Schlammschlacht

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

von Lufeng nach Heijing, 90 km, wolkig

Wie immer kam der Regen nachts. Jetzt sind die Straßen feucht und die Luft ist klar. Bestes Radfahrwetter. Noch ahnen wir nicht, welche Auswirkungen das nächtliche Wetterereignis auf unsere Straße haben würde. Nein, zuerst gibt es die obligatorische Nudelsuppe zum Frühstück und dann schwingen wir uns auf die Räder.

Wir verlassen Lufeng und fahren in Richtung Fluss, der heute unser Wegweiser sein wird. Allerdings erwartet uns da eine böse Überraschung. Die Straße rechtsseitig des Flusses ist gesperrt, auch für Radfahrer. Grund: Eine Baustelle. Also weichen wir auf die linksseitige aus, die genau parallel verläuft. Soweit so gut. Was wir nicht erwartet haben, ist, dass wir hier auf kaputtem, aufgeweichten Belag durch eine Baustelle nach der anderen fahren. Da diese Straße etwas höher liegt als die auf der anderen Flussseite, haben wir freien Blick auf eine baustellenfreie, unversehrt wirkende Fahrbahn.

Unverdrossen holpern wir weiter, zerren unsere Räder durch südchinesischen Schlamm und Schotter und erreichen glücklich, aber ziemlich durchgeschüttelt irgendwann den Pass auf halber Strecke. Hier oben hat ein geschäftstüchtiger Obstbauer seinen Stand aufgebaut und versorgt uns mit saftigen Birnen. Kurze Verschnaufpause, dann geht es weiter. Erstmal rasant bergab.
Irgendwann bricht die Sonne durch und die Landschaft wird immer schöner, allerdings wagen wir kaum die Augen von der Straße abzuwenden, könnte doch jeder Blick zur Seite mit einem tiefen Schlagloch bestraft werden.

Kurz vorm Etappenziel machen uns ein paar heftige Gegensteigungen zu schaffen. Auch die Räder klappern und quietschen ganz erbärmlich. Doch wir schaffen es, alle, ohne besonderen Schaden in die alte Salzmetropole Heijing.


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Im Staube unseres Angesichts

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

Auf nach Lufeng, 77 km, immer noch angenehm bedeckt

Wir steigern uns: heute auf 77 km und einige Steigungen. Zur Stärkung gibt es erstmal ein kräftigendes Frühstück in der Hotelspeisehalle. Zur Auswahl stehen: Milch oder Sojamilch, Reis- oder Weizennudeln, dazu ein Ei, etwas zähe Mantou und Gemüse.

Es geht hurtig los. Die Straße ist gesäumt von gelbblühendem Ginster. An den Toreinfahrten der Bauerngehöfte wuchern violette Wicken, altrosafarbene Bauernrosen, blühende Hibiskusbäume und allerlei andere buntblühende Pflanzen. Kakibäume beugen sich unter der Last ihrer unzähligen Früchte.

Die Landschaft ist traumhaft. Grüne Hügel schmiegen sich sanft an parzellierte Reisfelder, die unseren Weg begleiten. Wäre da nicht …der stete Lärm und Gestank riesiger Lastkraftwagen, die Fabriken und Kraftwerke, die riesige Wunden in die Landschaft schlagen, aus der Yunnans rote Erde klafft! Grauer Staub dämpft die satten Farben dieser Szenerie.

Nach etwa der Hälfte des Weges verschlechtert sich die Straße und wir haben unsere erste … ja richtig: Baustelle. Die Absperrung besteht allerdings nur aus einem traurig im Wind wehenden Wimpelband und wir beschließen: Die gilt nicht für uns. Erfreulicherweise werden wir nach dem ersten (und letzten Bagger) mit einer Baustellen- und vorerst auch autofreien Strecke belohnt.

Xiao Ding, unser stiller Begleiter liest uns einmal wieder die Wünsche von den Augen ab, bevor wir überhaupt wissen, dass wir sie hegen. Er versorgt uns mit leckeren Weintrauben – wir fahren durch ein Weinanbaugebiet – Snacks, (Schmutz)Bier, Wasser und zaubert am Ende noch eine Flasche Selbstgebrannten hervor, den sich vorerst alleine Axel schmecken lässt.

Lufeng entpuppt sich als relativ kleiner, friedlicher Ort. Eine Menge neugebauter, schicker Wohnquartiere, üppig bepflanzte Grünanlagen, keiner scheint es eilig zu haben. Weiter hinten findet man noch das ursprüngliche Lufeng mit halb verfallenen, von bunten Sträuchern überwucherten Häusern und kleinen Gärten.

Der Abend wird zünftig im benachbarten Sichuan Restaurant beschlossen. Wir befreien einen der Fische aus der quälenden Enge des Aquariums und gehen nicht eher bis die Xiao Dings Flasche „Bai Jiu“ auf den letzten Tropfen gelehrt ist.


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Auf dem Holzweg im Schilderwald

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

Von Kunming nach Anning, etwa 40 km, schattig

Die Nacht hat den Regen und das Gewitter gebracht, sintflutartig stürzt das Wasser vom Himmel. Am Morgen ist der Spuk vorbei und wir radeln bei angenehmen Temperaturen in Richtung Anning.

Wir passieren die „Neustadt“ von Anning, einer Ansammlung schicker, scheinbar leerstehender Hochhäuser und landen in einem Konglomerat von Hotels. Von ruinös bis super-luxuriös ist alles vorhanden. Anning ist berühmt für seine heißen Quellen und die „Haupteinnahme“-Quelle scheint in der Hotellerie und in dem Verkauf von Badehosen, bzw. Badeutensilien zu bestehen.

Diverse Spas und Schwimmhallen, von den örtlichen heißen Quellen gespeist, laden zum Baden sein. Allerdings wird erst heute Abend das Wasser im hoteleigenen Pool getauscht und der Gesichtsausdruck der Rezeptionistin bei dieser Aussage lässt zumindest mich von einem Bade in dieser Lokalität Abstand nehmen.

Stattdessen spazieren wir zum Fluss, begegnen unterwegs dem einzigen Einheimischen, den wir als Touristen identifizieren: Stilecht in Badehose vorm Luxus-Spa. Erspähen eine gelangweilte Braut in einer von Rosen und Orchideen geschmückten Wagen-Kolonne, die nicht mal das kurze Geböller am Brückenpfeiler aus ihrer Lethargie reisen kann, uns erschreckte es umso mehr.

Weiter geht unser Spaziergang in die Hügel des Städtchens. Ein frisch angelegter Holzpfad führt uns aufwärts durch einen regelrechten Schilderwald. Quasi jeder Baum ist mit einem anderen Brett bestückt, so dass es wir tatsächlich aufpassen müssen, uns nicht den Kopf zu stoßen, wie uns eines der Schilder rät.

Wir passieren die buddhistische Akademie aus der uns salbungsvolle Klänge entgegen tönen. Wie Tobis wachsamen Auge allerdings nicht entgeht kommt die Musik aus einer Solarbetriebenen Lotusblüte aus dem Blumenbeet.

So vergeht der Nachmittag und mündet in einen etwas frischen Abend über, den wir bei einem leckeren Mahl, Bier und unserem ersten Baijiu ausklingen lassen.


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Tag Zwo…

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

Einradeln in Kunming

Der Tag beginnt mit einer leckeren Portion Huntun (Wantan) und mit einem ersten kurzen Radausflug. Etwas besorgt blicken wir Richtung Himmel, wo sich dunkle Wolken heranwälzen. Für heute ist Gewitter angesagt. Zwischen 11 und 13 Uhr. Wahrscheinlichkeit: 5%. Es ist 9 Uhr und wir wollen uns nicht auf den besagten 5% Kunming befinden, also radeln wir los.

Immer geradeaus, durch dichten Verkehr, über Schienen und durch Schlaglöcher an Marktständen vorbei, wo allerlei feilgeboten wird. Noch ist es heiß, die Sonne scheint erbarmungslos auf uns herab und die 17°C, die uns die Wettervorhersage weiß machen will, erscheinen uns doch sehr untertrieben.

Nach einer schieren Ewigkeit Geradeausfahrens biegen wir in eine ruhige Straße, die sich in Serpentinen bis zum Qiongzhu Tempel hoch schlängelt. Eine weitläufige Anlage, die offenbar von Ruheständlern betrieben wird, denn die wenigen Menschen die wir hier antreffen, scheinen mindestens siebzig Jahre alt zu sein. Es ist angenehm ruhig, kühler als in Kunming. Hier scheint sich kaum jemand her zu verirren, außer uns gibt es noch zwei Großeltern mit ihrem Enkelkind. Wir schlendern ein wenig umher, soweit es geht, denn teilweise ist der Tempel eine Baustelle. Baustelle?! Moment, da war doch was….Hoffentlich kein schlechtes Omen!

Auf der Abfahrt erwischt uns der Regen doch. Drei ganze Tropfen bekomme ich ab! Dann sind wir dem Regen sprichwörtlich davon gefahren.

Am späten Nachmittag treffen dann noch Axel und Tobi ein. Wir beschließen den Tag nach einem Spaziergang durch den Blumen- und Vogelmarkt mit einer deftigen Lammkeule im bewährten Lao Fangzi.


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Money makes the world go round….

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

Schlendern in Kunming

Ein alter Hut: Abflug Berlin Tegel, Zwischenstop in Amsterdam, weiter nach Peking und in Kunming endet dann die (An)Reise. Aus einem strahlend sonnigen, dennoch erfrischenden frühherbstlichen Berlin werde ich in ein sommerheisses umtriebiges Kunming katapultiert. Von einem lazy saturday morning in einen busy afternoon, der sich allerdings in einen entspannten Abend ergießt, den man am besten mit einem frischen Bier am lauen Cui Hu (See) genießt. Ein bewährtes Schlafmittel (zumindest für die ersten drei Stunden der Nacht).

Neuer Tag, neues Glück. Das Wetter hält sich – es soll laut Vorhersage erst regnen und gewittern, wenn die eigentliche Rad-Tour beginnt. Ich frage mich: Was soll das? Ich war doch bisher nicht als die Reiseleiterin mit dem schlechten Wetter bekannt, sondern als die, mit den meisten Baustellen auf Tour! Aber noch ist ja nichts passiert. Aber zurück zum Wesentlichen: Langsam trudeln die Teilnehmer ein: heute Ulrich, morgen werden Tobias und Axel zu uns stoßen.

Und es standen ganz „banale“ Dinge auf dem Program: Räder holen, Geld beschaffen – was sich bei den wählerischen chinesischen Automaten doch etwas schwierig gestaltete. Denn so ein chinesischer Automat nimmt nicht so einfach jede ausländische Karte, nein, nein! Da muss schon wenigstens Visa oder Master drauf stehen, und auch dann… Das bescherte uns einen netten kleinen Nachmittagsspaziergang in konzentrischen Kreisen um den Cui Hu rum. Am Ende gaben wir auf, krochen demütig zu Schalter und lieferten uns den Fängen der chinesischen Bürokratie, in Gestallt einer schlecht gelaunten Bankkaufrau aus. Letztere gab glücklicherweise unser Anliegen an ihre Kollegin weiter.

Nun sitzen wir bei unserem ersten gemeinsamen chinesischen Abendessen bei einem kühlen Bier und lassen den Tag langsam austrudeln.


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