Wer ist eigentlich schon alles aus Karins Verwandtschaft bei Olympia gestartet?

Tag 43,  104 km Moskau bis Orechevo-Zujewo, gute Straßen, gutes Wetter. Von Sascha Hechler.

Schön, dass auch der Moskauer sonntags gerne ausschläft. So haben wir bei unserem Start heute Morgen über den Roten Platz fast nur Asiaten gesehen und hatten eine ruhige, gemütliche Ausfahrt auf Nebenstraßen aus der 20 Millionen Metropole. Nicht zu vergleichen mit unserer „atemberaubenden“ Einfahrt in die Stadt vor drei Tagen.

Die Bewohner der umliegenden Vorstädte bevorzugten hingegen einen aktiveren Tagesstart, wie z.B. einen Ausflug mit dem Auto. So war die kleine Landstraße, der wir hinter Moskau folgten, leider deutlich belebter. Unsere mittlerweile auf vier Teilnehmer angewachsene kleine Radlergruppe fand schließlich eine flussnahe Wiese für das Mittagessen. Mit Viktors neu beschafftem Campingtisch war es richtig gemütlich, als wir, neidisch von einem kleinen Hund beäugt, unseren in Moskau aufgefüllten Vorräten zu Leibe rückten.

Die nur gut 100 km Radeln bei angenehmem sonnigem Wetter hatte niemand als größere Anstrengung erlebt, sodass das erstaunlich schicke Hotel in der eher weniger schicken Industriestadt Orechevo-Zujewo ungewöhnlich früh auftauchte.

Da das hausinterne Restaurant keine einheimischen Biersorten führte, fragten wir uns bis zu einem vornehmen, georgischen Restaurant durch, welches im Keller einer Plattenbausiedlung so gut versteckt war, dass außer uns nur noch ein Pärchen den Weg gefunden hatte. Während wir im für gefühlt 120 Personen ausgelegten Raum mit Tanzfläche aufs Essen warteten, zählte Karin auf, wer aus ihrer näheren Verwandtschaft, außer Ihrem Vater, schon bei Olympia gestartet war. Bei unterschiedlichen Olympiaden und mehreren Generationen kamen einige zusammen.


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Stadt der teuren Autos, der aufgespritzten Lippen und der Touristen

Bilderbuch vom Bummel durch Moskau am „Weltreise-Freizeit-Tag“ (ohne Fahrrad!), Sonne satt. Von Gerhard Leiser.

Als Neuling im Blogschreiben lernt man gleich, dass es einer markigen Überschrift bedarf 🙂

Am zweiten radelfreien Tag in Moskau waren wir nach einem späten und reichlichem Frühstück zu dritt (Karin, Peter und ich) in der Stadt per Pedes unterwegs. Aber erst hieß es, sich um die Eintrittskarten für den Kreml in eine kurze Schlange und dann für die obligatorische Sicherheitskontrolle in eine lange Schlange zu stellen. Nach 45 Minuten hatten wir es geschafft und gingen zwischen Touristen aus aller Welt durch das Tor des Kremls.

Auf dem Platz zwischen den Kathedralen waren Absperrungen aufgebaut und die Sicherheitskräfte in Uniform wurden immer mehr, aber für uns war nicht zu ermitteln was wohl und wann passieren würde. Als wir uns dann entschlossen hatten, doch die Kirchen von innen anzusehen, ging das Spektakel los: Aufmarsch einer Militärkapelle mit schmissiger Marschmusik, ein paar Stücke und dann eine Abordnung Fußsoldaten angeführt von einem Reitertrupp und danach die Fahnenträger im Stechschritt. Gezeigt wurde uns dann, was mit Gewehr samt Bajonett gemacht werden kann. Da geht bei genug Mann sogar die La-Ola-Welle. Es war also so etwas wie ein Militärzirkus zu sehen. Gut gemacht, auch wenn es manchmal kleine Aussetzer bei Mann und Pferd gab (einige haben sogar den Hof „veräppelt“).

Die Kirchen haben wir nur kurz besichtigt, einfach zu voll und auch wegen den Touristenführern zu laut. Nach Besichtigung der größten Glocke der Welt (leider kaputt – nix bimbim) noch ein kurzer Rundgang durch den Kremlgarten und dann raus auf den Roten Platz vor die Basilikuskirche, die DIE Attraktion der Kunstmalerinnen ist.

Auch das Kaufhaus GUM ist nicht mehr mit dem aus der Zeit des Kommunismus zu vergleichen – ein Nobeltempel mit allen teuren Marken der Welt, allein das Eis war günstig.

Zurück auf den Straßen konnten wir eine Markenstudie aller hochpreisigen Automarken der Welt betreiben. Vor einem Luxushotel Maybachs, Porsche, etc. Da denkt man immer, nur in München gibt es dicke Autos, nein! Moskau stellt alles in den Schatten. Im „Schatten“ des tobenden Verkehrs entdeckten wir sogar einen echten Radweg, der sogar von Radlerinnen benutzt wird. Wir schätzen die Teststrecke ist mindestens 1000 Meter lang.

Eine kleine Anmerkung zu den Frauen, denen wir im Straßengewimmel begegneten. Meine Mitreisenden und auch ich haben noch nie so viele mit aufgespritzten Lippen gesehen. Hier scheint enorm viel Botox im Einsatz zu sein. Dagegen wollten Karin und Peter natürlich nicht abfallen und gönnten sich den Besuch einer Parikmacherskaja, also eines Friseursalons. War ein wenig billiger als zu Hause und das Ergebnis bestimmt noch besser. Sie verzichteten also auf weitere Schönheitsoperationen.

Der Rückweg führte uns nochmals über den Arbat, der am späten Nachmittag schon gut besucht war. Er bleibt wohl weiterhin die Ausgehmeile No.1 der lokalen Bevölkerung und vieler Besucher.

Zurück im Hotel wurden kurz die Räder geputzt und von mir ein paar Schrauben nachgezogen, damit es morgen wieder auf den Sattel gehen kann. Wir starten Richtung Ural.

Nun aber, Bilderbuch auf:

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Katzen und Hunde in Moskau auf der Bühne

Moskau Stadtrundgang mit Josefina und Juri. Von Sascha Hechler.

Josefina, die die Baikalseereisen von biss Aktivreisen in Moskau seit vielen Jahren betreut, hat uns heute mit ihrem Freund Juri ihre spezielle Stadtansicht zu Moskau gezeigt.

Es klang etwas Bedauern bei Juri durch, dass das auch im Winter geöffnete Freibad mitten im Zentrum der Stadt der Wiedererrichtung der Erlöserkathedrale weichen musste. Der neue Sitz des Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche war eines von Jelzins Prestigebauten.

Am Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster hatte Josefina ihr Heimspiel. Auf jede von Karins spontanen Fragen nach auffälligen Grabstätten hatte sie eine interessante Geschichte parat oder konnte den passenden Schlager anstimmen.

Der Besuch einer Vorstellung des Katzentheaters, in der Katzen, Hunde und clowneske Schauspieler Kinderaugen ebenso zum Leuchten brachten wie die unserer deutschen Radlergruppe, gehört sonst eher nicht zum touristischen Standardprogramm.

Mit dem abschließenden Besuch des Roten Platzes hat jetzt jeder genug Orientierung und Anregungen für den morgigen (auch blog) freien Tag.

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Hätten wir doch lieber ein Boot genommen

138 km Shcherbinki – Moskau, Straßenbelag gut, Verkehr die Hölle, teils hügelig, Wetter gut. Von Sascha Hechler.

Nicht lange nachdem wir unser idyllisches Ferienhaus im Ressort von Shcherbinki verlassen hatten, passierten wir ein größeres Kieswerk. Vermutlich wird von hier aus der Rohstoffhunger der boomenden Moskauer Bauwirtschaft befriedigt. Alle Lieferungen über unsere kleine Landstraße schienen unter einem besonderen Termindruck zu stehen.

Nach diesem Vorgeschmack des weiteres Tages gönnten wir uns zur Erholung ein georgisches Mittagessen auf einer sonnigen Terrasse oberhalb der Moskwa. Wären wir doch der Idee gefolgt uns auf dem Fluss in die russische Hauptstadt treiben zulassen – das hätte einiges an Nerven gespart.

Stattdessen endete unser Track nach einer Fahrt durch Hochhausgassen zunächst an einer Schranke. Immerhin mussten wir die Räder nicht durch einen Sumpf tragen, um dem vorgezeichneten Weg zu folgen, wie am Tag zuvor. Mit Hilfe von ortskundigen, freundlichen Helfern war ein neuer Weg aber schnell gefunden.

Dieser führte uns zunächst durch eine Siedlung der „neuen Russen“, von deren Pracht aber nur endlose fünf Meter hohe Mauern zu beiden Seiten der Straße zeugten. Vorbei an Edelfitnessstudios und Privatkliniken radelten wir weiter hinein bis ins Herz der Metropole. Diese autobahnähnliche, urbane Schnellstraße begann  bereits 20 km vor Moskau. Jeder von uns versuchte irgendwie heil durch die links und rechts von uns stattfindenden Autorennen zu gelangen. Stefan, der eigentlich heute mit der Gruppe fahren wollte, war längst verloren gegangen. Er hat sich weiter nördlich auf der M9 durchgeschlagen und kam, ähnlich mental belastet, am Hotel an wie wir.

Im Zentrum angelangt schlugen wir uns schließlich über Nebenstraßen und den Arbat (Moskaus berühmte Fußgängerzone) bis zu unserem direkt am Kreml gelegenen Hotel durch. Das lag aber auf der anderen Straßenseite, wo uns auch schon Viktor und Gerhard, der gerade aus München ankam und neu zur Gruppe stieß, mit einem „Schmutzbier“ winkten. Das verdiente Bier musste dann aber noch knapp 20 Minuten warten, da Straßenüberquerungen in Moskau auch nicht so einfach sind.


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Abkürzung mit Zeitverlust, Erlebnispiste M9, bisher am besten gesicherte Unterkunft

138 km von Rschew nach Schtscherbinki, sonnig aber windig (und fast immer nur von vorn …). Von Peter Frenzel.

Unsere heutige Etappe findet an einem der wichtigsten Feiertage Russlands statt, dem Tag des Sieges. Dazu schreib ich aber noch extra was.

Schon in den zurückliegenden Tagen beobachteten wir, dass in vielen Orten die Gedenkstätten an den Sieg über die militärischen Aggressoren aus dem faschistischen Deutschland im 2. Weltkrieg für diesen Tag vorbereitet wurden. Viele Menschen waren am Putzen, Harken, Blumen pflanzen und Kränze platzieren. Im Blog gab es bereits Infos dazu.

Wir haben ein langes Stück Weg vor uns und starten schon kurz nach 8 Uhr. Rschew wacht langsam auf und wir können ahnen, wo sich die Menschen zum Feiern treffen werden. Wir radeln an einer kleinen Ausstellung nicht mehr ganz neuer, aber sicher sehr bewährter Raketenwaffen vorbei und überqueren zum ersten Mal die Wolga, die hier noch relativ schmal das Land durchfließt.

Das Navi schlägt eine Abkürzung auf dem Weg zur Autobahn M9 vor, der wir vertrauen. Der letzte Kilometer gleicht leider einer Seenplatte und wir legen mindestens 30 Minuten Reisezeit drauf. Am Abend ordnen wir das missliche Stück jedoch schon als Abenteuererlebnis ein.

Die 81 km auf der M9 bei echt lästigem Gegenwind bringen eine weitere längere Erfahrung, wie Verkehr auf Russlands Fernstraßen rollt. Fahrradfahrer- und -innen sind unbekannt und werden schlicht ignoriert.
Ich trage ja seit Novgorod eine leuchtend rote Warnweste, aber die scheint nicht viel zu bewirken und wenn, dann offenbar als Leuchtpunkt zur besseren Zielaufklärung. Brummis, die mit 50 cm Abstand überholen, Ego-Raser am Steuer neuer und möglichst großer westeuropäischer Spritschleudern, die einem beim Überholen auf der eigenen Fahrspur direkt entgegenheizen und auch nicht viel mehr als 1 m Abstand zum Radler halten. 110 km/h sind das Limit, doch daran halten sich wohl nur die Ladas aus dem vorigen Jahrtausend.

Wir sind alle gesund am Tagesziel angekommen, uff.

Unterwegs liegen große und kleine Orte, in denen die Menschen den sonnigen Feiertag genießen. Stefan konnte bei seiner Mittagspause in einem Café am TV ein wenig von der Parade in Moskau sehen, zusammen mit vielen anderen Gästen im Lokal.

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Die Straße hier nach rechts führt weiter nach Wolokolamsk. Stefan war allein dorthin gefahren. Das „Hauptfeld“ bog hier Richtung Schtscherbinki auf eine ruhigere Straße ab.

Im „Reiseverlauf“ steht für diesen 39. Tag:
Wir nähern uns der russischen Hauptstadt und erreichen einen Ort, den Moskau schon in seinen Straßen benennt. Die deutschen Truppen sind hier stecken geblieben und in der DDR wurde die Wolokolamsker Chaussee durch Heiner Müller berühmt und Sinnbild für die Stagnation revolutionärer Gedanken. Für die Russen freilich ist es „nur ein Vorort“ von Moskau.

Das erinnerte mich an den folgenden Text:
An der Wolokolamsker Chaussee
(Danke Astrid für die Recherche)

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Worte: Helmut Kontauts / Weise: Helmut Kontauts / Kategorie: Singebewegung

Es lagen junge Soldaten an der Wolokolamsker Chaussee,
und manch einer hat da gezittert, nicht nur von der Kälte im Schnee.
Der Feind rückte näher und näher, es war ihre erste Schlacht.
Der Kommandeur ging von einem zum andern und hat ihnen Mut gemacht.

In den Kampf ziehen wir nicht um zu sterben.
Nur der Tod der Feinde ist gerecht.
Wer das Leben bedroht, der zieht in den Tod.
Das Leben schickt uns ins Gefecht.

Die Furcht, die wurde nicht kleiner, und da hat voller Zorn er geflucht,
ging wieder von einem zum andern und hat zu erklären versucht:
Durch die Steppe in Sonne und Regen hat euch oft mein Befehl gejagt,
damit ihr auch in den schwersten Minuten die Härten des Krieges vertragt.

Der Feind brach in ihre Reihen, da hat sie der Hass übermannt,
der machte sie ruhig und sicher und hat alle Ängste gebannt.
Sie waren marschiert durch den Regen, kannten Schweiß in der Sonnenglut,
und Schweiß und Hass und die Liebe zum Leben, das wurde ihr Heldenmut.
————————————————————
Hier das Lied auf Youtube

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Viktor schenkte mir diese Glückwunschkarte mit der von vielen zum Feiertag getragenen Schleife und 10 Liedern dazu. Ich möchte dieses Geschenk mit euch teilen.

Spät abends erreichen wir unsere heutige Unterkunft. Ein nettes Häuschen im Wald, davor Wachposten an einem Schlagbaum und 500 m weiter an einem hohen eisernen Tor.
Privatgelände. Die attraktiven Blockhäuser gegenüber stehen z.T. erst seit 3 Jahren. Davor parken Daimler-SUVs …

Wir haben hier keinen Internet-Zugang. Der Blog wird also erst 1-2 Tage später veröffentlicht werden. Danke für eure Geduld. 😉


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„So weit bin ich noch nie gefahren“

Ca. 147 km von Ostaschkov nach Rschew, durchgehend asphaltierte Straße mit mäßigem Belag, immer wieder Hügel, durchgehend Sonnenschein. Von Sascha Hechler.

Frühstück um halb acht war das Resultat zäher Verhandlungen am gestrigen Abend im Hotel. Unser Beharren lohnte sich, denn heute erwartete uns die längste Strecke der bisherigen Tour. Zudem sollte es auch noch etwas hügelig bei mäßigem Zustand des Asphaltbelags werden. So fiel heute manchen zum erste Mal auf -seit ich dabei bin-, dass der Begleitbus mehr Platz bietet als nur für Koffer und Essen. Dank eines am Vortag besorgten geräucherten Fisches (einer Brasse) und der russischen Spezialität „Sala“ (Räucherspeck) hatten alle aber doch genügend Kraft für die knapp 150 km.

Allen steckten beim abendlichen Gang zum Essen in einem Biergarten die Touren der letzten Tage in den Knochen. Karin fasste den heutigen Tag mit den Worten „So weit bin ich noch nie Rad gefahren“ zusammen und Peter schloss sich der Aussage an.

Uns bleiben aber noch zwei satte Etappen, bevor wir in Moskau dann zwei Tage den Sattel schonen können.


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Katrina Alexandrovna

113 km von Demjansk nach Ostaschkov, Straße eher nicht so gut, teils Sandpiste, leicht hügelig, sonniges, warmes Wetter. Von Sascha Hechler.

„Die Straße ist richtig schlecht“, haben uns zwei Radler aus Moskau, die auch in unserem Hotel übernachteten und in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren, gewarnt. Etwas Hoffnung gaben uns dann aber ihre eher an Rennräder erinnernden Gefährte, die sie neben unseren robusten Modellen im Foyer angeschlossen hatten. „Da müssten wir mit unseren doch erst recht durch kommen“, wurde da als Losung ausgegeben. Sind wir schließlich auch, aber mitten in der Sandpiste hat Peter die Ankunftszeit frustriert auf ca. 22 Uhr abends hochgerechnet. Es wurden dann doch moderate 17:45 Uhr, da gegen Ende die Piste zur Straße wurde. Die Schnelligkeit seines leichteren Mifa-Traditionsrades aber konnte Stefan heute nicht ausspielen.

Eine wirklich interessante Begegnung hatten wir heute, die sich Peter gestern schon ausdrücklich gewünscht hatte. Da wollte ich ihm aber keine große Hoffnung machen. Nach all den vielen Kriegsgeschichten wünschte er sich einen Zeitzeugen herbei.

Heute stand plötzlich eine kleine, alte Frau vor unserem Wagen, als wir in einem Dorf Pause machten. Die rüstige Dame war interessiert daran, was wir zu verkaufen hätten. Das Missverständnis war schnell aufgeklärt und Katrina Alexandrovna erzählte klar und interessant aus ihrem 88-jährigen Leben und der Zeit, als die Deutschen da waren. Einer der Soldaten sprach Russisch und warnte sie vor einer anderen deutschen, gefährlichen Einheit. So gab es aus dieser schrecklichen Zeit, in der sie als junges Mädchen schon als Hilfskrankenschwester eingesetzt wurde, auch kleine positive Erinnerungen.


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Gitler kaputt!!

93 km von Staraja Russa nach Demjansk, Straße überwiegend gut, fast kein Verkehr, sonnig. Von Sascha Hechler.

„Gitler kaputt“ ruft uns ein Junge aus einer Gruppe scherzhaft nach, als wir morgens durch Staraja Russa radeln und er gehört hatte, dass wir Deutsch reden. Diesen Ausspruch kennt hier jeder, denn in den vielen russischen Fernsehkanälen werden die sowjetischen Kriegsdramen gerne wiederholt und dieser Aufruf zur Kapitulation darf nicht fehlen (da es im Russischen kein „H“ gibt wird der große Diktator mit „Gitler“ übersetzt).

Auch uns lässt das Kriegsthema nicht los. Alle paar Kilometer treffen wir auf gut gepflegte Gedenkstätten, Kriegsgräber oder sogar ausgestellte Panzer. Diese Gegend war im Zweiten Weltkrieg stark umkämpft. Unser heutiges Etappenziel, das Dorf Demjansk, ist denjenigen, die sich für Schlachten des Zweiten Weltkriegs interessieren (ich persönlich kenne allerdings niemanden, der das tut), ein Begriff, denn hier hat die Rote Armee über einen längeren Zeitraum über 100.000 deutsche Soldaten eingekesselt.

Nach einiger Zeit radeln durch fast menschenleere Wald- und Sumpfgebiete treffen wir auf ein größeres Zeltlager. Ein junger Mann in Militärkleidung erklärt uns, dass sie Freiwillige seien, die in privater Initiative die sterblichen Überreste ihrer Großvätergeneration ausgraben. Sie kämen aus unterschiedlichen Gegenden Russlands und hätten bei St. Petersburg auch schon mit Deutschen gemeinsam gegraben. Später treffen wir auch noch auf ein deutsches Gräberfeld, das die Kriegsgräberfürsorge hergerichtet hat.

An unserem Ziel angekommen, gibt es statt des Schmutzbiers heute das letzte warme Abendessen, was hier zu bekommen ist, denn das Restaurant war im Begriff zu schließen. Auf das Bier haben wir natürlich trotzdem nicht verzichtet, wir haben ja unsere Vorräte.


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Wie eine Kugel durch das Labyrinth

Weliki Novgorod nach Staraja Russa, 135 km, Wetter überwiegend gut. Von Sascha Hechler.

Die Temperatur hatte sich deutlich abgekühlt, als wir heute Morgen unsere royale Schlafstätte nahe der Uferpromenade der Wolchow verlassen haben. Zarin Katharina die Große schlief in dem eigens für sie errichteten Komplex allerdings nur einmal und auch nicht in einem unserer Betten. In unserem Trakt wurde wohl eher das sie begleitende Gesinde untergebracht.

Wir haben uns bei der Umfahrung des Ilmensees noch eine Schicht mehr angezogen. Auf ruhigen Straßen ging es Richtung Autobahn. Anschließend durften wir ein kurzes Stück auf der Hauptstraße zwischen St. Petersburg und Moskau zurücklegen und feststellen, dass auch in Russland ein Großteil der Güter mit dem LKW transportiert wird.

Stefan hat sich gleich in einer Truckerkneipe ein Mittagessen gegönnt und ist unabhängig gefahren. Wir anderen fuhren auf einer verträumten Landstraße mit perfektem Belag und wenig Verkehr, nur von unseren Snackpausen mit Viktor und einem kleinen Regenschauer unterbrochen, unserem Etappenziel entgegen.

10 km vor Staraja Russa (dem alten Russa) mussten wir schlagartig unseren Fahrstil ändern, denn die Straße war plötzlich von unzähligen Schlaglöchern durchsetzt. Die nun einsetzende Fahrt erinnerte mich an das Geschicklichkeitsspiel, bei dem eine Metallkugel durch Kippen des Untergrundes auf einer vorgegebenen Linie an Löchern vorbei durch ein Labyrinth manövriert werden muss. Leider fehlte bei unserer Variante die Linie und die gute Übersicht.

Hat sich die mittelalterliche Salinenstadt Russa den Beinamen „Staraja“ vielleicht durch den Zustand ihrer Straßen erworben?


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Bilderbuch am Ruhetag in Вели́кий Но́вгород (34. Reisetag)

5 km Stadtbesichtigung zu Fuß, Aprilwetter, kleine Radelwäsche und entspannen. Von Peter Frenzel.

Wir reisen weiter auf den Spuren der über tausendjährigen Geschichte Russlands. Am heutigen „Ruhetag“ erfahren wir mehr über die „Bedeutende Neustadt“, wie man(n) den Namen Weliki Nowgorod (Вели́кий Но́вгород) wörtlich übersetzen könnte. Sie ist eine der ältesten Städte Russlands und feierte im September 2009 ihr 1150-jähriges Bestehen. Sie liegt etwa 180 km südsüdöstlich von Sankt Petersburg am Fluss Wolchow nördlich des Ilmensees (Ильмень Озеро). Schon im Mittelalter war Nowgorod Hauptstadt einer einflussreichen Handelsrepublik und wichtiger Mittler zwischen der Rus und den westlich gelegenen Ländern. Später wurde sie Teil des zentralisierten russischen Reichs.

Nowgorods architektonisches Erbe ist seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe.

Um 11 Uhr treffen wir Marina, die uns auf einem Stadtrundgang begleitet. Leider trifft der Wetterbericht voll zu – Sonnenschein und kurze Regenschauer wechseln sich ab.

Stefan war derweil mit dem Rad zum Ilmensee unterwegs. Südöstlich dieses Sees hatte z.B. die Rote Armee während des Zweiten Weltkriegs nach dem Überfall der deutschen Aggressoren auf die Sowjetunion im Kessel von Demjansk seit Anfang 1942 etwa 100.000 Wehrmachtssoldaten fast ein Jahr lang eingeschlossen.

Wir beginnen unseren Rundgang am Kreml und Marina erzählt von den Anfängen der Ansiedlung, aus der in kurzer Zeit ein bedeutender Handelsplatz wurde, in dem zeitweise 40.000 Einwohner lebten. Da war an Moskau oder gar St. Petersburg noch gar nicht zu denken. Später verlagerten sich die Machtinteressen in Richtung Kiewer Rus. Die Stadt wurde auch oft Opfer kriegerischer Konflikte. Iwan der Schreckliche, aber auch Aleksander Newski drückten ihre Machtstempel auf. 1942 besetzte die deutsche Wehrmacht zusammen mit verbündeten spanischen Truppen Stadt und Umgebung. Noch immer werden Gebeine damals getöteter Soldaten gefunden und auf den örtlichen Soldatenfriedhöfen begraben oder „nach Hause“ zurückgeführt.

Die Nowgoroder überstanden alle Kriege – sagt Marina – insbesondere durch ihren festen Glauben und die Hilfe der kleinen Taube auf der Spitze der Sophienkathedrale, der nun ältesten in ganz Russland, seit Kiew nicht mehr dazugehört. Das im zweiten Weltkrieg verlorengegangene Original ihres Kuppelkreuzes wurde vor wenigen Jahren in Spanien wiederentdeckt und zurückgebracht. Im Inneren der Kathedrale verehren die Gläubigen eine sehr alte Ikone, die in einer entscheidenden Schlacht die Stadt gerettet haben soll.

Marina erzählte spannende Geschichten angesichts der berühmten Bronzetüren, die zwischen 1152 und 1156 in Magdeburg gegossen worden waren. Gespannt hörten wir auch zu, als sie einige Details des Nationaldenkmals Tausend Jahre Russland näher erläuterte. Ein spannendes Zeugnis der Geschichte, geschaffen von dem erst 24jährigen Künstler Michail Ossipowitsch Mikeschin, der eine 1859 erfolgte Ausschreibung gegen 40 Bildhauer und Architekten gewonnen hatte.

Auf der anderen Seite des Flusses zeigte Marina uns den „Kirchenbusch“, eine Vielzahl kleiner Kirchen auf engstem Raum, und wir schlossen den Rundgang mit der Geschichte des Hanse-Bundes ab. Nowgorod ist dessen östlichste Stadt. Wir wohnen übrigens standesgemäß im Hotel „Ganse“, Teil eines Komplexes, der einst für Katharina die Große gebaut wurde.

Heute leben in der Stadt ca. 220.000 Menschen.

Wow, was für eine geballte Ladung Geschichte. Ich hör mal hier auf zu schwärmen, um den Blog nicht zu sprengen. Wer mehr Lesestoff sucht, findet allein im „WWW“ unerschöpflich viel . Bei Wikipedia sind z.B. 17 A4-Seiten zum Nachlesen gespeichert.

Zur Entspannung gönnten wir uns eine Terrine Borschtsch sowie einen Kaffee mit anschließendem Bummel durchs „Univermag“. Das Kaufhaus hat alle westeuropäischen Marken im Regal mit analogen Preisen dazu. Darum war es wohl auch so ruhig auf den 4 Etagen.

Zwischendurch blieb uns Zeit zum Radelwäschewaschen, damit die wärmeren Stücke relativ sauber ins Archiv verlagert werden können. Der Frühling wird sich doch nun nicht mehr die Regentschaft abnehmen lassen und wir können weiter kurzärmlig und -hosig radeln, oder?

Nun aber endlich die Fotos:


… und hier noch der „Stadtrundgangstrack“:
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