge beginnt der Regenwald, in dem morgens üblicherweise dichter Nebel hängt. Wir starten mit einer späten Nudelsuppe um neun Uhr, und bei der Abfahrt um zehn Uhr hat sich der Nebel weitgehend gelichtet. Es wird warm, und wir verbringen unsere letzten Obstpausen im Urwald, bevor es hinunter geht nach Jinghong und an den Mekong. „Heute wird es bestimmt nicht kalt“ war Emmerichs Vorhersage, und er sollte recht behalten. Temperaturen und Vegetation sind tropisch, es blühen Frangipani, Strelizien, Hibiskus und viele andere Arten, und die Luftfeuchtigkeit hat merklich zugenommen.

Wir sind wieder am Mekong angekommen, dessen steile karge Schluchten wir am Oberlauf bewundert haben. Der Fluss ist hier klarer und um einiges breiter, fließt aber immer noch mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Laos und Thailand. Am einen Ufer wird geangelt, am anderen Ufer kann man Gaozhuang bestaunen. Vor zehn Jahren wurde der Grundstein gelegt, heute ist er fast fertig, der neue Stadtteil im Stil der Thai-Architektur. Hochhäuser, Hotels, Büros und ein Nachtmarkt, der sich am Flussufer und um die Große Pagode von Jinghong erstreckt. Am Tag ist hier nicht viel los, als wir eine kleine Spritztour durch die Stadt unternehmen. Aber am Abend werden überall Stände aufgebaut. Wir probieren uns durch die gebratenen Jiaozi, die scharfen kalten Teigrollen, trauen uns aber nicht an die vielen verlockenden Fleisch- und Fischspieße heran, wer weiß, wie lange die hier schon liegen. Vom Gewitterregen überrascht unterbrechen wir die Snacktour und trinken das überfällige Schmutzbier in einem Restaurant in der Nähe der Pagode. Eigentlich wollten wir früh im Hotel zurück sein und Karl und die neue Gruppe begrüßen. Aber ihr Flieger musste wegen des Gewitters nach Kunming umkehren, also bleibt uns noch Zeit für Nachspeisen wie frittierte Teigrolle mit süßer Kondensmilch und frisch zubereitetes Eis mit Mango, Rosinen und getrockneten Früchten.

Karl und seine Gruppe treffen irgendwann gegen elf Uhr am Abend ein. Gemeinsam mit Emmerich, Harald und Klaus werden sie übermorgen den Mekong weiter flussabwärts fahren, und das Goldene Dreieck erkunden, während Wilfried und ich den Heimweg antreten. Ich bin etwas wehmütig, aber froh, dass die lange Radtour für mich in diesem schönen und entspannten Teil Chinas endet. Hier die heutigen Eindrücke. 

PS: Der letzte Tag und die Statistik folgen natürlich noch.

Ins Tal der wilden Elefanten

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Puwen nach Sanchahe, 65 km, 750 HM

Die Karaoke-Session der chinesischen Hotelgäste nach dem Motto „Nicht schön, aber laut“ war heute Nacht um zwei Uhr beendet. Etwas schlaftrunken gehen wir heute zum Markt, um zu frühstücken. Xiao Luo kennt eine Bude, in der es handgemachte Nudeln, Migan oder auch Juanfen genannt, gibt. Der Teig wird flüssig ganz dünn auf ein rundes Blech gegossen, kurz getrocknet, als Ganzes abgenommen, gerollt oder gefaltet und in Stücke geschnitten. Darauf wird eine Kelle Suppe gegeben und die üblichen Nudelsuppenzutaten. Schmeckt ganz gut. Nach dem Essen gehen wir noch über den Markt und ich bin froh, dass ich schon satt bin, angesichts der weiteren Leckereien.

Heute stehen nicht sehr viele Radkilometer auf dem Programm. Der Morgenneben hängt noch in den Wäldern, als wir den etwa 30 km langen Anstieg beginnen. Dieser Teil Yunnans gehört schon zum tropischen Regenwald (obwohl die wissenschaftlichen Definitionen da auseinander gehen), und die Lichtstimmung ist toll. So schrauben wir uns immer weiter hinauf, der Anstieg ist moderat, es regnet nicht, und die Bäume spenden viel Schatten. Oben angekommen haben wir Aussicht auf die letzten Teeplantagen und bewaldete Hügelketten, die endlos scheinen. Als wir gegen halb zwei am Zielort, eine Herberge im Tal der wilden Elefanten, ankommen, ist es richtig heiß geworden.

Harald verschwindet wie ein Wirbelwind im Zimmer um zu waschen. Wir tun es ihm gleich. Beim Mittagessen läuft der Schweiß, man möchte sich kaum bewegen. Oder aber doch, denn jede Art von Fahrtwind tut gut. Wir haben beschlossen, noch ins nahe Schutzgebiet zu gehen, wo es wilde Elefanten gibt. „Die Tiere kommen auch manchmal hierher zur Herberge und fressen das Gemüse“, erzählt die Chefin des Hauses. Aber in den letzten Tagen seien sie fern geblieben. Man muss schon Glück haben, die Dickhäuter zu sehen. Wir radeln also ein paar Kilometer zum Nordeingang des Wild Elephant Valley, um unsere Chancen ein wenig zu erhöhen. Und … wir hatten Glück. Schon am Eingang bekommen wir die Info, dass gerade ein paar Elefanten aufgetaucht sind. Wir düsen im Eilschritt anderthalb Kilometer den Baumwipfelpfad entlang, sind wieder schweißgebadet, aber glücklich. 14 wilde Elefanten aus nächster Nähe am Wasserloch zu beobachten, was will man mehr.

PS: In dieser Gegend leben etwa 80 wilde Elefanten. Das Schutzgebiet hat zwar Zäune, was die Tiere aber nicht an der Wanderung hindert. Manchmal wird sogar die Autobahn gesperrt, wenn die Elefanten queren wollen. Wasserlöcher, wie die Stelle, auf die wir heute geschaut haben, sind feste Anlaufstellen, die die Tiere häufig, aber nicht täglich und nicht zur gleichen Zeit aufsuchen.


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Endlich Tee

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Pu`er nach Puwen, 70 km, knapp über 1.000 HM

Heute Morgen sind die Muskeln schwer. Wir haben alle etwas unruhig geschlafen, als ob man im Traum noch weiterfährt, über den nächsten und übernächsten Hügel. Beim Radeln wird es besser. Nach der Stadtausfahrt auf der großen Straße, die auch viele LKW nehmen, biegen wir ab in die Teehügel. „Das hätten wir aber auch einfacher haben können“, wird Harald am Abend bemerken, als er unseren Umweg durch die Teeterrassen im 3D-Flug auf seinem Handy anschaut. Ja, hätten wir. Dann gäbe es aber auch keine Bilder vom Hauptanbaugebiet des Pu`er Tees. Zuerst fahren wir an einer riesigen Teefabrik vorbei, dann an kleineren. Neugierig schauen wir uns um, in der ersten laufen zwar Maschinen, aber es scheint niemand da zu sein. In der zweiten dürfen wir fotografieren. Aber hier wird Schwarztee hergestellt, der im Gegensatz zum Pu`er Tee durchfermentiert wird. Gepflückt wird der Tee zwischen Februar und etwa November, eben in der Wachstumszeit der Pflanze. Ursprünglich gab es Teebäume, die zur einfachen Gewinnung zu Büschen herunter gezüchtet wurden. Die Büsche werden mit Pestiziden gespritzt, weshalb die Verbraucherzentrale NRW vor einigen Jahren vor dem vermehrten Verzehr von Pu`er Tee gewarnt hat. Heute sind wenig Pflücker unterwegs, die Hochsaison ist wahrscheinlich vorbei. „Traditionell wird der Tee gepflückt, im Wok erhitzt, gerollt, in der Sonne getrocknet und zu Fladen gepresst.“ Erzählt Xiao Luo am Abend, als sie uns Fladen von ihrem eigenen Tee schenkt. Der stammt von Teebäumen, nicht von den uralten wild gewachsenen, sondern von gepflanzten. Pestizide kommen hier nicht zum Einsatz. Sie zeigt uns auch Bilder von über 200 Jahre alten Teebäumen, die selbst ihr Großvater schon gekannt hat.

Wir spazieren eine gute Stunde in den Teeplantagen bei Chabolan Yuan, wo wir eigentlich auch wohnen wollten, wenn das Hotel nicht gerade renoviert würde. Langsam kommt auch die Sonne heraus und das Licht für Fotos wird immer besser. Mit dem Fahrrad dürfen wir allerdings nicht in die Anlage fahren, obwohl China by Bike Gruppen schon x-mal hier gewohnt haben, es gut ausgebaute Wege gibt und außer uns niemand da ist. Wir müssen uns wohl zukünftig nach einem anderen Ort in den Teefeldern umsehen. Nach einem ausgedehnten Spaziergang schlürfen wir die Nudelsuppe, die Xiao Ding uns aus dem letzten Dorf besorgt hat. Denn bis nach Puwen sind es noch 45 Kilometer, die teils steil durch ein Waldschutzgebiet führen. Unterwegs sehen wir neben Tee noch viele blühende Pflanzen, eine riesige Raupe, Kaffeesträucher, Zuckerrohr und Drachenfrucht- und Bananenanbau.  

Am Nachmittag gibt es den mittlerweile schon üblichen Regenschauer. Heute fällt er kräftiger aus, wir nähern uns immer mehr dem tropischen Regenwaldgebiet. Die Temperaturen sind gestiegen und in Puwen erkennt man schon die Einflüsse aus Südostasien, zum Beispiel an der Thai-Bauweise und den Thai-Pagoden. Gegessen wird später, auch mal nach acht, wenn die Luft sich etwas abgekühlt  hat. In den nächsten Tagen wird es wohl noch wärmer, wenn wir weiter wir nach Süden und in tiefer gelegene Gegenden kommen.

PS: Gegenüber schallt es schrill aus dem Karaoke-Tempel, mal sehen, wieviel Schlaf wir heute bekommen.

PPS: Leider hat sich mein GPS heute mal wieder verabschiedet. Laut Haralds Aufzeichnungen sind wir 70 km und 1.081 HM gefahren.

Über tausend Hügel musst du fahr`n

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Jinggu nach Pu`er, 133 km, 2.079 Höhenmeter

… oder wenn Ning`er nicht will, wollen wir auch nicht. Oder: einmal abgefahren, zweimal angekommen, wie Wilfried vorgeschlagen hat. Der heutige Tag hätte viele Titel verdient, vielleicht sogar Königsetappe, Neuland Teil 2… ich kann mich schier nicht entscheiden.

Heute Morgen haben wir uns noch ganz entspannt eine Stunde Zeit für das Frühstück gelassen. Es gab Buffet im schönen überdachten Innenhof, Kaffee und Nudelsuppe. Was will man mehr. Da standen noch knapp 90 km und unbekannte Höhenmeter auf dem Plan. Neuland eben. Die erste Überraschung war der 19 km lange Anstieg, wir haben jeden möglichen Hügel mitgenommen, etwa 600 HM, und eine tolle Abfahrt. Unten angekommen geht es am Fluss weiter, die Nudelsuppe  mit ausgedehnter Mittagspause bei Kilometer 54. Soweit so gut. Wir wissen nur, dass noch ein Anstieg bis zu unserem Zielort Ning`er kommen muss. Weil der Fluss einen anderen Weg nimmt als die Straße. Also schrauben wir uns immer weiter hinauf, bis wir wieder auf über 1.400 Meter Höhe sind. Zum zweiten Mal heute. In Ning`er angekommen zeigt das GPS gut 1.400 HM. Die Landschaft war schön und der Verkehr hielt sich in Grenzen, obwohl es gestern ruhiger war. Wenn die Autobahn einmal fertig ist, wird es hier wohl noch ruhiger.  

Aber das war es noch nicht für heute. „Ausländer dürfen bei uns nicht wohnen“, ist die monotone Antwort der Rezeptionistin im Hotel in Ning`er. Hallo, bei der Reservierung ist extra danach gefragt worden. Nach vielen Telefonaten, unter anderem mit der hiesigen Polizei, bleibt es dabei. Unsere gute Seele Xiao Luo läuft zu Höchstform auf. Was ist denn das für eine Servicehaltung, erst ja dann nein, und überhaupt, wir sind doch hier in Yunnan und nicht irgendwo. Es bringt alles nichts. Ich habe vor ein paar Jahren zweimal in Ning`er übernachtet, und keine besonders gute Erinnerung daran. Die Stadt ist das ehemalige Pu`er und musste den Namen an die heutige Hauptstadt des Pu`er Tees, ehemals Simao, abgeben. Völlig zurecht, wie ich mittlerweile finde. „Wenn Ning`er nicht will, wollen wir auch nicht“, denke ich bei mir. „Dann geht es eben weiter nach Pu`er“. Nochmal 40 km. Die anderen sind willig, also nichts wie weg hier.

Da war es schon weit nach vier. Was soll ich sagen. Wir sind um kurz nach sieben in Pu`er angekommen. Nach insgesamt 2.079 Höhnmetern und 136 km (Xiao Ding hat die Kilometerzahl nach einem Blick auf das Autonavi auf 133 herunterkorrigiert), und mit dem letzten Licht. Puh. Durchatmen, Räder versorgen, Dehnen, Schmutzbier hinunterstürzen, Duschen und Essen. Und einen guten Schluck von Xiao Dings Baijiu trinken. Ich freue mich über das nette Hotelpersonal, die Stadtatmosphäre und auf das Bett. Mal sehen, was die Muskeln morgen sagen. Das soll es für heute sein. Gute Nacht.    

PS: Wir haben zwar eine Strecke in Laos mit über 2.000 HM im Programm, aber ich weiß von keiner ähnlichen Etappe in China.

PPS: Übrigens gab es heute abend ein Gericht aus Teeblättern und Rührei. Den Tee haben Xiao Luo und Klaus selbst gepflückt und im Restaurant abgegeben. Lecker, obwohl Xiao Luo meint, das Ei sei zu stark gebraten und weniger Öl hätte es auch getan. Leider war ich so hungrig, dass ich vergessen habe, Fotos davon zu machen.


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Unendliche Wälder, die noch keine Gruppe beradelt hat

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Zhenyuan nach Jinggu, 110 km, 1.400 HM

Die Lichtstimmmung am Morgen ist fantastisch. Vor uns liegt ein 21 km langer Anstieg, was wir aber noch nicht wissen. Denn diesen Weg hat noch keine Teestraßen-Gruppe vor uns genommen. Tief hängende Wolken über einer Straße, die sich durch den Urwald schlängelt. Dazu roter Sand und weiter oben blauer Himmel. Vogelgezwitscher überall, und große bunte Schmetterlinge. Wir betreten also „Neuland“. Es macht einen tropischen Anschein, ich bin völlig begeistert. Die Straße kann noch nicht sehr alt sein, denn rechts und links sind noch keine Felder angelegt und es gibt kaum Häuser, geschweige denn Siedlungen. Es ist die Alternativroute, zu der wir gezwungen sind, weil auf der ursprünglichen Strecke die Autobahn gebaut wird. Bis etwa km 50 folgen wir der Alternative durch den nahezu unberührten Wald. Zwischendurch tauchen die ersten Teeplantagen auf, und die Abfahrten bieten tolle Ausblicke in immer weitere Täler.

Nach dem Mittagessen in einer kleinen Bude ist mir eigentlich nach einer ausgedehnten Pause zumute. Denn es ist warm und wird immer wärmer. Aber weil wir nicht genau wissen, was noch auf uns zukommt, fahren wir lieber weiter. Außerdem eignen sich die kleinen Hocker auch nicht zum längeren Aufenthalt, bei Liegestühlen wäre uns der Aufbruch wohl schwerer gefallen. Was folgt, sind Tee- und Kautschukplantagen, bunt blühende Bäume, viele Aussichtspunkte und Annanas. Es ist wohl gerade Saison, denn die Verkaufsstände sind voll davon. Wir probieren natürlich und genießen die süßen Früchte. Schließlich gibt es noch zwei kurze erfrischende Regenschauer, bei strahlendem Sonnenschein. Gegen zwanzig nach vier sind wir am Zielort. Das war mal eine richtig schöne Alternativroute, hier ein paar Eindrücke.


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Schlamm und andere Hindernisse

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Transfer von Jingdong nach Zhenyuan

Machmal kommt es anders als geplant. Die ganze Nacht hindurch hat es geregnet, und beim Frühstück wird es nur noch stärker. Es ist wie ein tropischer Platzregen. Regen bei der Abfahrt ist zwar nicht schön, aber kein Hindernis. Das eigentliche Problem ist die Autobahn, die hier gebaut wird. Denn nach 40 km müssen wir auf eine Umgehungsstraße ausweichen, die bei diesem Wetter schlammig und rutschig, außerdem stark befahren ist. Das heißt, nach 40 km müßten wir uns sowieso ein zweites Auto für den Transport besorgen. Da das hier in Jingdong einfacher ist als unterwegs im Regen, beschließen wir, direkt mit dem Auto zu fahren.

Die Zeit bis zur Abfahrt vertreiben wir uns mit einem Marktspaziergang. Bananenbaum-Herzen, Wiebenwaben, Bambussprossen, Yamswurz, Taro, Bohnen in allen Farben und Formen und etliches uns unbekanntes Obst und Gemüse kann man hier entdecken. Dazu viele Snacks aus Klebereis und Roter Bohnenpaste.

Mit dem Auto unterwegs zu sein, kommt mir viel länger vor als mit dem Fahrrad. Heute dauert es noch etwas länger, weil zwei Fahrzeuge auf der schmalen Straße nicht aneinander vorbei fahren können oder wollen und einen langen Stau verursachen. Irgendwann kommen wir doch noch in Zhenyuan an. Es hat aufgehört zu regnen, wir spazieren noch etwas an der Uferpromenade entlang und probieren den Fisch in einem Restaurant im Stil der Dai-Minderheit. Es war ein etwas seltsamer Tag, und ich freue mich darauf, morgen wieder auf dem Rad zu sitzen.