Cinema Paradiso

„Hier ist Ihr Auftrag, Agent Christof: Fliegen Sie am 01.07. von Chengdu nach Kunming. Dort treffen Sie auf Agent Che und Agent Tommy. Checken Sie im Camellia Hotel ein und warten auf weitere Instuktionen…“

So (oder so ähnlich) kam es also, dass ich, unser Reiseleiter Che aus Beijing und unser lokaler Reiseleiter Tommy (AKA Marut Ketudat) aus Bangkok am vereinbarten Tag in Kunming landeten. Ein konspiratives Treffen also. Unsere Mission: Alle Fahrräder von China By Bike zu inspizieren und eine neue Strategie der Wartung und Lagerung auszubaldowern.

Daher sind nicht nur wir drei spezial agents nach Kunming gekommen, auch die über hundert Fahrräder, die bis dato in Beijing, Guilin, Dali und Jinghong untergebracht waren, trafen nach und nach in Kunming ein. Teils mit der Bahn, teils mit dem Truck und teils mit dem öffentlichen Bus.

Der Ort, an dem wir die Fahrräder dann im Laufe der folgenden Woche auspacken, überprüfen und inventarisieren durften, hätte skurriler nicht sein können: Das Nanping Dianying Yuan, das erste Kino Kunmings. 1938 erbaut diente es in seinen frühen Jahren unter anderem den Piloten der Flying Tigers, also jene amerikanische Fliegerstaffel, die im Zweiten Weltkrieg China im Kampf gegen Japan unterstützte, als Abwechslung zum Kampfeinsatz.

Leider wurde das Kino ca. 2004 (wenn man dem Wandkalender, der noch im Projektorraum hängt, glauben kann) geschlossen und steht seit dem leer. Jedoch nicht ganz leer, das Mobiliar ist noch da. Und nun auch noch unsere Fahrräder. Ausgepackt, montiert, repariert und geölt haben wir im Foyer, immer scharf beobachtet von bekannten und unbekannten Schauspielern, die aus alten Filmplakaten auf uns herab blickten.

Wenn es gerade mal keine Räder zu bearbeiten gab hat Tommy Che und mich beiseite genommen und uns gefühlte 10.000 Tricks und Kniffe über die Aufzucht und Pflege von Fahrrädern verraten. Tommy ist nämlich nicht nur unser lokaler Reiseleiter für den Thailand-Part der Reise Auf den Spuren der Khmer, sondern auch ein begnadeter Fahrradmechaniker! Endlich können auch Che und ich ein Bremsbowdenzug von einem Schaltbowdenzug unterscheiden. Nicht nur das, jetzt können wir auch beide professionell verlegen!

So vergingen unsere Tage im Kino, immer heiter, oft anstrengend. Eine gewisse Routine spielte sich ein, dazu gehörte auch die leckere Nudelsuppe vom Nudelladen zwei Ecken weiter und ein Café Latte aus der Bäckerei eine Ecke weiter zur Mittagspause.

Morgen trennen sich wieder unsere Wege, Che fliegt nach Beijing, Tommy nach Bangkok und ich zurück zu meiner Familie nach Chengdu. Es war eine schöne Zeit. Ein ganz dickes Dankeschön an dieser Stelle an Che und Tommy für ihren tollen Einsatz, rock’n’roll, brothers!