Eintauchen in die 20 Millionen

Das Blaue China, 19.10. bis 10.11.2013

Ankunft und Ausflüge in Shanghai bei fast perfektem Wetter.

Ach Shanghai… wie sehr ich dich mag! Eigentlich sag ich immer: „Shanghai ist nicht China!“ Dennoch vereint es dessen jüngere Geschichte wie keine andere Stadt. Die Symbolik am Bund und der gegenüberliegenden Pudong-Skyline brennt sich gnadenlos in den Augapfel. China zeigt hier der Welt was es von der kolonialen Vergangenheit hält und wie lächerlich doch die alten Großmächte erscheinen im Vergleich zur neuen Weltmacht. Bunt, schrill, laut, schnell… Vielleicht ist Shanghai eben doch China – nur zig-fach verstärkt.

Wir hatten auf jeden Fall einen guten Flug und kamen pünktlich früh wie erwartet in Shanghai an. Nach und nach traf sich auch der Rest der Gruppe ein. Die Meisten von uns waren doch ein wenig gerädert vom langen Sitzen und so gingen wir unser Entspannungsprogramm für den Tag an. Natürlich erstmal ab zum Bund. Danach ein kleines Nickerchen bevor dann abends wieder fleißig spaziert wurde. Diesmal vollzählig die Nanjing Rd. runter zum Park des Volkes um den Hochzeitsmarkt zu besichtigen. Besorgte Eltern suchen hier für ihre Kinder passende Eheleute aus. In China ist ja für eine Frau ab 30 höchste Eisenbahn, wenn sie noch nicht vergeben ist. Die biologische Uhr tickt und wenn die Liebe es nicht richtet, müssen eben die Eltern ran. Ich war schon ein paar Mal hier. Allerdings war mir nicht bewusst wie viele Singles in Shanghai leben. Wir mussten uns durch die Masse von potenziellen Schwiegereltern drängeln. Es wurde hitzig gehandelt über Mitgift, Bedingungen, Treffen, Einkommen, usw. Speed-Dating und Kontaktanzeigen gibt es ja auch bei uns. Aber dass hier die Eltern die Entscheidungen treffen macht einen doch etwas traurig.

Abends gab es vegetarische Rippchen, vegetarischen Fisch und vegetarische Hühnerleber. Schmeckt nach Fleisch, ist es aber nicht. Lily, die Bedienung kannte ich noch von früher. Sie war aufgedreht wie immer und wirkte für uns Gejetlagte wie eine Biene auf Amphetamin. Also suchten wir bald den Rückzug um endlich unseren verdienten Schlaf zu genießen.

Den nächsten Tag gingen wir entspannt an und fuhren mit der U-Bahn zum Yu-Garten. Gärten werden uns noch auf der Tour aus dem Halse raushängen. Dennoch ist der Yu-Garten ein Muss für Shanghai-Besucher und selbst bei großem Andrang ein wahrer Ort der Besinnung. Mittlerweile ist ja schon eher das Drumherum eine größere Attraktion geworden als der Garten selber. Friedrich zum Beispiel erinnert sich an seinen Besuch von vor 12 Jahren. Da war der ganze Rummel hier noch nicht da. Da haben noch alle den Garten des Gartens Willen besucht und haben nicht stattdessen den Garten als kulturelle Ausrede benutzt für das Souvenir-Läden-Bummeln. Die meisten von uns wollten aber einen anderen Markt sehen: den Pflanzen-und-Tier-Markt. Im Grunde genommen ist das der IPod-Laden der Vergangenheit. Denn bevor es Walkman und Mp3-Player gab hat man sich hier nämlich seinen Vogel oder Grille gekauft, die einem dann eine akustische Untermalung gegeben hatten, während man durch den Park schlenderte oder im Wohnzimmer die Tageszeitung studierte. Direkt nebenan ging es noch über den Antiquitätenmarkt bevor dann die Beine nachgaben und wir temporären Unterschlupf suchten im nahegelegenen Teehaus.

Zum krönenden Abschluss gingen wir noch gemeinsam auf den Shanghai World Financial Center, dem mittlerweile nicht mehr höchsten Gebäude Shanghais. Aber der Shanghai-Tower ist ja leider noch eine Baustelle und nur mit Bauhelm und Sondergenehmigung zu besteigen. Die Sicht von oben hinab auf diese Spielzeugstadt ist atemberaubend!

Den Rückzug in Richtung Hotel machten wir dann mit der Fähre um noch einmal die Skyline vom Wasser aus zu genießen. Man kann ja doch nicht genug davon kriegen. Denn Shanghai ist ein bisschen wie eine Droge: man wird überwältigt und erschlagen von der ganzen Aufmachung. Den Kick will man aber immer wieder haben! Ich komme wieder, Shanghai! Ich komme wieder…

Der Regen wird kälter…

-…aber die Sonne wärmt sich auf!

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Feuchtetappe von Ning’er nach Pu`er. 40 km, 30 km bergauf, 10 km bergab

Das Qingdao-Bier hat bei der gestrigen Karaoke auch den Nicht-Biertrinkern geschmeckt, dementsprechend müde schauen alle aus den Augen, da kann auch eine deftige Nudelsuppe nichts daran ändern. Am Regen sowieso nicht, der ist einfach immer noch da.
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Völker hört die Signale!

Tal des Roten Flusses, 12.10. bis 03.11.2013

Manhao, ein kleines, verschlafenes Nest, am Ufer des Roten Flusses im Süden Chinas, nahe der vietnamesischen Grenze. Es ist halb zehn Uhr am Abend. Auf dem Sportplatz des Wohn- und Bürogeländes der lokalen Wasserwerke beenden einige Frauen gerade ihre Abendgymnastik. Im Hintergrund zirpen, kaum wahrnehmbar, die Zykaden. In einigen Gebäuden brennt noch Licht. Eine ruhige, ja friedliche Szene. Dann, plötzlich, zerreißt ein Dröhnen aus der Kantine die Stille: „Völker hört die Signale, auf zum letzten Gefecht, die Internationale erkämpft das Menschenrecht!“

Cut.

Knapp dreizehn Stunden zuvor, etwa 80 Kilometer flussaufwärts in Yuanyang. Die letzte Nacht haben nicht alle von uns gut überstanden. Irgendwann kam auf jeder meiner bisherigen Touren der Zeitpunkt, an dem der eine oder andere (heute sind es der eine und der andere) es mit dem Magen zu tun bekamen. Obwohl heute Morgen nicht alle voll im Saft stehen, sind wir aber entschlossen die heutige Etappe gemeinsam durchzustehen. Keiner wird zurückgelassen! Eine Radtour schweißt zusammen. Bevor wir uns nach dem Frühstück von Yuanyang verabschieden, stehen noch einige Erledigungen auf dem Programm: ein kurzer Abstecher bei der Post, dann flux zur Apotheke (niemand soll später sagen wir hätten nicht an die Elektrolyte gedacht) und im Anschluss noch etwas Proviant eingekauft. Als wir losfahren wollen, entdecken wir, dass der GPS-Track der heutigen Etappe nicht funktioniert. Zunächst ist das aber kein Problem, es geht einfach flussabwärts bis wir irgendwann Manhao erreichen. Ab dort wollen wir uns durchfragen.

Kurze Zeit später sind wir unterwegs. Die Etappe verläuft unspektakulär, in landschaftlich schöner Umgebung, an Bananenplantagen vorbei, immer entlang des Roten Flusses. Es nieselt hier und da, bleibt aber weitgehend trocken. Heftig ist aber der Gegenwind, der uns heute entgegenpeitscht. Kurz versuchen wir uns mal am Windschattenfahren, auch der berüchtigte belgische Kreisel steht mal zur Diskussion. Gegen ein Uhr am Mittag, 20 Kilometer vor Manhao machen wir eine Pause. Der Regen hat kurzzeitig etwas zugenommen. Wir essen und trinken eine Kleinigkeit an einer Straßenraststätte, deren Besitzer und Besucher uns freundlichst aufnehmen. Etwas zeitversetzt fahren wir los. Ich hinten an, habe nach fünf Minuten einen Plattfuß (das macht dann drei alleine an meinem Rad) und verliere eine gute Viertelstunde zum Rest der Gruppe. Das fehlende GPS-Gerät und die irreführende Ausschilderungen (zwei Wege gehen nach Manhao, ein neuer und ein alter) haben zur Folge, dass aus der Viertelstunde gute Vierzig Minuten werden. Nach einigen Um- und Irrwegen habe ich meine Schäfchen schließlich aber wieder beisammen. Schock schwere Not…

Wieder vereint erreichen wir nach einem steilen Schlussanstieg unsere Bleibe für heute Nacht: Das Wohn- und Bürogelände der lokalen Wasserwerke, an das auch ein kleines Hotel angegliedert ist. Herr Wang, der Manager des Hotels und des dazugehörenden botanischen Gärtchens heißt uns herzlich willkommen und erklärt uns sehr hilfsbereit und bemüht das weitere Prozedere für den Rest des Tages und für die Grenzüberquerung nach Vietnam morgen.

Nach einer kurzen Pause geht es zum Abendessen in… die Kantine. Herr Wang hatte das Abendessen schon vorbestellt, eine Kiste Bier steht gekühlt bereit und auch eine Teekanne, von deren unscheinbaren Aussehen wir uns aber nicht blenden lassen. Manager Wangs Ruf eilt ihm voraus und wir wissen um seine Trinkfreude und den hochprozentigen Inhalt der Kanne. Trotzdem wir uns gewappnet haben, gebieten uns aber die Gesetzte des Gastseins aber ein Gläschen mitzutrinken. Was dann geschieht lässt sich nur schwer rekonstruieren. Herr Wang jedenfalls stellte im Laufe des Abends mit großer Freude fest, dass der Großteil unserer Gruppe aus dem ehemaligen sozialistischen Bruderstaat, der Deutschen Demokratischen Republik stammt. In Udo findet er gar einen ehemaligen, mittlerweile aber vom Klassenfeind bekehrten Parteigenossen. Während wir devot weiter die Gesetze des Gastseins befolgen, schwindet der Inhalt der Teekanne. Schließlich singen wir zur Entzückung von Manager Wang die deutsche Version der Internationalen. Schon wieder eine China by Bike Gruppe die Herrn Wang in die Falle getappt ist…

kling klang klong

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Die Tour ist keine zwei Tage alt und schon lässt sich meine Gruppe gehen. Beim gepflegten Abendessen wird kollektiv auf dem Messinggeschirr rumgeklöppelt, noch immer unter dem Einfluss der gestrigen Einführung in die Welt der Klangschalen. Als Antwort auf die nepalesische Folklore im Beiprogramm werden lauthals schwäbische Lieder angestimmt (Hauptstimme: Martin M.). Sigi und Frank bleiben dem Restaurant und dessen Programm halb- entschuldigt fern, weil sie keine Gesänge und Tänze wollen (und das Ganze auch schon während der Tibet-Tour vor zwei Jahren genießen durften), ja was sind denn das für Sitten?

Das Bohjan Griha ist eine elegante Institution in Kathmandu, ein sehr gutes Restaurant mit nettem Showprogramm während des Essens, wir hatten großen Spaß. Es gehört Bahrat, dem Besitzer des Kantipur Temple House, er war heute vor Ort und hat uns in seine Philosophie eingeführt (er: siehe Foto). Seine Tochter Subechhya hat nebenan einen kleinen Bioladen, die Ideen dafür kamen aus Deutschland, wo sie auch eine Weile studiert hat. Sehr viel Idealismus und ein tolles Konzept, das interessanterweise zu funktionieren scheint in diesem kleinen chaotischen Moloch.

Heute nur Schmalspur-Programm, morgens zum nächsten buddhistischen Heiligtum der Stadt, Syayambhunath und wieder zurück ins Hotel. Ab morgen geht es Schlag auf Schlag und es gibt noch einiges vorzubereiten. Die Räder wurden eingestellt, letzte Einkäufe getätigt (in guter alter Tradition: unser Sommelier Jens H.). Morgen früh lassen wir uns an die tibetische Grenze fahren, wo wir unsere Radtour beginnen.

In den Nebelfeldern von Yuanyang

Tal des Roten Flusses, 12.10. bis 03.11.2013

Auf dem Tagesprogramm steht ein Ausflug in der Umgebung von Yuanyang. Fazit des Tages: 0 Radkilometer, 70 Buskilometer, schlechtes Wetter aber dafür für alle von uns ein bisschen Erholung vom straffen Reiseprogramm.

Am Morgen gibt es erstmal Räderpflege. Nach der Wäsche gestern gönnen wir den Rädern eine ordentliche Portion Öl. Natürlich haben wir auch mal wieder einen kaputten Schlauch. Es wird langsam eng an einsatzfähigen Ersatzschläuchen. Ein neu eingesetzter, aber schon geflickter reißt beim Aufpumpen, ein komplett neuer von Udo ist schlecht verarbeitet und lässt Luft… was ist hier eigentlich los??? Zum Glück können wir mit Hilfe unseres Busfahrers einen kleinen Radladen ausfindig machen. Wir decken uns für ein paar Yuan mit vier Ersatzschläuchen ein (chinesisches Fabrikat, darum zur Sicherheit mal ein paar mehr) und kaufen auch noch einen neuen Mantel (Dietmar hat einen Bremsplatten entdeckt). Unsere Weiterfahrt ist mal wieder bis auf weiteres gerettet.

Nach dem kleinen Shopping Ausflug gehts dann los. Heute schauen wir uns die weltberühmten Nebelfel… ähhh Reisterassen der Hani-Minderheit an. Vollbeladen mit Rädern und uns Radlern schleppt sich unser Bus die Serpentinen nach Xinjie hinauf – und kurze Zeit später wieder hinunter. Die Sicht ist zu schlecht und auf eine weitere Nebel- und Regenfahrt haben wir alle nicht so Recht Lust. Zumal man nichts von der eigentlich atemberaubenden Landschaft dieser Gegend sieht. Zum Vergleich habe ich mal eine Postkarte abfotografiert. Eigentlich ja schäbig, dass wir hier aus dem Nebel Hochglanzkarten verschicken, wo wir nix gesehen haben. Wir verbringen eine kurze Mittagspause am Laohu Zui, dem Maul des alten Tigers, wie die Ortschaft an der eintrittspflichtigen Aussichtsplattform heißt. Danach handeln wir mit unserem Fahrer Herr Zhang einen Preis für die Rückfahrt aus und machen uns auf den Weg zurück zum Hotel. Nach einem Anruf bei Freunden schlägt Zhang eine Strecke auf einer neuen Straße vor, wo das Wetter etwas besser sein soll. Tatsächlich sehen wir auch ein paar Terrassen, aber viel ist es nicht.

Zurück in der Stadt verbringen wir ein paar Stunden zur freien Verfügung. Einige von uns versuchen Geld abzuheben, aber viele Banken akzeptieren unsere Karten nicht. In der Vergangenheit gab es nie Schwierigkeiten in China mit gängigen Kredit und EC-Karten Geld zu bekommen, aber diesesmal macht sich gähnende Leere in den Geldsäckeln breit. Am Abend kratzen wir unsere Reste zusammen, zahlen das Hotel und rationieren soweit dass wir es an die vietnamesische Grenze schaffen sollten. Aus Kostengründen, und weil es meistens ein leckeres und schönes Erlebnis ist, gehen wir zum Abendessen denn auch in eine kleine „Klitsche“ am Straßenrand. Allen schmeckt es besser als am Vorabend im besten Restaurant am Platz. Leider haben aber nur fast alle hinterher keine Probleme mit der Verdauung.

Feuchte Tage im Tal des Schwarzen Flusses

– and „we keep on biking to the end!“ (Queen)

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Statistische Übererfüllung des Regenkontigentes, insgesamt 185 km mit dem Rad und 140 km mit dem Bus von Nanjian über Jingdong und Zhenyuan nach Ning’er

Eigentlich fing es gut an. Nanjian zeigte sich am frühen Morgen bedeckt, dann klarte es Mit-Pass ein wenig auf, um dann auf dem langen Weg nach unten (90 km, 700 Höhemeter) richtig schön zu werden.
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Die ganze Affenbande brüllt…

An den Hängen des Himalayas, 18.10. bis 11.11.2013

Herzlich willkommen bei unserer Nepal-Reise, die Vorzeichen stehen gut! Wir sind im Kantipur Temple House in Kathmandu, ein bemerkenswertes Hotel, geführt von einer bemerkenswerten Familie. Plastik z.B. ist Tabu, Plastikflaschen und Dosen schmuggelt man hier mit schlechtestem Gewissen aus dem Hotel raus (und könnte sie wie alle anderen Nepalesen in den nächsten Straßengraben schmeißen, aber kein Spott, denn es braucht Vorbilder). Man fühlt sich sehr wohl hier, das Wetter stimmt und die Wetterprognose stimmt uns alle euphorisch.

Wir haben heute ein paar klassische Sehenswürdigkeiten abgeklappert, das war gerade das richtige, um hier anzukommen. Unser Guide Ahbi war extrem lässig und die Stimmung in der Gruppe (alles Altgediente, außer meinem Vater, aber der ist lernfähig) ist prächtig. Patan, Pashupatinat, Boudnath, Höhepunkte in alter nepalesischer Geschichte, in Hinduismus und Buddhismus. In Patan hatten wir besonders gute Schwingungen (der Ort der vielen Klangschalen-Manufakturen), in Boudhnat haben wir Thangkas gekauft und in Pashupatinat hat uns fast eine Affenbande über den Haufen gerannt. Dazu eine Staffelübergabe von Eckart (auf der letzten Tibet-Tour) an uns bzw. an meinen Vater: er ist seine elende Radtasche tatsächlich noch losgeworden, na vielen Dank!

Yunnei

Tal des Roten Flusses, 12.10. bis 03.11.2013

Yunnan – „Südlich der Wolken“… was für ein blöder Name, denke ich mir, als wir uns auf der 40 Kilometer langen Abfahrt ins Tal des Roten Flusses, kurz hinter unserer heutigen Passhöhe, immer tiefer im dichten Nebel verlieren. Yunnei sollte es heißen – in den Wolken… Der 32 Kilometer lange Anstieg heute Vormittag brachte uns von 1300 auf knapp 2000 Höhenmeter. Zielort unserer heutigen Etappe ist Yuanyang, ein schmuckloses, aber doch gepflegtes Nest und Ausgangspunkt für Tagesausflüge zu den weltbekannten Reisterassen der Hani-Minderheit.

Der heutige Tag verlangt uns schon was ab. Trotz Nebel und Regen auf der Höhe werden wir später aber mit schönen Ausblicken belohnt. Alles beginnt am Morgen mit einem Schlauchwechsel – business as usual. Dann der 32 Kilometer Anstieg, den wir aber im großen und ganzen als angenehm empfinden. Während wir uns langsam die Passstraße hochwinden, werden Autos, Lastwagen und Industrieanlagen immer weniger. Der Trubel auf der Ebene wird abgelöst von einem immer dichter werdenden Wald und außer dem Zirpen der Zykaden, hören wir bald fast nur noch den eigenen Atem (und das immer nervtötender werdende klappern meines Schutzbleches).

Günthers Sonnenscheinprognose für das Tal auf der anderen Seite bestätigt sich leider nicht. Auf der Passhöhe machen wir kurz Sammelpause und schießen einen Haufen Fotos von der Tochter des Tankstellenwartes. Christine verschenkt Kekse und selbst gestaltete Buttons, mit denen sie unterwegs immer wieder die Herzen der Kinder gewinnt. Kurz hinter dem Pass wird der Nebel immer dichter. Bald sehen wir nur noch fünf bis zehn Meter weit. Dazu kommen noch die immer schlechter werdenden Straßenverhältnisse. Die Buckelpiste wird im Nebel und Regen zu einer regelrechten Schlammfahrt – abenteuerlich, spannend und ein großer Spaß, finde ich, wenn man doch bloß noch die Aussicht genießen könnte.

Dann, nach den ersten zehn Kilometern reißt der Nebel hier und da auf und gibt immer mehr Blicke ins Tal frei. Wirklich gut wird das Wetter aber nicht, die Sonne jedenfalls bleibt hinter Wolken versteckt. Aber was heißt schon gutes Wetter? Alles eine Frage des Standpunkts. Wir sind schon mal froh, dass wir den Nebel bald hinter uns lassen. Und auch der Dunst der letzten Tage ist uns nicht auf diese Seite des Berges gefolgt, sodass wir erstmals auf unserer Tour wunderschöne Ausblicke in die Berglandschaft Süd-Yunnans genießen können. Während die Ebene aus der wir kommen streckenweise sehr zersiedelt wirkte, scheint die Bergregion um den Roten Fluss nur spärlich besiedelt zu sein. Hier und da ein altes Dorf, Reisterrassen, Wälder und weite Täler.

Als wir uns nach einigen Kilometern am Flussufer fast am Ziel wähnen heißt es noch einmal kurz Schlauchflicken und dann ist es geschafft. In unserem Hotel wird heute der erste Geburtstag eines Kindes gefeiert (ein lokaler Brauch hier in der Gegend). Hunderte sind eingeladen, wir denken erst wir sind das dritte Mal in einer Hochzeit gelandet. Während wir unser Schmutzbier, die Mutter aller Schmutzbiere, am Straßenrand vor dem Hotel zu uns nehmen sind wir umringt von Kindern und ihren Eltern die unsere seltsame Erscheinung bestaunen. Kein Wunder, wir sind schon ein seltsamer Haufen mit unseren Rädern, schmutzig, abgekämpft aber glücklich über die bewältigte Etappe und das wohlverdiente Bier. Nach einem nötigen Abstecher in der Auto-/Fahrradwaschstraße checken wir im Hotel ein und gönnen uns auch eine Wäsche.

Vor dem Abendessen organisieren wir dann noch einen Bus, der uns morgen zu den berühmten Reisterrassen der Gegend bringt. Der Kontaktmann über unser Hotel ist nicht mehr aufzutreiben, drum wird die ganze Sache etwas schwieriger. Eine gute Stunde und mehrere mehr oder weniger windige Angebote später, handeln wir einen akzeptablen Deal aus. Der Hunger sitzt uns im Nacken und endlich können wir essen gehen.

Auf Studienreise

Wir verbringen den heutigen Tag in Jianshui und Umgebung und machen fast ein bisschen einen auf Studienfahrt. Nach dem Frühstück steigen wir auf unseren sieben mal zwei Räder zählenden Touribus und los gehts mit dem Kulturprogramm: Wir schauen uns den Konfuziustempel an, besichtigen beim Geldwechseln in der Bank of China den Kraken der chinesischen Bürokratie und fahren dann einige Kilometer außerhalb der Stadt in die Qing-zeitliche Ortschaft Tuanshan, den Heimatort der Zhang-Sippe. Da der Blog zur zweiten Radetappe nach Jianshui entgegen aller Ankündigungen mal wieder etwas länger wurde, greifen wir heute auf radikalere Methoden zurück, um unserem Berichtsrückstand zu Leibe zu Rücken: den Bilderblog. Viel Spaß!