Kein Klo, aber WLan

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Shigatse nach Rasa, 82 km, 520 HM

Heute abend sitzen wir in einem tibetischen Straßendorf, draußen gibt es Esel, Hunde, Schafherden und ab und zu donnert ein Lastwagen an unserer Herberge vorbei. Drinnen sieht es aus wie in jeder Kneipe auf dem Lande, bunte Möbel, ein paar Sofas mit Teppichen, irgendwo ein Schrein und ein großer Flatscreen. Nach dem Abendessen hat es uns eine chinesische Soap angetan, die unser Herbergsvater angestellt hat. Wir müssen noch ein wenig aushalten, bevor wir in unserem Siebenbettzimmer verschwinden.

Der Tag hat eine tolle Landschaft für uns bereit gehalten. Zuerst durfte Ramon mit den Mädels von der Tankstelle posieren, und nach dem Mittagessen nach 60 km (es gab Yak-Momo und Nudeln, wie üblich) ließ auch der Verkehr nach. Nicht aber der Gegenwind, der die Fahrt durch die Weite noch etwas anstrengender machte. Yak-Herden, Weite und wieder Yak-Herden. Nur die Jeeps, die mit ziemlichem Tempo durch die Gegend brausen, stören etwas, besonders Franz hat eine regelrechte Allergie gegen die weißen Karossen entwickelt.

Unsere Herberge hat im hinteren Trakt eine Art Tempel, im Obergeschoss lässt es sich gemütlich sitzen, auch vor dem Haus ist es spannend. Es gibt leckeres Essen, draußen fließendes Wasser, ja sogar WLan. Nur… keine Toilette, noch nicht einmal ein Plumpsklo im Hof. Soweit ist die Familie noch nicht, denn sie selbst übernachten ein paar hundert Meter weiter, und dort gibt es wohl ein Klo. So ist es eben auf dem Lande, und bis es Zeit wird zu Bett zu gehen, schauen wir eben noch chinesische Seifenopern und nutzen das Internet.


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Letzte Stadt vor Kathmandu

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Ruhetag in Shigatse mit Besichtigung des Tashilunpo Klosters und anschließender Kora

Nach der gestrigen Fahrt von Gyantse nach Shigatse, 94 km eben durch die Kornkammer Tibets, in der gerade die Gerste eingeholt wird und Bäume am Wegrand gefällt werden und auch schonmal auf die Straße fallen, machen wir heute einen Ruhetag in Shigatse.

Vor der Besichtigung des Tashilunpo Klosters, Sitz des Panchen Lamas und ursprünglich eines der sechs wichtigsten Klöster des Gelug Ordens, ist ein Halt im Merida Radladen von Shigatse geplant. Ramon entdeckt einen passenden Helm in ganz neuem Design, ich erstehe eine Trinkflasche, das sind die Souvenirs, die man als Radfahrer mit nach Hause bringt. Natürlich radeln wir durch die Stadt, denn spätestens ab halb elf wird es in der Sonne so warm, dass der Fahrtwind angenehm kühlt.

Das Kloster selbst ist eine große Anlage, allerdings sind hier weniger Mönche anzutreffen als an den vorher besuchten Orten. Wären da nicht die vielen Pilger, meist stattliche ältere Damen, die die Stupas umrunden und Gebetsschals an den Grabstätten der vorherigen Panchen Lamas darbringen, könnte sich der Eindruck eines Museums einstellen. Wir sind mit der Zeit ein wenig tempelmüde, so dass auch die weltgrößte Kupferstatue des Zukunftbuddhas Maitreya nicht mehr so eindrucksvoll erscheint, wie es noch vor zwei Wochen der Fall gewesen wäre. Aber eins hat seinen Reiz nicht verloren: den Tempelkatzen zuzusehen, das ist eine Spezialität von Annika und Dirk, und vor den Hallen mit glänzend goldenen Dächern, die sich vom strahlend blauen Himmel abheben, in der Sonne zu sitzen und zu relaxen.

Um unser Mittagessen zu verdienen, stimmen wir zu, als Tashi die Kora vorschlägt, also den kleinen Pilgerweg um das Kloster. Am Wegrand liegt zwischen den vielen hundert Gebetsmühlen versteckt ein kleines Nonnenkloster, in dem wir eine Kerze anzünden. Nonnenköster erhalten hier nach unserer Erfahrung keine Eintrittsgelder, da kann eine kleine Spende nicht schaden. Die Kora zieht sich höher und höher den Berg hinauf und gibt schließich den Blick auf die Festung von Shigaste frei. Außer uns haben sich in der Mittagshitze nur im Schatten dösende Hunde, sowie ein paar Schafe und Ziegen hierher verirrt. Nach knapp zwei Stunden erreichen wir die Altstadt und spazieren über den Markt, der neben getrocknetem Fleisch, Nudeln und den typisch ranzigen Geruch verströmenden Butterfässern wieder allerlei Pilgerzubehör und Bilder hochrangiger Lamas anbietet. Neben dem letzten Panchen Lama ist vor allem der in Indien lebende und noch recht junge Karmapa beliebt. Wir werden immer besser darin, die vielen unterschiedlichen Gesichter auseinanderzuhalten.

Nach ein paar letzten Besorgungen, immerhin ist Shigaste nicht nur die zweitgrößte Stadt Tibets, sondern auch unserer letzter „Zivilisationsaufenthalt“ vor Kathmadu, genießt jeder ein paar Stunden Freizeit. In den nächsten Tagen fahren wir über Land, vielleicht gibt es unregelmäßig Internet, so dass der Blog wohl etwas auf sich warten lässt. Annikas Reiseführer hält für den Aufenthallt auf dem Land für Frauen einen ungewöhnlichen Tipp parat: nicht mehr waschen, das gezieme sich nicht. Wir werden berichten, was es damit auf sich hat.


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Großstadttour auf tibetisch

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Ruhetag in Gyantse, Besichtigung des Klosters Pälkhor Chöde und des Nonnenklosters Rabse

Gyantse ist zwar die drittgrößte Stadt Tibets, aber im alten Kern sieht es aus wie auf dem Land. Das Vieh ist vor den Häusern angebunden und döst im Schatten, an den Mauern wird der Kuhdung getrocknet, der zum Heizen verwendet wird. Wir radeln eine Runde durch Gyantse, bevor wir das Kloster Pälkhor Chöde besichtgen.

Einst war dieser Ort eine Art ökumenisches Zentrum, in dem die verschiedenen Orden zusammen gelebt haben. Heute erinnern nur noch die Bilder der Äbte an diese Zeit. Die meisten der hochrangigen Lamas leben längst im Ausland, in Gyantse sind nur noch etwa 20 Mönche übrig geblieben. Über den Buddhismus kann man heutzutage im Westen vermutlich mehr erfahren als hier. Die Hallen haben aber eine besondere Atmosphäre, es gibt mehr Holzstatuen als anderswo, riesige in Yakleder eingewickelte Tangkas und eine etwas gruselig anmutende Schutzgotthalle, in der ausgestopfte Tiere von der Decke hängen. Auf der begehbaren Stupa stampfen Tibeter den Boden fest, dabei singen je Männer und Frauen im Wechsel und geben mit ihrem Stampfwerkzeug den Takt an. Von oben aus hat man einen tollen Ausblick auf die Ebene von Gyantse, die von hohen Bergen umgeben ist. Von April bis jetzt wird hier Gerste angebaut, Obst und das meiste Gemüse wird aus China importiert.

Das Nonnenkloster Rabse liegt oben am Berg. Mit dem Fahrrad ist der Anstieg mittlerweile kein Problem mehr, aber jegliche Treppenstufen lassen uns nach Luft schnappen. Rabse ist zwar kleiner, wirkt aber bunter und frischer als das Hauptkloster im Ort. Die Sonne ist intensiv und die weißen Stupas blenden so stark, dass wir kaum hinsehen können. Wir sind immerhin noch auf über 4.000 m Höhe. Nach einer kurzen Rast radeln wir wieder zurück, vorbei an der Pferderennbahn und einer neuen Reihenhaussiedlung im tibetischen Stil. Den Rest des Tages verbringt jeder auf seine Art. Morgen geht es wieder aufs Rad und nach Shigatse, der zweitgrößten Stadt des Landes.


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Zum Karo La Gletscher

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Nagatze nach Gyantse, über den Karo La (5.050), 104 km, 852 HM

Ein Bilderbuchtag, der es sich hatte. Nach einem frühen Frühstück in einer urigen tibetischen Kneipe geht es bis auf den Karo La hinauf. Am Morgen ist es knapp über Null Grad, dann kommt die Sonne heraus und die Temperaturen steigen. Im Laufe des Tages sollen sämtliche Radklamotten zum Einsatz kommen. Yakherden, der höchste Gletscher Tibets, Pfeiffhasen und oben am Pass ein Nomadenzelt für die Mittagspause. Annika, Dirk und Franz sind die Helden des Tages, sie sind den ganzen Weg geradelt.

Die 40 km lange Abfahrt gibt den Blick frei auf eine weite Landschaft, im Hintergrund immer noch die weiße Kuppe des Karo La, später der kurze Anstieg zum Simi La (4.350). Wir bewegen uns immer auf Höhen von über 4.000 m. Am Straßenrand verkaufen Tibeter Ketten aus Yakkäsewürfeln, die Kinder in den Dörfern rufen uns das Hello entgegen, auf den abgeernteten Feldern werden die Yak vor den Pflug gespannt. Und nach gut 100 km kommt die Festung von Gyantse in Sicht, die hoch über der Stadt thront. Eine fantastische Radetappe. Für den Rest sollen die Bilder sprechen.


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Yamdrok-See

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Qushui nach Nagatze, 102 km, 1.300 Höhenmeter am Stück

Die Luft ist dünn, die Pässe werden höher und die Radtage länger, das Internet aber nicht unbedingt besser, deswegen fällt der Blog etwas knapper aus.

1.300 Höhenmeter am Stück standen auf dem Plan, eine schier nicht enden wollende Serpentinenstrecke bis zum 4.785 m hohen Kampa La. Spätestens ab 4.500 m Höhe wird das Atmen schwerer und die Beine auch. Franz ist der unangefochtene Bergkönig, Annika und Dirk haben einen chinesischen Radler mit schwerem Gepäck mitgezogen, der erschöpft am Straßenrand sass. Ramon hat mit leichten Kopfschmerzen zu kämpfen. Ich weiß gar nicht mehr so richtig, wie ich hoch gekommen bin, vielleicht etwas in Trance, der wenige Sauerstofff hat sich diesmal bemerkbar gemacht.

Oben angekommen ist die Aussicht auf den Yamdrok-See, den zweitgrößten See Tibets, und den Gletscher des Kampa La am Horizont atemberaubend. Es sind einige Jeeps unterwegs und wir hätten unsere erste Bergetappe gern etwas ruhiger genossen. Trotzdem ist diese Weite einfach unbeschreiblich schön.

Danach geht es etwa 60 Kilometer am See entlang und an kleinen Dörfern vorbei. Ich setzte mich nach dem Pass ins Auto, Magen und Kreislauf sind noch nicht an die Höhe angepasst, aber alle anderen fahren tapfer durch. Spät am Abend erreichen wir Nagatze, vor dem Eingang des Hotels wird wie fast überall im Ort die Straße aufgerissen. Wir treffen noch auf einige chinesische Radfahrer, die die Strecke in die andere Richtung fahren. Es war ein voller Tag in einer unglaublich schönen Landschaft.


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Wadenvergleich

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Lhasa nach Qushui, 65 km, flache Einrolletappe

Was erlebt man, wenn man Lhasa in Richtung ländliche Umgebung verlässt? Zunächst einmal Baustelle, über etliche Kilometer hinweg. Aus einer normalen Kreuzung wird schnell eine autobahnähnliche Verkehrsführung mit Hochstraßen, auf den Ausfahrten gibt es auch mal Gegenverkehr. Wahrscheinlich ist die Kreuzung so neu, dass niemand so recht weiß, wo es lang geht. Bald wird es ruhiger und unser Weg führt uns immer an einem der Brahmaputra-Zuflüsse entlang.

Am Felsbuddha machen wir eine kurze Obstpause, damit wir nicht viel zu früh am Zielort ankommen. Einer Tibeterin fallen Annikas stramme Radlerwaden auf. Sie ist tief beeindruckt und macht einen Wadenvergleich. Kontaktscheu sind sie nicht, die Tibeter, die wir unterwegs treffen.

Trotz eines Mittagessens, es gibt wie übich entweder Yak-Momo oder tibetische Nudeln, mit ausgedehnter Siesta in der Sonne kommen wir früh am Zielort an. Qushui ist ein um eine Haußtstraße und ein paar Schuh- und Handyläden erweitertes Bauerndorf. Im alten Dorfteil laufen die Yak frei herum, die wenigen Bewohner sitzen vor der Tür in der Sonne. Am Abend finden wir ein tibetisches Restaurant, das auch Sichuan-Küche anbietet, das wahrscheinlich beste Essen der Tour. Heute ist auch Mondfest, das traditionell im Kreise der Familie begangen wird. Eine chinesische Familie feiert vor ihrem Laden auf der Straße. Wir werden herangewunken und unter viel Gekicher haben wir jeder ein Stück Melone in der Hand.

Nach der flachen kürzeren Einrolletappe werden wir uns ab morgen die ersten Pässe hinauf wagen, und sind schon gespannnt wie es klappt. Immerhin werden wir uns dann meist auf Höhen zwischen 4.000 und 5.000 Metern bewegen.


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Tempel, Klöster und Handwerkskunst

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigung des Jokhang Tempels, Fahrt zum Kloster Drepung, 19,9 km und die ersten 155 HM

Der Jokhang Tempel ist das Pilgerziel Nummer eins in Tibet. Unermüdlich drehen die gläubigen Tibeter hier ihre Runden, murmeln Gebete und drehen ihre Gebetsmühlen. Lange geflochtene Zöpfe, hübsche Kleider unter der braunen Pilgerkleidung und Ketten mit großen Korallen- oder Türkissteinen, das ist die vorherrschende Tracht bei den Frauen. Viele werfen sich den ganzen Tag lang vor dem Heiligtum nieder. „Wenn man ein größeres Problem in der Familie hat, geht man zum Lama. Der empfiehlt manchmal, sich am Jokhang niederzuwerfen, 100mal, 200mal oder auch öfter.“ erklärt Tashi. Früh am Morgen gehören die Hallen den Pilgern, danach kommen die Touristen dran. König Songtsen Gampo mit seinen drei Frauen, Padhmasambhava aus Indien, der die ersten Klöster in Tibet gegründet hat, der Gründer des Gelug Ordens Tsongkhapa mit seiner gelben Kappe und einige Buddhas und Bodhisattvas können wir mittlerweile identifizieren. Aber ein großer Teil der Statuen ist uns ein Rätsel. 

Danach gehen wir ins moslimische Viertel und suchen den Laden Dropenling. 2003 hat eine australische NGO hier begonnen, gemeinsam mit Künstlern aus der Umgebung Muster für allerhand Stoffgegenstände aus hochwertigen Naturprodukten zu entwerfen und traditionelle Gegenstände in modernes Design zu bringen. Frauen in entlegenen Dörfern bekamen eine Schulung, und in regelmäßigen Abständen wurden die fertigen Produkte abgeholt und in Lhasa und Shangrila verkauft. Ich hatte 2006 einen der Australier kennengelernt, aber jetzt führen die tibetischen Mitarbeiter die Idee weiter. Draußen im Innenhof stellen Handwerker Buddhastatuen aus Kupfer her. Für die Bestellung aus einem 400 km entfernten Kloster brauchen die Männer zwei Monate, der Preis wird bei etwa 70.000 RMB, umgerechnet über 8.500 Euro liegen.

Am Nachmittag radeln wir unsere ersten Höhenmeter ins Kloster Drepung, dem größten Kloster des Landes. Es ist angenehm ruhig und fast leer hier, und wir wären gern viel länger auf den Stufen der Haupthalle sitzen geblieben, um in die Berge zu schauen und die Atmosphäre zu genießen.

Auf dem Rückweg fahren wir noch einmal am Potala vorbei, und kommen nicht ohne einige weitere Fotos daran vorbei, bevor wir schließlich im Hotelinnenhof unser Schmutzbier genießen.


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Akklimatisieren und Einrollen

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigungstag in Lhasa: Potala-Palast und Kloster Sera, Abholen der Räder, 15 km Einrollen

Der Potala-Palast ist ein Muss. Trotz der vielen Ticketkontrollen und des begrenzten Zeitfensters – ab Betreten der „roten Etage“ bleiben 50 Minuten für die Besichtigung – ist die ehemalige Residenz der Dalai Lamas selbst als Museum noch eindrucksvoll. „Es gibt drei Farben am Gebäude: weiß, gelb und rot“. erklärt unser Guide Suonian, der nebenbei noch eine kleine Kneipe in der Altstadt betreibt und gestern bis spät in die Nacht Freunde bewirtet hat. Rot steht für Religiöses und kennzeichnet die Gemächer und Audienzräume der Dalai Lamas. Gelb steht für Macht. Die weißen Etagen waren reine Verwaltungstrakts. „Die schweren Vorhänge sind wie in den Nomdenzelten aus Yakwolle gefertigt. Sie weisen Wasser ab, lassen aber Sternenlicht durch“. In Gedanken schaue ich in einer lauen Sommernacht in die unendliche Weite des Sternenhimmels, nicht schlecht.

So erfahren wir allerlei über die Geschichte und Architektur dieses stolzen Bauwerks, während wir die vielen Treppen zu den obersten Etagen erklimmen. Es klappt zwar schon besser mit dem Treppensteigen als gestern, aber die Höhe macht sich immer noch bemerkbar. Leider ist fotografieren in den Innenräumen nicht erlaubt. Oder glücklicherweise, denn bei den vielen bunten, reich verzierten Kapellen, Privathallen, Audienzräumen, Grabstupas und Mandalas wären wir sonst nie weitergekommen.

Nach einem Mittagessen in den Hinterhöfen der Altstadt holen wir unsere Räder ab. Der neue UCC Radladen liegt etwas außerhalb, ist gut sortiert und voller Bilder des stolzen Inhabers und seiner Radfreunde. „Ich drehe noch schnell eine kurze Runde, nehmt euch schonmal eure Räder“, meint der Chef und ist mit seinem neuen bike auf und davon, nachdem er anerkennend meinte, Kogas seien in China eine Seltenheit. Er selbst sei auch schon nach Nepal gefahren, tolle Sache. Ich freue mich immer wieder, solche Radfreaks in China zu treffen. Franz und Ramon decken sich noch mit Trikots ein, wir übrigen mit Trinkflaschen, machen ein Gruppenfoto vor dem Laden und verabschieden uns von den Jungs vom Radladen. 

Zum Einrollen fahren wir ins nahe Kloster Sera. Annika ist noch nicht in China geradelt, da eignet sich die kurze Etappe zum Gewöhnen an den Stadt- und Gegen- und Querverkehr. Sera ist wie das Kloster Kumbum in Xining eines der sechs wichtigen Universitäten des Gelug Ordens. Wir sind noch rechtzeitig da, um den Mönchen beim Debattieren zuzuschauen. Es geht recht laut und lebhaft zu. In Paaren verinnerlichen die Mönche den vorher gelernten Text. Der Stehende stellt Fragen, der Sitzende muss antworten, und das stundenlang. Am besten funktioniert das Fragen, wenn man dabei auf und ab läuft, die Gebetkette schwingt und am Ende laut in die Hände klatscht.

Beim Einstellen der Räder im Hotelinnenhof treffen wir eine Brasilianerin, die in bestem Deutsch begeistert nachfragt, wie es denn mit dem Radeln in Tibet sei. In Südamerika könne sie aus Erfahrung Uruguay als Radland empfehlen. Wir plaudern noch eine Weile und gehen dann mit unserem eigentlichen Guide Tashi zum Abendessen. Lhasa ist voller unterschiedlicher Orte und Menschen. 


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Fahrn fahrn fahrn mit der Tibet-Bahn

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Mit der Tibet-Bahn von Xining nach Lhasa

Es ist Abend in Lhasa, die Stadt ist ruhig, nur der Regen plätschert auf die Dächer. Endlich sind wir in Tibet angekommen.

Gestern haben wir uns nach einer guten Portion handgemachter Jiaozi auf den Weg zum Bahnhof gemacht. Bepackt mit Fladenbroten, Joghurt, Obst, Rosinen, Keksen und der obligatorischen Packung Instantnudeln, die auf keiner Bahnfahrt fehlen darf. Wir sind nicht die einzigen, die im neuen Hauptbahnhof auf die Weiterreise warten. Der Z21 soll uns um 15:21 Uhr über die höchste Eisenbahnlinie der Welt nach Lhasa bringen. Es ist eine Fahrt der Superlativen. Ab Golmud liegen 80 Prozent der Strecke über 4.000 m, 550 km davon sind auf Permafrostboden gebaut, irgendwo zwischendrin liegt noch der höchstgelegene Tunnel überhaupt. Eine bautechnische Meisterleistung.

Sitzt man aber im Zug und hat es sich im Viererabteil gemütlich eingerichtet, ist es eher die Landschaft, die fasziniert. Hochland, Weite, Schaf- und Yakherden, Weite, Weite und noch mehr Weite. Und das fast 22 Stunden lang. Die Bahn überwindet in gemächlichem Tempo ein beachtliches Höhenprofil. Hinter Golmud geht es beispielsweise stetig von 2.800 m auf 4,772 m hinauf, in nur 160 km. Man kann in aller Ruhe aus dem Fenster schauen, lesen und essen. Zu Beginn fahren wir am Ufer des Qinghai Sees vorbei, mal scheint die Sonne, mal hängen wir in den Wolken. Den 5.072 m hohen Kanggula Pass passieren wir in der Nacht, Ramon war noch wach, hat aber auch nur den tollen Sternenhimmmel gesehen. Bei Tageslicht sind wieder verstreut kleine Jurten oder Höfe zu sehen, erst kurz vor Lhasa nimmt die Besiedelung deutlich zu, und neben der Bahntrasse wird eine Autobahn gebaut. Der Bauboom macht auch in Tibet nicht Halt.

In Lhasa angekommen, werden wir mit den traditionellen weißen Schals begrüßt. Den Rest des Tages lassen wir uns im Strom der Pilger und Touristen in der Altstadt rund um den Jokhang Tempel herum treiben. Da sollen heute die Bilder sprechen. Der Regen setzt erst spät am Abend ein, und wir hoffen alle, dass es spätestens in zwei Tagen, wenn wir auf die Räder steigen, schön trocken bleibt.


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Ein kleiner Vorgeschmack

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigungstag in Xining, Besuch des Kloster Kumbum

Tag eins der Tibettour beginnt in der Provinz Qinghai. Denn wir wollen uns langsam akklimatisieren, und die Provinzhauptstadt Xining, auch Startpunkt der Tibet-Bahn, liegt immerhin schon auf 2.200 m Höhe.

Wir sind zu fünft unterwegs und haben die Räder also vorläufig gegen das Auto eingetauscht. Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel lassen wir uns zum Kloster Kumbum (chinesisch Taersi) kutschieren. Ein kleiner Vorgeschmack auf Tibet, denn diese große buddhistische Lehranstalt ist eines der sechs wichtigsten Klöster des Gelug Ordens – errichtet an der Geburtsstätte des Ordensgründers Tsongkhapa, was dem Ort eine noch größere Bedeutung verleiht.

Hatte ich das Kloster als ein von chinesischen Reisegruppen übernommenes Highlight in gut erreichbarer Nähe von Xining in Erinnerung, so war es heute angenehm ruhig hier. In einer der ersten Hallen wurden wir von einem jüngeren Mönch unter die Fittiche genommen. Dann ging es von einer Halle in die nächste, Buddas, Bodhisattvas und Taras anschauen, Gebetsmühlen drehen, zwischendurch Ausruhen in der Sonne, schließlich muss das Gesehene auch verdaut werden. „Das richtige Herz bei der ganzen Sache zu haben, ist das Wichtigste“, meint der Mönch. Dann kann man auch zwischendurch Lieder singen, fröhlich herumtanzen und für Fotos posieren. Heute haben wir erlebt, wie lebendig das Mönchsleben zeitweise sein kann.

Einen kulaninarischen Vorgeschmack haben wir auch bekommen, und zwar im Einzugsgebiet der Großen Moschee, denn die Stadt selbst ist eher islamisch geprägt. Selbstgemachte Teigtaschen gefüllt mit Lamm oder Rindfleisch, gezogene Nudeln, allerhand Süßigkeiten und Fladenbrote. In der Nähe der Shuijing Gasse gibt es zusätzlich die obligatorischen Trendgetränke, wie Milchtee mit Getreidekörnern auf Eis in Plastikbechern. Das sind kurzlebige Modeerscheinungen, die im nächsten Jahr durch etwas anderes abgelöst werden, hoffentlich zur Abwechslung nicht in Einwegplastik. Einmal mehr ist er Magen zu klein für die riesige Auswahl an Speisen.“Süßigkeiten machen langsam“, wird auf dem Rückweg ins Hotel festgestellt, nicht etwas wegen der Gewichtszunahme, sondern der vielen Stopps für den Hunger zwischendurch.

Morgen geht es mit der Tibet-Bahn in Richtung Lhasa, wo wir uns weitere zwei Tage lang auf die Höhe einstellen, bevor unsere Radtour richtig beginnt.


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