Entlang der Burma-Pipeline

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Ich war gerade noch mit Karin und Josef auf ein schnelles Fassbier in der Trinkhalle gegenüber, neben uns haben ein paar Tische gebannt und entzückt auf den Fernseher an der Wand geschaut: Tom und Jerry. Das war rührend! Wann war das noch, als man kaum erwarten konnte, bis Tom und Jerry kam? Hier im Land gibt es inzwischen auch Murdoch und alle hängen vor den Premier League-Spielen, aber das ist ein relativ neues Phänomen. Die Zeit, in der Tom und Jerry im großen medialen Brei untergeht, kommt erst noch.

Die letzten zwei Tage sind wir doch noch die Burmastraße entlanggefahren, der Titel unserer Reise ist zur Zeit ja etwas missverständlich. Wir mussten sie kurzfristig umstellen, ursprünglich wären wir nahezu die gesamte Burmastraße abgefahren. Doch über die Grenze zu China kommt man derzeit nicht, im Grenzgebiet gibt es Konflikte, wie man hört Streitigkeiten um geplante Staudämme. Mittelfristig soll der Grenzübertritt wieder möglich sein, vorausgesetzt man reist am gleichen Grenzort auch wieder aus. Also erstmal schlechte Vorzeichen für den eigentlichen Reiseverlauf, was sehr schade ist, aber in unserem Fall wurde das bisher sehr gut kompensiert…

Die Burmastraße ist schon besonders, ihre Geschichte ist hochinteressant. Eine ewig umkämpfte Route der Japaner, Briten und Chinesen während des zweiten Weltkriegs, wichtig aber bereits viel früher: die südliche Seidenstraße fand hier ihren Weg von Südwestchina nach Indien und schließlich nach Europa. Mit der Wirtschaftsmacht Chinas gewinnt auch die Burmastraße nun, wie die Seidenstraßen im Norden, immer mehr an Wichtigkeit, der Verkehr rollt bislang vor allem in Richtung Westen, chinesische Waren. Für die andere Richtung ist gerade ein enormes Projekt im Bau: eine Erdgas-Pipeline, die China mit Erdgas aus dem Golf von Bengalen versorgen soll, mächtigen Rohre zieren den Straßenrand, Schneisen werden geschlagen.

Aber zu uns: lange Strecken haben wir hinter uns gebracht, vor allem gestern, da ging es schwer auf und ab. Über die Gokteik-Schlucht durften wir diesmal gemeinerweise nicht auf dem Viadukt rollen, das hieß rein in die Schlucht und wieder raus aus der Schlucht, im Gegensatz zum Bergfahren ist das psychologisch ungeschickt. Aber Top Leistungen, alle sind super gefahren, Josef schnurrte die meiste Zeit vorneweg wie ein gut geöltes Metronom. Es muss an seinem Brooks-Sattel liegen, der scheint ein natürlicher Fortsatz seines Körpers zu sein. Die Landschaften waren schön, einige Flächen davon allerdings abgeholzt und brandgerodet, jetzt wächst dort vor allem die Purgiernuss. Von der letzten Regierung wurde deren Anbau der hässlichen Purgiernuss flächendeckend verordnet, man soll daraus Biodiesel gewinnen, leider ist davon bis heute nichts in Produktion und jetzt wachsen überall diese Sträucher. Die Leute hier sind sich inzwischen sicher, dass das mal wieder eine dieser verrückten Direktiven war, die dem Aberglauben der Machthaber geschuldet sind.

Die Sache mit dem Aberglauben in Burma ist bizarr und hat schon die krassesten Folgen gehabt. Besonders bekannt dafür war der berüchtigte Machthaber Ne Win, der von den 60ern an für 25 Jahre die Fäden des Landes in der Hand hielt. Ne Win träumte 1970 davon, auf der linken Straßenseite ums Leben zu kommen, und schon wurde der Straßenverkehr auf Rechtsverkehr umgestellt – noch heute hat der Großteil der Fahrzeuge das Lenkrad auf der rechten Seite, ziemlich verwirrend. Ne Wins Glückszahl war die Neun, weshalb er 1987 nahezu alle gültigen Banknoten entwerten und durch solche ersetzen ließ, die durch 9 teilbar sind, 45 Kyat-Scheine, 90 Kyat-Scheine, vier Fünftel aller Ersparnisse gingen dadurch verloren.

Ich mach jetzt mal Schluss, es war ein langer Tag, die Erdbeerstadt Pynoolwin, die lange Abfahrt hinunter in de heiße Ebene, Marionetten-Theater in Mandalay. Die Sache mit dem Grüßen schleift gerade etwas, ich vergesse es ehrlichgesagt auch einzufordern, das muss besser werden. Seid gegrüßt!


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4 Kommentare:

  1. Katrin grüßt Lisa & Alfred.
    In der Heimat ist inzwischen Frühling, am WE wird die Radsaison eröffnet, sie können sich also auf daheim freuen… 🙂
    Allen noch viel Spaß…

  2. Ursel und Uwe gruessen Elisabeth und Alfred auf diesem Wege, da sie ihr Facebook nicht pflegen. Wie Katrin schon berichtete, wird es hier waermer. Ihr duerft bald zurueckkommen. In der Zwischenzeit fahren wir Board, Davos Schnee hat. Wir haben schon gelesen, dass Alfred einiges durchgemacht hat. Fruehlingsgruesse, U&U

  3. Elisabeth und Alfred!

    Die Skisachen sind gepackt und im Auto. 10 Teilnehmer kommen aus Waldbronn. 5 davon sind Boarder! Auf den Schneepisten werden wir an euere staubigen Pisten denken.

    Cheers!

  4. Hi Doris,
    Hochachtung vor dieser Leistung. Endlich ist auch bei uns der Frühling ein bisschen eingezogen. Morgen geht´s jedoch nochmal zum Skilaufen und in einer Woche haben wir uns dann viel zu erzählen. Pass auf dich aus!
    W.I.R.

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