Tainan, dann die Berge

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Text heute – über die letzten beiden Tage – von Monika (die aus der Garküchen- und Auf-Jeden-Fall-Geher-Fraktion):

„Frühstückskaffee zu bekommen ist eine zeitraubende Angelegenheit. Der Automat überlegt lange bevor er eine halbe Tasse ausspuckt. Vielleicht doch ratsam, auf Tee umzusteigen. Deshalb steht heute auch eine Tee-Probe an. Aber erst einmal Tainan kennenlernen, erst einmal zu einem historischen Fort. Hier mussten sich im 16. Jahrhundert die Niederländer geschlagen geben. Um die Ecke liegt dann der Tempel des Kriegsgottes. Die vorwiegend männlichen Besucher zünden ganze Büschel von Räucherstäbchen als Opfergaben an.

Wir verabschieden uns von Jens, Jan bringt ihn zum Bahnhof und vertraut uns David an. Dieser hackt mit uns säuberlich die nächsten Programmpunkte ab. Der Konfuzius- Tempel und dann ein Stand mit frisch gepresstem Obstsaft. Der erste ist historisch und der zweite geschmacklich wertvoll. Zufrieden traben wir David hinterher. Er hat uns noch einen Robin-Hood-Tempel ausgesucht. Gewidmet einem Wohltäter der die Reichen prellte und die Beute an Arme verteilte. Der konfuzianische Tempel war schlicht und museal, der letztere lebendig und fast kitschig. Ein großer Abakus hängt mitten im Hauptraum. An diesem können die Sünden der Besucher abgelesen werden. Leider nicht öffentlich und für alle verständlich. Weiter zum 7-Eleven – wir brauchen Getränke und haben Entzugserscheinungen nach der Eintrittsmelodie, dann bitte einen Bankomaten, Nudeln essen und in den Park wollen wir auch noch. Und bei drei Männern steht auch noch ein Friseurbesuch an.

Zur Teeprobe erscheinen Ludwig, Eckhart und David frisch frisiert. Eckhart fährt sich durch die Haarstoppel – bisschen kurz geraten vielleicht? Nein – steht ihm gut. Der winzige Laden ist liebevoll ausgestaltet. Dicht gedrängt sitzen wir um das Tischchen und halten vorsichtig die zerbrechlichen kleinen Teeschalen in den Händen. Die Besitzerin erklärt, Jan übersetzt und wir kosten. Gekonnt jongliert unsere Teezeremonienmeisterin mit den verschiedenen Tees. Grün, halb fermentiert, schwarz. Erster Aufguss, zweiter Aufguss, heißes, nicht so heißes Wasser. Verschiedene Farben, milder, grasiger, herber Geschmack. Manche von uns verlieren die Übersicht. Ernst outet sich als Teekenner und hält ein kurzes flammendes Plädoyer für grünen Tee .Er hat als einziger die Teesorten sorgfältig mitgeschrieben und muss jetzt seinen Zettel für Abschriften zur Verfügung stellen. Hans entdeckt vertrocknete Disteln, die ins heiße Wasser geworfen werden, aufblühen und dann wie große Seeigel aussehen und ebenfalls Tee ergeben. Wir erstehen unsere Mitbringsel, Jan vers

Österreich

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Das buddhistische Kloster Foguangshan ist nichts für Puristen. Es liegt in Süd-Taiwan, in der Nähe der Stadt Kaohsiung, man zieht hier alle Register: Foguangshan ist Mutter von fast 200 internationalen Ablegern und 3 buddhistischen Universitäten, die „Merit Times“ mit einer Auflage von 200 000 täglichen Exemplaren wird hier herausgegeben, Beautiful Life Television hat seine Sendestation auf dem Gelände. Wir werden vom Mönch Hue Shou durch das ausufernde Gelände geführt, in seinem früheren Leben Österreicher. Der schwarze und immer leicht angewiderte Humor seiner Landleute ist im geblieben, der Rundgang gerät kurzweilig, er schont nichts und niemanden.

Man weiß nicht, was man von diesem Kloster halten soll, von dieser enormen Wohltätigkeitsmaschine. Sein Gründer Hsing Yun hat jedenfalls eine sehr pragmatische Herangehensweise, wenn es darum geht, den Menschen seinen Glauben näherzubringen: nachdem er Disneyland in Florida besucht hatte, wurde die „Höhle des Reinen Landes“ auf dem Foguangshan-Gelände in Auftrag gegeben. So etwas hat man noch nicht gesehen, das Vorbild wirkt dagegen hyperrealistisch. Schwer da eine Meinung zu haben, muss man ja auch nicht immer, interessant war der Besuch in jedem Fall. Wenn er sich nicht sehr täusche, dann wäre es das nach dieser Wiedergeburt und er müsse sich mit dem ganzen Humbug nicht mehr herumschlagen, meinte Hue Shou zum Abschluss.

Die Räder haben wir ja nun zurückgelassen und sind zu faulen Bustouristen mutiert. Bis nach Tainan sind wir inzwischen chauffiert worden (anstrengender als Radfahren, das war der allgemeine Tenor). Tainan gefällt auf Anhieb, es ist dunstig und lebendig, auf den Straßen wird gesessen und gegessen, viele alte Tempel und altes Leben. Der Huayuan-Nachtmarkt gestern Abend war orgiastisch, man darf sich bei solchen Gelegenheiten nicht schonen sondern sollte sich bis zum Anschlag durch die Stände futtern. Triumphal war die Ausbeute bei den Glücksspielen vor Ort: Monika freut sich, dass sie ihrem Gepäck jetzt auch noch einen überdimensionierten Snoopy zufügen konnte. Jens hat ein tolles ferngesteuertes Auto gewonnen, Glückwunsch!

Das nimmt er jetzt nach Shanghai mit und wird dafür Respekt ernten, heute hat er schon wieder den Abflug gemacht. In Shanghai arbeite er seit einem Jahr für sein großes französisches Unternehmen. Mittlerweile als Direktor („Jingli“, hat ihn selber überrascht, als ich ihm das auf seiner Visitenkarte übersetzt habe…jaja, die Chinesen und ihre Titel).

Der wahre Wert des Königs Wen von Zhou

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Ruhetag im Badeort Kenting, also eine gute Gelegenheit, die Orakelsprüche aus den daoistischen Tempeln zu übersetzen, die der ein oder andere auf dem Weg eingesammelt hat. Mysteriös! Das Hotelpersonal weiß kaum weiterzuhelfen. „Mit 80 war man einst Tai Gong, erst dann wusste man vom König Wen“, „Studiere eifrig den ersten Band des Gelben Klassikers“ (viel Spaß, Ludwig!), etc pp. In jedem Tempel – es gibt sehr viele Tempel auf Taiwan – kann man es mit dem Schicksal aufnehmen. Meistens schüttelt man sich ein Orakelholz zurecht, befragt die Yin-und Yang-Klötzchen ob die Zahl darauf in Ordnung geht und zieht dann den entsprechenden Zettel mit unergründlicher Aufschrift. Und gibt es dann mir zur Übersetzung, natürlich bin ich erstmal komplett hilflos. Aber spätestens heute Abend wird man Bescheid wissen, über Alles.

Heute also Gammeltag in Kenting, die Radtour ist rum, was uns alle wehmütig gestimmt hat. Die Giants haben uns nun verlassen und auch das ist schade, der smarte Jiagen und die burschikose Mingfang. Es war wunderschön hier im Osten der Insel Radzufahren. Sogar unsere Schnellsten sind gegen Ende immer langsamer geworden, um die Kilometer auszukosten. Der letzte Teil der Strecke war pazifisch, die Weite, die sich auftut, ist kaum mehr vorstellbar. Die nächste ernstzunehmende Landmasse wäre Hawaii, was nicht gerade um die Ecke ist. Unbestimmte Sehnsüchte bringt dieses Meer mit sich, Gischt der Brandung, Schaum der Tage, frischgezapfte Bierkronen, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Im Südosten der Insel war auch kaum mehr was los, die kleinen Fischerdörfer hatten allerdings eins gemeinsam: ihren 7eleven, der uns zumeist als Raststation gedient hat. Eigentlich nur um Hans zu unterstützen, stolzer und optimistischer Aktienbesitzer dieses Unternehmens.

Der Wind hat uns mächtig südwärts getrieben. Gestern fuhren uns Ute und Volker über den Weg, alte Freunde von mir und der Firma, das war vielleicht schön! Sie schlagen sich diesmal alleine durch und sehen gut und gesund dabei aus, in Taibei wollen wir uns wiedersehen. Leider fahren sie in die falsche Richtung, mit dem Wind werden sie zu kämpfen haben, vielleicht sollten sie doch eher auf den Südwestmonsun warten, der Wind soll allerdings erst im Mai wieder drehen.


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Mehr Meer als gestern.

Geschmeidige Teilnehmer, gutes Personal, was will man mehr. Hier spricht David, der hospitiert:

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Ich greif mal gleich vorne weg. Heute Abend haben wir doch wieder etwas mehr getrunken als gestern Abend. Gestern Abend lehnte selbst die Hartgesottenen den zweiten Schluck aus der 58% GaoLiang Flasche ab und bequemten sich früher als an den vorherigen Tagen ins Bett. Ich denke so um zehn waren alle am schlafen, bei der Monika bin ich mir da nicht so sicher…

Der heutige Tag fing also ausgeschlafen und fröhlich an. Wir versammelten uns und gingen dann Hand in Hand zum Restaurant um gemeinsam unser Frühstück einzunehmen. Hierzu merke man sich: Sandwich geht über Hamburger, Hamburger gehen über Reissschleim und Reissschleim geht über das komische nicht Tofu sonder Gluten Zeug, welches nur Heiko und Jan runter bekommen haben. Omelett, eingelegte Gurken und Bambus auf Reissschleim, mir hats geschmeckt. Andere wie Jens z.B. süssten mit Zucker und hatten dann so eine Art süssen Milchreis. Beim nächsten Stop nach ca. 20 min gingen die Bananen allerdings weg wie warme Semmeln und so manch einer Stand in der Schlange um die leckeren Bao Zi zu bekommen. Wie gesagt selbst schlechte Hamburger gehen über Reisschleim…

Dann rauf aufs Rad und weiter die wunderschöne Abfahrt von gestern hinunter. Zwei tote Mäuse, eine tote Katze und ein toter Hund, alle auf der Strasse. Arme Tiere! Den Hund haben Root und ich noch auf die Seite gelegt. Ich dachte ich hätte nach dieser kurzen Abfahrt schon alle Tiere gesehen, die diese Gegend zu bieten hat, dem war nicht so. Nächster Stop war die Affenbrücke. Auf, unter, neben der Brücke, im Wald und bei uns zwischen den Füssen. Überall Affen. Eine Art die es nur in Taiwan gibt, erklärte mir Root unser Giantführer. Ming Hou Zi sei der Name, meine ich mich zu erinnern. Allerdings interessierten die Affen sich nur für unser Essen. Lutz ist gleich zweimal mit ihnen aneinander geraten, einmal als er seinen Apfel alleine essen wollte, den wollte ihm ein Affe aus der Hand reissen. Und beim zweiten mal hat er einem Affenmänchen vormachen wollte, wie man aus dem Stand auf die Mauer neben ihm springt. Das fand dieser nicht lustig und bestrafte Lutz mit lautem krächzten und bösem Blick. Richtig bösem Blick.
Weg von den Affen, weiter runter. Und da war es wieder zu sehen: Das MEER!

Wunderschön! Zur Rechten die Berge, zu unserer Linken das Meer. Etwas mehr Autos als die letzten zwei Tage, trotzdem eine sehr angenehm zu befahrende Landstrasse. Ein bisschen rauf, ein bisschen runter. Dann eine kurze Nudelpause, bei der man schon ahnen konnte, dass das Essen in dieser Region wieder mehr Würze und Geschmack haben sollte als die letzen paar Tage. Sonne hatten wir schon den ganzen Morgen und in brennender Hitze ging es danach weiter. Es hätte auch für zwei Sonnenbrände gereicht, gut, dass man nur einen bekommen kann. Den hatte ich da auch schon und war nicht alleine damit.

Es ging dann weiter, ein bisschen übers Land, ein bisschen am Meer entlang und dann ging es ein bisschen bergauf. Traumhaft entlang am Abhang zum Meer hinunter. Natürlich weiterhin in Mitten von sattem Grün, wie seid dem ersten Fahrradtag auf der „Schönen Insel“. Nur mischten sich nun auch mehr und mehr Palmen unter die Bäume. Mittlerweile sind wir ja tropisch.
90 km gingen schnell vorbei, kurz warten, rechts abbiegen und schon waren wir bei unseren Burg angekommen.

Ach ja, die Chinesen! Heute Nacht wohnen wir also in einem Hotel mit zwei Burgtürmen, heissen Quellen im Garten und Panorama Fenstern im Zimmer mit Blick auf Fluss und Meer. Dann Business as usual: Schmutzbier (diesmal im Pool), Zimmerverteilung, Ruhepause und um sieben Uhr gings zum Essen. Wunderbar! Kleines Restaurant, sauber, nette Inhaber und ein köstliches Essen. Ich kann ohne Übertreibung behaupten, dass es eins der besten Stücke Fisch war, die ich jemals gegessen habe. Ich glaub wir waren dann aber alle zu schnell zu satt um noch einmal was davon nach zu bestellen.

Ich war dann noch kurz Dreien aus unsere Gruppe im Internetcafe helfen, Kerne kaufen, den kleinen Hund mit süssem Brot füttern, der mir hinterher gelaufen kam und sah mich schon auf dem Weg ins Bett, als ich dann doch Ludwig von hinten erkannte. Ich sag mal Jan hat noch eine Gruppe Auserwählter in eine Karaoke Bar geschleppt bekommen. Wie soll ich den Abend weiter beschreiben, wo man doch weiss, dass Eigenlob stinkt!

Aber Jan und ich haben in Sachen Karaoke schon eindeutig das Beste geboten, was dieses kleine verschlafene Dorf jemals gehört hat. O.K., die Besitzerin war auch nicht schlecht. Hans hat uns tatkräftig unterstützt und auch Heiko und Eckert sind ins grandiose Finale von „New York, New York“ noch mit eingestiegen. Ganz grosse Kunst, ich glaube das führt zu einem zweiten Teil, noch auf dieser Reise.
Jan sagt, ich solle nicht soviel schreiben, er müsse das ja alles noch kontrollieren und er hätte eh schon viel zu viel Betelnuss gefuttert…

Also gute Nacht und einen erholenden Schlaf. Morgen ist schon unser vorletzter Radtag. Besonders schöne Zeit vergeht wie im Flug.


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Ans Meer. Durch Reisfelder.

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Von Monika, die mal wieder nicht zugehört hat 🙂 Oder ich hatte zu viel 58 getrunken…

„Heute fahren wir am Meer entlang. Das hat uns Jan vor zwei Tagen angekündigt. Freudig legen wir Badehose, Schwimmreifen und Sonnencreme im Gepäck ganz obenauf. Die Sonnencreme können wir sofort gut verwenden, mit dem Rest wird es schwierig. Jan versucht sich aus der versprochenen Meer-Situation rauszudribbeln. Wir haben das falsch verstanden – aha.

Unsere zwei GIANT Guides haben ihren Kollegen uns berichtet. Offensichtlich positiv. Heute kommen Nicki und Nixon dazu. Sie haben sie sich spontan zwei Tage Urlaub genommen um uns zu begleiten. Einfach so. Nixon (er schreibt sich wirklich wie der Präsident) ist Ingenieur, ein schmales Kraftpaket und tüftelt derzeit an den offiziellen Tour de France Rädern herum. Er hat ein schwarzes High-End-Bike dabei, das mit gefüllter Wasserflasche ca. 2,5 Kilo schwer ist und aussieht als ob es völlig selbständig die Berge hochfährt. Wenn Nixon in die Pedale tritt kommt keiner, wirklich keiner von uns hinterher.

Aber wir wollen ja zum Meer. Beim örtlichen Fischhändler liegen schon mal Krustentiere, Muscheln und auch ein kleiner Hai. Bald sind wir da. Bestimmt. Nur noch durch ein paar Reisfelder.

Taiwan ist ein Traum für alle Fahrradfahrer. Jede Polizeistation hat Luftpumpen, Flickzeug, Schläuche und eine positive Einstellung für alle Radfahrer. In leuchtend grünen Kästen liegen alle nötigen Utensilien. Leuchtend grün sind auch die Reisfelder durch die wir hindurchfegen. Aufgeteilt in kleine Pulks sausen wir durch die fast autofreie Traumlandschaft. Nur Fliegen ist schöner.

Kleine Lebensmittelmärkte sind willkommene Pausenstationen. Frischer Kaffee, leckere Zwischenmahlzeiten, WiFi für die Kommunikationsjunkies unter uns. Inzwischen streifen wir routiniert durch die Regale der Läden und scannen das Angebot ab. Heimisch Toblerone und taiwanesische Reispäckchen. Alles da. Aber wo ist das versprochene Meer?

Das Radfahren begeistert uns so, das uns das heutige Pensum von knapp 80km nicht genug ist. Unsere Guides schlagen einen Umweg für eine Lunchpause an einem See vor. Ja gerne – wir futtern uns durch und sitzen an einem hübschen Tümpel – aber immer noch kein Meer. Dann biegen wir seitlich in die Berge ab und schrauben uns einen Pass hoch. Es ist wunderschön hier. Ganz oben ein Ortsschild. Aber kein Ort. Ernst ist in der Gruppe ganz hinten und irritiert. Besorgt fährt er hin und her. Mindestens einen Kilometer zurück und wieder vor – nicht dass er einen Abzweig vergessen hat. Heiko, der Größte von uns steigt auf einen herumstehenden großen Bagger. Wir legen den Kopf in den Nacken – sieht er das Meer? Nein. Aber unsere Unterkunft. Die ist völlig wild in die Landschaft eingebaut und sehr, sehr schön. Aber auch internet- und meerfrei. Jan versucht‘s nochmal – ihr habt nicht aufgepasst. Es ist eine Pilottour, damit kann man eigentlich alles entschuldigen.

David hat Schmutzbier organisiert – ein Kleinlaster rollt an und versorgt uns. Wir sitzen da mit Traumblick über die Berge und genießen, dass wir in den Tropen sind. Heute haben wir den Wendekreis des Krebses überschritten.

Noch etwas – es gibt ein Buch ‚Traumstraßen der Welt‘ das über den Highway No1., Neuseeland und andere schöne Reisewege berichtet. Die heutige Strecke berechtigt die Aufnahme in diese Reiseliteratur.


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So Long, Tetrapode

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Heute aus der Welt der Tetrapoden in das schöne Hinterland. Tetrapoden, das sind die monströsen Wellenbrecher aus Beton und die scheinen an der taiwanischen Ostküste bitter nötig zu sein, vor allem in der Taifun-Saison (doch Vorsicht: in punkto Landerhaltung haben sie nicht gehalten, was sie versprochen haben. Wie uns allen das Beispiel Sylt nur zu deutlich vor Augen geführt hat).

Also weg von den Tetrapoden, durch onduliertes und kupiertes Gelände, eine abwechslungsreiche, sich durch grüne Landschaft schlängelnde Straße entlang. Flüsterasphalt und Verkehrsarmut. Für Fahrradfahrer sind die Strecken hier toll ausgebaut, immerhin davon sieht man einige, vor allem Rennradler. Es gibt speziell ausgewiesene Rastplätze, an strategischen Stellen findet sich offen zugängliches Fahrradwerkzeug (übrigens auch in allen Polizeistationen) und immer wieder aufmunternde Schilder, die meine Truppe glücklicherweise nicht lesen kann (etwa „Die nächsten 500 Meter wirst Du schnaufen wie ein Ochse“). Jetzt sind wir in Ruishui angelangt und schlapp von den leicht schwefeligen heißen Quellen im Hotel, es wartet der Feuertopf, der uns gewiss den Rest geben wird.

Die Gegend hier zittert, unmerklich aber immerzu: wir sind im East Rift Valley, wo die Eurasische Platte seit Jahrmillionen gegen ihr Philippinisches Gegenstück arbeitet. Das Tal zwischen Zentralgebirge und Pazifik ist herrlich und entlegen, nur ganz vereinzelt sind wir heute durch kleine Siedlungen gekommen. Die Zikaden haben einen Höllenlärm gemacht und dann wie auf Kommando aufgehört damit, die Luft duftet nach Obst: ausgedehnte Pomelo-Pflanzungen, Ananas-Plantagen, Orangenhaine. Der Reis steht hier noch in voller Ähre, im Norden war schon alles abgeerntet: wir nähern uns den Gegenden im Süden, wo drei Reisernten im Jahr möglich sind. Morgen früh geht es über den Wendekreis des Krebses, dann sind wir offiziell in den Tropen.


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Wo ist die Post – Bankomaten sind widerspenstig

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Monika schreibt über unsere letzten beiden Tage, gute Tage! Der Track ist natürlich verzerrt, die Bahnfahrt rechne man uns bitte nicht an. Also erstmal gestern, da sind wir in die Taroko-Schlucht gefahren…

„In der Nacht ist alles verfügbare Wasser vom Himmel gefallen. Nichts ist mehr oben – wir bleiben trocken. Der morgendliche Blick geht weit über das Tal, über die Reisfelder und die Berge. Handtellergroße Spinnen haben sich in Sicherheit gebracht und baumeln fröhlich direkt neben neugierig heraus gereckten Köpfen und erschrecken verschlafene Radler.

Jan hat uns den Tag als interessant angekündigt. Kleiner Sprachexkurs: Interessant heißt – der Tag wird anders als geplant, keine Ahnung was passiert, mal sehen. Spannend heißt – um Himmels willen, was machen wir jetzt bloß, das verschweige ich jetzt wohl besser. Also nur interessant. Wir wollen zur Taroko-Schlucht und hoffen dass diese trotzt Wassermassen passierbar ist. Eine Straße ist den Bergen ist es jedenfalls nicht. Ein Erdrutsch. Wir nehmen den Zug und unser Begleitfahrzeug einen großen Umweg. Die Bahnstrecke ist eingeklemmt zwischen hohen Bergen und Meer und die Schienen führen teilweise direkt am Strand entlang. Nach 90 Minuten klettern wir mit unseren Rennern aus dem Zug und radeln bergauf in die Taroko-Schlucht hinein. Am Anfang des schmalen Taleinschnittes weisen Schilder auf mögliche Behinderungen hin. Giftige Schlangen neben der Straße, bröckelnde Felsen über uns, Wanderer bitte Helme aufsetzen. Interessant halt.

Keine Sorge nichts passiert – und die Schlucht ist wirklich schön. Die Straße windet sich den schmalen Taleinschnitt entlang, führt über viele Brücken und durch Tunnels. Unter uns arbeitet sich der Fluss emsig tiefer ins Gestein, färbt das Wasser sedimentgrau und schleppt riesige Steine talwärts. An den Bergen kleben Tempel, hoch über uns alte Pfade mit baufälligen Brücken. Die Felswände brechen senkrecht ab. Auf dem Rückweg erwischt uns doch noch eine Straßensperre – ein Bagger muss einen großen Felssturz beseitigen und schiebt emsig das herabgefallene Erdreich hin und her.

Inzwischen hat uns Root auch noch eingeholt. Heftig winkend kommt er uns im GIANT-Bus entgegengefahren. Er hat Gas gegeben, jetzt Hunger und lädt die Radler, die sich weit hochgewagt haben zu eine Portion Stinke-Tofu am Imbissstand ein. Das schmeckt und riecht wie es heißt. Heiko kauft hektisch einen Nussriegel, den wir uns teilen um den Geschmack loszuwerden.

Jetzt dürfen wir bergab sausen, dann eine superschöne Strecke direkt am Meer entlang. Wenig befahren, der Wind schiebt von hinten, wiegt Binsen und Palmen. Noch mehr positive Meldungen? Ja gerne – es gibt ausnahmsweise keine Berganfahrt zum Hotel. Wir rollen langsam in der Dämmerung in die Stadt. Einfahrten in die Stadt sind meistens sehr interessant. Heißt: anders als geplant. Oft wuselig, man verliert und verfährt sich, findet sich wieder, dafür das Hotel nicht. Neonreklame blinkt, aus Garküchen dampft es, der Essensgeruch ist vielversprechend. Die taiwanesischen Straßenreinigungswagen sind eifrig dudelnd unterwegs und eine Gefahr für orientierungslose Radler die länger an Kreuzungen herumstehen. Es soll schon vorgekommen sein, dass sie einfach verräumt wurden. Alles geht gut. Root ist wieder vor uns – hat sein Sprechfunkgerät umgehängt und lotst uns. Morgen ist Ruhetag.

Am nächsten Tag dürfen wir ausschlafen. Manche von uns wälzen sich erst kurz vor 11 Uhr aus den Betten. Andere sitzen angezogen wie Eskimos beim Frühstück. Die Klimaanlage ist voll aufgedreht. Wir ducken uns im letzten Winkel des großen Raumes wie eine Herde Schafe zusammen und retten fröstelnd die letzten Frühstücksutensilien. Heute ist Ruhetag. Eigentlich. Aber es gibt eine Menge zu tun. Wo ist das Postamt und sorgt dafür dass die Urlaubsgrüße ankommen? Welcher Bankomat spuckt Geld aus und nicht nur ‚Sorry‘ und nutzlose Quittungen. Und was bringe ich bloß den Verwandten mit? Wir strolchen über Märkte – Socken, gefälschte Sonnenbrillen, frische Fische, Glitzerschmuck direkt nebeneinander. Wir kaufen Essstäbchen und Ingwertee – finden funktionierende Bankomaten. – essen Nudeltaschen und mischen uns unsere scharfe Soße selbst zusammen.

Eine kleine Truppe macht sich per Fahrrad auf den Weg ans Meer. Nur Ruhe geben, das können wir dann auch nicht. Was für eine schöne Fahrt! Wir besuchen den Fischereihafen. Große Harpunen sind an den Fischerbooten befestigt und wir überlegen welches Abendessen damit wohl erlegt wird. Das schön gefärbte Meer wirft heftige Wellen mit Wucht an den Strand und der Wind zupft an uns.

Das Abendessen gibt es auf dem Nachtmarkt. Und dazu jede Menge Spiele die wir aus Jahrmarktzeiten kennen. Mit Bällen auf Dosen oder mit Pfeilen auf Luftballons werfen. Die Gewinne sind dann wahlweise Kuscheltiere, Wasserpistolen oder Comicbuttons.“


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Komfortzone

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Der Regen prasselt gegen das Fenster und der Wald davor lebt. Wir sind in einer Anlage die uns beim Schlussanstieg viel Mühe gekostet hat, aber jetzt sehen wir durch die Regenschwaden die Ebene von Yilan vor uns, mit allen ihren Lichtern. Satt, komfortabel, warmgeduscht. Ich hatte gerade eine Tour in Tibet, da hatten wir kaum mal heißes Wasser und manchmal auch keinen Strom – Johannes, der uns ein paar Tage hier in Taiwan begleitet hat, musste laut lachen als ich ihn gefragt habe, ob es bei der nächsten Übernachtung heißes Wasser gibt. Plötzlich stellen sich solche Fragen nicht mehr denn wir sind auf Taiwan, man hat hier schöne Hotels und zuverlässig gutes Essen, wie beruhigend, zur Abwechslung!

Johannes musste heute leider wieder los, ein altgedienter und trotzdem begeisterter Reiseleiter, ich denke mal dass er uns auch in Zukunft helfen wird. Ich hatte ihn letztes Jahr bei der Erkundung kennengelernt, dieses Mal hat er zunächst für uns gejobbt und ist dann aus freien Stücken weiter mitgefahren, dabei wurde er gemocht und war uns eine große Hilfe (und jetzt haben wir vor lauter Aufregung unser Gruppenbild mit ihm vergessen…). Unser Team hier ist auf ohnehin Trab und sehr professionell, das hat Monika ja schon geschrieben. Fang ist unsere Fahrerin und würde furchtbar gerne selber austreten, früher hat sie ihr Geld bei Radrennen verdient. Und Gen hat bis heute Abend wie der Athlet schlechthin gewirkt, was ja manchmal auch nicht so aufregend ist, heute hat er einige Gläser mit uns getrunken und irgendwann sogar das Rauchen angefangen, d.h. das Eis ist endlich gebrochen.

Eine herrliche Landschaft wieder heute! Teeplantagen säumten unseren Weg, wir sind in einem der wichtigen Anbaugebiete von Taiwan und wurden dazu sogar museal eingeführt, nämlich im Teemuseum von Pinglin. Vor allem Oolong und Baozhong-Tee von hier sind bekannt, beides halbfermentierte Teesorten, wobei der Bazhong fast noch ein Grüntee ist. Die Teepflanzungen sind immer schön anzuschauen, das Wetter hellte gegen Mittag auf, Affen kreischten im Gebüsch, erst zum Nachmittag verdunkelte sich das Firmament erneut und jetzt regnet es wieder. Wetter durchwachsen aber alles passend, sehr schöner Tag mal wieder.


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Grün

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Es ist das satteste Grün, das man sich vorstellen kann. Man versteht auch ganz gut, wie das kommt: es nieselt, die Luft ist warm und feucht und das ist für hier noch trocken. Gestern an der Küste war die Vegetation anders als heute, man sah Bambus an allen Ecken und Enden und in das Land hinein auch kleine Reisfelder. Heute in den Hügeln war dichter Wildwuchs, immer wieder Areka-Palmen und Bananenstauden. Riesige Schmetterlinge, manchmal sahen sie aus wie kleine Vögel.

Unser Ausgangspunkt war Jiufen, ein kleiner Ort, der während der japanischen Okkupation (1895-1945) zur Goldgräberstadt ausgebaut und später von der taiwanischen Regierung in diesem Sinne weitergeführt wurde. In den 70ern war nicht mehr viel Gold zu holen, Jiufen wurde aber wieder populär durch den Film „Stadt der Traurigkeit“, der 1989 herauskam. Das ist einer der großen taiwanischen Filme (was vielleicht absurd klingt, aber Taiwan hat wirklich eine ganz besondere, großartige Filmkultur). In „Stadt der Traurigkeit“ wird Geschichte, Politik und das Problem mit der taiwanischen Identität sehr poetisch verarbeitet, danach gab es einen Run auf das schöne Städtchen Jiufen, extrem pittoresk.

Es ist schwer zu jubilieren, wenn man den halben Tag im Regen gefahren ist, aber warum eigentlich nicht? Die Strecke war ruhig und wunderschön, die Blicke gingen in wolkenverhangene Berge und in Täler mit rauschenden Bächen, chinesische Tuschemaler hätten sich die Finger wundgekritzelt. Nix los auf dem Weg, alles ruhig, das Wasser hat uns heute die Geräuschkulisse geliefert. Und die Ankunft war auch eine Überraschung: erstmal war man an der Abzweigung zur Herberge ein paar Kilometer vorbeigefahren (klingt ja nicht schlimm, aber über die 20% Steigung bergan zurück haben sich auch nicht alle gefreut), zweitens mal über unser Resort hier. Liebevolle, großzügige Zimmer, feinstes Essen, ein spätes Bad im Strom davor. Und nach dem Essen ein kräftiger Schluck Gaoliang (58%), so muss es weiter gehen, das Wetter kann uns egal sein.


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Der Bambus wogt im Wind

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Sonst wird er gegessen. Derzeit hat der junge Bambus „Meiren tui“ („Füße schöner Menschen“, es gibt sehr viele verschiedene Bambus-Sorten) Saison, man kann ihn überall an den taiwanischen Landstraßen erwerben. Aber vor allem wogt er wild am Straßenrand. Ein wolkenverhangener und fast stürmischer Tag, passend zum Pazifik, dem großen weiten Meer. Der Wind kommt fairerweise von allen Seiten, komisch, man segelt durch die Gegend und hinter der nächsten Biegung fährt man gegen eine Wand.

Nach etwa 20km hätten wir abfahren können zum Teresa Teng-Memorial, viele Chinesen bekommen bei diesem Namen feuchte Augen und fangen unwillkürlich an zu singen oder zu pfeifen. Teresa Teng war der erste und bis heute größte Popstar des chinesischen Kulturraums, wahrscheinlich sogar ganz Ostasiens. Eine Taiwanerin, die auf Kantonesisch, Japanisch, Mandarin gesungen hat, in den 70ern, 80ern. Sollte man sich anhören, sehr schöne und zuckersüße Musik! Für die Festlandchinesen war sie die verbotene Stimme der Freiheit. Teresa Teng (oder Deng Lijun) ist mit Anfang 40 an Asthma gestorben, in Chiang Mai, Thailand. Das ist die offizielle Version, wenn man Videos aus den späten 80ern von ihr sieht (KTV-Pflichtlektüre) glaubt man nicht so recht daran, verlebt und aufgedunsen sieht sie da aus. Egal, wenn sie nur ihren Mund aufmacht…und geboren wurde sie also in einem Dorf in Nord-Taiwan, die Göttin des Mandopop und des Kantopop.

Ansonsten: Wilfried war in einen kleinen Unfall verwickelt, was mit klassischem Shakehand unter Gentlemen behoben wurde. Dann sind wir durch die Hafenstadt Keelung gefahren, wo das Leben ehrlich und die Arbeit hart ist. Und zum Schluss noch eine langgezogene Rampe zum Städtchen Jiufen, Ernst wollte vor dem Anstieg noch Ballast abwerfen d.h. eine Rauchen, es dämmerte jedoch bereits und er musste seinen gesamten Tabak den Berg hochtragen, der Arme. Hat er aber gut gemacht.


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