„Die Wüste ist versumpft“

Sonderbilderbuch vom Extra-Ruhetag am 128. Reisetag in Sainschand, sonnig-heiß bei 30°C. Von Peter Frenzel.

Sven hatte es mit der in die Überschrift übernommenen Bemerkung kurz zusammengefasst, was wir gestern Abend bei Kilometer 107 feststellen mussten. Die Wüste war vom Regen so aufgeweicht, dass weder der kleine „Küchen“-Bus noch der größere Begleitbus von der Straße ins Gelände zur Suche nach einem geeigneten Platz für unsere Zelte abbiegen konnten. Sie versanken nach wenigen Metern im tiefen durchnässten Boden.

Unsere Reisebegleiter fanden schnell eine Ersatzlösung: Bustransfer zum Hotel, zu dem wir eigentlich erst am nächsten Tag radeln wollten. Wir gewannen damit einen freien Tag in Sainschand hinzu. Spät abends kamen wir noch alle zu unserem „Schmutzbier“ und einem leckeren Abendessen. Ich bestelle übrigens gern das Nudelgericht Tsuivan. Gibt es in allen Imbiss- und Nobelrestaurants in vielen verschiedenen und sogar in speziellen Varianten für unsere Vegetarier.

Sainschand (mongolisch Сайншанд) ist die Hauptstadt des Dorno-Gobi-Aimag, also dieser Provinz. Sie liegt in der östlichen Gobi. Der Bahnhof ist ein Haltepunkt an der Transmongolischen Eisenbahn. Hier leben und arbeiten etwa 25.000 Menschen. Sainshand ist geprägt von Wüstenklima mit langen, sehr trockenen und kalten Wintern sowie kurzen, heißen Sommertagen. Von Regen hab ich nirgendwo was gelesen …

Wir nutzen den gewonnenen Ruhetag zum Ausschlafen, Wäschewaschen. Schlauchflicken etc. pp. und sehen uns in der Stadt um. Das Highlight am Nachmittag: Besuch des Museums über das Leben von Danzanrawdschaa. Dulduityn Rawdschaa (mongolisch Дулдуйтын Равжаа; auch: Danzanrawdschaa / Данзанравжаа) war Schriftsteller und gilt als einer der Nationaldichter der Mongolen. Er starb 1856 im Alter von 53 Jahren.

Wikipedia weiß u.a. dies über ihn: „Rawdschaa wurde als Sohn eines verarmten und bettelnden Viehhüters geboren. Er verlor früh seine Mutter, so dass ihn sein Vater anfangs allein erziehen musste. Mit sechs Jahren gab er den Jungen als Novize in ein Kloster, wo er sich bald durch schnelle Auffassungsgabe und vielseitige Begabungen auszeichnete.

Als Rotmützenlama gehörte er dem älteren, unreformierten Lamaismus an, der in der Mongolei nicht sehr verbreitet war. Weniger lebensfremd als die neuere Schule des Lamaismus, war er nicht an den Zölibat gebunden. Trotz mancher Beschränkungen führte Rawdschaa ein recht weltliches Leben, was ihm nicht nur Freunde im Klerus und den Beinamen „Trinker der Gobi“ einbrachte. Als Halbwüchsiger erhielt er die hohe geistliche Würde als Wiedergeborener und den Titel eines 5. Nojon Chutagt der Gobi.

Neben einer gründlichen theologischen Ausbildung erwarb er sich ausgezeichnete Kenntnisse der indischen und tibetischen Poetik sowie der mongolischen Literatur. Der unstete Rawdschaa, kein weltfremder Geistlicher und Poet, bereiste fast die gesamte Mongolei. Er gründete und besuchte zahlreiche Klöster, um dort zu lehren. “

Die Sonne hatte in den Straßen schon fast alles, was der Regen der letzten Tage angeschwemmt und aufgestaut hatte, wieder trocken gelegt. Hoffentlich auch die Wüste an unseren nächsten Radeltagen, damit wir abends wieder unser Zeltlager aufbauen können.

Sonderbilderbuch auf:

Aus Grün wird Gelb

125.-128. Reisetag, von Ulanbaataar durch die Steppe nach Süden bis Sainshand, 145 km/120 km/107 km. Von Simon Preker.

Am Freitag den 3. August, dem 125. Reisetag, brachen wir von Ulanbaataar auf und legten die ersten 30 Kilometer auf der uns unterdessen sehr vertrauten Betonpiste zurück. Diese ist Teil der horizontalen Hauptachse Ulanbaataars und schlängelt sich nach Westen hin mit reichlich Verkehr über flache Hügel. Kurz nach Nailaikh (der/die aufmerksame Leser/in erinnert sich vielleicht) bogen wir nach Süden ab. Spuren der Besiedelung rissen ab und wir ritten über saftige Hügel gen China. Mittags kehrten wir nicht ein, sondern genossen frisch zubereiteten Bratreis unter freiem Himmel. Nach dem Mittagessen trieb uns der Wind mit atemberaubender Geschwindigkeit die Straße entlang. Kamele und Pferde zierten ab und an die Steppe zu unseren Seiten. Mühelos schossen wir über unser Ziel hinaus und campierten erst nach 145 Kilometer unter freiem Himmel, rund 500 Meter von der Straße und einen Kilometer von einer Teilstrecke der Transsibirischen Eisenbahn entfernt, die in der Mongolei logischerweise als „Transmongolische Eisenbahn“ bezeichnet wird.

Am Samstag, dem 126. Reisetag (04.08.2018), schälten wir uns aus unseren Zelten und schwangen uns nach dem Frühstück direkt in den Sattel. Wir fuhren mit (im Sinne von entlang) der Eisenbahn weiter nach Süden. Die Sonne brannte und wir vesperten im Schatten eines zwischen den zwei Fahrzeugen gespannten Sonnensegels, bevor wir nachmittags an einem ersten verwesenden Pferd vorbeikamen, welches sich olfaktorisch bei der Hitze von Weitem ankündigte. In den folgenden Stunden wie auch am folgenden Tag mehrten sich die Kadaver und die Landschaft verlor nach und nach ihr Grün. Wie ein Blick auf die topografische Landkarte der Mongolei nahelegt, dominierten stattdessen zunehmend Gelb- und Brauntöne. Wir durchfuhren die Stadt Choir, die Hauptstadt der Provinz Govisümber, wo wir uns unweit der Statue, die an den ersten mongolischen Kosmonauten erinnert, mit den Vorzügen eines Supermarktes erfrischten, bevor wir erneut 35 Kilometer mehr zurücklegten und unser Lager aufschlugen. Die Nacht war mild und warm, aber ein flatternder Wind kündigte an, was uns am Folgetag erwarten sollte.

Im starken Wind bauten wir am Morgen des 127. Reisetags (05.08.2018)die Zelte ab und strampelten gegen einen starken Gegenwind an, der sich stets unserer Fahrtrichtung anzupassen schien. Es ging nur schleppend voran und wider Erwarten regnete es. Bis zur Mittagspause hatten wir folglich nur knapp über 40 Kilometer zurückgelegt, bevor wir in einem einfachen Motel in der Nähe einer Zement- und Kiesfabrik das Mittagessen zu uns nahmen. Am frühen Nachmittag radelten wir durch den Ort Airag und rätselten, in welchem Zusammenhang dieser mit dem bereits in diesem Blog beschriebene Getränk mit dem gleichen Namen steht. Als wir uns bereits fast mit der unterdurschnittlichen Tagesleistung abfinden wollten drehte der Wind und blies uns ohne größere Mühen 40 weitere Kilometer nach Süden. Leider konnten wir jedoch in der immer feuchteren Steppe keinen passenden Zeltplatz ausfindig machen und beschlossen stattdessen „vorzuspulen“: Mit dem Begleitfahrzeug steuerten wir direkt die Stadt Sainshand an, die wir eigentlich erst am Folgetag erreichen sollten. Ein Teil der Gruppe radelte noch etwas im Wind weiter nach Süden, bevor wir uns zu einem gemeinschaftlichen Bier im Hotelrestaurant sammelten.

Der heutige 128. Reisetag (06.08.2018) wurde damit für den Großteil der Gruppe zu einem ungeplanten Ruhetag. Lediglich zwei Teilnehmer radelten trotzdem erneut in die Stadt. In Sainshand, einem nicht einmal 30000 Einwohner fassenden Provinzhauptstädtchen, trockneten in der Sonne heute riesige Pfützen von den Regenfällen des Vortags. In der heißen Sonne besichtigten wir das Danzanravjaa-Museum, welches dem mongolischen Nationaldichter gleichen Namens aus dem 19. Jahrhundert gewidmet ist.


Strecke 125. Reisetag (03.08.2018):
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Strecke 126. Reisetag (04.08.2018):
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Strecke 127. Reisetag (05.08.2018):
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