You say hello, and I say goodbye

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Jetzt sind wir schon in Bagan, der großen alten Königsstadt. Hier war vom 11. bis ins 13. Jahrhundert das erste burmesische Reich zu Hause, mit den Khmer in Angkor teilte man sich in dieser Zeit die Herrschaft auf dem gesamten südostasiatischen Festland. Jeder Burma-Reisende schlägt in Bagan auf, und zurecht. Der morgendliche oder abendliche Blick über die Weite und ihre unzähligen Pagoden ist schwer zu beschreiben. Wenn man über die Sandwege von einem Heiligtum zum nächsten hoppelt, dann schiebt irgendwann die Mittagshitze den Riegel vor.

Am Tag davor waren wir unter uns, wie meistens. Von Monywa radelten wir in Richtung Süden und man sollte es nicht für möglich halten, wie exotisch man in diesen Gegenden noch ist. In den Pausen wurden wir gründlich betrachtet. Die Landschaft ist savannenartig, viele Palmen und Agaven und viel Gestrüpp, die Straßen waren besser zu fahren als gedacht. Alle paar Kilometer, teilweise alle paar hundert Meter, haben Kinder und Jugendliche für ihre Schulen oder für die Pagoden und Klöster ihrer Umgebung Spenden eingetrieben. Gestern war der erste Ferientag. Bei uns würde man im Freibad den Mädchen nachschielen, oder mit Mama und Papa im Eiscafe Venezia sitzen, oder was auch immer, in Burma sieht das so aus: man versammelt sich an der Straße, spannt ein Banner darüber, treibt ein paar überforderte Lautsprecher auf und dann steht man rum, in der Hand die Opferschale. Natürlich ist es sehr heiß.

Man kann nicht sagen, dass auf unserer Straße viel Betrieb war, also waren wir bei der Vorüberfahrt noch spektakulärer. Man stelle sich vor 15 Minuten kein Auto, gepflegte Langeweile, plötzlich eine bizarre Gruppe Radfahrer. Dann folgt ungläubiges Staunen, dann bewegen sich die Spendensammler in Richtung Straßenmitte und lassen uns eine kleine Gasse, das Kleingeld in den Schalen hüpft auf und ab und uns wird schließlich ausgelassen zugejubelt. Dazu lauteste Musik, Techno oder burmesische Folklore, eigentlich egal weil ohnehin bis zur Unkenntlichkeit übersteuert. Lustig ist auch immer die Stimme, die sich plötzlich aus dem Off meldet und uns begleitet, auf unseren nächsten 100 Metern, also fast bis zur nächsten Opferbrigade, eigentlich dankt sie ja den Spendern mit frommen Sprüchen. Sie rattert uns auf burmesisch hinterher, oder brüllt einfach lakonisch „Hello“, zwei Sekunden später „Goodbye“, und zwar für alle aus unserer Gruppe.

Wie immer wäre so viel zu berichten, ich will mich auf ein paar Schlagzeilen beschränken: wir waren bei der Familie des Kleinen Führers in Pakkoku, das war ganz reizend und wie immer ist uns furchtbar viel Wohlwollen entgegengeschlagen. Die Burmesische Meile macht gerade einen dramatischen Verfall mit (im Süden des Landes war eine Meile – wenn sie von Maungmaung angesagt wurde – für genau 2.35 km gut, mittlerweile sind es etwa 2.1 km). Das liegt an unseren modernen Analysemethoden und an unserem kritischen Geist. Der Mond liegt in Myanmar auf dem Rücken.


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Trockenzone

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Heute war es trocken, denn wir sind in der Trockenzone. Ein Tagesausflug rein ins Nirgendwo, haben wir uns gedacht. Zunächst mussten wir aber erst über den Chindwin, den größten Zufluss des Irrawaddy. Am Hafen spielte uns die Instrumentalversion vom „Mädchen von Piräus“ entgegen, Nana Mouskouri wurde mir gesagt, aus den Tiefen des Unbewussten stiegen zurecht verdrängte Bilder auf, die Brille des Schreckens. Wir haben uns nicht einschüchtern lassen und sind stramm weiter Richtung Westen geradelt, hinein in die leblose Dürre. Zuckerpalmen und andere seltsame Gewächse. Es waren wenig Menschen unterwegs, das war nicht überraschend, wenn dann haben sie Lotionen aus Rinde oder ähnlichen lokalen Materialien verkauft. An einigen Bäumen hingen Brandschutz-Tafeln, ein beliebtes Hobby der Gegend ist es wohl, erstmal für einen ordentlichen Brand zu sorgen um dann die flüchtenden Tiere zu erjagen. Tiere? Aber ab und zu zwitscherten lustige Stimmen aus Baumkronen, Frauen, die ihren Salat von den Bäumen pflücken.

Unser Tagesziel waren die Phoewin-Höhlen, und weil wir uns nichts erhofft hatten (wieder Pagoden, wieder Buddhas) waren wir sehr überrascht! Diese Höhlen oder Nischen oder was auch immer dort 500fach in den Stein geschlagen wurde sind wirklich mal ein großer Geheimtipp. Machthaber oder Menschen mit Mitteln haben sich im Sandstein der Umgebung seit 1000 Jahren verwirklicht, sie haben Statuen und Wandgemälde in Auftrag gegeben, und dafür wollten sie Schutz oder Karma oder Ähnliches sehen. Vor allem die Gemälde sind vom Allerfeinsten und würden andernorts für großes Spektakel sorgen. Hier waren wir allein, rund um das Gelände keine Absicherungen, in den Höhlen stehen die Stauten wild durch die Gegend und Affen haben die Gegend in Beschlag genommen. Erst seit 2008 ist das Gebiet für die Allgemeinheit geöffnet, es liegt aber wahrscheinlich zu weit ab vom Schuss, um das nächste große Ding zu werden. Nettes Personal hat uns durch die Höhlen geführt, ein Mädchen namens Kaima. Sie studiert Recht im vierten Semester, jetzt in den Semesterferien steht sie mit einem Körbchen voller Affenfutter im Staub vor der Anlage und wartet.

Auf dem Weg zurück wurde die Landschaft immer surrealer, wie bei Mad Max, wenn das noch jemand kennt. Die Erde ist aufgewühlt und aufgeworfen, die Menschen suchen den Boden nach Kupfer ab. Wir haben mitten in diesem wüsten Gebiet pausiert, aber wir waren wüster! In der Bambushütte wurde ein kleiner Junge zu Lisa gebracht und seitdem schreit er. Daniela (Psychologin) äußerte Bedauern mit ihren burmesischen Kolleginnen, lange harte Arbeit läge nun vor ihnen.


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Zwei Feiertage und der GRÖSSTE Buddha

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Der heutige Tag, den wir schwer entschleunigt haben (wir sind ein bisschen rumgelaufen, ansonsten nicht viel Bewegung), wird beschrieben von Daniela. Anfangen mit dem Geburtstag unseres Kleinen Führers, möge er hochleben!

„Aungaung hat heute Geburtstag, es ist sein Dreißigster. Also wird er beschenkt, und zwar stilvoll auf dem Boot, mit dem wir von Mandalay aus nach Myinmu schippern. Kurz nach acht gehen wir an Bord, und ein wenig stellt sich schon wieder das „Memsahib und Sahib“ Gefühl ein, bei all der Fürsorge, die man uns zukommen lässt. So stehen Zwei bereit und halten uns eine dicke Bambusstange als Geländer hin, damit wir auch ja heil an Bord kommen. Dort warten schon Kaffee und Mandarinen auf uns … also passt der quietschbunte Geburtstagskuchen gut dazu, den Aungaung zusammen mit einem Manu-U Trikot (seiner bevorzugten Mannschaft ) und einem China By Bike T Shirt (zweitbevorzugte Mannschaft ) bekommt. Mit seiner gelben Blumengirlande leuchtet er am Bug des Schiffes, mit dem wir gemächlich den Irrawaddy hinunterfahren. Vorbei an Sagaing mit seinen dutzenden goldenen Pagodendächern, die aus dem Morgendunst auftauchen. Laut Jan ein bevorzugter Ort für Westler, die hier an buddhistischen Retreats teilnehmen – wozu man im ansonsten ja nicht für seine Liberalität bekannten Staat Burma sogar Meditationsvisa beantragen kann. Sollte sich die BRD mal ein Beispiel dran nehmen …

Wir dösen uns den Fluss hinab, werfen Kaffee und Mandarinen ein, schauen den kleinen Fischerhütten auf den Sandbänken zu und dem Maat, der mittels einer markierten Bambusstange die Wassertiefe auslotet und mit Fingerzeichen an den Käptn weitergibt. Mittags sind wir dann in Myinmu, um nach der inzwischen ritualisierten Gemüsebrühe zum Boddhi Tatung weiterzufahren. Nach lauter zweitgrößten liegenden, stehenden oder sonstwie positionierten Buddhas leuchtet uns nun der größte stehende Buddha schon von Ferne entgegen …umringt von tausenden sitzenden Buddhas und noch einem liegenden. Im Gewand des 150 Meter hohen stehenden Buddhas sieht man die vielen Fenster der Treppenaufgänge .. doch wir drücken uns vor dem Aufstieg, es ist schon wieder mindestens 35 Grad heiß.

Gut so, denn am Ortsrand von Monywa entdecken wir stattdessen eine kleine Prozession. Auf Pferden sitzen herausgeputzte und geschminkte Knaben, vor sich eine Opferschale, neben sich Begleiter, die Sonnenschirmchen halten. Eine Initiation kleiner Novizen findet statt. Die kleinen Prinzen in ihren opulenten Kleidern symbolisieren den Weg des Prinzen Siddharta, der den Weg vom Reichtum in die Bedürfnislosigkeit nahm. Und so werden auch die Kleinen ihre schönen Kleider gegen eine Mönchsrobe eintauschen und sich die Haare scheren lassen. Bald wird man sie in der Reihe der Mönche sehen können, die ihren morgendlichen Bettelgang antreten – angekündigt durch den hellen Gongschlag, der uns inzwischen vertraut geworden ist. Bevor nun aber jemand „och Gottchen, die Armen“ ruft – die kleinen Mönchlein wirken meist recht heiter, verspielt und keineswegs verängstigt oder unter der Knute stehend. Erst gestern haben wir drei Mini-Nonnen im Eiscafé getroffen, die gutgelaunt vor einem Erdbeershake saßen. So lässt sich Bedürfnislosigkeit doch ertragen“.

Heute darf übrigens Bernd in der Rubrik Wir Grüßen, Folge 9 ein herzliches Hallo an Raubwaldy senden. Es wird geheimnisvoll.

Entlang der Burma-Pipeline

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Ich war gerade noch mit Karin und Josef auf ein schnelles Fassbier in der Trinkhalle gegenüber, neben uns haben ein paar Tische gebannt und entzückt auf den Fernseher an der Wand geschaut: Tom und Jerry. Das war rührend! Wann war das noch, als man kaum erwarten konnte, bis Tom und Jerry kam? Hier im Land gibt es inzwischen auch Murdoch und alle hängen vor den Premier League-Spielen, aber das ist ein relativ neues Phänomen. Die Zeit, in der Tom und Jerry im großen medialen Brei untergeht, kommt erst noch.

Die letzten zwei Tage sind wir doch noch die Burmastraße entlanggefahren, der Titel unserer Reise ist zur Zeit ja etwas missverständlich. Wir mussten sie kurzfristig umstellen, ursprünglich wären wir nahezu die gesamte Burmastraße abgefahren. Doch über die Grenze zu China kommt man derzeit nicht, im Grenzgebiet gibt es Konflikte, wie man hört Streitigkeiten um geplante Staudämme. Mittelfristig soll der Grenzübertritt wieder möglich sein, vorausgesetzt man reist am gleichen Grenzort auch wieder aus. Also erstmal schlechte Vorzeichen für den eigentlichen Reiseverlauf, was sehr schade ist, aber in unserem Fall wurde das bisher sehr gut kompensiert…

Die Burmastraße ist schon besonders, ihre Geschichte ist hochinteressant. Eine ewig umkämpfte Route der Japaner, Briten und Chinesen während des zweiten Weltkriegs, wichtig aber bereits viel früher: die südliche Seidenstraße fand hier ihren Weg von Südwestchina nach Indien und schließlich nach Europa. Mit der Wirtschaftsmacht Chinas gewinnt auch die Burmastraße nun, wie die Seidenstraßen im Norden, immer mehr an Wichtigkeit, der Verkehr rollt bislang vor allem in Richtung Westen, chinesische Waren. Für die andere Richtung ist gerade ein enormes Projekt im Bau: eine Erdgas-Pipeline, die China mit Erdgas aus dem Golf von Bengalen versorgen soll, mächtigen Rohre zieren den Straßenrand, Schneisen werden geschlagen.

Aber zu uns: lange Strecken haben wir hinter uns gebracht, vor allem gestern, da ging es schwer auf und ab. Über die Gokteik-Schlucht durften wir diesmal gemeinerweise nicht auf dem Viadukt rollen, das hieß rein in die Schlucht und wieder raus aus der Schlucht, im Gegensatz zum Bergfahren ist das psychologisch ungeschickt. Aber Top Leistungen, alle sind super gefahren, Josef schnurrte die meiste Zeit vorneweg wie ein gut geöltes Metronom. Es muss an seinem Brooks-Sattel liegen, der scheint ein natürlicher Fortsatz seines Körpers zu sein. Die Landschaften waren schön, einige Flächen davon allerdings abgeholzt und brandgerodet, jetzt wächst dort vor allem die Purgiernuss. Von der letzten Regierung wurde deren Anbau der hässlichen Purgiernuss flächendeckend verordnet, man soll daraus Biodiesel gewinnen, leider ist davon bis heute nichts in Produktion und jetzt wachsen überall diese Sträucher. Die Leute hier sind sich inzwischen sicher, dass das mal wieder eine dieser verrückten Direktiven war, die dem Aberglauben der Machthaber geschuldet sind.

Die Sache mit dem Aberglauben in Burma ist bizarr und hat schon die krassesten Folgen gehabt. Besonders bekannt dafür war der berüchtigte Machthaber Ne Win, der von den 60ern an für 25 Jahre die Fäden des Landes in der Hand hielt. Ne Win träumte 1970 davon, auf der linken Straßenseite ums Leben zu kommen, und schon wurde der Straßenverkehr auf Rechtsverkehr umgestellt – noch heute hat der Großteil der Fahrzeuge das Lenkrad auf der rechten Seite, ziemlich verwirrend. Ne Wins Glückszahl war die Neun, weshalb er 1987 nahezu alle gültigen Banknoten entwerten und durch solche ersetzen ließ, die durch 9 teilbar sind, 45 Kyat-Scheine, 90 Kyat-Scheine, vier Fünftel aller Ersparnisse gingen dadurch verloren.

Ich mach jetzt mal Schluss, es war ein langer Tag, die Erdbeerstadt Pynoolwin, die lange Abfahrt hinunter in de heiße Ebene, Marionetten-Theater in Mandalay. Die Sache mit dem Grüßen schleift gerade etwas, ich vergesse es ehrlichgesagt auch einzufordern, das muss besser werden. Seid gegrüßt!


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Unser Leben als Shan-Prinzessinnen

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Morgens frieren unsere Guides wie die Schneider, es hat zu dieser Zeit vielleicht gerade mal 15 Grad hier oben und deshalb laufen viele Menschen mit Pudelmützen und gefütterten Jacken durch die Gegend. Maungmaung kommt aus Yangon, Aungaung aus der Nähe von Bagan, also beide aus der brütend heißen Tiefebene, soviel zum Thema „Gefühlte Temperatur“. Für uns ist das Klima sehr angenehm, kein Wunder, dass die Ortschaften entlang der alten Burmastraße beliebte Rückzugsgebiete der Briten waren. Man konnte hier elegant den Tropenkrankheiten entgehen und musste nicht ab 9 Uhr morgens mit Gin gegen die Malaria antrinken.

Unser Tag war wie Urlaub, was ist denn jetzt los?! Ab dem späten Morgen ein entspannter Halbtages-Ausflug, ab dem Nachmittag döst jeder vor sich hin. Zunächst mit den schönen Dothawaddy flussauf gefahren, Bambusflößer schwammen an uns vorbei, früher hat man hier Teak den Fluss runter treiben lassen. Die meisten Dörfer am Ufer haben keine Straßenanbindung und sind nur auf dem Fluss oder, die Metropolen, mit der Mandalay-Lashio-Bahn zu erreichen, die dann einmal am Tag kurz hält. Heute ist der Zug ausgefallen, das passiert wohl öfters und das heißt auch, dass wir ziemlich Glück hatten gestern.

Die Wanderung zu einem alten Waldkloster, durch Bambushaine und an Ananas-Plantagen vorbei, hat Spaß gemacht. Die Belegschaft des Klosters war jung und fidel, als wir kamen, war sie dabei, sich einen Bollywood-Streifen mit Sharuk Khan anzuschauen. Ein lustiger Anblick: tanzende und singende, ihre Hüften schwingende Frauen, davor eine Gruppe von Novizen mit offenen Mündern. Ihnen scheint es gut zu gehen dort im Wald, sie tollen herum und laufen auf Stelzen durch die Gegend, uns haben sie mit Tee und Obst bewirtet. Das ergibt logischerweise schon wieder Mönchsfotos, aber das lässt sich ja ohnehin kaum umgehen in Burma. Ständig laufen rote Roben oder, noch schöner, die leuchtend rosafarbenden Gewänder der Nonnen durchs Bild.

Geführt durch dieses Gebiet der Shan wurden wir übrigens von einem Palaung und von Yoyo, einem Bamar. Dieser hat mich schon das letzte Mal auf dem kleinen Ausflug begleitet, ein Schlitzohr. Damals feuerte er Anspielungen auf das Regime ab, heute hat er vor allem gegen die Chinesen gewettert: die blaublütigen Blumen auf den Wiesen nennt man hier in der Gegend „Chinesische Gänseblümchen“, weil sie alles überwuchern. Die jungen Teakbäume am Rand stehen hilflos da und warten auf die Chinesen, usw. China leigt hier gleich um die Ecke, in ganz Burma ist es allgegenwärtig. Yoyo hat uns später eine kurzweilige und unaufdringliche Führung durch ein kleines Shan-Dorf gegeben, die Brandschutzmaßnahmen dort waren interessant (ein paar mit Wasser gefüllte Plastikbeutel vor den Hütten) und auch, wie die Leute hier so ihr Geld verdienen. Z.B. indem sie mit Handarbeit Viehfutter für den Markt in Lashio – also wieder für die Chinesen – herstellen.

Man bezeichnet uns Ausländer in Burma übrigens gerne als Byebyes, warum wohl, ein etymologisches Wörterbuch wäre jetzt hilfreich. In China sind wir Laowais, in Thailand Farang, in Laos Falang, in Burma also die Byebyes. Wir selber wären lieber Shan-Prinzessinnen, aber ok, man nimmt was man kriegt. Eine Österreicherin hat vor einigen Jahrzehnten im Ort Hsibaw gewohnt, sie war mit dem lokalen Saobwa verheiratet (dem Shan-Fürsten der Gegend). Danach hat sie ein Buch geschrieben, welches nett zu lesen sein muss. Wir haben uns an ihre ehemalige Residenz gepirscht und Fotos gemacht, die wir aber nicht an dieser Stelle veröffentlichen sondern an die Neue Revue verkaufen werden.

Meine Gruppe scheint noch Siesta zu machen und ich finde keinen Grüßwilligen. Also Folge 9 der Rubrik Wir Grüßen wieder von mir, an Xiuxiu, sie soll nicht zu viel arbeiten!

Sweetwater

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Heute unser drittes Abenteuer „Bahnfahren in Burma“. Die Hürden werden höher gestellt, es soll ja nicht langweilig werden: sind wir diesmal mitten in der Nacht losgefahren, unser Bustransfer zum Bahnhof ist nicht aufgetaucht, und schließlich Sodom und Gomorra im Zugabteil. Die Strecke selber war Kinderfasching, wir sind ja mittlerweile so belastbar, 12 Stunden sitzen wir auf einer Pobacke ab.

Also, morgens um 3 standen wir ausgeruht in der Lobby und waren voller Tatendrang, das kann man sich sicher gut vorstellen. Der Busfahrer zum Bahnhof hat verschlafen, zum Glück konnte Maungmaung auf den vereinsamten Straßen um das Hotel herum ein Sammeltaxi aufgetreiben (die Stadt ist nachts ohne Strom, nur vereinzelt durch Generatoren, alles ist dann zappenduster und still). Und bald saßen wir – 10 Leute, unser komplettes Gepäck auf dem Dach – in einer kleinen Rumpelkiste auf dem Weg zum Bahnhof. Das Taxi hat mit Ach und Krach durchgehalten, wir haben rechtzeitig den Zug erwischt.

Dann wieder Bahnfahrt, die alte Diesellok musste erst von der Tiefebene auf das Shan-Plateau hochkeuchen, bis man endlich im ersten großen Ort Pynoolwin angekommen war, waren bereits 5 Stunden vergangen ( 80km entfernt). Die Höhe war stolz auf das Bahnhofsschild von Pynoolwin notiert, 3098 feet, und die Luft war hier schon viel frischer. Nach dem tropischen Süden und der trockenen, weiten Tiefebene wurde die Landschaft herber und hügelig, sehr schön. Das Gokteik-Viadukt durfte unser Zug zwei Stunden später überqueren, etwas ängstlich und im Schritttempo. Als die Briten es vor über hundert Jahren gebaut haben, galt es als ein Wunderwerk des Brückenbaus. Mittlerweile ist es angejahrt und die Gegend darum soll noch dazu vermint sein, auch die Shan, die hier die Mehrheit stellen, hatten ihre Kämpfe mit dem staatlichen Militär auszufechten und das Viadukt war dabei strategisch von großer Bedeutung.

Schön auch die Bahnhöfe, viele gab es ja nicht. In einem Nest am Ende der Welt (vielleicht ist „Nest“ schon zu viel gesagt, ich glaube es war tatsächlich nur eine Hütte, das Bahnhofshäuschen), standen wir eine dreiviertel Stunde. Wir haben auf den Gegenzug gewartet und uns in einem Sergio Leone-Film gewähnt. Träges Dasein, zäher Fluss der Zeit, herrlich. Ein paar Händlerinnen sind die Gleis auf und ab geschlendert, ansonsten haben sie sich in den Schatten gedrückt und Kürbiskerne geknackt. Mittags um vier sind wir schließlich angekommen im netten kleinen Städtchen Hsibaw, nach bewältigten 200km, das macht stolz!

Und am interessantesten war es ja ohnehin im Abteil selbst, vor allem das Zugpersonal konnte überzeugen. Man konnte prima Betel mit ihnen tauschen und wurde dafür im Gegenzug stets mit einem gutmütigen Blubbern beschenkt. Ansonsten haben sie es mit ihrer Aufsichtspflicht nicht so genau genommen, für Stationen wie der Gokteik-Schlucht herrscht ja eigentlich Fotografier-Verbot. Bier und Gold Royal Whiskey machte unter der Belegschaft die Runde, es wurde laut geschnarcht, es wurde sich sogar liebgehabt (unser Wagonchef hatte sein Mädchen dabei. Was unter den Longyis vor sich ging, gab kaum Raum für Spekulationen, zumindest laut den beschämten Aussagen von Daniela und Karin).

Die Zugfahrten sind jetzt erstmal rum und damit hoffentlich auch das Thema „Ich denke oft an Piroschka“ (BRD 1955, mit Lilo Pulver, Gustav Knuth und Gunnar Möller). In diesem Sinne: Folge 8 unserer Rubrik Wir Grüßen: Karin grüßt Petra, Kyra Kyralina ist auch da!

Wer wickelt Bernd?

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Um unsere Kleiderwahl dem Land angemessener als bisher zu gestalten, haben wir heute morgen eine Weberei in Amarapura besucht. Amarapura ist eine Hauptstadt der letzten Dynastie, etwa 15km südlich von Mandalay. Die Kongbaung-Könige hatten keine feste Thronfolge, ständig haben sich potentielle Anwärter belauert und abgeschlachtet, um einen Neubeginn zu starten hat man dann jeweils den Palast abgebaut und an neuer Stelle wieder aufgebaut, die anderen Bauten verwitterten dann vor sich hin. Amarapura war die zweitletzte dieser Hauptstädte, die letzte war Mandalay.

Das bekanntest Fotomotiv Burmas gibt es in Amarapura zu fotografieren, die märchenhaft schöne U Bein-Brücke, die längste Holzbrücke der Welt. Wir haben das in der Morgendämmerung getan, was für eine Stimmung! Noch keine Reisebusse, dafür Berufsverkehr, auf Rädern und zu Fuß, und natürlich Mönche auf dem Weg zum Almosengang. Die Brücke haben wir abgeschlendert und sind dann mit dem Boot zurück, und dann flugs in eine der Webereien. Amarapura ist nämlich auch bekannt für seine traditionellen, handgefertigten Textilien.

Das traditionellste aller burmesischen Kleidungsstücke, nämlich den Longyi, hat sich dann doch nur Bernd zu kaufen getraut, seitdem legt er ihn nicht mehr ab. Das ist mal konsequent! Der Longyi ist Wickelrock sowohl für Frauen als auch für Männer, es gibt ihn in verschiedensten Mustern und Stoffen, er dient als langes oder hochgewickelt auch als kurzes Beinkleid, als Handtuch oder Sichtschutz, die Möglichkeiten sind wirklich unerschöpflich. Es gehört aber auch eine gewisse Technik zum Longyi, und da die erst gelernt sein will, muss Bernd nun ab und zu von unseren Führern gewickelt und verknotet werden.

Mandalay und Umgebung ist das Zentrum des burmesischen Kunsthandwerks. Neben den Webereien von Amarapura haben wir nur für die Steinmetze und Goldschläger Zeit gehabt, vor allem die Goldschläger sind einzigartig. All die Goldplättchen, die landesweit auf Buddha-Statuen gedrückt werden, ehrfürchtig und wunscherfüllt, kommen aus einem kleinen Bezirk von Mandalay. In hochkonzentrierter Knochenarbeit wird auf dem Gold so lange herumgeschlagen bis es platter ist als ein Strich auf Papier.

Und die Großen Drei haben wir mittlerweile ebenfalls abgehakt: neben der Shwedagon Pagode und dem Golden Rock waren wir nun auch der bei der Mahamuni Statue, die von besagten Goldplättchen inzwischen völlig unförmig geworden ist. Natürlich haben auch wir nachgeholfen, jedenfalls die Männer unter uns. Frauen dürfen sich der Statue nicht nähern, kapiere das wer will, in Sichtweite vom Buddha sitzen die Burmesinnen in andächtiger Meditation, während wir Touristen uns um die Statue knipsen. Immerhin männlich. Wie dem auch sei, wir könnten uns entspannt zurücklehnen. Was wir natürlich nicht tun werden. Höchstens mal ein Mittagsschläfchen dann und wann.

Nur Alfred war leider die meiste Zeit unpässlich heute und hat seine Zeit lieber auf dem Klo verbracht. Lisa hat ihm Gesellschaft geleistet, bestimmt nicht auf dem Klo, aber wahrscheinlich besorgt davor. Und ab und zu hat sie besorgt „Alfred?“ geflüstert. Er hätte aber auch nicht so gedankenlos sein und das gelbe Bändchen einfach abmachen müssen, welches uns ein Mönch vor ein paar Tagen um das Handgelenk gebunden hat. Armer Alfred. Er grüßt in der Rubrik Wir Grüßen Folge 7 aber herzlich seinen Personalchef Brian.

Schollen gucken

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Mandalay, „where the old flotilla lay“ usw. usf., immer wird das Kipling-Gedicht im Zusammenhang mit Mandalay zitiert, noch immer muss das arme Mandalay alte Kolonialphantasien bedienen. Dabei war Kipling nicht mal in der Stadt der letzten burmesischen Könige, ich glaube er war überhaupt insgesamt nur drei Tage in Burma oder so. Da sind wir ja schon länger hier, vielleicht sollten wir anfangen, Gedichte zu schreiben. Einen guten Einblick haben wir heute wieder bekommen, und zwar nicht geschenkt. Im Vergleich zur letzten Bahnfahrt war das heute Magnetschwebebahn, damit es nicht zu einfach wird haben wir einfach die Länge ausgedehnt, 15 Stunden sind wir im Zug gesessen.

Von Niederburma nach Oberburma, längs durch die Tiefebene, wie die Briten damals. Dabei haben wir auch einige Teakwälder und Sägewerke vorbeifahren sehen, das Holz hat das Empire im 19. Jahrhundert besonders gereizt, aber der wichtigste Grund für die Eroberung dieser Gegenden war wohl der Zugang nach China, durch die Hintertür. Ein ständiger Wettlauf mit Frankreich, welches das gleiche Ziel über Vietnam zu erreichen versuchte. Jetzt hat sich alles umgekehrt, China kommt massiv nach Burma und zeigt vor allem in Mandalay Präsenz. Es geht um Edelsteine, Jade und Heroin, und auf staatlicher Ebene um Erdöl und Erdgas. Der chinesische Einfluss ist wohl auch einer der Hauptgründe der vorsichtigen Öffnung des Landes, selbst die Generäle empfinden die Abhängigkeit als zu einseitig und zu erdrückend.

Der Titel des heutigen Blogs kommt von Karin, es ging über plattestes Land, das dürfte ihr als Hamburgerin natürlich besonders gefallen haben. Gegen Mittag hat sich dann rechterhand das Shan-Plateau erhoben, da werden wir irgendwann hochmüssen, ob Karin will oder nicht. Es war vor allem eine kontemplative Sache, diese Zugfahrt, entspanntes Geratter und weite Blicke. Das Warenangebot im Zug war gut, wenn auch etwas redundant, ein Mädchen dürfte mit ihren Maiskolben auf dem Kopf fünf Stunden hin-und hergelaufen sein, was für ein Job. Auch Klamotten und Körperlotionen wurden verkauft, also alles, was das Herz begehrt.

Surreal war vor allem die neue Hauptstadt des Landes anzuschauen, nebst 8-spuriger, komplett verlassener Zufahrtstraße. Die Juntaregierung ist 2005 in diese „Stadt der Könige“ (Nay Pyi Taw) umgezogen, seit 2000 wurde daran heimlich gebaut, niemand weiß genau warum. Die Botschaften weigern sich jedenfalls bisher, aus Yangon wegzuziehen, jetzt sitzen 35 000 Menschen in einer Kunstwelt, die einem Reiseführer zufolge die fünffache Fläche von Berlin haben soll.

Viel Zeit heute, auch Mutti hat sich ihre Gedanken gemacht, tapfer war sie wie alle anderen auch!

„Inzwischen sind wir zu alten Hasen im Zugwesen mutiert. wir reisen upper class und das will was heißen: Nicht auf ordinären Holzbänken sondern in Salonsesseln versuchen wir uns zu räkeln, wenn wir auch hin und wieder zum Schunkeln oder Hüpfen gezwungen werden, folgen den schnellen Gangüberquerungen der niedlichen, huschenden Mäuslein, genießen den Charme eines total abgewohnten Zugabteils mit Ventilatorenatrappen an der Decke. Doch der Zugwind durchs offene Fenster ( Scheiben zeigen sich uns nicht, nur schwer gangbare Rolläden) hält unsere Hitzewallungen in Grenzen, auch wenn die Mittagshitze über der Landschaft wabert. Immerhin befinden wir uns im Expresszug von Myanmar mit sage und schreibe fast 55 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit. Und das bedeutet eben gucken, staunen, fotoshooting, essen, trinken, schlafen, lesen von 8 Uhr morgens bis 22 Uhr abends : taram taram taram taram – unser Mantra.
Immer wieder babylonisches lautes Stimmengewirr an den kleinen Durchgangsbahnhöfen, auf denen Familien ihre Siesta abzuhalten scheinen, friedlich auf den Gleisen ihr Vesper verzehren, Unmengen von Körben, Säcken, Tüten… warten. Sobald der Zug einfährt, stürmt es von allen Seiten in und an den Zug, Sprachgewirr, Babylon eben und jeder will uns und allen anderen Reisenden was Gutes tun.“

Zum Abschluss Folge 6 unserer Rubrik Wir Grüßen: Bernd grüßt alle die sich heute den Arsch abfrieren in Deutschland. Bitte nicht böse sein, denn das ist Bernds Humor, und uns ist hier fast ZU heiß.

Dealer

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

SO wird Bago nie das neue Paris werden, immerhin wird es wie die französische Modemetropole auf der letzten Silbe betont. Die Boutiquen der Stadt richten ihre Aufmerksamkeit eher in Richtung China. Ich würde nie behaupten, dass Daniela und Karin ihre neuen Blusen nicht sehr gut stünden, aber revolutionieren werden sie unsere Modewelt damit nicht (und die Ankündigung am Ortsschild vom „plastic-made free bago“ sind damit auch nicht gerade wahr geworden). Immerhin sind sie um die Hakenkreuz-Symbole rumgekommen, das ist nicht selbstverständlich, die Jugend trägt das Emblem sehr selbstbewusst. Auch das Wort „Nazi“ wird gerne in der Mode verarbeitet, auf welche Weise auch immer, also wirklich das Nazi-Hakenkreuz und nicht die buddhistische Swastika. Wie man hört war das früher ein Protestsymbol, wie auch die Wehrmachts- helme, die hier gerne von Motorradfahrern getragen werden, aber losgelöst von seiner Geschichte. Vielleicht wie bei uns Che oder Mao oder Ähnliches, das kaum hinterfragt wird.

Während die Damen in der Boutique waren, habe ich nebenan bei einem feinen Elektrofachhändler einen Wasserkocher gekauft, das Gerät stand wohl schon eine Weile und musste erst getestet werden. Dazu musste der Chef erst sein Licht ausstecken, mehr Steckdosen waren nicht vorhanden, wir standen also im Dunkeln rum , bis ein kollektives Raunen durch die Bude ging, das rote Lämpchen am Kocher war angegangen. Leider hatten wir nur wenig Zeit für Bago, natürlich wären auch hier Unmengen von Pagoden und alten Gebäuden zu besichtigen gewesen, auch diese Stadt hat eine große Historie. Doch obwohl wir die Radetappe kurzentschlossen abgekürzt hatten, kamen wir ziemlich spät und erschöpft an, es war ein heißer Tag und der Wind kam vor allem von vorne.

Apropos Mode, Daniela hat sich dazu noch folgende Gedanken gemacht:

„Flip Flops. Was bei uns ein teuer verkauftes Modeaccsessoire, ist in Burma die billigste Möglichkeit, eine Nation in Bewegung zu halten. Für ein paar Cent kann man sie überall erwerben. Selbst die Träger, die faule oder fußlahme Touristen den heiligen Berg Kyaikto hinauf und hinunter tragen, tun dies in Flip Flops und geben so den Geräuschbackground auch für unseren Wanderung ab: vier Mann im Takt, schlap schlap, schlapp, schlapp. Die hageren Gestalten rudern gegenläufig mit den Armen, damit die dicke Thailänderin nicht in einer der Souvenirbuden ladet anstatt wohlbehalten auf dem Berg, um sich den Golden Rock anzugucken.“

Lisa hat diese Schlepperei am Golden Rock übrigens an den Abtransport von Versehrten im 30jährigen Krieg erinnert, ein schöner Vergleich.

Mein Dealer ist fort und ich mache mir Sorgen. Das war unser Fahrer für Südburma, uns verband ein stilles Verständnis und eine Unterhaltung, die sich auf grunzende Laute beschränkt hat (wie es halt so ist, wenn man den Mund voller Betel hat). Bei uns hat sich dieser wundervolle Zeitvertreib ja leider noch nicht durchgesetzt, deshalb hier nochmal kurz erklärt: Die Betelnuss kommt von der Areka-Palme, sie wird zerkleinert und in mit Kalk bestrichene Blätter gewickelt, Zusätze sind z.B. Anis, Nelke oder Kautabak. Bei den zahllosen Ständen bestellt man mit kurzen prägnanten Kürzeln, „91“, „62“, dann wissen die, welche Mischung gemeint ist. Das Zeug wirkt erfrischend, man speichelt wie ein überhitzter Hund. Mein Dealer wusste natürlich genau, was ich wollte, bei voller Fahrt kam er mit seinem Transporter vorbei und reichte ein Portion rüber. Und die Pakete, die er mir am Anfang des Tages zugesteckt hat, wurden auch immer größer.

Fotos für Partnerschaftsgesuche sollte ich nächster Zeit nicht machen. Der Friseur in Thaton hat mir einen richtig dämlichen Haarschnitt verpasst und das rote Betelzeug setzt sich bereits an meinen Zähnen fest. Folge 5 unserer Rubrik Wir Grüßen kommt daher heute von mir und richtet sich dem Anlass entsprechend an Karmen, in ihrer Funktion als Zahnärztin, mit Bitte um einen Termin für professionelle Zahnreinigung, in der zweiten Märzwoche.


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Meritenbeladen

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Auch heute wieder ein wunderbarer Tag, wie immer wunderbare Motive: pastorale Idylle im Wechsel mit schönem Urwald, der Kautschuk hat sich noch nicht so durchgesetzt, kommt aber leider auch immer mehr. Lustige vorsintflutliche Fahrzeuge, buddhistische Mönche und Nonnen als fester Bestandteil der Alltagskultur, sehr schöne Menschen, das muss man zugeben. Fein anzuschauen. Und angenehm! Unglaublich freundlich, aber eher zurückhaltend, die Kinder machen einen auch nicht so fertig wie die in Laos und Kambodscha, mit denen man ständig um die Wette jubelt.

So etwas klingt immer ein bisschen nach schlechter Ethnographie aus dem 19. Jahrhundert, aber wenn es doch stimmt…wenig Zivilisations- krankheiten, die Leute gehen aufrecht und grazil über ihre Staubstraßen, Frauen balancieren scheinbar mühelos riesige Körbe auf ihren Köpfen. Nur Maungmaung fällt ein wenig aus der Rolle, der radelt vor uns her als geht es um sein Leben, auf niedrigster Frequenz, die Knie ausgestellt, mit schwankendem Oberkörper. Ich glaube so richtig gewohnt ist er es nicht, eine Horde hechelnder Ausländer im Nacken zu spüren, der Arme.

Aber eigentlich sind wir auch elegant dahingeglitten. Am Straßenrand gab es Geflochtenes vom Bambus, Stühle, Liegen, Matten, Körbe. Dazu alles, was die Kokos-und Zuckerpalmen am Weg so hergeben. So richtig geschockt hat mich eigentlich nur der Junge im VfL Wolfsburg T-Shirt, man kann es auch übertreiben. Fußball ist auch hier ganz groß, gerade läuft hier Seria A in der Lobby, die Leute schauen sich alles an und zocken dazu wie verrückt.

80km sind wir gefahren, dann in einen rustikalen LKW verladen und halsbrecherisch den Berg Kyaikto hochgebrettert worden. Die letzten Kilometer zum Goldenen Felsen mussten wir noch steil bergan wandern, andere Touristen haben lokale Dienstleister unterstützt und sich in Sänften hochtragen lassen. Und jetzt sind wir an einem der großen Pilgerziele des Landes gelandet. Nach der Shwedagon-Pagode und all den anderen Pagoden auf dem Weg lassen sich unsere Meriten schon jetzt kaum mehr in Worte fassen. Den Rest unseres Lebens werden wir so richtig die Sau rauslassen können, da kann gar nichts mehr schiefgehen!

Folge 4 unserer Rubrik Wir Grüßen: Doris grüßt Jochen, Mutti grüßt, wer hätte das gedacht, Vati. Natürlich vermisst sie ihn sehr. Meine Familie beherrscht diesen Blog nach Belieben!


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