Würden Sie bitte nicht auf mein MG treten!?

Land der Morgenfrische, Radtour in Korea

Von Girin via Jinbu, Hwaam und Taebaek nach Andong. Viel mit dem Rad (43 km) und ein wenig mit dem Bus (282 km). Radelwetter.

Der zweite Tag auf dem Rad. Kleine Korrektur: Der zweite Vormittag auf dem Rad.

Frühstück in unserer Pension um acht Uhr, liebevoll für die langnasigen Gäste vor- und zubereitet. Wir bekommen Toastbrot mit Butter, Spiegelei, Würstchen und Ost. Und Senf. So gar nicht koreanisch. Aber wir beschweren uns nicht und sind insgeheim froh halbwegs vertraute Lebensmittel auf unseren Tellern vorzufinden. An dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank an Herrn Park von Exodus Travel, der ganz offensichtlich sehr viel Erfahrung mit den Geschmacksknospen und dem Verdauungssystem westlicher Touristen hat.

Um neun Uhr sind alle abfahrbereit. Karin, Stefan und ich sitzen auf den Fahrrädern. Der Begleittross, bestehend aus unserer Reiseleiterin Suzan, Francoise, Herrn Park und dem Busfahrer Herrn Cool (im Folgenden Cool And The Gang genannt) stehen mit Winkelementen in den Händen daneben.

Es ist noch recht frisch, kaum mehr als 10 Grad. Hochnebel hängt über uns. Nachdem wir für ca. eine Stunde geradelt sind kommt schließlich die Sonne raus. Und mit ihr kommt Wärme auf. Also anhalten, ausziehen/umziehen. Bis dahin sind wir recht locker-flockig dahingeglitten, aber jetzt kommt nicht nur die Sonne, sondern auch die ersten Steigungen des Tages.

Auf einer Anhöhe nach ca 30 Kilometer treffen wir wieder auf den Begleitbus samt Besatzung. Francoise hatte die Wartezeit genutzt und verschwand für ein paar erhoffte Fotomotive im angrenzenden Wald. Jedoch nicht lange, denn plötzlich blickte sie in den Lauf einer MG. Sapperlot, hier wird offensichtlich scharf trainiert! Also lieber wieder runter und dort nach einer einsamen Stelle suchen. Aber auch dort hatte sie kein Glück, um ein Haar wäre sie auf das MG eines sorgfältig eingegrabenen Soldaten getreten.

Schon gestern hatten wir die Kriegsmaschinerie mitbekommen. Im Punchbowl fuhren fast nur Militärfahrzeuge an uns vorbei, rechts und links der Strecke sahen wir immer wieder Stellungen, von den bereits erwähnten Panzersperren ganz zu schweigen. War der Aufmarsch nun normaler Alltag, oder „nur“ eine Übung?

Nach besagten 43 Kilometer luden wir die Räder in den Bus. Die Radstrecke war einfach fantastisch, aber das vorgegebene Ziel mahnte zur Eile. Ziel war Andong. Vier Radetappen haben wir heute mit dem Bus überbrückt. Gott wie langweilig! Später wird alles besser 😉


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-29_Korea2012.gpx“]

In den Tunnel. Über den Berg

Land der Morgenfrische, Radtour in Korea

Von Haean nach Girin. 110 Kilometer, 55 davon mit dem Rad. Sonne!

Der erste Tunnel wurde Ende 1974 zufällig von einer südkoreanischen Militärpatrouille entdeckt. Dampf quoll aus der Erde und bei der Entdeckung wurde sofort scharf geschossen. Fünf Tage später glaubte man den Tunnel ausreichend gesichert und „gesäubert“ zu haben, aber bei einer ersten Begehung wurden zwei Soldaten, ein US-Amerikaner und ein Koreaner durch einen verborgenen Sprengsatz getötet.

Der zweite und vierte Tunnel wurde auf ähnliche Weise gefunden. Man war inzwischen wachsam geworden, hatte gelauscht und gegebenenfalls Gegenbohrungen vorgenommen. Die Bohrlöcher wurden während den Bohrungen ständig mit Wasser gefüllt. Entwich das Wasser plötzlich im Erdreich war klar, dass man auf einen Tunnel, zumindest auf einen Hohlraum, gestoßen war.

Nur der dritte Tunnel, der wurde von einem Nordkoreanischen Überläufer 1978 verpetzt. Das war auch der gefährlichste, denn er befindet sich nur 44 km von Seoul entfernt. Bei einer Breite und Höhe von 2 Meter hätten 30.000 Soldaten mit leichter Bewaffnung pro Stunde durch den Tunnel in südkoreanisches Territorium eindringen können.

Den vierten Tunnel hat man erst 1990 entdeckt. Im Punchbowl, nur knapp 5 Kilometer vom Örtchen Haean entfernt. Er ist zugänglich für Touristen und somit war es ganz logisch, dass er zu unserem Vormittagsprogramm gehören sollte.

Der Wetterbericht sollte auch für heute recht behalten, keine Niederschläge, lockere Bewölkung und bis zu 18 Grad waren angekündigt. So standen auch nur ein paar vereinzelte Wolken am Himmel, als wir uns um halb neun trafen. Unser minbak bietet kein Frühstück an, daher hatten wir uns am Vorabend mit Proviant versorgt und jeder hatte auf seinem Zimmer gefrühstückt.

Vor dem Tunnel stand eine Observationsstation auf dem Programm. Mit dem Bus. Meine ursprüngliche Überlegung den kleinen Ausflug dort hoch zukünftig mit den Rädern zurück zu legen habe ich mir ganz schnell wieder aus dem Kopf geschlagen. Ganz davon abgesehen, dass nur registrierte Kraftfahrzeuge die Strecke passieren dürfen: die Straße windet sich extrem steil nach oben, auf nur 6 Kilometer werden 600 Höhenmeter zurück gelegt. Also an vielen Abschnitten mit über 10% Steigung!

Nach 20 Minuten hatte uns der Bus von 400 Meter über NN auf über 1040 Meter katapultiert. Wir waren quasi am nördlichen Tellerrand der Punchbowl angekommen. Hier oben ist man direkt an der Grenze zur demilitarisierten Zone (ein vier Kilometer breiter Grenzstreifen) und hat einen schicken Ausblickt nach Nordkorea. Zumindest aus der Beobachtungsstation, die man hier oben für Besucher errichtet hat. Das Häuschen ist eingerichtet wie ein Theater, mit nach hinten ansteigenden Stuhlreihen. Vorne gibt es statt der Bühne eine große Fensterfront. Und dahinter einen grandiosen Ausblick auf … unbesiedelte Berge 🙁
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Das also ist Nordkorea!

Nun gut, die eine oder andere militärische Einrichtung des Feindes lässt sich schon erkennen. Nur nicht mit dem bloßen Auge, wie uns ein Soldat anhand eines Modells der Umgebung erläutert. Hier ein kleiner Stützpunkt, dort ein Horchpöstchen. Alles weit weg und gut getarnt. Anschließend bekommen wir noch ein Video vorgeführt, in dem das Teleobjektiv der Kamera die bereits erwähnten Objekte heran zoomt.
Es ist kalt hier oben zu dieser Jahreszeit, so kalt wie der Krieg zwischen den beiden Landesteilen.

Nummer zwei der Morgenvisite ist der Anfangs erwähnte Tunnel. Auch dort fahren wir mit dem Bus hin. Während Francoise auf den guten Rat ihres ständigen Begleiters Klausi hört und auf einen Einstieg verzichtet begibt sich der Rest der Gruppe in die Höhle des Löwen. Die ersten 150 Meter sind easy, da läuft man durch eine bequeme Röhre, die ein deutscher Diamantbohrer durch den Granit getrieben hat (der südkoreanische Stichtunnel), bevor man den nordkoreanischen Tunnel erreicht. Diesen muss man in einer kleinen Grubenbahn auf ebenfalls 150 Meter befahren. Und er ist nahezu winzig, jedenfalls in diesem Abschnitt. Keine 1,5 Meter hoch und breit. Nach besagten 150 Meter hält unsere Geisterbahn an einem Abschnitt, wo sich der Tunnel etwas verbreitert, uns werden Bohrlöcher für Sprengungen und die Schienen der nordkoreanischen Grubenbahn gezeigt. Dann geht es wieder zurück in die Freiheit….

Um 11 Uhr sitzen wir endlich auf den Rädern. Angedacht für die Raderkundung heute waren knapp 80 Kilometer bis zur nächsten Übernachtungsstation in Girin. Das wir die ganze Strecke heute nicht auf zwei Rädern zurück legen können wurde schnell klar, dafür hatten wir zu viel Zeit am Vormittag mit den Besichtigungen verbracht. Auf der regulären Radtour wird das anders sein, dann verbringen wir nämlich zwei Tage in Haean.

Aber egal, wir wollten endlich in die Pedalen treten! Karin, Stefan und ich. Kurz nach 11 Uhr legten wir ab. Zunächst ging es gut hügelig über die einzige Straße, die nicht über einen Pass aus dem Punchbowl heraus führt. War das schön! Der Verkehr beschränkte sich auf ein (hauptsächlich militärisches) Fahrzeug alle fünf Minuten, die Straße war astrein asphaltiert und die Landschaft ein Herbsttraum. Bäume und Blätter in allen Stadien der herbstlichen Verfärbung, die Vegetation ist hier nicht unähnlich jener von Deutschland.

Auf den Hügelpässen (maximal 50 Höhenmeter) immer wieder Panzersperren. Also Betonkonstruktionen, die rechts und links der Straße errichtet wurden (siehe Fotos unten). Im Falle einer Invasion aus dem Norden werden kleine Sprensätze gezündet mit der Folge, dass mächtige Betonquader auf die Straße rollen und diese für motorisierte Fahrzeuge versperren. Clever gemacht und gut zu tarnen obendrein.

Gegen Mittag hatten wir den Ort Wontong erreicht. Hier trafen wir wieder auf unseren Begleitbus und stärkten uns in einem Restaurant. Hinter Wontong zunächst Hauptstraße (muss auch mal sein) und dann Aufstieg zu unserem Pass für den Tag. Auch hier viel Verkehr. Die Erkläng dafür ist ein Sonntag im Herbst. Wir fuhren in den Seoraksan Nationalpark hinein und waren angesichts des Wochentages und der aktuell stattfinden Laubverfärbung nicht die einzigen. Im Gegenteil, prime time! Das ist wie Ku’damm am Tag vor Weihnachten. Mit den vielen Menschen, aber ohne die vielen Schaufenster.

Ok, das war etwas übertrieben. Wir kurbelten uns die Straße hinauf, wurden häufig von Bussen und Privatautos überholt, die aber alle einen respektvollen Abstand zu uns hielten. Viel mehr machten uns die Steigungen zu schaffen, die ca. drei Kilometer vor dem Pass 10% erreichten. Karin, die bis dahin noch keine nennenswerten Pässe fuhr, war beeindruckt. Sowohl von der Landschaft als auch von ihren eigenen, ungeahnten Fähigkeiten. Ich meinerseits war schwer beeindruckt von Karin und hätte mein Rad an ihrer Stelle schon längst in den Graben geschmissen!

Um 17 Uhr, nach vielen Kilometer und vielen Höhenmeter, kommen wir am Pass an. Kühl ist es hier oben zu dieser Jahreszeit. Spät ist es auch schon, daher verladen wir die Räder kurzerhand in den Bus und legen die letzten Kilometer nach Girin darin zurück. Keine schlechte Entscheidung, unsere Unterkunft, wieder ein minbak, erreichen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-28_Korea2012.gpx“]

Punchbowl

Land der Morgenfrische, Radtour in Korea

Über 250 km nach Osten, alle mit dem Bus. Viele Höhenmeter und noch mehr Niederschlag.

Der Wetterbericht hat Regen versprochen und sein Versprechen voll und ganz gehalten. Als ich am Morgen aufwache regnet es und während ich ein paar Stunden später am Abend in den Schlaf entgleite regnet es auch. Genauer: immer noch.

Eigentlich war für heute schon die erste Ausfahrt mit den Rädern geplant, wir wollten uns einen relativ neu angelegten Radrundweg um einen See bei Chuncheon ansehen sowie die vierte Etappe der geplanten Radreise in Korea abfahren. Schnell war klar, dass daraus nichts werden würde. Bei dem Regen wären wir in spätestens 10 Minuten komplett durchnässt, so macht das wenig Sinn.

Daher haben wir kurzfristig umdisponiert: Die Besichtigung des Radrundweges erfolgt nun mit dem Bus. Ranfahren, kurz aussteigen und Fotos machen. Weiter! Weiter nach Chuncheon, einer größeren Stadt, die eigentlich keine Station der Radtour werden soll. Aber wenn wir sowieso schon nicht Rad fahren können wollten wir wenigstens ein wenig sehen. In diesem Fall die Fußgängerzone von Chuncheon. Wir mussten feststellen, dass sich die Fußgängerzone von Chuncheon nicht all zu sehr von Fußgängerzonen deutscher Kleinstädte unterscheidet. Hier ein Modegeschäft, dort ein Schuhladen, daneben Mc Donalds und noch zwei Türen weiter ein Café. Letzteres suchten wir auf bevor es Zeit zum Mittagessen war.

Die Spezialität der Gasse um die Ecke ist Hähnchengrillplatte (siehe Foto unten). Hühnerfleisch, Kohl, Süßkartoffeln und ein paar andere Zutaten werden auf einer runden Platte in der Mitte des Tisches gegart. Dazu gibt es noch ein paar Nebengerichte wie zum Beispiel Kimchi (gibt es zu jedem Essen in Korea) und natürlich Reis. Angesichts des immer noch herab prasselnden Regens wurde der Tag umgehend zum Wet Chicken Day ernannt.

Weiter mit dem Bus, nach einer längeren Fahrt über die Autobahn waren wir auch wieder auf dem Bike-Track. Im Dorf Bangsan wollte ich mich nach einer möglichen Unterkunft für die Radtour umsehen. Gefunden haben wir sie ein paar Kilometer außerhalb des Ortes, in einer sehr idyllischen Umgebung. Und das sogar bei Regen und einer Sichtweite von ca. 500 Meter. Drei Pensionen gibt es dort, jede hat ein paar Bungalows, die komplett für einen längeren Aufenthalt ausgestattet sind. Z.B. eine eigene Küche. Das Klientel dieser Pensionen sind Großstädter, die mal für ein paar Tage Urlaub auf dem Land und in den Bergen machen wollen.

Nun folgten wir der Strecke, die ich eigentlich mit dem Rad fahren wollte. Und waren gar nicht so traurig, dass wir heute nicht auf die Räder steigen konnten. Denn 30 Kilometer hinter Bangsan windet sich die Straße in Serpentinen hinauf von 370 Meter auf 990 Meter. Also ein Passanstieg von 620 Höhenmeter auf knapp 9 Kilometer. Nicht schlecht! Und davor hat es schon zwei kurze, aber knackige Steigungen gegeben. Wie das so ist bei Pässen, wenn es auf der einen Seite hoch geht, geht es auf der anderen Seite auch wieder hinunter. Und auch hier wie meist genau so steil und in Serpentinen.

Was wir nach der Überquerung des Passes erreicht hatten war die sogenannte Punchbowl. Dabei handelt es sich um eine geologische Vertiefung, die sogar aus großer Höhe mit dem bloßen Auge zu erkennen ist. Den Namen Punchbowl hat die Vertiefung im Korea-Krieg erhalten. Hier wurden im Herbst und Winter 1951 einige der verlustreichsten Schlachten geschlagen, fast wie im Grabenkampf des ersten Weltkriegs wurde um jeden Meter gefochten und die Verluste waren auf beiden Seiten extrem hoch. Gleich jenseits des nördlichen Randes der Vertiefung beginnt das andere Korea, das verschlossene Korea. Aber davon morgen mehr.

Unsere Unterkunft ist ein Minbak. Minbaks sind sehr einfache, familiengeführte Unterkünfte. Zwar findet man oft als Übersetzung von Minbak Homestay, aber man übernachtet dabei nicht im Wohnzimmer einer Familie. Es gibt separate Zimmer, meist mit eigenem Bad. Die Zimmer sind recht einfach, teilweise gar spartanisch eingerichtet. Und meist sehr traditionell koreanisch. Was bedeutet, dass man auf dünnen Matratzen auf dem Boden schläft. Auf einem warmen Boden, denn dieser ist beheizbar! Die Fußbodenheizung ist in Deutschland vielleicht eine relativ neue Errungenschaft, in Korea (sowie in Japan) jedoch gibt es sie schon seit einigen hundert Jahren. Gleiches gilt für die Matratzen auf dem Boden. Diese werden in Deutschland unter dem japanischen Namen Futon verhökert, aber eine koreanische/japanische Bettstatt hat mit einem deutschen Futon so viel gemein wie eine Nudelbox vom Chinaimbiss um die Ecke mit der echten chinesischen Cuisine.

Essen ist ein gutes Stichwort! Unser Abendessen haben wir nämlich im wahrscheinlich einzigen Restaurant des Ortes (er heißt übrigens Haean, hatte ich das schon erwähnt?) zu uns genommen. Auch sehr traditionell! Man sitzt im Schneidersitz auf dem Boden und versucht das Einschlafen der unteren Extremitäten zu ignorieren, während die volle Konzentration auf die vielen eingelegten Speisen in den kleinen Schüsselchen auf dem Tisch vor einem gerichtet ist. Das gelingt erstaunlich gut! Zumindest für die ersten zehn Minuten. Danach wandert die Konzentration wieder weg von den Speisen und hin zu den unteren Extremitäten.

Eine halbe Stunde später sind wir zurück in unseren Zimmern. Gut satt und mit einer neuen Beziehung zu unseren Muskeln und Knochen unterhalb der Beckenregion. Schön, dass es euch (noch) gibt!


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-27_Korea2012.gpx“]

Gangbuk Style

Land der Morgenfrische, Radtour in Korea

Ein halber Tag in Seoul.

Südkorea liegt 8.300 Kilometer östlich von Deutschland. Auf einer Landkarte also eher rechts. Zeittechnisch plus sieben Stunden, Mitteleuropäische Sommerzeit gerechnet. Ein moderner Jet benötigt für diese Distanz fast 10 Stunden und wenn man damit reist hat man am Ende der Strecke einen kleinen Jet-lag. Dies nur, damit Sie eine kleine Vorstellung davon bekommen, wo Korea liegt und wie das Land unserer Zeit voraus ist.

Wir trafen, wie schon geschrieben, um halb zwei Nachmittags (7:30 Uhr nach deutscher Zeit) in Seoul ein und wurden bereits erwartet. Von unserer Reiseleiterin für die nächsten sechs Tage Namens Sinrim („Please call me Suzan“) und einer Vertreterin von Exodus Travel. Exodus ist unser Buchungspartner in Korea und organisiert auch diesen Fam-Trip. Schnell noch Geld am Automaten ziehen, dann ging es mit dem Bus zum Hotel.

Kleiner Koreanisch-Kurs mit praktischen Beispielen: Seoul liegt am Han Fluss, auf Koreanisch Hangang. Gang bedeutet also Fluss. Der ältere Teil Seouls liegt nördlich des Flusses, der neue südlich. Norden heißt auf Koreanisch buk und Süden nam. Nördlich des Flusses heißt somit Gangbuk, Südlich des Flusses heißt Gangnam.

Sie wissen vielleicht worauf in hinaus will. Nämlich auf diesen unsäglichen Ohrwurm Gangnam Style. Wenn Sie nicht wussten worauf ich hinaus will macht das gar nichts, dann sind Sie einfach schon über 25 Jahre alt. In Gangnam leben die Schönen und Reichen. Besonders die Reichen. Und genau darum geht es in dem Lied. Um einen besonderen Lebensstil mit viel Geld und allem, was dazu gehört (z.B. die sexy Lady).

Unser Hotel liegt nördlich des Flusses. Glück gehabt! Genau in der Mitte einer sehr geschäftigen Straße. Geschäftig im Sinne von viele Bars und Kneipen und ganz viel Jungvolk. In Seoul heißt der Bereich um diese Straße Itaewon. Zu Deutsch etwa Kreuzberg oder Prenzlauer Berg. Das war der Koreanisch-Kurs Teil II.

Noch ein paar harte Fakten über Seoul, leider nur aus dem Jahr 2007: Pro Tag werden durchschnittlich 274 Menschen geboren, 106 sterben; 209 Ehen werden geschlossen, 67 geschieden; 6.215.000 Leute sind in der U-Bahn unterwegs. Aha!

Nachdem wir die Zimmer bezogen und uns „frisch gemacht“ haben (bis heute habe ich nicht verstanden, wie man sich „frisch“ machen kann und warum und weshalb man das tun sollte) steht die restliche Zeit bis zum Abendessen zur freien Verfügung. Mit anderen Worten: Wir konnten uns nicht auf ein gemeinsames Programm verständigen. War auch nicht notwendig. Die Ladies sind in Richtung Altstadt für ein wenig Shopping und Sightseeing entschwunden. Stefan und ich interessierten uns eher für die Technik, nämlich unsere Fahrräder. Diese standen zur Auswahl bereit in der Tiefgarage des Hotels. Schicke Flitzer, Mountainbikes mit Federgabel (wie ich dieses Schaukelgestänge hasse!) und Scheibenbremsen. Zusätzlich waren auf meinen Wunsch hin Gepäckträger angeschraubt. Keine Schutzbleche. Also für Schönwetterradler oder die ganz harten, die Schlammspritzer auf dem Rücken besonders cool finden. Stefan und ich präparierten also die Räder. Diverse Sachen wurden an- und abgeschraubt.

Nach 20 Minuten waren wir fertig und dann trennten sich auch unsere Wege für die nächsten zwei Stunden. Stefan wollte durch die nähere Umgebung bummeln, ich wollte eine kleine Ausfahrt mit dem Rad wagen. Die Ausfahrt wurde auch wirklich nur kurz, sieben Kilometer bin ich einmal um das Hotel geradelt. Und dabei prompt am War Memorial Museum vorbei gekommen. Die etwas martialischen Bilder da unten bitte ich zu entschuldigen, aber wenn ich eine Straße entlang fahre und plötzlich eine B 52 aus den Augenwinkel erspähe kann ich einfach nicht daran vorbei fahren. Nicht, dass ich mich sonderlich für Kriegsgerät interessiere, jedoch zieht so ein technischer Schnickschnack Männer scheinbar magisch an. Männer eben.

Um sieben Uhr dann unser erster Einblick in die schmackhafte Koreanische Küche. Es gab Schweinereien vom Grill. Das ist sehr typisch Koreanisch. Nicht die Schweinereien, sondern der Grill. Davon werden wir in den nächsten Tagen noch mehr bekommen. Für uns ging der Tag ziemlich rasch nach der BBQ-Session zu Ende.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-26_Korea2012.gpx“]

The Making of… Korea!

Land der Morgenfrische, Radtour in Korea

Auftakt.

Diese Gelegenheit bekommen Sie so schnell nicht wieder! Nämlich zu erfahren, wie eine neue Tour bei China By Bike entsteht. Und das auch noch fast in Echtzeit.

Nun ja, ganz so ist es dann doch nicht. Denn jede unserer Touren hatte ihre eigene Entstehungsgeschichte, da gibt es kein Schema F. Manche Touren sind entstanden, weil wir die Strecke bzw. Region schon sehr gut kannten. Manche Touren wurden anhand von Landkarten ausgearbeitet und dann mit einer Gruppe abenteuerlustiger Teilnehmer zum ersten Mal abgefahren. Andere Touren wiederum haben wir gründlich vor Ort selbst erkundet, bevor wir Gäste dazu mitgenommen haben.

Das mit der Echtzeit bezüglich unserer neuen Korea-Radreise stimmt auch nicht wirklich, denn es gab eine Vorgeschichte. Die fing 2011 an, als wir vom koreanischen Fremdenverkehrsbüro (genauer Korea Tourism Organization bzw. KTO) zu einer Erkundungsreise auf die Insel Jeju eingeladen wurden. Solche Reisen werden von Fremdenverkehrsämtern an Reiseveranstalter und Mitarbeiter von Reisebüros spendiert, um eine bestimmte Region (im Tourismusdeutsch auch Destination genannt) vorzustellen. Mit dem Ziel, dass die Reiseveranstalter zukünftig Reisen in die Region anbieten und Mitarbeiter von Reisebüros ihren Kunden Reisen in die Region besser schmackhaft machen können. Diese Erkundungsreisen nennen sich Fam-Trips, wobei Fam für familiarize steht, also sich mit etwas vertraut machen. Aber das nur am Rande.

Die 2011 von der KTO gesponserten Reise hatte auch noch einen ganz besonderen Zweck: Nämlich Fahrradtourismus in Korea zu fördern. Und bei demThema Fahrradtourismus und Asien führt in Deutschland irgendwie kein Weg an China By Bike vorbei. Also bin ich damals mitgefahren und durfte zusammen mit drei weiteren Vertretern des deutschen Tourismus für eine Woche die Insel Jeju bereisen. Teilweise mit dem Bus, aber auf vielen Strecken auch mit dem Fahrrad.

Das hatte mir sehr gut gefallen. Damit meine ich jetzt nicht die spendierte Reise an sich, sondern Korea als zukünftige Destination für unsere Radtouren. Gut ausgebaute Straßen, vergleichsweise wenig Verkehr, überaus liebliche Landschaften und ganz viel Asien. Perfekt!

Einen Pferdefuß hatte die Sache allerdings, denn uns wurde auf der Reise nur die Insel Jeju und 1½ Tage lang die Hauptstadt Seoul gezeigt. Jeju ist relativ klein und lässt sich an drei Tagen mit dem Rad umrunden, Seoul hingegen ist eine Megacity und auf Radfahrer eher wenig eingestellt. Schnell war klar, dass man weitere oder gar andere Strecken in Korea finden müsste, um daraus eine runde und dem Land gerechte Tour zu basteln.

Das haben wir dann auch gemacht. Und zwar in Zusammenarbeit mit dem Holländer Jan Boonstra, der schon seit vielen Jahren in Korea lebt und so gut wie jede koreanische Straße mit dem Fahrrad bereist ist. Mit Jan habe ich also eine schöne Strecke ausgearbeitet, von der Hauptstadt Seoul zur Hafenstadt Busan, durch das koreanische Hinterland, manchmal dem Feindesland im Norden nahe, manchmal den Bergen, von denen es in Korea viele gibt. Manchmal entlang von Radwanderfernwegen, die es so auf dem asiatischen Kontinent nur in Korea gibt, und manchmal über belebte Ausfallstraßen. Eine richtig schöne Tour ist dabei entstanden. Allerdings mit einem weiteren Pferdefuß: China By Bike hat sie noch nie mit dem Fahrrad bereist.

Das soll sich nun ändern und jetzt sind wir endlich in der Echtzeit angekommen. Das KTO hat sich nämlich freundlicherweise dazu bereit erklärt eine weitere Erkundungsreise zu stiften. Diese orientiert sich an der von uns ausgearbeiteten Route. Da auch diesmal nur sieben Tage zur Verfügung stehen werden wir das Meiste mit dem Bus abfahren. Einige Etappen jedoch auch mit dem Rad!

Wieso eigentlich “wir“? “Wir“ sind vier Teilnehmer des Trips, die Journalistin Francoise, die ADFC-Fachfrau Karin, der Mitbewerber Stefan und ich. Am 25.10.2012 haben wir Frankfurt mit dem Flieger verlassen. 9½ Stunden später, am 26.10.2012, mit 1½ Verspätung und um 13:30 Uhr Ortszeit sind wir in Seoul gelandet. Wie wir dort den Rest des Tages verbracht haben, davon schreibe ich später. Hier im Blog und fast in Echtzeit 😉