Sonnenschein, 1.000 Höhenmeter bergab, Bremse hält

Teatime im Himalaya, 03. bis 27.11.2018

Unsere Strecken führen uns von einem Flusstal zum anderen und die Ortschaften sind immer oben am Berg.
Das heißt morgens erstmal eine lange Abfahrt und dann der stete Anstieg.

18.11.2018, Gangtok – Kloster Rumtek – Martam, ca. 31 km
So ging es von Gangtok quer durch die Stadt stetig bergab, um dann 700 Höhenmeter bis zum Kloster Rumtek zu erklimmen. Alternativ gibt es die Strecke am Bergkamm entlang über Ranka und Limdung, doch der Untergrund ist so miserabel, dass wir lieber den langen, anstrengenden Anstieg auf Asphalt bevorzugten.
Rumtek ist das Exil-Kloster des Karmapa, dem Oberhaupt der Schwarzmützen-Sekte des tibetischen Buddhismus. Der 16. Karampa ging 1959 aus Tibet/China ins Exil nach Bhutan, wurde vom König Sikkims umworben und bezog sein neues Domizil in Rumtek.
Leider gab es bei der Bestimmung des 17. Karmapa Zwist mit den Bhutanesen, die eine andere Inkarnation bevorzugten, während sich ausnahmsweise der Dalai Lama und die chinesisch-buddhistische Vereinigung über die in Tibet geborene Inkarnation einig waren. Wegen des Zwists lebt nun der 17. Karmapa in Dharamsala, ist als Flüchtling von der indischen Regieruing akzeptiert, darf aber nicht nach Rumtek. Stattdessen ist das Kloster unter Bewachung, Zutritt nur unter Vorlage des Reisepasses.
Nach dem Aufstieg ging es noch ein kurzes Stück zur Unterkunft, dem Martam Village Ressort. Ein ehemaliger Bauernhof, der zu einem schönen Ressort umgebaut wurde, wo wir abends an der Feuerschale uns wärmten.

19.11.2018, Martam – Temi Tea Garden, ca. 44 km
44 km klingt nach einer entspannten Etappe. Insbesondere kamen nach 6 km auf welligen Terrain (und im Bau befindlicher Piste) die Abfahrt ins Tal – 1.000 Höhenmeter bergab. Und es war bester Asphalt, kein Verkehr und die Sonne ließ sich mal wieder blicken. Die 1975 gegründete Temi Tea Estate konnte also nicht mehr weit sein. Doch: ab Brücke im Tal ging es bergan, und zwar 1500 Höhenmeter am Stück, was für diese 20 Kilometer 4 h reine Fahrtzeit bedeutet! Erschöpft erreichten wir das Ziel, leider auch etwas zerknirscht, weil bewölkter Himmel auf knapp 2.000 m Höhe Kälte versprach. Wir hatten auf einen goldgelben Blick über die Teehänge gehofft. Stattdessen saßen wir dick eingepackt beim Abendessen.

20.11.2018, Temi Tea Garden – Kewzing, ca. 27 km
Weil es Frühstück nicht vor 8 Uhr gab, entschlossen wir uns, den Tag mit einem Besuch in der Temi Teefabrik zu starten. Um 7 Uhr hörten wir schon die Sirene, die den Arbeitsbeginn in der Fabrik weit über die Teefelder ankündigte. Eine halbe Stunde später standen wir in der Teefabrik, zogen uns Plastiktüten über die Schuhe und wurden durch den Produktionsprozess des Schwarzen Tees von Temi geführt. Bis auf die Teetrocknung waren alle Stationen in Betrieb und durften Proben in die Hand nehmen.
Die Strecke nach Ravangla ist sehr schön, die Teefelder verschwinden, es kommen Zedernwälder und die Straße führt teils entlang eines Steilhanges. Einzige Trübung: Die Sonne fehlte und auf 2.200 m Höhe ist es auch am nördlichen Wendekreis im November frisch. Wir nutzten daher jede Gelegenheit auf eine wärmende Teepause – die Reise heißt ja auch Teatime im Himalaya.
Unser indischer Buchungspartner überraschte uns mit einer neuen Unterkunft: Bon Farmhouse Homestay and Guesthouse, etwas abseits der Straße im Ort Kewzing. Ein wunderschöner Garten mit Hollywood-Schaukel, eine warmherzig eingerichtete Stube mit Heizlüftern und Zimmer mit Blick auf die Schneeberge des Kanganjunga-Massivs, die wir beim Sonnenaufgang des nächsten Tages auch endlich zu Gesicht bekamen!

21.11.2018, Kewzing – Yuksom, ca. 48 km
In einer traumhaften Abfahrt mit Blick auf die Schneeberge ging es runter zum Flusstal des Ranthang und dort noch über eine alte Hängebrücke. Nebendran ist die neue breite Brücke fast fertig – voraussichtlich wird dann auf den folgenden 12 km Strecke bis Tashiding mit mehr Verkehr zu rechnen. Aber es bleibt meiner Meinung nach – Abfahrt von Kewzing und Aufstieg bis Tashiding die schönste Strecke der Reise. In Tashiding thront das Kloster auf einer Bergkuppe über Tal und Ort. Im März wird hier ein Wasserorakel befragt, was den Verlauf des neuen Mondjahres bestimmt. Dann ist dieser Ort voller Menschen, wir waren nun alleine beim Kloster und standen vor verschlossenen Gebetshallen.
Am Nachmittag ging es weiter bergan – laut Navigationsgerät mit durchschnittlich 6% Steigung. Da aber immer wieder ebene Abschnitte dabei waren, kamen wir locker über die 6%. Nach dem Aufstieg kam eine kurze Abfahrt – die Straße war eher eine Mondlandschaft mit vereinzelten Asphaltfetzen. Wahrscheinlich soll es Vorbereitung auf Yuksom sein – dem Ausgangsort für Trekking am Kanganjunga -, vielleicht aber auch wieder nur eins der Straßenverbreiterungsprojekte, über dessen Ergebnis sich die nächste Gruppe freuen darf.


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