In die Melonen

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Ach wer hat denn da geschrieben, der liebe Christof, glauben Sie seinen Worten nicht, alles Understatement. Christof ist in Beijing, ich bin ich Xinjiang, das müssten eigentlich zwei Zeitzonen sein, aber in der Volksrepublik gilt nur die Beijing-Zeit (geografisch gesehen umfasst China sogar vier Zeitzonen). Die Leute in Xinjiang haben deshalb ihre inoffizielle Zeitrechnung, zwei Stunden vor Beijing. Nach der lokalen Zeit ist es 21, offiziell und national 23 Uhr, bei Verabredungen muss unbedingt diese Referenz angegeben werden, was erstmal verwirrt.

Und wir sind ja erst am Ostrand der Provinz, in Kashgar ist es geografisch gesehen noch mal eine Stunde früher. In Hami aber schreibt man die Erntezeit der weltberühmten Hami-Melone. Unmöglich ihr zu entkommen. Wortgewandte Pilzsammler gehen in die Pilze, wir gehen in die Melonen (bebildert unten ist aber unser Gang in die Baumwolle, auch davon gibt es viel hier).

Die Menschen von Hami haben heiße Herzen (chin. „rexin“). Melonen und andere Köstlichkeiten wurden uns ganz selbstverständlich gereicht. Ich musste nachmittags mit dem Taxi durch die halbe Stadt, die Fahrerin wollte kein Geld von mir. Gleich zwei Radläden haben wir beansprucht und sie haben eine Menge Arbeit in unsere Räder gesteckt, die wollten auch nichts. Auf dem Sonntagsmarkt wurden wir beschenkt, auf dem Nachtmarkt ist die Herzlichkeit übergeschäumt…aus der Trinkerei rauszukommen ist in diesem Fall schwierig, davon können die meisten Chinareisenden ein Lied singen.

Es kommt einem nicht chinesisch vor in Hami. Statistiken, die für den Kreis fast 70% als Han-Chinesen und den Rest als Hui und Uiguren ausweisen überraschen, die Muslime sind auf jeden Fall viel sichtbarer. Die Hui-Minderheit ist arabischer Abstammung und ziemlich assimiliert, sie ist über das ganze Land verstreut. Die Uiguren haben ihr Stammland genau hier in Xinjiang, sie prägen das Bild der Stadt und der ganzen Provinz. Auf Provinzebene stellen sie die Mehrheit der Bevölkerung und haben ein gewisses Maß an Autonomie. Zur Zeit der Qing-Dynastie, sogar noch bis 1930, war Hami würdiger Sitz eines eigenen kleinen Königreichs, die Mausoleen der Hami-Könige haben wir uns heute auch angeschaut. Monika und Frank waren stolz und gerührt, als sie die auf den Thron gebeten wurden.

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