Zurück in Deutschland

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Changde-Hannover-Changde

Die Erste Runde ist geschafft: Die Route Changsha – Changde liegt hinter uns und wir haben einen Tag Erholung verdient. Kein Radeln im Regen, keine Plattfüße (am Rad), kein donnernder Verkehr auf breit ausgebauten chinesischen Landstraßen. Stattdessen chinesisches Frühstück mit leckeren Jiaozi und Xiaolongbao in den kleinen Gassen hinter unserem Hotel. Und als Bonbon gibt es zum Nachtisch leckere Mango, die wir gestern frisch vom Obst-Bauern erworben haben.

Satt und zufrieden machen wir uns auf den Weg. Es geht nach Hannover- oder besser gesagt nach Deguo Xiaozhen, dem kleinen deutschen Städtchen in Changde. Hannover ist die Partnerstadt der Hunaner Metropole und um die Freundschaft beider Städte in einem Projekt zu manifestieren, wird seit etwa zwei Jahren dieses kleine Viertel im hannoverschen Stil gebaut. Hier gibt es einen deutschen Supermarkt, einen Bayerischen Weinkeller, ein deutsches Café (das leider erst nach 16 Uhr öffnet).

Die Stimmung in klein Deutschland stellte sich als einigermaßen skurril dar. Die Läden waren geschlossen oder nicht besucht. Gelangweilte Verkäuferinnen standen hinter Tresen und Kassen stramm in Geschäften, für die sich keiner zu interessieren scheint. Es gibt einen Leibnitz- und einen Bahlsen Platz, Maria Schrader hängt als berühmte Persönlichkeit neben Wilhelm Busch an der Wand der „Hannover Exhibition“ und man kann im benachbarten Fluß (Leine) Tretboot fahren. Nett. Dennoch reißen wir uns schließlich los und suchen außerhalb Kleindeutschlands ein Café um die Lust zu stillen, die nach der Sichtung des geschlossenen deutschen Etablissements in uns geweckt worden war.

Und ein weiterer wichtiger Punkt: Die Suche nach einem Radladen, immer ein beliebter Programmpunkt um die eigene Ausrüstung zu optimieren, stand noch auf dem Tagesplan. Das schien sich schwieriger zu gestallten, denn wie sich herausstellte war das Geschäft mittlerweile umgezogen. Aber kein Problem: hilfsbereit wurden wir von einem Einheimischen und seiner Tochter mit dem Moped durch den dichten Verkehr zum neuen Standort gebracht, wo wir unsere Vorräte an Flicken und Klebstoff (dringend nötig) auffrischten und mein Fahrrad endlich einen neuen Ständer verpasst bekam.

Hunaner Seenplatte

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Von Hanshou nach Changde, etwa 60 km, anfänglich bedeckt, später sonnig

Nach einer durchwachten Nacht mit liebestollen Hotelgästen, eben solchen Katzen und lautstark streitenden Paaren, fing der Tag gut an: Regen und zwei Plattfüße. Gleich zu Beginn. Diesmal handelte es ich aber nicht um die üblichen Verdächtigen: Tim und Johannes hatte es erwischt. Danach aber schien das Glück auf unserer Seite zu sein. Der morgendliche Regen hatte die Luft etwas abgekühlt und so radelte es sich angenehm durch blühende Baumwollfelder und an Weinplantagen und Fischfarmen vorbei. Auch Reisfelder hie und da. Immer wieder Brücken und Wasser. Manchmal vervollständigte ein dösender Wasserbüffel oder ein Angler die Szenerie.

Trotz des ausgedehnten und leckeren chinesischen Frühstücks mit Mantou, diversen Baozi und „fettigen Stangen“ und und und… drückte pünktlich ab 12 Uhr bei einigen unserer Truppe der Magen. Auf der Suche nach einer Mittagsmöglichkeit gerieten wir dann noch unfreiwillig in eine feucht-fröhlich feiernde Hochzeitsgesellschaft, konnten uns aber losreißen und erhielten eine Ortschaft weiter unsere wohlverdiente Nudelsuppe. Frisch gestärkt traten wir den Rest der heutigen Etappe an und genießen jetzt die Zeit in einer chinesischen Kleinstadt von nur etwas mehr als drei Millionen Einwohnern


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Tour of China

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Von Ningxiang über Yiyang nach Hanshou

Wir hatten eine sehr feuchten Start in Ningxiang. Um es kurz zu sagen der Tag war verregnet, laut und schmutzig. Ich bin mit Helmut in einen Wettstreit um die meisten Plattfüße eingegangen. Es steht zwei zu zwei. Kurz vor Schluss ist noch Änne eingestiegen. Zwei zu Zwei zu Zwei oder 5 Plattfüße an einem Tag. Und Regen, Regen, Regen. Nach der Ankunft in Yiyang hatten wir Hände wie französische Waschfrauen aus dem 19. Jh.

Um so glücklicher sind wir, dass wir den heutigen Tag ohne nennenswerte Pannen überstanden haben und auch das Wetter gehalten hat. Ein bisschen war es wie bei einer Schnitzeljagd. Abseits der Hauptverkehrswege haben wir versucht uns durch Nebenstraßen, über kleine Ansiedlungen und Weiler durch die Landschaft zu schlagen. Mit allen möglichen Hilfsmitteln, die die moderne Technik so zu bieten hat. So haben wir zwar unsere Strecke von 50 auf etwa 80 km verlängert, konnten aber schöne Einblicke in den hiesigen Alltag erhaschen. Nur nicht zu oft anhalten – wir wurden bestaunt wie bunte Hunde mit zwei Köpfen und Zylinder. Geknipst, gefilmt, bekichert, angestarrt. Die letzte Etappe unserer heutigen Tour fuhren wir auf der Route der Tour of China, einem Radrennfahren was just am heutigen Tag genau auf unserer Strecke stattfand.


Strecke vom 20.09.2017:[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2017-09-20_Xiang171.gpx“]
Strecke vom 21.09.2017:[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2017-09-21_Xiang171.gpx“]

Auf ausgetretenen Pfaden radeln

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Von Changsha nach Ningxiang

Nun ist die erste Etappe unserer Radreise bewältigt. Wir klopfen den Staub aus unseren Kleidern und atmen durch.

Holprig begann dieser erste Tag. Nach dreitägigem Hinhalten offenbarte schließlich DAS Hotel unsere Koffer nicht aufzubewahren. Also umplanen, Koffer in Koffer packen und ab zur Gepäckaufbewahrung im Bahnhof. Handeln und feilschen um einen einigermaßen erträglichen Preis zu erzielen. Dann hielt mein Rad dem Gewicht der Packtischen nicht stand. Im wahrsten Sinne des Wortes: Es knickte ein und der Ständer brach ab. Seitdem bewahrt Johannes meinen Ständer auf in der Hoffnung einen fachkundigen Schweißer zu finden, der den Schaden beheben kann.

Doch irgendwann war jedes Gepäckstück an Mann, Rad oder Bahnhof und es konnte losgehen. Zuerst zum Museum des Genossen Lei Feng. Lei Feng war ein Kind aus ärmlichen Verhältnissen, dessen Eltern früh und auf tragische Weise ums leben kamen. So kam es, dass mehr und mehr der chinesische Stadt und seine Genossen, er war Mitglied der Volksbefreiungsarmee, zu seiner Familie wurden. Seine rühmlichen und tugendhaften Taten sind in seinem Tagebuch beschrieben. Mit erst 22 Jahren wurde er beim Einweisen eines Fahrzeugs von einem Mast erschlagen und seitdem zu einem Vorbild für die chinesische Jugend hochstilisiert.

Bei unserem Besuch musste man sich allerdings die Frage stellen, wer oder was hier die größere Attraktion war: Wir oder die Gedenkstätte? Das Museumspersonal war jedenfalls wild begeistert von uns offenbar stark am chinesischen Patriotismus interessierten Langnasen und schoss und knipste an allen erdenklichen Stellen Fotos von uns. Schnell wurde ein Sportlehrer aus der benachbarten Schule organisiert, der, des Englischen einigermaßen mächtig, uns eine Führung durch das Museum und das Leben des jungen Lei Feng bot.

Nach der Besichtigung hatte sich der Himmel merklich verdunkelt und wir traten kräftig in die Pedalen um dem aufziehenden Gewitter möglichst zu entkommen. Nach einem kurzen Abstecher zu einem kleinen Dorfweiler waren wir allerdings so hungrig, dass eine Pause nötig wurde. In einem (eigentlich geschlossenem) Straßenrestaurant improvisierte die Köchin für uns Nudeln mit Fleisch und Ei. Das ausnehmend schmackhafte Gericht nahmen wir unter den neugierigen Blicken der gesamten Verwandtschaft ein. Der Hausherr erklärte uns stolz, das auf dieser Straße bereits Mao Zedong unterwegs gewesen sei.

Kurz vor Ende der Etappe erwischte uns der Regen doch noch. Ein heftiges Gewitter mit sintflutartigen Wolkenbrüchen ging auf uns nieder. fast gleichzeitig die erste Reifenpanne, bei Helmut, der offenbar eine beeindruckende Historie von Plattfüßen aufweisen kann (wurde mir zugetragen).

Unser Abendessen genossen wir heute unter freiem Himmel und stoßen mit Rotwein der Marke Great Wall auf Monikas Geburtstag an. Ihr zu Ehren offeriert der Wirt zwei riesige Schüsseln mit Nudelsuppe und holt sogar die guten Rotweingläser aus dem Schrank.


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Der Friedhof der Kuschel-Räder

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Heiß, feucht , laut – Radfahren in Changsha

Ein neuer Tag, der mit frisch gedämpften Teigtaschen und duftenden Nudelsuppen beginnt. Mehr oder weniger ausgeschlafen sitzen wir in dem quirligen Nudel-Schnell-Restaurant vor unserem Hotel. Die feuchte Hitze, die der Tag bringen wird ist bereits in der lauen Morgenluft zu spüren. Morgen werden wir uns von der pulsierenden Großstadt Changsha verabschieden und ins „Ungewisse“ aufbrechen.

Doch bis dahin ist noch einiges zu tun: Zuerst müssen die Fährräder geholt, eingestellt und getestet werden. eine Radtour – ein Testlauf- steht außerdem an. Zuallererst lassen wir uns also im Taxi zu Radladen chauffieren, der sich in einer ziemlich gesichtlosen Gegend Changshas befindet. Von da brechen wir auf in Richtung Yuele Akademie, einer chinesischen Bildungseinrichtung mit über 1000jähriger Tradition, malerisch gelegen am Fuße des Yueleshan.

Unser Weg führt uns fast ausnahmslos über breite, dicht befahrene Straßen, ab und an wird‘s abenteuerlich, wenn der Weg durch eine Baustelle versperrt ist (Tja, ich werde mal wieder meinen Ruf gerecht…Betroffene wissen Bescheid…). Doch schließlich schaffen wir es bis aufs Universitätsgelände, wo wiederum eine große Baustelle im Wege ist. Ein äußerst hilfreicher Student führt uns aber per Rad durch verwinkelte Gassen und über kleinere Schleichwege bis zum Tor der Yuele Akademie. In dem verwinkelten Gebäudekomplex mit den kleinen Höfen, Gärten und Teichen genießen wir die frühnachmittägliche Ruhe nach unserem „Höllenritt“ durch die Großstadt.

Ein kleiner Schock erwartete Änne, die ihre schwere Fahrradtasche in ein Schließfach eingeschlossen hatte. Dieses war nicht mehr zu öffnen. Das ausgeklügelte System mit Barcode funktionierte einfach nicht. Erst nach mehrmaligen Versuchen bei denen alle übrigen (leeren) Schließfächer aufsprangen, nur eben das ihre nicht, konnte das Problem beseitigt werden. Wieder glücklich vereint genießen wir eine Fahrt mit dem Elektrobus (Fahrräder sind nicht erlaubt, Kenner nutzen aber Schleichwege, denn die gut asphaltierten Wege sind für Trainingszwecke gut geeignet) zum Gipfel des Yuele Shan und begucken uns mal Changsha von oben.

Am Fluss entlang über einen idyllischen Radweg, der allerdings nur über steile Treppen zu erreichen ist, geht es zurück zum Hotel. Hier wird geangelt, gebadet, der Abend genossen. Der Radweg endet schließlich in einer Ansammlung schier unzähliger Leihräder, die sich über die Böschung bis in den Fluss ergießen.
Einigermaßen erschöpft lassen wir den Abend bei deftiger Hunan-Küche und dem ein oder anderen Bier ausklingen.

Übung macht den Meister

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Ankommen in Changsha

Es ist so eine Sache mit den Tischsitten und Essgewohnheiten in anderen Ländern. In China, das ist hinlänglich bekannt, pflegt man mit Stäbchen, zumeist aus Bambus, Plastik oder Holz gefertigt, zu speisen. Dazu werden die Gerichte allesamt in der Mitte des Tisches platziert, so dass jeder von allem probieren kann. Besonders nett ist es, wenn die Bedienung ein Tellerchen Erdnüsse spendiert – beliebte Objekte um die Geschicklichkeit im Umgang mit dem fremden Essgerät zu erproben oder zu präsentieren. Wahre Meisterschaft hat aber erst der erlangt, der sich traut gebratenes Blut und gekochten Fisch mit Stäbchen zu verspeisen. Und das hat Helmut getan.

Nach einem „Irrflug“ von mehr als 30 Stunden sind Änne und Helmut gestern als erste im sommerwarmen Changsha eingetroffen. Und nachdem der erste Reisestaub schnell abgewischt war, ging es schon los durch enge Gassen und dunkle Hinterhöfe zu einer kleinen Garküche und unserer ersten Mahlzeit unter dem südchinesischen Nachthimmel. Frisch zubereitete Gemüse und eben eine Schüssel deftig angebratenem Blutes standen auf dem Speiseplan, die Helmut mit großer Lust und Geschicklichkeit verspeiste.

Nach Änne und Helmut traf am gleichen Tag noch Adrienne als dritte im Bunde der Bremer/innen ein und am darauf folgenden Tag trafen nach und nach die übrigen Teilnehmer ein, sodass wir beim Abendessen vollständig in großer Runde den Tag beschließen konnten.