Spenden mit Ansage

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Uns zieht es weiter nach Nordosten, in den Isaan, eine Region, die flächenmässig fast ein Drittel von Thailand ausmacht und sich auf der Khorat-Hochebene in 800 bis 1000 m Höhe erstreckt. Dieses weite Land, in den Jahrhunderten davor umkämpft zwischen Laos und Thailand, befindet sich heute kulturell irgendwo zwischen beiden Ländern.

Bevor wir mit den Rädern den Spuren der Khmer folgen, wollen wir noch unsere Wasservorräte im Begleitbus großzügig auffüllen und werden endlich mal thailändische Großstadtluft einatmen. Auf der Fahrt nach Khorat, der Hauptstadt der Provinz Nakhon Ratchasima, lockt uns neben der Straße ein imposantes, sakrales Bauwerk, der Virhan (=Gedächtnisstätte) Luang Phor Toh. Ein in Thailand sehr populärer Schauspieler, Sorapong Chatree, läßt diesen Tempel zu Ehren des buddistischen Mönchs Luang Phor Toh errichten. Wie berühmt und beliebt dieser Mönch aus dem 19. Jahrhundert in Thailand immer noch ist, läßt sich für uns auch ohne große Kenntnis erahnen, so beeindruckend und gepflegt ist die große Anlage, an der seit Jahren weitergebaut wird. Luang Phor Toh lebens- und überlebensgroß, mit und ohne Gold, als Statue und gemalt, ist wieder und wieder abgebildet.

Als einzige Farangs (=Ausländer) dürfen wir nach der Besichtigung der Anlage gemeinsam mit mehreren hundert einheimischen Besuchern Nudelsuppe schlürfen. Das Essen ist eine milde Gabe, aber es darf gerne gespendet werden. Der Spender wird dann von einem Spendenwächter mit Mikrophon in ein Kurzinterview verwickelt und alle dürfen neben der Nudelsuppe erfahren, woher der edle Spender kommt und was ihm Gutes in Zukunft widerfahren soll. Danach trinken wir – noch immer auf dem Gelände der Anlage – in einem schnuckeligen Café ganz westlich Cappuchino, abgerundet mit einem Bananenmuffin.

Am Abend schieben wir uns durch das Großstadtgewühl von Khorat. Während des Vietnamkrieges war in dieser Stadt eine wichtige Air Base der US Army stationiert. Von hier aus wurden Nordvietnam und Kambodscha angegriffen. Mittlerweile ist das bald vierzig Jahre her und da 60 Prozent der Thais jünger als 25 sind, schwindet die Anzahl der Einwohner, die sich noch an diese Katastrophe und die GIs erinnern. 1967 allerdings waren ca. 40.000 US Soldaten in ganz Thailand stationiert, mehrere tausend davon sicher auch in Khorat. Heute abend scheinen wir aber die einzigen Westler in der Stadt zu sein – sie ist nicht gerade als Touristenhochburg bekannt.

Unser Abendessen ist ein Fest für den Gaumen, verschiedene Köstlichkeiten aus der Region. Währenddessen tobt eine heftige Geräuschkulisse um uns, zwei Fernseher wetteifern miteinander, der Verkehrslärm ist unermüdlich und die vielen Gäste des Lokals kämpfen sich mit ihren Stimmen durch diesen Geräuschpegel. Welcome to Asia!


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Das Blutbad

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Mental waren wir von Tommy bereits vorbereitet auf die Gefahren im Nationalpark: Bis zu den Elefanten könnten wir mit dem Rad an einem Tag leider nicht vordringen, dazu sei der Nationalpark zu groß. Die Tiger würden sichohnehin nicht zeigen und die Kobras seien im Grunde zu scheu. Worauf wir uns aber gefaßt machen müßten – sie sind nicht gefährlich, tun auch nicht weh, und manche Leute zahlen sogar dafür – seien die Blutegel. Bis wir zu diesen Blutsaugern vorgedrungen waren, lag allerdings eine Route mit mehr Anstieg als gedacht vor uns. Leider auch mit mehr Autoverkehr als üblich. Die Straße durch den Nationalpark ist tagsüber für PKWs geöffnet und wird momentan wegen der Überflutung der normalen Verkehrswege ausgiebig genutzt. So bekommen wir indirekt doch Auswirkungen der großen Flut zu spüren.

Am Eingang des Parks, gleich vor einem kleinen Tempel, erwarten uns dann alle Tiere auf einmal – allerdings aus Holz, sauber aufgereiht, als ob sie gleich in die Arche Noah einsteigen wollten. Leider ist der geplante Wanderweg gesperrt und wir müssen uns mit einem kurzen Abstieg zu einem kleinen Wasserfall begnügen. Das reicht aber, um einige scheue Warane und weniger scheue Hirsche und Affen zu sehen. Für die Blutegel müssen sich schließlich nur zwei tapfere Recken aus unserer Gruppe, Edgar und Ernst, opfern. Alle anderen kommen mit heiler Haut davon.

Hand auf’s Herz: Wer weiß, daß es auch einen weiblichen Buddha gibt? Auf unserer Radtour zurück ins Hotel werden wir angelockt von einer mehrere Meter hohen, goldenen Buddhastatue. Es handelt sich um Avalokiteshvara, den einzigen weiblichen Buddha, erzählt uns Andreas, unser Reiseleiter. Der Name stammt aus dem Sanskrit und sie ist die Göttin des universellen Mitgefühls. Wie passend – obwohl in unserem Fall ja schon das Mitgefühl mit Edgar und Ernst reichen würde. Avalokiteshvara steht auf einem gepflegten Rasen neben einem Kloster und einem prächtigen buddhistischen Tempel und kümmert sich sicherlich auch um die Kinder in der angeschlossenen Klosterschule.

Süßes Highlight am Nachmittag ist eine Spezialität der Region, die unser Foodscout Johann mit sicherem Auge auf einem quirligen Markt findet: Khao Lam! Klebreis gegart in einem Bambusrohr, vermischt mit schwarzen Bohnen und Kokosmilch. Einfach köstlich, und wir dürfen alle mal probieren!


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Wo ist das Wasser?

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Bangkok sollte der Ausgangspunkt für unsere Reise durch Thailand, Laos und Kambodscha sein. Nachdem die Wasserstandsmeldungen für den Chao Praya, der mitten durch Bangkok fließt, in den letzten Tagen vor dem Abflug aber immer dramatischer ausfielen und die Warnung vor einer möglichen großen Flut jetzt auch von offizieller Seite ausgesprochen wurde, mußten Andreas, unser Reiseleiter, und Tommy, unser thailändischer Guide, kurzfristig ein Auffanglager für die ersten zwei Tage finden. Morgens um sieben kommen wir in der Stadt der Engel an, alles in uns schreit nach einem Bett, denn ist es doch gerade 23 Uhr, das sagt meine innere Uhr mir unmißverständlich, aber Tommy, der uns am Flughafen in Empfang genommen hat, setzt uns in einen gut gekühlten Bus und findet, es sei doch gerade die richtige Zeit für einen Café, nicht wahr, Baby?

Unser Ziel ist also Khao Yai (= großer Berg), der älteste Nationalpark und eines der letzten Monsunwaldgebiete in Thailand. In diesem Jahr ist der Park genau 50 Jahre alt geworden und bietet noch mehr als 100 wilden Elefanten Lebensraum. Dort werden wir die ersten beiden Nächte in einem Resort Hotel verbringen.

Zwischen Dahindämmern, Zwischenstop am Früchteparadies und der ersten Version von Som Tam, dem fruchtig-scharfen Papaya-Salat, ohne den in Thailand kein Essen vollständig zu sein scheint, und der in den nächsten Tagen noch viele Versionen folgen werden, sind unsere Augen immer auf der Suche nach Zeichen der Überschwemmung. Aber die großen Becken neben unserer Route stellen sich als Fischfarmen heraus und die staubigen Straßen scheinen seit Wochen kein Wasser gesehen zu haben. Nach fünf Stunden Fahrt für 200 km wird aber klar, daß Tommy, bei dessen Schwester im Garten hinter ihrem Haus in Bangkok schon die ersten Krokodile gesichtet wurden, uns nur findig und mit Hilfe eines größeren Umwegs um alle „Wasserstellen“ herumgeleitet hat.

Letztes vom Hasi

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Könnte noch mal stressig werden heute, gerade (Abflugtag, 12:00) hat Bangkok Airways unseren Flug um eine Stunde nach hinten verlegt und wir haben am Suvarnabhumi nur eine halbe Stunde Zeit um den Flug von Thai Airways zu erwischen. Beide Fluglinien haben zwar Code-Sharing, garantieren die Verbindung aber nicht. Frühere Flüge nach Bangkok kriegen wir jetzt nicht mehr gebucht, alles voll, wir können also nur abwarten. Falls hier also jemand sehnsüchtig seine Liebsten erwartet: gut möglich, dass man noch einen Tag länger auf uns verzichten muss.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemanden groß aufregen wird, unsere Gruppe war dafür viel zu entspannt und viel zu harmonisch. Auch gestern Abend, beim Karaoke-Singen, da hat sich ehrlich gesagt keiner von uns als außergewöhnliches Talent präsentiert, weswegen es natürlich ein Riesenspaß war. Es ging ziemlich lange, entsprechend geschwächt sind heute die Abwehrkräfte. Ausgeschlafen waren wir schon gestern nicht, morgens um halbsechs ging es auf den Phnom Bakheng, von diesem Hügel haben wir die Morgendämmerung heraufziehen sehen, die Nebel zwischen den Bäumen und den Rauch in den Dörfern. Danach dann über die Stadtmauer von Angkor Thom und durch das Siegestor geradelt, wie passend nach knapp 1200km (ohne große Unfälle, etwa 10 Platten, die Räder sind gut gerollt). Und zu den überwucherten Tempeln von Ta Prohm und Preah Khan.

Von Exklusivität kann hier keine Rede mehr sein. Den morgendlichen Phom Bakheng hatten wir zwar fast für uns und zwischen den Tempel sind wir auf kleine, versteckte Urwaldpfade ausgewichen, aber man muss wirklich die ganze Energie aufwenden, um den Massen aus dem Weg zu gehen. Die Hauptrouten sind überlaufen, letztes Jahr waren hier 2,6 Millionen Besucher, die meisten aus Asien. Busladungen voller Koreaner, Japaner, und mehr und mehr Chinesen. Angkor ist trotzdem toll und hat uns gut gefallen, aber die Höhepunkte unserer Reise lagen für mich woanders, in der Pampa und in den Begegnungen mit dem normalen Leben.

Angkor Wat war der offizielle Schlusspunkt unserer Reise und sehr majestätisch. Unser Führer hierfür war Somith (oder „Opa Schmidt), der hat uns die Flausen ausgetrieben und richtig den Marsch geblasen. Konsonanten wurden ausgespuckt, dass es eine Freude war – 3 Jahre im ostdeutschen Grenzgebiet bei Suhl, Anfang der 80er. Wir konnten allein schon durch unsere Herkunft punkten, die deutsche Apsara Foundation ist für Angkor Wat zuständig und wird gerühmt für ihre Gründlichkeit, auch Opa Schmidt war stolz auf uns.

Jetzt muss ich los und noch ein paar Souvenirs kaufen. Zum Abschluss: danke danke danke, Reinhard, Harald, Lisa und Alfred, Annette und Uwe, Petra und Tom, Elke und Thomas! Der liebe Hasi muss sich demnächst wieder an niedrigere Temperaturen gewöhnen müssen.

Peinlich: die Frisuren der Cham

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Volles Angkor-Programm: morgens Preah Rup und der filigrane Banteay Srei, beide Mitte 10. Jahrhundert, nachmittags dann Angkor Thom und der Bayon, die letzten großen Bauprojekte des Khmer-Reiches (Anfang 13. Jahrhundert). Viele Steine, viel große Kultur. Von Tempel zu Tempel sind wir radgefahren, zum Banteay Srei sind es immerhin gute 30km.

Unterwegs haben wir Verschiedenes nachgestellt. Dabei ist das ein oder andere reizvolle Tableau entstanden, an vergangene Zeiten erinnernd, doch ohne erhobenen Zeigefinger. Es handelt sich um Szenen der surrealen Expeditionen Garniers und de Lagrées (das interpretiere ich zumindest so, im nachhinein): ernst und entschlossen gehen sie ihre Aufgabe an, doch schon jetzt übt die östliche Kultur einen unwiderstehlichen Reiz aus (der kambodschanische Krama hat den Tropenhelm ersetzt, man ist bereit, sich mit Haut und Haaren an die Kultur der Einheimischen zu verlieren). Später, am Westtor von Angkor Thom, Orientierungslosigkeit. Das Expeditionsmitglied Alfred wurde schon an den Dschungel verloren, er ist eins mit ihm geworden, man kann ihn nicht mehr fotografieren. Schließlich, ein Stilmittel des absurden Theaters, der vielarmige Shiva, der seinen Tanz der Zerstörung tanzt (zeitliche oder hermeneutische Interpretationsansätze? Die Zerstörungswellen der herannahenden Kolonialsierung oder das Wilde ins uns, das Grauen?).

Die Reliefs am Bayon sind interessant, vor allem die Frisuren der Cham (damals schon ihrer Zeit hinterher) und die Trinksitten der langohrigen Khmer. Die stellen wir auch manchmal nach, üben aber noch. Vielleicht präsentieren wir morgen unser Ergebnis, als Teil unseres letzten Abends.

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Anastylose!

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Es hätte heute Regen geben müssen, am morgen saß ein kleiner Frosch auf Toms Rad und das sind die rituellen Regenbringer in Südostasien. Tatsächlich haben uns vormittags ein paar Tropfen benetzt, aber es war ja nur ein kleiner Frosch, es blieb also trocken, angenehm bewölkt und windig. Perfektes Radfahrwetter. Nachmittags kam dann die Sonne durch und die letzten Kilometer waren gülden. Es tat auf jeden Fall gut nach zwei Tagen wieder auf dem Rad zu sitzen.

Überraschend leicht, dem Trubel hier zu entkommen, ein paar Staubstraßen weiter weg fängt das ganz normale Dorf- und Landleben wieder an, auch das Hello-Land, sofort wird wieder Spalier gestanden. Wir haben mit unserer kambodschanischen Mannschaft echte Experten, sie lotsen uns über Stock und Stein und Sand sehr privat durch ihre Gegend. Nicht weit vom Angkor Wat entfernt hat Thonet sein Zuhause, das haben wir heute erstmal besucht. Ein paar Hütten im Nirgendwo und ein Kloster. Thonet hat sich vor ein einigen Jahren ein für kambodschanische Verhältnisse ziemlich stattliches Haus gebaut, entgegen den Vorschriften der wechselnden Rechteinhaber dieses gesamten Landstriches. Zur Zeit hat die Sokimex-Gruppe die Rechte an den Eintrittsgeldern von Angkor und mauschelt kräftig mit anderen Organisationen, da ist z.B. die Apsara Authority, die für den Denkmalschutz zuständig ist. Sokimex kontrolliert das Mineralöl Kambodschas, Luxushotels, Fluglinien etc. und hat beste Beziehungen zur Macht (die Apsara Autority hat hehre Ziele aber kaum Geld und Macht). Jedenfalls hat ein Konsortium dieser Organisationen strenge Auflagen für die Menschen, die zwischen den weit verstreuten Tempeln wohnen, aufgelegt. Thonet und seine Familie haben sich irgendwann trotzdem ein Haus in den Busch gebaut und hoffen, dass es möglichst lange unbemerkt bzw. uninteressant bleibt. Hier kommt aber auch wirklich kein Mensch lang.

Heute war das Radfahren wichtiger als die Hochkultur, zunächst sind wir auf einem langen Deich in Richtung Osten gefahren, einst die Verbindung zu den wichtigen Außenposten des Khmer-Reiches: Sambor Prei Kuk bzw. Wat Phu in Laos, der Kreis schließt sich für uns. Dieser Weg wurde von den Roten Khmern zu einem Deich umfunktioniert, im Stile der alten Barays (der eingedeichten Gebiete von Angkor, welche einst die Monsunregen einfingen). Heute eine kaum genutzte Landstraße, aber viel Geschichte dahinter. In dieser Gegend wird viel Saft aus den Zuckerpalmen gezapft. Man bringt längliche Bambusbehälter an den jungen Früchten der weiblichen Palmen an, nachdem man diese gequetscht und angeritzt hat. Der Palmsaft schmeckt lecker und noch besser, wenn er eine Weile gärt und Palmwein daraus wird. Meistens wird er aber zu Zucker gekocht, große Töpfe brodeln vor den meisten Hütten, über uns sind die wildesten Konstruktionen, provisorische Leitern und Verbindungen zwischen hochaufragenden Zuckerpalmen.

Natürlich haben wir uns auch unsere ersten Angkor-Tempel zur Gemüte geführt, zunächst den abseits gelegenen und fast vergessenen Chau Srei Vibol, haufenweise Chaos. Die meisten Tempel von Angkor waren einst bessere Steinhaufen und wurden erst mit der Anastylose-Technik wieder zusammengebastelt, d.h. man ging Stein für Stein durch, nummerierte und schaute, wie alles zusammenpasste, wie ein Puzzle. Fehlende Teile wurden durch originales Material ersetzt. Chau Srei Vibol harrt noch seiner Anastylose, Preah Ko und der Bakong, die wir danach besichtigt haben, haben sie schon hinter sich. Das sind die ältesten Tempel der ganzen Angkor-Gegend, stilprägend, nicht so gewaltig, aber interessant und sehr schön.


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Die große Pfütze

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Lange Bootsfahrt auf dem enormen Tonlé Sap (bzw. zunächst auf seinem Zufluss) in Richtung Siem Reap, dem Ausgangspunkt für alles, was mit Angkor zu tun hat. Der morgendliche Beginn ist spannend, man fährt aus Phnom Penh an schwimmenden Märkten vorbei und die Szenerie ist abwechslungsreich und lebhaft (dunkle Erinnerungen aus früheren Tagen und außerdem hat man es mir angetan berichtet als ich dann doch mal wach war. Wir mussten sehr früh los). Später weitet sich der See, irgendwann kann man die Ufer nicht mehr erkennen und alles um einen herum ist Wasser.

Der Tonlé Sap ist ganz besonders, er ist der größte Süßwasser-See in Südostasien und, zumindest in der Regenzeit, der fischreichste See der Welt. In der Trockenzeit hinterlässt er fruchtbares Schwemmland, was sofort mit Reis bebaut oder anderswie genutzt wird. Ohne den See hätte es das Khmer-Reich nicht gegeben, eigentlich ist er noch heute die Lebensgrundlage des Landes. Tonlé Sap ist durch den Tonlé Sap-Fluss mit dem Mekong verbunden. Die Wasser des Mekong schwellen zwischen Juni und Oktober durch Schmelzgewässer und Monsunregen so sehr an, dass die Fluten des Sees und seines Flusses darin nicht mehr aufgenommen werden und es einen Rückstoß gibt. Der Tonlé Sap-Fluss ändert seinen Lauf und verbreitert den See dadurch um mindestens das Vierfache. Dieses Phänomen ist so berechenbar, das einst die Könige dem Fluss hochzeremoniell befahlen, seine Richtung zu wechseln. Das war natürlich nicht von schlechten Eltern und wurde vom Volk geschätzt.

Wir sind jetzt mitten in der Trockenzeit und der See ist trotzdem enorm, fünfmal so groß wie der Bodensee, aber er wird zu den Ufern hin eine ganz schöne Pfütze. Wir mussten die letzten Kilometer auf Boote umsteigen, die weniger Tiefgang haben. Am See selber gibt es große schwimmende Dörfer und auch solche, die bei Bedarf eben nicht mehr schwimmen, die Leute leben dann in Baracken auf der neu gewonnen und bald wieder verlorenen Erde. Aber die richtigen Floating Villages weiter draußen im See sind faszinierend. Bekannte haben in diesen Schwimmenden Dörfern alte Menschen getroffen, die nie in ihrem Leben Fuß auf festen Boden gesetzt haben.

Jetzt vor sind wir vor den Toren Angkors. Die ausländische Besucherschaft hat sich auf einen Schlag verhundertfacht. Wir haben uns erstmal zünftig eingereiht und eine dieser Shows mitgenommen, die eigentlich erst durch ihr opulentes Buffet interessant werden. Wieder eine andere Welt hier, wir waren zum Schluss aber rund und zufrieden. Denn wir sind ja die weißen Laoten.

Geschichte

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Kambodschas König ist Norodom Sihamoni, ein 57jähriger, unverheirateter ehemaliger Balletttänzer und Sohn des ewigen Norodom Sihanouk. Er war heute daheim, zumindest hat die blaue Fahne vor seinem Palast geweht. Dass es in Kambodscha einen König gibt (auch wenn dieser nichts zu sagen hat) ist keine Selbstverständlichkeit, auch nicht dass in Phnom Penh das Leben tobt.

Als die Roten Khmer im April 1975 aus ihren Dschungelgebieten in die Hauptstadt einmarschierten und diese innerhalb kürzester Zeit entvölkerten wurde Phnom Penh zur Geisterstadt, für mehr als drei Jahre. Die Bewegung war Teil des ideologischen Kampfes, der in ganz Asien ausgefochten wurde. Der verrückte General Lon Nol wurde 1970 mit US-Hilfe an die Macht des Landes geputscht. Während die größeren Orte Kambodschas danach von dessen amerikanisch unterstützter Militär-Junta kontrolliert wurden, war das Hinterland in Händen der Rebellen und wurde von den USA flächendeckend bombardiert. Als diese im Schicksalsjahr 1975 endgültig aus Vietnam flohen und Lon Nol sich längst nach Hawaii abgesetzt hatte, gab es für die Roten Khmer keine Halten mehr. Schnell nahmen sie die Städte in Besitz und fingen mit ihrer Abrechnung an.

Kleine Geschichtsstunde. Wir hatten einen interessanten Tag und auch einen angenehmen Abend, keine Frage, viel gesehen und vorzüglich gegessen. Aber die meisten von uns waren heute in Toul Sleng und der Ort lässt niemanden kalt, das bleibt eine Weile. Das ehemalige Gymnasium im Zentrum der Stadt war in der Khmer Rouge-Zeit das größte Gefängnis und Folterzentrum des Landes, heute ist es eine Stätte zum Gedenken an den damaligen Genozid am eigenen Volk – sieben Millionen Einwohner hatte das Land, um die zwei Millionen fiel dem Terror der Roten Khmer zum Opfer. Erklärtes Ziel der Angka, der Partei bzw. dessen Führungsspitze (Pol Pot, Ieng Sary, Kieuh Samphan u.a.) war es, das Land komplett zu isolieren, von allen Einflüssen zu säubern und mit einem Kommunismus aus der Steinzeit neu zu beginnen. Jeder der nach fremdem Einfluss roch, Intellektuelle, Städter, Brillenträger, wurden im besten Fall auf das Land umgesiedelt und zur Zwangsarbeit eingesetzt, meistens einfach umgebracht. Es gab kein Entkommen, die Zellen von Toul Sleng und die Wände mit den Fotos der Opfer sind völlig ohne Trost. Die Diskussionen im Anschluss drehten sich vor allem um die Frage, wie das Land danach weitermachen konnte.

Einige von uns waren außerdem im Nationalmuseum, wo wunderschöne Skulpturen des historischen Khmer-Reiches zu bewundern sind, unter anderem das milde und enigmatische Lächeln von Jayavarman VII, dem bekanntesten aller Angkor-Herrscher, demjenigen, der die Grenzen des Reiches am weitesten ausdehnte und die imposantesten Bauwerke hinterließ, z.B. Angkor Thom und den Bayon. Die Roten Khmer wollten zerstören und Jayavarman VII hat Großes hinterlassen, natürlich auch nur zu Lasten seines Volkes.

Der Staub vor Phnom Penh

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Intensiv heute. Erst in morgendlicher Kühle aus Kampong Cham gefahren, dann in die für meinen Geschmack härtesten 35km der Tour gekommen, Staub- und Schlagloch-Piste, das ist mal Kambodscha, denkt man sich (wenn man es hinter sich hat). Später wieder Asphalt, herrlich vor allem ein spontanes Bad im Mekong, Und dann eine chaotische Stadteinfahrt nach Phnom Penh, über die Japanische Freundschaftsbrücke, da steigt das europäische Adrenalin. Elke meinte beim Schmutzbier: ganz schön hektisch der Verkehr, Reinhard meinte: hektisch waren eigentlich nur wir. Gut beobachtet, die Straßen von Phnom Penh sind anarchisch, wie die der meisten asiatischen Großstädte, aber die Leute sitzen ziemlich entspannt auf ihren Fahrzeugen, man verlässt sich auf alles außer auf die offiziellen Regeln. Der Verkehr fließt dahin, im besten Fall.

Wie immer sind es die Kinder, die am meisten in Erinnerung bleiben. Eine Pause haben wir in einer versteckten kleinen Madrasa eingelegt, einer Koranschule, und dort Massenhysterie erlebt, so müssen sich damals die Beatles gefühlt haben. Die Kleinen haben garantiert niemals so große grobe Menschen wie uns gesehen, wahrscheinlich nicht mal im Fernsehen, wir wurden auf Haut und Haare geprüft und für seltsam empfunden. Zur Mittagszeit dann Kinder, im buddhistischen Tempel, die uns eine Stunde lange still und ernst beschaut haben. Wenn sich einer von uns in den Schatten gelegt hat, zum Nickerchen, dann waren ein paar Kinder da und haben aufgepasst, wie Traumhüter.

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