50 Shades of Grey

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.09. bis 05.10.2014

Radfahrer sind ja manchmal Masochisten. Auch wir stürzen uns schicksalsergeben in den störmenden Regen, der uns die kurze Fahrt von Xi’an nach Lintong begleitet. Immerhin: Den Nachmittag verbringen wir weitgehend im Trockenen, denn der Besuch bei der berühmten Terrakottaarmee ist angesagt. Und diese liegt, wir sich das für eine Grabanlage gehört, unter der Erde und ist zusätzlich auch noch überdacht.

Die Terrakottaarmee hat Qinshi Huangdi, gemeinhin als erster chinesischer Kaiser bekannt, zum Schutz seines Grabmales errichten lassen und dabei die Staatsfinanzen grundlegend ruiniert. Wobei die chinesische Geschichtsschreibung auch immer zur Mythenbildung neigt. Was auch immer real an der Figur Qin Shihuangdi sein sollte, sie ist und war immer Symbol der chinesischen Einheit, der Größe des chinesischen Staates und der nationalen Idee. Seine Feinde fürchteten, Mao verehrte ihn und der chinesische Starregisseur Zhang Yimou verewigte ihn in seinem Heldenepos „Hero“ als eine Art chinesischen Machiavelli, als Schöngeist, der die Muse den Zwängen der Macht opferte. Der erste Kaiser der Qin-Dynastie vereinigte die Maße und Gewichte des Reiches, standardisierte die chinesischen Zeichen und die Spurbreite der Wagen. Als erster chinesischer Kaiser reklamierte er weite Gebiete südlich des Yangzi für sich und definierte damit die ideellen Grenzen des heutigen Chinas. In Zeiten der Zwietracht und der Zersplitterung – und davon gab es in den 2.200 Jahren nach Qin Shihuangdi mehr als genug – erinnerte man sich seiner Vision des geeinten Chinas. Sicher war er ein Despot und sein Größenwahn richtete die Qin-Dynastie schon 14 Jahre nach ihrer Gründung, zwei Jahre nach seinem Tod, zugrunde. Bis heute blieb er jedoch Mythos und Vorbild nachfolgender Herrscher.
Die Terrakottaarmee sollte seine Unsterblichkeit sichern. Der Plan ging auf – auch wenn Qin Shihuangdi sicher keine langnasigen Touristen im Sinne hatte, die seinen Ruf in die Welt tragen.

Für uns ist die tönerne Armee eindrucksvoll, aber vor allem grau und braun. 50 Schattierung von Grau zähle ich und gebe bei den Brauntönen auf. Dabei waren die Figuren durchaus einmal bunt bemalt:

Terrakotta

Für heute bleibt es aber trübe und regnerisch für uns. Da das Essen aber die Sonne des nassen Radlers ist, beschließen wir den Tag in einem Hunan-Restaurant, das die kulinarischen Vorlieben des großen Steuermannes kredenzt.

Da wurde es dann wieder ein wenig bunter!


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Neues vom Regenmacher

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.09. bis 05.10.2014

In den letzten Jahren habe ich mir leider den Ruf eines Regenmachers erworben.
Der Lange Fluss (2010): 72 von 80 Tagen Regen.
Auf den Spuren von Wanda: Zwei Wochen Regen am Stück.
Die Sahara hat bei uns schon einmal nachgefragt, ob wir nicht einmal eine Radtour in der Region planen. Vorausgesetzt, dass ich die Reiseleitung mache.

Bei dieser Tour nun nach gutem Wetter in Beijing: Xi’an stöhnt seit zwei Wochen unter Dauerregen und er soll auch noch fünf Tage andauern. Die Gruppe spielt mit dem Gedanken, mich irgendwo auszusetzen.

Unser Probetour durch Xi’an fällt daher im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Mit einer Batterie Regenschirme bewaffnet entdecken wir Xi’an aber trotzdem zu Fuß, mit der U-Bahn und mit dem Taxi.

Wir probieren uns durch die Leckereien in der vor allem von Muslimen bewohnten Altstadt, laufen 851 Meter auf der imposanten Stadtmauer und bestauen die Kunst der chinesischen Kalligraphie im Stelenwald.

Den Tag lassen wir mit einem traditionellen Maultaschenbanket (25 Gänge!) und einem Spaziergang über den Nachtmarkt ausklingen.
Gegen abend wurde der Regen ein wenig schwächer!

Eine Mauer, ein Zug und zwei Forellen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.09. bis 05.10.2014

Wer nicht auf der Chinesischen Mauer war, ist kein richtiger Mensch, hat Mao Zedong angeblich gesagt. Eigentlich sagte er Mann, aber das war auch eine andere Zeit. Wir haben heute also die Menschwerdung absolviert, mit einem Spaziergang auf der „Wilden Mauer“ in Huanghua. Als Christof und ich vor 15 Jahren zum ersten Mal hier waren, gab es noch kaum Restaurants und Hotels und die Mauer war ein ziemlich wackliger Steinhaufen, auf dem Pfirsich- und Kaki-Bäume wuchsen.

Obwohl offiziell gar nicht geöffnet, besuchen nun täglich ein paar Hundert Besucher die Chinesische Mauer von Huanghua, die Oberfläche ist geglättet und die Stückmauern sind stabilisiert worden. Auf dem Weg zum westlichen Teilstück hat sich ein kleines Restaurant den Filetplatz gesichert und versorgt seit mehr als einem Jahrzehnt unsere Gruppen (und viele andere Besucher) mit köstlichem Essen. Die Regenbogenforellen vom Grill sind das absolute Highlight. Vorsorglich hatte ich schon zwei Fische bestellt (neben anderen schmackhaften Gerichten!) und muss fast noch eine dritte ordern, bis Conny, unser Kassenwart, zur Mäßigung mahnt. Gut so, wir setzen bereits Bauchfett an und auf die Räder kommen wir erst in zwei Tagen.

Gut genährt begeben wir uns auf den Heimweg, besser gesagt zum Bahnhof, machen noch Station auf einen Snack bei meinem Lieblingsrestaurant im Univiertel, das die KÜche des Südwestens anbietet und kommen überpünktlich zum Bahnhof, da der Fahrer wegen eine Verabredung einen Stau vorgibt, um uns zum frühen Aufbruch zu bewegen. Die knapp zwei Stunden Wartezeit überbrücken wir mit dem einen oder anderen Bier und mit einem Querschnitt durch das kulinarische Angebot des Bahnhofs. Nun wird es wirklich Zeit, dass wir auf die Räder kommen, sonst setzt das unwiderstehliche chinesische Essen doch noch an!

Den Abend lassen wir in unseren gemütichen Schlafwagenabteilen mit einer Flasche Whisky ausklingen. Entsprechend bettschwer wiegt uns das gleichmäßige Summen der Bahn in den Schlaf. Böse Zungen behaupten, ich hätte lauter geschnarcht als der Zug gerumpelt hätte. Ich habe jedenfalls nichts gehört!

Wo der Kaiser zu Fuß hingeht…

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.09. bis 05.10.2014

…, die Chinesen tanzen und wir einen Tag auf kaiserlichen Spuren verbringen. Oft gemacht, viel beschrieben und immer wieder eindrucksvoll, schön und interessant!

Ein Tag in Beijing in Bildern:

P.S. Der Kaiser ging im Himmeltempel auf dem Weg zur Halle des Ernteopfers zu Fuß!

Willkommen in China

Die Drei Schluchten des Yangzi, 10.09. bis 05.10.2014

Ankunftstag! Das sind Jetlag und Kulturschock, Müdigkeit und Verspannung vom langen Flug. Aber auch Neugierde, Vorfreude und vor allem ein Spaziergang durch die Altstadt von Beijing. Da entlang der üblichen Route leider großflächig die alten Hofhäuser abgerissen werden und wir wegen der frühen Ankunft ein wenig mehr Zeit haben, fahren wir mit der U-Bahn zum Qianmen am südlichen Ende des Tiananmen-Platzes und laufen durch die weitgehend ursprünglichen Altstadtgassen zwischen dem Dazhalan und der Liulichang. Natürlich darf da ein leckeres Essen in einem Traditions-Restaurant nicht fehlen!

Ein Stadtspaziergang in Bildern:

Superstau

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Zu unserem heutigen Tag gibt es leider nicht allzu viel zu berichten. Eine längere und eher unspektakuläre Busfahrt über flaches Land bringt uns in die Provinzhauptstadt Wuhan. Die Industriemetropole und eine der größten Städte Zentralchinas liegt am Zusammenfluss von Yangzi und unserem alten Bekannten, dem Hanfluss und steht wegen der Mischung aus Feiertagsdruck, U-Bahnbau und Brückenrenovierungen kurz vor dem endgültigen Kollaps. Das Verkehrschaos spottet jeder Beschreibung und so bleibt uns als einziger Programmpunkt heute der Besuch des Guiyuansi, eines sehr interessanten und rege besuchten buddhistischen Tempels. Gefühlt die Hälfte des Tages verbringen wir im Stau und erreichen irgendwann gegen Abend unser Hotel, das wir dann auch nur noch kurz für das Abendessen verlassen. Schade eigentlich, denn Wuhan hätte auch sonst noch einiges zu bieten gehabt – das bekannte Provinzmuseum mit seinen Ausgrabungen aus der Zeit der Streitenden Reiche, der Turm des Gelben Kranichs nahe dem Yangziufer (heute sogar mit einigermaßen guter Sicht) oder die Uferpromenade in Hankou mit den alten Gebäuden aus der Kolonialzeit.

Stillleben mit Wäscheleine

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Nun haben wir endgültig den letzten Tag unserer Radtour erreicht, der nochmal eine abwechslungsreiche Strecke, aber auch einiges an Autoverkehr bereithält. Zunächst hält uns eine bergige Umgehungsstrecke durch die Vororte noch ein wenig auf Distanz zur Hauptstraße, aber bald müssen wir uns unsere Route wieder mit dem chinesischen Feiertagstourismus teilen. Einen Stopp legen wir noch ein am Huanglingmiao, einem Tempel, der Yu dem Großen und seinem gelben Ochsen gewidmet ist, die der Legende nach gemeinsam die drei Schluchten geschaffen haben.
In der Haupthalle hat man noch zwei Säulen mit den Marken des Jahrhunderthochwassers von 1870 belassen, bei dem selbst dem großen Yu das Wasser bis zum Mantelkragen gestanden hätte. Wie er da so steht. Aber tatsächlich ist er ja erst nachher aufgestellt worden, also kann man jetzt sagen, dass er nach seiner Verewigung in Form einer Statue die Fluten erfolgreich zurückgehalten hat.

Ein paar Kilometer weiter setzen wir zügig mit der Zweirad- und Personenfähre über, während Xiao Yang mit seinem wahlweise gas- oder dieselgetriebenen Mobile etwas länger an der größeren Autovariante warten muss. Der nun folgende letzte Passanstieg unserer Tour hält nochmal einige schöne Ausblicke auf die letzte der Drei Schluchten bereit, die allerdings wieder durch das diesige Wetter getrübt werden.

Karin sagt, ich soll den Blog mal in fototechnischer Hinsicht aufpeppen und Hautnahes aus dem chinesischen Alltag präsentieren – es kann auch ruhig mal etwas Schlüpfriges dabei sein. Diesem Wunsch sein hiermit mit dem Stillleben mit Wäscheleine entsprochen.

Der Rest unserer heutigen Strecke bringt uns heftiges Stauen an einem chinesischen Vergnügungspark mit Bungeerampe und Riesenschaukel und eine doch irgendwie ganz interessante Stadteinfahrt mit älteren verschlafenen Vororten und einem recht ansehnlichen großstädtischen Zentrum. Heute Abend verabschieden wir auch noch unseren Fahrer Xiao Yang, der uns fast drei Wochen begleitet hat und sich morgen auf den Heimweg in seine 750 km entfernte Heimatstadt Xi’an machen wird. Sicher werden wir uns noch lange an ihn erinnern, unser tägliches hautnahes Beispiel chinesischer Kultur. Er hat uns tatkräftig zur Seite gestanden, hat uns angefeuert, für musikalische Untermalung gesorgt, uns heimgeleuchtet (in den Tunneln), Essen eingekauft und zwischendurch auch ab und zu mal sich und sein Bäuchlein mit einem kurzen Schönheitsschlaf verwöhnt.


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Durch die Schluchten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Heute morgen müssen neben unserem Gepäck auch erstmal unsere Räder verladen werden, denn diesmal können sie nicht mit aufs Boot, sondern müssen einen ca. neunstündigen Umweg durch die Berge nehmen. Wir dagegen wollen mit dem Boot die Drei Schluchten durchfahren und uns außerdem den im hinteren Teil befindlichen Staudamm anschauen. In den letzten Tagen hatten wir glücklicherweise immer gutes Wetter und es hat nicht geregnet. Das könnte allerdings auch mit dazu beigetragen haben, dass sich heute mal wieder eine in China häufig anzutreffende Wetterlage durchsetzt, die alles in einen trüben Dunst hüllt. Auch das vollbesetzte Linienboot lässt nur eine mangelhafte Aussicht zu, so dass wir von den Schluchten heute insgesamt nur wenig zu sehen bekommen.

Gegen Mittag erreichen wir dann unseren Hafen und steigen um in den Bus, der uns zum Staudammareal bringt. Die Ferien zum chinesischen Nationalfeiertag sind in vollem Gange und wir reihen uns in den Touristenstrom ein, der generalstabsmäßig geplant durch das riesige Staudammareal geschleust wird. Es gibt verschiedene Aussichtspunkte auf den Damm und die Schiffshebewerke und zum Ende noch einen Gedenkpark für die Maschinen, die beim Bau des Staudamms verschlissen wurden. Zu dieser Jahreszeit ist der Wasserstand nicht besonders hoch und alles sieht recht ruhig aus, aber wer schonmal die Stromschnellen in der Tigersprungschlucht am oberen Yangzi gesehen hat, der kann sich vielleicht ungefähr vorstellen, welche Kräfte hinter der 2 km langen Mauer aufgestaut werden. 660 km lang ist der Stausee, über 1 Mio. Menschen wurden umgesiedelt. In China hat man es immer gerne ein bisschen größer als anderswo. Die Energiegewinnung und die bessere Hochwasserregulierung sowie die bessere Schiffbarkeit des Yangzi gegen die ökologischen Folgen und die Folgen der Umsiedlung. Schwer zu sagen, wie lange es noch dauern wird, bis man hierzu eine endgültige Bilanz ziehen kann.

Wir haben heute auch das Drei-Provinzen-Eck von Shaanxi, Chongqing und Hubei hinter uns gelassen und haben endgültig die Provinz Hubei erreicht. In dieser Region befand sich vor gut 2000 Jahren das Königreich Chu und da wir am Abend in der Stadt auf ein Restaurant treffen, dass das entsprechende Zeichen in seinem Namen trägt, nehmen wir gleich die Gelegenheit war, uns mit der Küche dieser Gegend vertraut zu machen. Insgesamt etwas weniger scharf als weiter im Westen und etwas ausgewogener gewürzt wie wir finden. Davon kann es ruhig noch ein bisschen mehr sein in den nächsten Tagen.

Drei-Sterne-Tour

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Unsere Tour der Drei Schluchten ist nicht umsonst auch eine Drei-Sterne-Tour. Neben der Königsetappe gibt es hier nämlich auch noch eine heimliche Königsetappe. Wer von einem der Dreischluchtenstädtchen zum nächsten fahren will und gerade kein Boot zur Verfügung hat, muss über den Berg. Unweigerlich. Die Streckenführung ist aber einfach. Zuerst geht es ganz lange bergauf und dann ganz lange bergab. Zum Ende hin dann wellig. Das klingt einfach und schaut auf dem Höhenprofil recht harmlos aus, kann aber nochmal ganz schön fies werden. Insgesamt macht das gut 80 km mit fast 1700 Höhenmetern. Da unsere Stadtein- und ausfahrten heute ganz besonders tief im chinesischen Straßenlärm und –dreck versinken, wird der Tag nochmal zu einem kleinen Härtetest für Beine und Nerven.
Im welligen Teil der Strecke treffen wir gegen Ende noch auf die Stadt des Weißen Kaisers und machen einen kurzen Abstecher. Ihr Platz befindet sich auf einem Felsen, der mittlerweile von den Fluten des Yangzistausees umspült wird, oft nebelverhangen gewesen sein soll und deshalb wegen seiner mythischen Aura ausgewählt wurde. Davon ist heute nicht allzu viel zu spüren, sondern vielmehr die geballte Wucht des chinesischen Feiertagsverkehrs, der sich über die Uferstraße voranstaut. Heute bestimmen kilometerlange Autoschlangen und rangierende Reisebusse das Bild.

Fengjie hinterlässt einen etwas zwielichtigen Eindruck bei mir. Wir suchen noch ein Restaurant für unser Abendessen und laufen die Hauptstraße herunter, aber erstmal Fehlanzeige. Wir versuchen, uns durchzufragen. Oh ja, man kann uns helfen, gleich um die Ecke soll ein Restaurant sein, das unsere Wünsche erfüllen kann, man wird uns gleich hinbegleiten. Wahrscheinlich gehört das Restaurant der Schwägerin, aber na gut, muss ja nicht schlecht sein. Das Restaurant ist ein bisschen schmuddelig und das ist nicht so gut, also weiter. Schräg gegenüber gibt es einen Einkaufstempel mit einer großen Restaurantreklame, das versuchen wir als nächstes. Es gibt einen Fahrstuhl und ich will erstmal nach oben fahren, um die Lage zu prüfen. Der Fahrstuhl fährt ins Tiefgeschoss und ein Meister im Arbeitskittel fängt an, Mülltonnen in den Aufzug zu wuchten. Wir fahren weiter ins nächste Tiefgeschoss und die Mülltonnen werden wieder ausgeladen. Es sieht aus wie in den Katakomben des Dresdner Hauptbahnhofs, die ich kennenlernen durfte, als ich noch richtig arbeiten musste. Keine gute Erinnerung. Wir fahren zum Glück wieder nach oben. Noch mehr Mülltonnen. Wir erreichen den fünften Stock mit dem Restaurant, ich stolpere über ein paar Müllberge und lande in einem Schnellrestaurant. Es ist zwar ausreichend hell hier, aber das macht es auch nicht besser. Also weiter. Wir laufen noch ein Stück die Straße hinunter und landen an einer großen Brücke. Und endlich – hinter dem Geländer tut sich ein großes Loch auf, angefüllt mit Restaurants. Von unten leuchten die roten Lichter der Restaurantreklamen und Dampfschwaden von Feuertöpfen steigen auf in den Nachthimmel. Das ist nicht nur einfach nur eine Fressgasse, sondern eine regelrechte kleine Fressstadt. Wenn der Höllenfürst immer noch in der Geisterstadt Fengdu weiter oberhalb am Yangzi wohnt, dann könnte ich mir vorstellen, dass er demnächst hierhin umzieht.


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Flussabwärts

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Heute vertauschen wir unsere Räder mal mit dem Boot bzw. wir nehmen sie mit darauf. Damit wir uns die Felswände zu beiden Seiten auch mal in Ruhe ansehen können, ohne gleich in den Straßengraben zu fahren, nehmen wir heute das Boot und fahren durch die drei kleinen Schluchten bis runter zum Yangzi. Kurz hinter Wuxi schaut es häufig recht dünn aus unter dem Kiel. Der Wasserstand ist ziemlich niedrig und manchmal schrammt der Bootsboden über die Steine. Bald erreichen wir aber schon die Stelle, an der der Rückstau des Dreischluchtenstausees spürbar wird. Hier wird der Fluss breiter, das Wasser ruhiger und der Dreck sichtbarer.
Heute ist Nationalfeiertag (der chinesische) und da wir uns als anständige Gäste erweisen wollen, feiern wir denselben auf unserem Boot mit einer Flasche trockenen Rotem aus den bekanntesten chinesischen Weinanabaugebieten. Aller guten Dinge sind bekanntlich drei, aber das macht nichts, denn bei dem Anstieg zu unserem Hotel in Wushan, den wir dann schon wieder auf dem Rad zurücklegen müssen, schwitzt man das alles ganz schnell wieder aus.

Am Nachmittag bleibt uns noch etwas Zeit für eine kleine Stadterkundung und wir schlendern die steilen Hänge auf und ab. Wushan ist eine Stadt, die zunächst der Flutung des Stausees zum Opfer gefallen ist und dann später einfach weiter oben am Hang wieder aufgebaut wurde. An der Straße gibt es gebackene Süßkartoffeln und wir möchten eine probieren. Unser Versuch die weiche Kartoffel möglichst gleichmäßig unter mehreren Leuten aufzuteilen, erregt größeres Aufsehen und führt zu einigen Fehlinterpretationen: Guck mal die Ausländer haben eine Kartoffel gekauft, und wissen nicht, wie sie sie essen sollen. Es muss ihnen jemand helfen… Eine junge Frau bemüht sich rührend um uns, aber wir sind gerade ziemlich beratungsresistent und am Ende schenken wir ihr die Kartoffel und verabschieden uns einfach. Ob das nun unbedingt zum gegenseitigen Verständnis beigetragen hat, lassen wir mal dahingestellt. Unser Versuch einen Kaffee zu trinken, endet schließlich in einem Zockerparadies, wo wir uns mit halbautomatischen Majiang-Tischen anlegen. Das mit den Einsätzen haben wir zwar schon richtig verstanden, aber was die weitere Umsetzung anbelangt hat der Reiseleiter mal wieder eindeutig versagt, wie man den Fotos entnehmen kann.