Wind

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Das Folgende hat wieder Monika geschrieben, ich habs halt gut…

Ich habe Jan versprochen gelegentlich ein paar Blog-Zeilen zu verfassen. Dafür schraubt er am Fahrrad herum oder besorgt ein kaltes Bier. Faire Arbeitsteilung also. Ich frage ihn nach dem heutigen Wunschthema (Briefing nennen das die Texter). Schreib doch mal was über ein völlig abwegiges Thema meine er: z.B. Wind.

Das war heute unser zweit-meistbenutztes Wort. Deutlich überrundet aber von dem Ausruf ‚WOW!‘

Die genannt Luftbewegung kann stark oder schwach ausfallen. Zärtlich streicheln und die Hitze verjagen. Hämisch von vorne fauchen und die Kraft aus denn Beinen saugen . Wie ein guter Freund die Hände auf die Schulterblätter legen und gleichmäßig schieben. Oder die ganz fiese Art – seitlich kommen und mit voller Wucht versuchen den Fahrer aus der Spur werfen. Heute gab es das ganze Portfolio.

Eigentlich ist die Stecke heute 180km lang. Praktisch nur bergab. Jan klaut uns gleich morgens die ersten 40 Kilometer. Aus der Stadt raus geht es mit dem Auto. Zuerst mal Fahrräder suchen. Das Hotel hat unsere Stahl-Rösser gut verwahrt. So gut dass keiner mehr weis wo. Wir befreien sie aus einem verwinkelten Kellerverlies, heben sie auf die Ladefläche und dann eine Stunde später runter.

Unser Wind-Freund hat schon auf uns gewartet und setzt uns gleich energisch in Bewegung. Ob wir wollen oder nicht. Glücklicherweise haben wir uns für die gleiche Richtung entschieden und machen Strecke. Noch ist es eben, keine Steigung nach oben oder unten. Pappeln biegen sich im Wind. Getreidefelder in heftigen Wellenbewegungen sind besonders schön anzusehen. Die Landschaft ist – nun ja WOW! Wir winken dem Bogda-Bergen einen letzten Gruß zu und biegen in eine Art Canyon ein. Dazu müssen wir ca. 250 m gegen den Wind anradeln und brauchen dazu etwas so lange wie für die nächsten 25 Kilometer. Es bläst uns praktisch rückwärts bergauf.

Dann geht es wieder bergab. Auf einer wenig benutzten Autobahn jagen wir mit dem Wind um die Wette. Er schiebt. Wir bremsen. Er schiebt mehr. Wir bremsen dann irgendwann nicht mehr und jagen lauthals jauchzend talwärts. Bis zu 60 Stundenkilometer sind wir schnell. Leichtsinnig? Ja! Aber … geil!!!

Am Ende des Canyons stehen Hunderte von Windrändern – der zweitgrößte Windpark der Welt. Die letzten Kilometer kämpfen wir mit dem Seitenwind. Fahren in der Mitte der Straße, liegen völlig quer und uns hinterher erleichtert in den Armen. Wir schaffe es gerade noch nicht völlig verblasen auf den seitlichen Schottersteinen zu landen. Nie – wirklich nie zuvor haben wir solche Windstärken erlebt.

Michael rettet sich die letzten Meter mit dem fünften Platten zu unserem Fahrzeug, das uns wieder einsammelt. Hinten, vorne, hinten usw. Ständig fehlt die Luft. Die Schweizer halt. Schuldbewusst schaut er aufs Vorderrad.

Alles was wir nicht festhalten ist weg. Unwiederbringlich.

Was bleibt in Turfan. Ein Abschied von den Rädern. Ein traumhaftes Abendessen auf dem Nachtmarkt. Eine Karaoke-Nacht und das Wissen, einen unvergesslichen Tag erlebt zu haben.


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5 Kommentare:

  1. perfekt – ihr ergänzt euch großartig im blogschreiben, jan und monika !! sehr vergnüglich zu lesen. und nun ohne räder ? ihr armen !

  2. Das perfekte Paar oder?? Monika und Jan. Ganz liebe Gruesse an Euch beide. Beneide Euch von der Uni Bibliothek aus. Viel Spass noch und geniesst die letzten Tage.

  3. Hallo Niti, schön von dir zu hören. Dein Studium ist offensichtlich in vollem Lauf, wenn du in der Uni-Bibliothek sitzt. Wir erleben hier gerade das echte China – von dröhnend hupenden Kohlelastern bis perfekt inszenierten Hochzeiten mit puppenhaften Bräuten. Alles sehr spannend und empfehlenswert. Liebe Grüße nach Berlin. Monika

  4. Hallo Monika,
    jetzt noch gute Chinesischkenntnisse und ich würde Dich glatt als Reiseleiterin für China By Bike engagieren! Herzlichen Dank für die tollen Einträge, bitte mehr davon!
    Liebe Grüße an alle, bekommt Martin „Obelix“ auch genug zu essen?
    Volker

  5. Hallo Volker – gerne doch. Ich komme gelegentlich mal zum einem Reiseleitervorstellungsgespräch in Berlin vorbei. Immerhin kann ich selbständig das Wort ‚Frau‘ auf chinesisch schreiben. Das ist doch schon mal ein Anfang – oder? Und bei den 31 Gerichten gestern abend sind alle, wirklich alle satt geworden. Zum völligen Entsetzen unserer entzückenden Bedienungsn mußten wir den Höhepunkt – die Langustensuppe (in der Wüste!)unangetastet zurückgeben. Mit der Bitte sie selbst zu essen. Ich hoffe sie haben es getan. Monika

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