Übung macht den Meister

China Wildside , 16.09. bis bis 08.10.2017

Ankommen in Changsha

Es ist so eine Sache mit den Tischsitten und Essgewohnheiten in anderen Ländern. In China, das ist hinlänglich bekannt, pflegt man mit Stäbchen, zumeist aus Bambus, Plastik oder Holz gefertigt, zu speisen. Dazu werden die Gerichte allesamt in der Mitte des Tisches platziert, so dass jeder von allem probieren kann. Besonders nett ist es, wenn die Bedienung ein Tellerchen Erdnüsse spendiert – beliebte Objekte um die Geschicklichkeit im Umgang mit dem fremden Essgerät zu erproben oder zu präsentieren. Wahre Meisterschaft hat aber erst der erlangt, der sich traut gebratenes Blut und gekochten Fisch mit Stäbchen zu verspeisen. Und das hat Helmut getan.

Nach einem „Irrflug“ von mehr als 30 Stunden sind Änne und Helmut gestern als erste im sommerwarmen Changsha eingetroffen. Und nachdem der erste Reisestaub schnell abgewischt war, ging es schon los durch enge Gassen und dunkle Hinterhöfe zu einer kleinen Garküche und unserer ersten Mahlzeit unter dem südchinesischen Nachthimmel. Frisch zubereitete Gemüse und eben eine Schüssel deftig angebratenem Blutes standen auf dem Speiseplan, die Helmut mit großer Lust und Geschicklichkeit verspeiste.

Nach Änne und Helmut traf am gleichen Tag noch Adrienne als dritte im Bunde der Bremer/innen ein und am darauf folgenden Tag trafen nach und nach die übrigen Teilnehmer ein, sodass wir beim Abendessen vollständig in großer Runde den Tag beschließen konnten.

Who let the dog out?

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10..2016

Sich Treiben lassen in Jinghong

12 Uhr mittags. Ich sitze an der geöffneten Balkontür und beobachte den Wind, wie er durch die Palmwedel streicht. Langsam lasse ich die Reise in Gedanken austrudeln. Heute morgen, kurz nach zehn ist die neu vereinte Gruppe mit Thomas aufgebrochen und hat mich hier alleine zurück gelassen.

Davor war es nochmal kurz turbulent: Die Verabschiedung von Uli, der kurzerhand von Xiao Luo und ihrem Cousin in den Wagen gesetzt und zum Flughafen gebracht wurde. Die Aufregung vor dem Aufbruch. Dann doch noch ein Kettenwechsel an Joachims Rad. Danach ging es aber wirklich los. Xiao Luo trippelt winkend auf ihren hohen Keilabsätzen zum Auto. Die anderen satteln auf und fahren ab. Dann wird es plötzlich still. Es ist kurz nach zehn.

Ich lasse den gestrigen Tag Revue passieren. Es war ein fauler Tag, den wir uns verdient haben. Und ein Gewöhnen an die tropische Hitze und die drückende Luftfeuchtigkeit. Axel und Tobi haben wir nach dem Frühstück verabschiedet. Die „Neuankömmlinge“ erprobten ihre Räder auf einer kleinen Probetour. Kaspar, Joachim, Martina und Wolfgang konnten’s nicht lassen und schwangen sich ebenfalls auf die Räder, Uli erkundete die Stadt zu Fuss und ich genoss einen Spaziergang die schattige Uferpromenade entlang.

Am nachmittag trafen wir uns alle mehr oder weniger zufällig im Café wieder. Entspannten bei starkem Yunnan-Kaffee, Mohito und ich zusätzlich bei einem Stück Käsekuchen. Letztere enthielt allerdings Durian (Diese Vokabel hätte ich mir wirklich mal merken sollen!) und mir wurde schon beim ersten Bissen schlagartig klar, wieso der Kellner mich so vehement davon abhalte wollte, diesen Kuchen zu bestellen. Zu spät. Tapfer kämpfte ich mich durch zwei Drittel des „edlen“ Desserts, dann ging nichts mehr.

Der Abend klang dann wie üblich bei Bier und Wein aus. Der Hund des Herbergsbesitzers lag gelangweilt am Baum angeleint neben unseren Rädern, wie jeden Tag. Bis Martina eine Angestellten bat, ihn doch abzuleinen. Nach ein paar Streicheleinheiten nutze das Tier die neu gewonnene Freiheit um auszubüchsen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde der Hund aber wieder hergeholt und trollte sich sichtlich zufrieden zu seinem angestammten Platz.

Das wars nun also. Die Cha 163 ist zu Ende und auch ich bereite mich auf meinen Rückflug vor. Es war eine schöne Fahrt durch schöne Landschaften bei gutem Essen und netten Gesprächen. Mach’s gut, China!


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Freitag nach eins …

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10..2016

41 km nach Jinghong

Wir sitzen vor unseren Nudelsuppen. Es ist ein trüber Tag. Ein leichter Nieselregen zieht sich durch den Morgen. Bisher keine Elefanten in Sicht. Langsam setzt sich unser müder Trupp in Bewegung. Es ist unser achter Radtag in Folge und langsam wird es Zeit für einen Ruhetag. Der erwartet uns dann Morgen im tropisch heißen Jinghong. Und wie unsere Tour begann, so endet sie auch: Mit einer ausgesucht holprigen Strecke. Wir rütteln uns die Berg hinauf und wieder hinab.

Kurz nach Abfahrt gelingt es uns auch einige Elefanten durch das Blattwerk des Wildgeheges zu erspähen. Gegen einen Besuch des Naturparks entscheiden wir uns dann dennoch. Der Andrang an Touristenbussen, an denen wir uns mit unseren Rädern vorbei quetschen und der zugehörige Lärmpegel wirken dann doch etwas abschreckend.

Ziemlich zügig, gestärkt durch leckere Banänchen und Drachenfrüchte, erreichen wir dann Jinghong in Xishuangbanna. Ein letztes gemeinsames Schmutzbier, ein letztes Gemeinsames Mittagessen und diesmal, zur Feier des Tages, ausnahmsweise mal keine Nudelsuppe oder gebratener Reis.

Dann verfahren wir getreu nach dem Moto: Freitag nach eins, macht jeder seins. Der eine genießen ein Tässchen leckeren Yunnan-Kaffee, der andere geht spazieren. Gegen Abend erwarten wir die nächste Reisegruppe, mit der Martina, Wolfgang, Kaspar und Joachim in zwei Tagen in Richtung Laos aufbrechen werden. Für den Rest von uns, dass heißt für Axel, Tobi, Ullrich und mich, ist die Reise hier zu Ende.

Ein letztes großes Ereignis ist an diesem Tage die Verabschiedung von Schräubchen, die sich zu diesem Anlass extra in ein schickes, mit Lotusblüten besticktes Oberteil geworfen hat. Es fließt Bier, Wein und natürlich der leckere Selbstgebrannte, es wird angestoßen, Reden werden geschwungen, Essstäbchen zu Musikinstrumenten umfunktioniert. Wir sind mal wieder die letzten im Restaurant. Beschwingt geht’s also ins Hotel, wo wir beinahe von der herabfallenden Rinde einer Palme erschlagen werden. Das schreckt uns aber nicht ab: Todesmutig setzten wir uns bei Bier und Wein in den Hof (unters Dach).


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Ab in den Urwald

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

108 km nach Sanchahe

Nach einer ruhigen Nacht, weit ab von jeglichem Lärm in der Weite der Teeplantagen (Leider träumte ich die ganze Zeit sehr realistisch, dass jemand eine Metallkugel an einer Eisenkette durch den Hotelflur zieht) brechen wir in Richtung Sanchahe auf. Angeblich erwarten uns da wilde Elefanten – wir werden sehen.

Anfänglich bleiben uns noch die Teeplantagen erhalten. Die Straße ist gut asphaltiert, Wolken spenden uns Schatten und Fahrzeuge begegnen uns so gut wie keine. Ideal also. Irgendwann biegen wir links ab. Alle, außer Kaspar, der Uli nicht sieht und geradewegs durchrauscht. Die drei Kilometer Talfahrt bezahlt er mit einer ebenso langen Kletterpartie.

Nach und nach verändert sich die Vegetation. Die blühenden Büsche verschwinden. Erst fahren wir durch unendliche Weiten von Bananenfeldern. Dann wird die Bepflanzung dichter. Ein Urwald baut sich zu beiden Seiten der Straße auf mit allen möglichen Bäumen, Schling- und Kletterpflanzen. Vögel zwitschern, wilde Tiere schreien, der Lärm der Zikaden ist so durchdringend, dass er manchmal kaum zu ertragen ist.

Es geht auf und ab. Hie und da eine Ansiedlung, ein Dorf, ein Marktflecken. Irgendwann fahren wir durch ein weites Tal, dass voller Gewächshäuser und Plantagen steht. Die Abdeckungen der Gewächshäuser glänzen silbern, zu beiden Seiten des Weges reihen sich ordentlich angelegte Areale mit verschiedenen Baumarten, Kakteen, Bougainville. Das Tal der Baumschulen.

Nach 104 km, einer Mittagspause und einigen Bananenpausen landen wir in einer Polizeikontrolle. Wahrscheinlich geht es um Drogen. Wir müssen unsere Pässe vorweisen, Uli hat seinen, nach dem Rucksackdebakel zu Anfang der Reise, im Kofferraum des Begleitfahrzeuges verstaut. So machen wir eine unfreiwillige Pause, bei der wir schattig geschützt auf Kinostühlen den Kontrolleuren bei der Arbeit zusehen, bis Xiao Luo erscheint. Endlich mussten wir mal auf Uli warten. Die letzten Kilometer rollen wir ins Tal in unsere kleine Familien-Pension. Hier laufen tatsächlich ab und an Elefanten am Haus vorbei. Ob wir wohl heute Nacht welche sichten?


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Die chinesischen Zikaden sind müde….

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

27 km durch Teeplantagen radeln

Nach der gestrigen Hammertour, die zuweilen eine recht staubige Angelegenheit war, schwächelt die Gruppe ein wenig, und so kommt die heutige kurze Etappe doch sehr gelegen. Nichtsdestotrotz, Berge müssen wir dennoch erklimmen.

Aber wir lassen es ganz ruhig angehen und brechen entspannt gegen zehn auf. Über Nacht hat es geregnet, und der Himmel ist angenehmerweise bedeckt. Joachims Voraussage: „Heute werden wir nass!“ erfüllt sich nicht. Naja. Hohe Luftfeuchtigkeit – wir schwitzen ein wenig. Erst fahren wir ein wenig auf der Hauptstraße: guter Belag, wenig Verkehr. Dann schrauben wir uns auf einer Nebenstraße durch Teeplantagen und kleine Ansiedlungen bis zu unserem Hotel hinauf: super Belag, gar kein Verkehr. Die Straßen sind gesäumt von rotblühendem Hibiskus. Unter uns breiten sich terrassierte Teefelder aus, die sich harmonisch an die Hügel schmiegen. Unser Hotel liegt in einer Art „Teemuseumspark“. Weitläufig, idyllisch, ruhig. Die einzigen Geräusche stammen von einem leichten Wind, der durch die Äste zieht und von dem Hotelpersonal, dass durch die Gänge schlurft. Vogelgezwitscher. Selbst sie Zikaden scheinen heute müde zu sein und legen wie wir einen Ruhe(nach)mittag ein.


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Im Wendekreis des Krebses

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10..2016

103 km bis nach Pu’er

Es hat mal wieder geregnet heute Nacht. Die Straße ist nass, und als wir gegen acht loskommen verdunsten die letzten Reste des Regens im Tal. Fünf Anstiege stehen uns heute bevor. Die ersten beiden nehmen wir noch in der morgendlichen Frische. Beim Mittagessen regnet es wie gewohnt. Ein sommerlicher Platzregen, den wir über unsere Reisschüssel argwöhnisch beäugen. Pünktlich mit dem Aufbruch kommt die Sonne raus und leckt die Straßen wieder trocken.

Die zweite Hälfte der Strecke ist nicht minder anstrengend und die bewältigen wir unter einer brüllenden Sonne, die unbarmherzig auf uns nieder brennt. Am Straßenrand kaum ein Baum, der uns Schatten spenden könnte. Schmetterlinge tanzen nimmer müde in der flirrenden Luft.

Kurz vor Einfahrt nach Pu’er ist die Straße plötzlich verschwunden. In der Ferne sehen wir schon die ersten Ausläufer der Stadt, dazwischen – ein klaffendes Loch. Ein chinesischer Radfahrer, den wir unterwegs getroffen haben, leitet uns auf Schleichwegen zu einer Hauptstraße, die uns direkt ins Zentrum führt. Und endlich haben wir’s geschafft. Erschöpft lümmeln wir in den großen Sofas der Lobby und lechzen nach kalten Getränken.

Das Abendessen nehmen wir in einem luftigen Innenhof bei lauer Abendluft zu uns. Es gibt unter anderem Aal und schwarzes Hühnchen dazu genießen wir den selbstgekelterten Wein des Hauses, der in großen Porzellankrügen gelagert wird.


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Auf glühenden Reifen ins Paradies – die Fotosession geht weiter

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

85 km nach De’an, die Sonne brennt

Gestern Abend haben wir noch die Ruhe in Zhenyuan genossen und in einem Restaurant in der Nähe der Uferpromenade die lokale Spezialität – auf heißen Kieseln gegarten Fisch- verspeist. Dann kam die Nacht. Und mit ihr der Regen. Unaufhörlich prasselten dicke Tropfen gegen die Fensterfront. Jetzt tröpfelt es noch ein wenig. Nach dem Frühstück klart es auf und wir fahren bei blauem Himmel und Sonnenschein los. Feuchtigkeit hat sich in der Weite des Tals angesammelt und zerstäubt als Nebel an den Berghängen. Unzählige Schattierungen von Grün fächern sich vor dem Auge auf. Lilafarbene Bougainville strahlen üppig über Toreinfahrten und Hauseingängen. Aus dem Begleitfahrzeug werden wir mit süßen Drachenfrüchten, Mangos und Bananen versorgt. Ab und an fährt ein Wagen in Schritttempo an uns vorbei und filmt uns.

Irgendwo steuern wir dann eine Nudelbude an. Es gibt gebratenen Reis Nudeln und sautierte Kürbisblüten. Der Wirt muss natürlich ein Foto von uns machen. Während wir gemütlich in unsere Korbsessel gefläzt unser Mittagsmahl genießen, geht vor dem Lokal ein kurzer, aber heftiger Sonnenregen nieder. Wir liegen gut in der Zeit und warten ab. Bald bricht die Sonne wieder durch die Wolken und wir bewältigen bei gleißendem Sonnenlicht unsere restlichen etwa 1000 Höhenmeter bis zu unserem Ziel. Das Klima wird immer tropischer. Kaum ein Baum der Schatten spendet, während wir die Berge erklimmen. Stattdessen Kaffeeplantagen und Bananenstauden. Nach jedem Anstieg öffnet sich ein größeres und weiteres Tal. Ab und an flankieren prächtige Palmen den Straßenrand und das ein oder andere Mal werden wir angenehm von einem Nieselregen erfrischt.

Heute übernachten wir in einem winzigen Ort an der Hauptstraße neben dem Fluß. Hier will man nicht mal unsere Pässe haben – zu anstrengend. Hinter dem kleinen Hotel wiegen sich riesige Bambusstauden im Wind und weiße Wolkenhaufen schieben sich über die Berge.


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Fotosession

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

71 km auf und ab nach Zhenyuan

Läppische 71 km, keine erwähnenswerten Anstiege – das bewältigen wir, schnellste Gruppe aller Zeiten, doch mit links. Gestern haben wir noch feuchtfröhlich mit Xiao Ding und Xiao Luo und ihrem leckeren Selbstgebrannten gefeiert, heute sitzen wir wieder auf den Rädern und strampeln gegen den Nieselregen an, der Sonne entgegen. Die ersten Kilometerchen quälen wir uns durch den vormittägliche Stau. Schrauben uns die grünen Hügel hinauf, kommen dennoch gut voran. Der erste Stopp etwa 20 Kilometer hinter Jingdong, an einer alten stillgelegten Fabrik. Acht Langnasen, acht Räder und ein paar staunende Chinesen, die unbedingt Fotos mit uns schießen wollen und gar nicht glauben wollen, dass wir hier zu Rad unterwegs sind.

Xiao Luo versorgt uns mit Gebäck, Obst und frischen Walnüssen. So gestärkt ist es kein Wunder, dass es so flott vorangeht.

Es ist gerade Erntezeit und neben Mais, der überall zum Trocknen ausgebreitet aus liegt und den allgegenwärtigen Reisstrohpuppen, werden an kleinen Ständen am Wegesrand frische Mangos, Birnen und Drachenfrüchte angeboten. Die Zuckerrohrfelder stehen gut im Saft und überall wuseln Bauern auf ihren kleinen Parzellen geschäftig herum.

Unser Mittagessen fällt gegen 13 Uhr etwas spät aus. Heute gibt es mal Nudelsuppe. Ganz was Neues und dazu süße und herzhafte Teigfladen. Aus Kürbis, Reis- und Maismehl und verschiedenen Füllungen. Ein Singvogel, der im Bauer gesperrt am Baum vor unserem Restaurant baumelt, pfeift uns eins. Auch hier erregen wir das Interesse der Anwohner. Ältere Damen, die zu einem Plausch auf dem Gehweg hocken, zücken die Smartphones und versuchen uns auffällig unauffällig zu filmen.

Die letzten fünf Kilometer werden nochmal schmutzig und sehr holperig. Kurz vor Ortseinfahrt lassen wir daher unsere Drahtesel mit dem „Hochdruckschlauch“ reinigen. Eine Dusche könnten wir alle auch gebrauchen. Aber erst mal setzten wir uns in die mondänen Sessel der Hotel-Lobby, genießen unser Schmutzbier, während Uli versucht, mich ob meiner Körpergröße zu ärgern. Na dann, Prost!


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Abwarten und Tee trinken

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

106 km nach Jingdong, 20 km Anstieg, den Rest rollen lassen

Heute morgen geht es schon früh los, denn ein anstrengender Tag liegt vor uns: 106 Kilometer und mit dem Anstieg geht es gleich los. 20 Kilometer nur bergauf. So kommt es, dass wir uns schon halb acht treffen, Gepäck verladen, aufsitzen, zur „Nudelbude“ radeln.

Heute gibt es mal Reisbandnudeln mit frischen Tomaten. Sehr lecker. So gestärkt und trotz nächtlicher Karaoke-Beschallung einigermaßen frisch, radeln wir munter los. Der morgendliche Himmel zeigt sich wolkenverhangen. Nur vereinzelt lugt ein blaues Fetzchen Himmel hervor. Sacht windet sich die Straße bergauf. Unser Weg wird gesäumt von silbrig-grünem Eukalyptus, ein leichter Hauch von Bohnenkraut duftet über die Landschaft. Die dunkelgrünen Bergspitzen zeigen sich weiß umwölkt. Während wir nach oben radeln, dünnt die Vegetation langsam aus. Vereinzelte Büsche, niedrige Kiefern fliegen nun an uns vorbei.

Auf dem Pass sammeln wir uns alle wieder. Uli war natürlich mal wieder als erster oben, gefolgt von Martina und Joachim. Wir stärken uns mit frischen Früchten, mit denen uns Xiao Ding aus seinem Wagen versorgt. Tobis Rad wird aufgebaut, er hat sein Knie noch ein wenig geschont und den Anstieg ausgelassen, nun geht es hurtig zu acht den Berg hinab. Je weiter wir in das Tal hinein radeln, desto landwirtschaftlicher wird es. Mais und Gemüsefelder, Tabak und Melonen. Ab und an ein Schweinestall, Hühner und eine Menge schlechtgelaunter, meist (glücklicherweise) angeketteter Hunde.

In Anding sammeln wir uns wieder alle und es gibt mal wieder Nudelsuppe und Tee. Wir dinieren an der Hauptstraße und können das alltägliche Treiben im Örtchen quasi aus erster Reihe beobachten. Mindestens genauso viel Aufmerksamkeit erregen wir mit unseren langen Nasen und schmutzigen Rädern.

Da sich mittlerweile auf der Straße ein handfester Stau gebildet hat, beschließen wir, noch ein Weilchen bei einem Papp-Becherchen Tee (als Espresso-Ersatz) zu verweilen. Dann stürzen wir uns ins Getümmel und schlängeln uns gekonnt zwischen schwerbeladenen LKWs, Motorinos und Autos hindurch. Am Ortsausgang wird es ruhiger. Und wir sausen durch die grünen Berge tropischen Gefilden entgegen.

Mittlerweile ist der Himmel aufgerissen und zeigt sich türkisblau in seiner ganzen Weite. Die Zikaden haben ihren Motor angeworfen und schreien gegen den sprudelnden Gebirgsfluss an. Der Eukalyptus ist verschwunden, dafür säumen Bananenpflanzen den Weg. Ab und an wirft ein Bambusbusch seine langen Schatten auf die Straße. Wir radeln durch winzige Ortschaften mit ihren traditionellen Lehmziegelhäusern und durch nahezu unberührte Landschaft. Uli immer vorne, das Hauptfeld hat sich arg auseinandergezogen.

Da kommt die kleine „Baustelle“ ganz gelegen. Ein Bagger beseitigt Felsgestein von der Straße, an der Absperrung sammelt sich unsere Gruppe.

Ein wenig später werde ich von einem Mianbaoche („Brotwagen“) fast in den Straßengraben gedrängt. Der Fahrer meint’s nur gut, will uns seine selbstgeerntete Granatäpfel schenken, deswegen können wir ihm auch nicht wirklich böse sein.

In Jinghong, der Heimatstadt unserer Fahrer, erwartet uns schon Xiao Luo hübsch herausgeputzt mit eisgekühlten Bier. Wir fläzen unsere müden Körper in die Polstermöbel der schicken Hotelhalle und genießen das kühle Nass. Einen Rekord haben wir zu feiern: Wir sind die Gruppe, die auf dieser Strecke bisher am schnellsten war! Yeah, yeah, yeah!!!!


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Gute Nacht Welt auf’m Fensterbrett liegt’s Geld (…oder irgendwo auf der Landstraße zwischen Weishan und Nanjian)

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

40 km rollen lassen nach Nanjian

Acht mehr oder weniger anstrengende Radtage liegen nun vor uns. Also genießen wir noch den Vormittag im idyllischen Weishan. Ich beginne meinen Tag mit frittiertem Ölgebäck und einer Sojamilch. In der Fressbude gegenüber haben es sich Tobi und Axel bei einer dampfenden Nudelsuppe gemütlich gemacht. Dann stürzen wir uns, jeder für sich, ins morgendliche Gewusel. Es ist Markt. Obst, Gemüse, zerteilte Schweineköpfe, Bürsten, Höckerchen und vieles mehr für den täglichen und nicht täglichen Gebrauch wird feil geboten. Ein junger weißbekittelter Zahnarzt und seine etwas angealterte Helferin versuchen vorwiegend ältere Herren von ihren Diensten zu überzeugen. Mit Erfolg, wie man sieht:

Kurz vor zwölf trudeln dann alle nach und nach im Innenhof unsere Hotels ein. Gepäck wird verladen, Räder geprüft. Gottseidank kein Plattfuß dabei. (Gestern Morgen überraschte uns Uli mit seinem ersten – und ich hatte doch sooooo gehofft endlich mal eine Tour ohne platten Reifen zu waren. Hoffnung dahin!) Dann geht es los. Nur etwa 40 km, nur bergab, zurück nach Nanjian. Das Wetter ist wunderbar, die Bananen schmecken (v.a. Joachim) und wir rollen ohne nennenswerte Zwischenfälle dahin. Moment! Etwa 10 Kilometer vorm Ziel, Joachim, Kaspar und meine Wenigkeit sind gerade nach einer kurzen Pause dabei den Endspurt anzutreten, kommt uns ein (angeblich von Adrenalinstößen geschüttelter) völlig entspannt wirkender Uli entgegen gestrampelt.

Was war geschehen? Irgendwo zwischen Weishan und Nanjian muss Uli seinen Rücksack verloren (inklusive Geldbeutel etc.) haben. Nun war er auf der (verzweifelten) Suche. In dieser Situation kommt uns unser Begleitfahrzeug wirklich zugute. Zwar trauen wir Uli durchaus und möglicherweise als Einzigem zu, diese Strecke mehrmals hoch und runter zu fahren, aber im Auto sind die 20 Kilometer, bis zum Fundort seines Rucksacks doch schneller zurück gelegt.

Ich warte währenddessen – irgendwo im großen Yunnan an einer Landstraße in einem lieblichen Tal. Beobachte vorbeifahrende Mopeds, Lastwagen, Eselkarren und die wiederum mich. Ab und an ein langgezogenes Huppen, Ab und an wird ein „Hallo“ gelacht. Ein Fahrschulwagen kriecht an mir vorbei, während es von einem anderen Auto ungeduldig überholt wird. Wieder ein Auto, noch eins, ein Moped. Minutenlang. Was denkt man sich wohl, wenn so eine Langnase wie ich mit einem hässlichen, schreiend grünem Helm und zwei Rädern irgendwo zwischendrin am Straßenrand hockt?

Meine Gedanken gehen auf Wanderschaft: Heute Mittag noch witzelte Uli nach meiner Frage ob ich seinen Pass gleich behalten solle, ob ich die Verantwortung denn tragen wolle und erzählte mir gleichzeitig, dass er heute morgen sein Portemonnaie vermisst, es aber schließlich unter der Bettdecke wieder gefunden habe – ein Omen?

Nach einer kleinen Ewigkeit sehe ich Xiao Ding’s Wagen um die Kurve biegen. Darin ein sichtlich erleichterter Ulrich, mit dem ich mich dann gemeinsam auf den Weg mache. Ein paar Kilometer weiter unten sammeln wir noch Axel und Tobi ein, die in einem Pavillon am Wegesrand auf uns gewartet haben und so kommt es, dass wir in unserer Anfangsformation (Axel, Tobi, Uli und ich) Richtung Nanjian radeln. Uli ist so beruhigt, dass er eine der leidigen Erhöhungen auf der Fahrbahn übersieht und beinahe stürzt.

Am Strassenrand, der gesäumt ist von Reis-, Mais- und Gemüsefeldern, stehen überall Fahrzeuge die gerade mit Bergen von Reisstroh beladen werden. Auf den kleinen Äckern wird fleißig gearbeitet. Reis geschnitten, Erde zerpflügt.

An der Einmündung nach Nanjian treffen wir die übrigen vier Radler wieder. Joachim versorgt uns mit leckerem Biskuit, dann machen wir uns an die letzten zwei Kilometer bis zum heutigen Etappenziel.


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