Verrückt

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Eins vorweg geschickt – und das ist eigentlich das Aufsehenserregenste dieser Reise – unser Kinder sind gesund und munter und nehmen China inzwischen als das Normalste der Welt an.

Derweil kränkeln die Eltern. Nein, vor allem der Vater, sprich ich. Zornica hustet morgens nur noch eine halbe Stunde statt zwei Stunden wie noch vor einer Woche. Derweilen nehme ich Zahnschmerzen inzwischen als Normalzustand wahr. Spare bei jeder Mahlzeit den Backenzahn links oben und rechts unten aus. Punktgenaues Kauen, das nur manchmal schief geht.

“Warum schreist Du, Papa?”, fragt Nora.

“Zahnschmerzen!”

“Da musst Du zum Zahnarzt gehen!”

Recht hat sie und am 10. Juni habe ich auch einen Termin in Berlin. Meine Erfahrungen mit chinesischen Zahnärzten sind nicht die besten, das spare ich mir lieber und übe derweil selektives Kauen!

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Crossing the Red Sea

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

The irony of our present situation becomes especially apparent amidst the booming new Yingkou. We took this long northern detour in order to avoid the over-industrialised region of Tianjin that would have laid on our way to Beijing. Instead, we landed from the fire directly into the frying pan. Here we are, amidst one of the hottest development zones in China, right in the middle of the Liaoning coastal economic belt, which has been designed to become a major heavy industry hub and international shipping centre.

But today it should be different. North of Yingkou lays the biggest wetland and reed marsh in the world, which is under nature protection. The information in the guide book is impressive: 100 km2 of reed fields with the most completed ecosystem; millions of migratory birds of as much as 172 different species; 399 kinds of wild animals; one of the few breeding areas for endangered species such as the black-beaked gulls and red-crowned cranes. The most spectacular part of the marshland is a 26 km long stretch of crimson red wetland, fittingly named Red Beach, or alternatively, Red Sea. Its striking colour is due to a kind of grass – Sueda, or seepweed, – which is one of the few species that flourishes in highly alkaline soil. It starts growing in April and in autumn it turns flaming red. Our route today will lead us across this Red Sea, rather than through mammoth harbours and heavy industry plants. Or so we hope.

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Rückkehr nach Toontown

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Irgendwann, vor nicht allzu langer Zeit, gabe es in Yingkou einmal eine Altstadtgasse, mit einigen historischen Tempeln und ein paar maroden Kolonialgebäuden.

Dann wurde renoviert. Viel steht nicht mehr von der eigentlichen Altstadt.

Aber schön geordnet und sauber ist es! Und so fotogen!

改良改良越改越凉 sagt eine der Hauptfiguren in Laoshes berühmtem Theaterstück “Das Teehaus”. Umso mehr man verändert, umso kälter wird es.

Ein Wortspiel mit den Zeichen 良 und 凉, beide gleich “liang” ausgesprochen. Das eine Zeichen bedeut “fein, gut”, das andere “kalt”.

Nirgendwo trifft das besser zu als in Yingkou.


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Keine Hunde und keine Ausländer

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

“Was ist das denn da?”, fragen wir uns beim Blick auf die Landkarte.

鲅鱼卷区 Bayujuanqu. Oder spricht sich das dritte Zeichen “quan”?
Bezirk zu gerollten Makrele? Na, das kann ja was werden!

Anscheinend eine Sonderzone. Auf der Landkarte wirkt Bajujuanqu auf jeden Fall wie ein Ufo, das in die Landschaft gefallen ist. Wie wir später feststellen, der neue Hafen von Yingkou, der Millionenstadt im Norden. Inzwischen wohnen auch hier mehrere hundertausend Einwohner.

Nachdem wir gestern die letzten zehn Kilometer auf der Staatsstraße gefahren waren und gute Erfahrungen gemacht hatten, radeln wir auch heute wieder auf der G 202. Und tatsächlich verwöhnt uns diese mit mäßigem Verkehr und einer schönen Baumallee, die fast die gesamte Strecke ausmacht. Das ist auch dringend notwendig, weil der Wind in Orkanstärke von der Seite kommt und uns an den wenigen Lücken im Baumbestand fast von der Straße bläst. Mit unseren fast fünf Metern Länge bieten wir eine wunderbare Angriffsfläche und mir scheint, als halte uns nur unser hohes Gewicht auf dem Asphalt.


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Der Lange Marsch

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

Stadtrundgang durch Shanghai bei bestem Wetter, nicht zu kalt und nicht zu heiß und ohne Regen

Nochmal richtig chinesisch Frühstücken, das war der einhellige Wunsch unserer Gruppe. So langsam hatte man sich doch an das chinesisch Frühstück gewöhnt, das am Anfang doch etwas seltsam anmutete. Aber gerade Shanghai mit seinem großen Angebot an gedämpften, gebratenen oder frittierten Teigtaschen machte das Frühstück zu einem wunderbaren Erlebnis.

Frisch gestärkt machten wir uns nun auf unseren Marsch durch Shanghai. Der wurde letztlich zwar nicht ganz so lang wir Maos „Langer Marsch“ in den 30er Jahren, als er vor den Truppen Chiang Kai-Sheks fliehen musste, aber uns taten am Abend dann trotzdem ganz ordentlich die Füße weh.

Wir wanderten von Norden durch die Sichuan Road nach Süden zur Altstadt Shanghais, von der nicht mehr all zuviel übrig ist. Das Viertel rund um das berühmte Teehaus ist natürlich super touristisch und wäre dort nicht der sehr schöne Yu Garten, hätten wir uns dieses Getümmel wahrscheinlich erspart. Gerade unsere drei italienischen Freunde, die in Südtirol solche Massen nicht gewohnt sind, waren angemessen entsetzt über den Auftrieb dort. Aber der Yu Garten ist eben doch sehenswert. Im südchinesischen Stil konzipiert, extrem verwinkelt, wirkt der etwa 2,8 Hektar große Garten viel größer als er eigentlich ist. Er hat viele schöne Szenerien, ist reich verziert und recht verspielt.

Um dem Trubel rasch zu entgehen, schlugen wir uns Richtung Westen aus der „aufgemotzten“ Altstadt durch echte, noch bewohnte Altstadtgassen, die es noch in bescheidenem Umfang gibt, zum Vogel- und Blumenmarkt durch. Hier werden Singvögel, Grillen, Pflanzen und etliche andere Kleintiere als Haustiere gehandelt. Chinesische Rentner halten sich gerne Singvögel, mit denen sie morgens in einen Park gehen um sich dort mit anderen Vogelliebhabern zu treffen. Dort hängen sie die Vogelkäfige in die Bäume und spielen gemeinsam Schach, Weiqi oder Karten.

Zu Mittag gab es Jiaozi, von denen man irgendwie nie genug bekommen kann. Dann ging es wieder zum Bund um mit der Fähre über den Huangpu überzusetzen auf die schrille, moderne Seite Shanghais, Pudong. Wenn man zwischen den gigantischen Wolkenkratzern herumstreunt, nimmt man erst so richtig wahr wie riesig die sind. Der neueste von denen ist noch nicht ganz fertig und ist um die 600 m hoch. Wir entschieden uns dann denn zweithöchsten zu erklimmen, das im Volksmund wegen seiner prägnanten Form Flaschenöffner genannte Shanghai World Financial Center. Vom 100. Stockwerk aus kann man über ganz Shanghai schauen und alles sieht von oben wie eine Spielzeuglandschaft aus. Da das Wetter uns heute holt war, hatten wir eine wirklich gute Sicht.

Den letzten Abend beschlossen wir dann auf der Terrasse des Captain Hostels und schauten uns von dessen Dachterrasse nochmal die Nachtansicht von der bunt erleuchteten Pudong-Seite an. Ein Anblick von dem man auch kaum genug bekommen kann. Ein würdiger Abschluss unserer schönen Reise einmal quer durch China von Chengdu bis Shanghai.

Irrungen und Verwirrungen

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Nach dem gestrigen Großverkehrstag wollen wir heute die Nebenstraßen versuchen, die es hier im Gegensatz zu gestern gibt. Wenn man sich die Landkarte der Halbinsel Liaodong anschaut, wird klar, dass der gestrige Tag gar nicht anders verlaufen hätte können. 20 Kilometer ist die Halbinsel nördlich von Dalian gerade mal breit, und da müssen zwei Autobahnen, eine Schnellbahn, eine Bummelbahntrasse und dazu zwei Staatsstraßen und etliche Landstraßen durch. Der Verkehr scheint sich relativ gleichmäßig zu verteilen, viel Luft ist da jedenfalls nicht!

Heute also Erkundungsfahrt durch die Backwaters. Im Wortsinne: Wir fahren die Küste Liaodongs ab, die hier ähnlich zerklüftet ist wie Norwegen. Nein nicht wirklich, uns kommt es aber so vor, als wir buchtein-buchtaus der Küstenlinie folgen.


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Der Zug war pünktlich

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

Zugfahrt von Yichang nach Shanghai, Ankunft im Regen und Spaziergang am Bund

Um 5:00 Uhr klingelte der Wecker. Wenn ich ihn nicht selbst gestellt hätte, hätte ich es nicht glauben wollen. Aber um 6:45 Uhr fuhr schon unser Zug nach Shanghai, und der war pünktlich. Wie fast immer in China. Da aber vor allem unser bayrischer Kollege in Myanmar schon andere, sehr schmerzliche Erfahrung gemacht hatte, war er recht skeptisch und schließlich angenehm überrascht, dass die chinesische Bahn hält was sie verspricht. Anders als die Deutsche Bahn. Wir hörten gerade erst dass schon wieder gestreikt würde. Hoffentlich ist der Streik vorüber wenn wir wieder nach Hause kommen.

Die Fahrt verlief ohne Probleme aber Shanghai empfing uns leider mit Autostau und Regen. Das war der erste richtige Regen auf der Tour. Es hatte schon ein-, zweimal geregnet aber immner nur nachts wenn es uns nichts ausmachte. Nun kamen unsere Regenklamotten doch noch zum Einsatz. Wäre ja auch fast schon skandalös gewesen, wenn wir sie ganz umsonst mitgeschleppt hätten.

Bei Regen hat der Bund, Shanghais historische Uferpromenade, sogar etwas sehr schön Mystisches. Aber dennoch hofften wir, dass wir vielleicht morgen den Bund auch nochmal in voller Höhe bewundern können würden, denn man sah ja quasi nur die Hälfte. Aber selbst bei diesem Wetter waren wieder Hochzeitspaare unterwegs, die die obligatorischen Hochzeitsfotos machten. Die sieht man tatsächlich bei jedem Wetter hier. Shanghai ist anscheinend bei jedem Wetter fotogen.

Last Exit Dalian

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Having reached the new shores of Liaoning, we make a fresh start and agree on two basic precepts: from now on the family stays and bikes together; and we take it easy, without sticking to any strict plans or maps. The last would be anyway impossible to do, because we are left without navigation. The only mobile on which it worked fall weeks ago on the road and broke; our backup – the tablet,- emerged one evening from the bag with a shattered screen; while the satellite maps downloaded on the GPS display a network of roads, but neither their names, nor the towns. Our map of Liaoning province is almost useless, as it focuses on highways and interstates. We will simply bike in general direction Beijing – that is to say, first in direction north, along the length of the Liaodong peninsular, then make an arch direction west, then bike southwards again, along the western coast of the bay. And above all, we will enjoy the rest of the trip and remain open to whatever comes along.


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Zurück ins normale Leben

Wo der Pfeffer wächst, 25.04. bis 17.05.2015

Der letzte Tag auf dem Kreuzfahrtschiff mit Besichtigung des umstrittenen Drei-Schluchten-Staudammes

Der Drei-Schluchten-Staudamm ist wohl eines der umstrittensten Bauwerke im modernen China. Er wurde sehr kontrovers diskutiert und zog viele einschneidende Maßnahmen nach sich. Angefangen von der Umsiedlung von offiziell 1,3 Millionen Menschen und der Überflutung von mehr als 1000 Kulturdenkmälern und nicht zuletzt die ökologischen Auswirkungen des Dammes die längst noch nicht abzusehen sind. Von den vielen Problemen die der Staudamm mit sich bringt war bei der Besichtigung, abgesehen von den Umsiedlungen, eigentlich nicht die Rede. Alles super, alles wunderbar.

Nun, beeindruckend ist er ja schon, trotz aller Probleme und rückgängig zu machen ist er nun auch nicht mehr. Wir verbrachten dort etwa 2,5 Stunden, bevor wir wieder in See oder Fluss stachen in Richtung unserer Endstation Yichang City, wo wir uns von der netten Crew der Victoria Jenna, die uns fast schon durch ihre Überbehütung erdrückt hatte, verabschiedeten. Daran könnte man sich glatt gewöhnen. Aber nun hatte uns das normale Leben wieder.

Yichang ist eine Stadt mit rund 4 Millionen Einwohnern, die aber lediglich durch die Nähe zum Drei-Schluchten-Staudamm oder seines kleinen Bruder Dammes der Gezhou Ba Staustufe bekannt ist. Wir verbrachten den Nachmittag dort mit einem Stadtbummel. Obwohl Yichang für unsere Verhältnisse riesig groß ist, hat es sich aber dennoch einen gewissen kleinstädtischen Charme bewahrt.

Nach dem Abendessen ging’s recht bald in die Falle, denn morgen war eine sehr frühe Bahnfahrt angesagt. Also nix mit Nachtleben heute…

Wo Vögel Hymnen singen

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Ist das die Wetterwende?

Wieder einmal ziehe ich die Vorhänge des Hotelzimmers auf und werde von strahlendem Sonnenschein geblendet. Wo verstecken sich die Wolken? Ist dies wieder nur ein einzelner sonniger Tag und morgen radeln wir wieder durch strömenden Regen?

Ein paar Mal habe ich es schon bereut, nicht doch den optionalen Regenschutz für unseren Anhänger gekauft zu haben statt die Sonnenmarkisen. Aber dann hätten wir ja auch mit einem Chariot fahren können und die Kinder hätten ebensowenig von der Reise gesehen.

Unser Hotelzimmer liegt im 11. Stock und wir blicken auf eine Straßenschlucht. “Singapur des Nordens” hatte ich einmal in einem Artikel über Dalian geschrieben. Das war 2006 und die Stadt hatte mich begeistert.

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