Die kleine Schwester von Winnetou meldet sich zu Wort

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Manchuan, 93 km

Den gestrigen Tag haben wir nach dem Essen mit einer wohltuenden Massage ausklingen lassen. Und heute verspricht ein langer Tag zu werden. 93 km stehen an und es soll heiß werden. Gewisse Wetter-apps, die hier zu Rate gezogen werden, sprechen von Hitzegewittern an unserem Zielort. Eine landschaftlich schöne Strecke soll es sein. Die Gruppe ist langsam skeptisch. Ich spreche von lieblichen Tälern und was bekommen sie? Staubige Baustellen und weggebrochene Straßen neben aufgeständerten Autobahnen. Wie soll man mir da noch vertrauen?

Aber erstmal Frühstück. In unserem Hotel muss letzten Abend irgendeine Feierlichkeit stattgefunden haben, der das Personal nicht wirklich gewachsen war. Als Mark gegen Sieben Uhr morgens den Speisesaal betritt, herrscht noch absolutes Chaos, zwanzig Minuten später sind die Auswirkungen der letzten Nacht zwar noch zu spüren, aber es steht schon Essbares auf dem Frühstücksbuffet. Eckart probiert den halb zusammengebrochenen Laufsteg aus, wir versuchen nicht am Fussboden kleben zu bleiben.

Nicht lange darauf brechen wir auf. In der kühlen Morgenluft kommen wir gut voran und wir genießen die leicht abschüssige Strecke. Und endlich! Wir radeln durch eine wunderschöne Flusslandschaft. Das sanft durch sein Kiesbett mäandernde Gewässer wird uns fast die ganze Strecke über begleiten. Kaum Verkehr, ab und an eine Siedlung, Vogelgezwitscher. Alle sind selig und es geht schnell voran. Die ersten 10 km baustellenfreie Strecke wird gefeiert. Ich habe meine eierndes Hinterrat, was mich die letzten Tage so genervt und mir den Ruf einer Prinzessin auf der Erbse eingebracht hat, völlig vergessen und Eckart offenbar den Kaffee, auf dessen Suche er immer ist. Bei einer Foto-Ananas-Bananen-Pause treffen wir auf einen alten Bauern, der uns Zuckerschoten schenkt und uns über die Preise des hiesigen Obstes und Gemüses aufklärt. Und das Glück hält an. Schöne Landschaft, keine Baustellen, gute Straße. Es wird langsam heiß. Nach gut zwei Dritteln der Strecke belohnen wir uns mit einer Portion kalter Nudeln (wirklich lecker) und begeben uns auf die Suche nach einem Plätzchen, an dem die Herren ein Mittagsschläfchen halten können. Das ist alsbald gefunden. Ein schattiges Plätzchen am Fluss lädt zum Verweilen ein.

Als wir wieder aufbrechen ist es bereits drei Uhr und der Pass liegt noch vor uns. Außerdem ist es in der Zwischenzeit so richtig heiß geworden. Deswegen setzen wir uns erstmal ins Auto und machen einen kurzen Abstecher zu einer nahegelegenen Tropfsteinhöhle. Da angekommen müssen wir allerdings feststellen, dass man, um zu der Höhle zu gelangen, erst noch einen Berg erglimmen muss. Da kehren wir lieber wieder um zu unseren Rädern und machen uns in der brütenden Hitze, wie geplant, an den Anstieg. Meter für Meter kämpfen wir uns nach oben. Als ich nach einer Kurve Günther treffe, begrüßt der mich mit den Worten, ich sähe aus, wie die kleine Schwester von Winnetou. Winnetou! Der Held meiner Kindheit und ich reite auf meinem eisernen Ross dem Gipfel entgegen…Naja, es ist schon sehr heiß heute.

Oben angekommen genießen wir den Ausblick von der Sitzbank aus, die Xiao Wang aus dem Auto ausgebaut hat. Dann geht es bergab. Hin und wieder müssen wir gegen einen ziemlich starken Gegenwind kämpfen. Der Tag neigt sich bereits dem Ende und die Sonne hat ihre Kraft verloren. Und zu guter Letzt hat sie uns wieder; die Baustelle: In Manchuan, unserem Zielort, müssen wir einen kleinen Umweg fahren, um ins Hotel zu gelangen.

Als wir uns in das alte Stadtzentrum aus dem Ende des 19. Jahrhunderts aufmachen, dämmert es bereits. Die Luft ist aber noch wunderbar warm und der Ort und die Menschen hier strahlen irgendwie eine Ruhe und Entspannung aus, die auch uns einnimmt. Wir sind müde von der Sonne, dem langen Tag und den vielen schönen Eindrücken.

Zu guter Letzt genießen wir ein Essen lokaler Spezialitäten unter dem sternenklaren Abendhimmel in lauer Luft. Nach dem Mahl gibt es noch eine kleine Fotosession mit dem Wirt und seiner Familie und wir werden von ihm zu seinem selbstgebrannten Maisschnaps eingeladen, der uns die nötige Bettschwere verpasst.

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„Jetzt haben sie uns die Sahne genommen, da müssen wir den Kuchen essen“

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Shanyang, 62 km

Der Tag fängt gut an. Die Sonne scheint wie immer. Im Auto liegt unser täglicher Vorrat an Ananas. Alles ist gut. Bis jetzt. Nach etwa 10 km, wir bereiten uns gerade in Gedanken auf den großen Anstieg vor, der uns gleich erwartet, wird unser Tatendrang jäh gebremst. Und zwar von einer Mauer mit einem verrammelten Tor, die quer über die Straße gebaut wurde. Wieder eine Baustelle und hier ist nun wirklich kein durchkommen. Die Umleitung ist die Autobahn, die wir mit Rädern nicht befahren können.

Kurz entschlossen packen wir die Räder ins Auto und lassen uns 30 km weiter wieder raussetzen. Den Pass haben wir uns somit gespart, was Günther folgendermaßen kommentiert: Die Sahne haben sie uns genommen, da müssen wir den Kuchen essen. Wir radeln relativ gemütlich in der prallen Sonne, – Mark ist nach wie vor fasziniert von der hiesigen Vogelwelt – und finden alsbald ein Plätzchen am Fluss, wo wir unser Proviant verzehren und ein Päuschen einlegen können. Die Strecke war auch wirklich zu anstrengend bisher!

In Shanyang angekommen stehen einige mehr oder weniger erfolgreiche Fahrradreparaturen an. Danach wollen wir, der Tag ist noch jung, die Umgebung erkunden. Mark zieht es in den Wald, den er rings um die Stadt schon erspäht hat, um noch ein paar chinesische Vögel zu sehen. Wir übrigen drei schlendern mit. Biegen um eine Ecke und befinden uns schon im „Umland“. Es wird zunehmend dörflich und alsbald erstrecken sich vor unseren Augen parzellierte Felder und die dazugehörigen Grabstellen. Alles ist eingerahmt von bewaldeten Hügeln und Bergen. Es duftet nach den Pfingstrosen, die hier überall blühen.

Es dauert nicht lang und wir werden umringt von einer Schulklasse 12-13jähriger Jungen und Mädchen, die mit ihrem Lehrer einen frühabendlichen Spaziergang machen und uns unbedingt begleiten wollen. Eine weile spazieren wir zusammen. Dann trennen sich unsere Wege: Günter und Eckart gehen ins Hotel zurück, Mark steigt weiter in die Wildnis (wir treffen ihn hoffentlich gleich zum Abendessen wieder) und ich laufe noch ein wenig den Weg weiter bis zu einer Stelle, an der ich nochmal einen wirklich atemberaubenden Ausblick habe. Auf eine Stadt, die gebettet liegt zwischen grünen Hügeln in der lauen Abendluft. Dann kehre auch ich zurück.

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Ein (ehemals) liebliches Tal

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Shangluo, 45 km

Ich bin sehr gespannt. Für heute ist eine Tour geplant, die durch ein liebliches Tal führen soll. Wir setzen uns aufs Rad und fahren bei bestem Wetter los. Die Landschaft, die sich in der Ferne vor unserem Auge eröffnet, verspricht schon einiges. Hochmotiviert treten wir kräftig in die Pedalen und überwinden die letzten Höhenmeter und erwarten gespannt eine idyllische Abfahrt durch ein liebliches Tal. Und es wurde nicht zu viel versprochen: ein kleiner Bachlauf, sanfte grüne Hügel, Vogelgezwitscher, Schmetterlinge und…..eine riesige Baustelle. Die Straße durch das liebliche Tal wird gerade erweitert und über die ganzen Strecke sind Baustellen und aufgerissenen Strassenabschnitte verteilt. Direkt nach der ersten Baustelle hat Mark einen Platten und ich werde später seinem Beispiel folgen.

Nach der ersten Reparatur fahren wir munter weiter und finden alsbald ein Plätzchen ohne Baulärm am Feldrain in der Nähe des sanft plätschernden Baches für unser Picknick. Danach halten Günther und Eckhard ein Nickerchen, Mark fährt voran auf der Jagd nach Vögeln und ich genieße die Sonne.
Irgendwann ist es aber genug des Müßiggangs, wir fahren weiter und hoffen Mark noch einzuholen. Leider müssen wir feststellen, dass uns die Baustellen noch nicht verlassen haben. Wir kehren dem lieblichen Tal an einer Stelle den Rücken, wo sich mehrere hässliche Autobahnbrücken in die Landschaft fressen. Hier treffen wir auch Mark wieder und machen uns an den letzten großen Anstieg des Tages. Oben angekommen erwartet uns eine wirklich phänomenale Aussicht. Mittlerweile sind wir fast sechs Stunden unterwegs auf einer Strecke, für die eigentlich zweieinhalb Stunden eingeplant waren. Die letzten Kilometer geht es aber nur bergab und wir rollen direkt in unser Hotel.

Der laue Abend belohnt uns mit einem leckeren Mahl an der milden Abendluft.

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Nudelsuppe ist nicht Wurscht und zur Not frisst der Teufel Fliegen, aber keine Äpfel

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Fahrt nach Luonan, 88 km, wie immer sonnig

Trotz der langen Wanderung gestern fühlen wir uns heute alle recht frisch und steigen beschwingt aufs Rad. Es geht in das ca. 88 km entfernte Luonan. Auf dieser Strecke ist ein Pass zu bezwingen und rund 32 km Anstieg. Wir haben noch nicht mal die Stadt verlassen, als ich von weitem Eckart in ein Gespräch mit einem Einheimischen verwickelt sehe. Offenbar hat Eckart sein nigelnagelneues Auto gerammt. Es ist zwar nicht der kleinste Kratzer zu erkennen und dennoch macht der Autofahrer ein Theater als wären wir mit einem Bulldozer über sein Auto gefahren. Hier macht sich wieder unser Begleitfahrer nützlich. Nach ewigem Hin und Her, währenddessen Eckart das angeblich beschädigte Auto und seine Bremsspur fotografiert, zückt dieser eine Zigarettenschachtel und raucht mit dem Unfallopfer erstmal eine und regelt so das Problem.

Dann erklimmen wir endlich den Pass. Mark ist wieder meilenweit voran. Wir übrigen drei radeln gemächlich hinterdrein. Nach und nach erreichen auch wir den Gipfel. Mark wartet da schon ziemlich lange und wurde bereits von einem LKW Fahrer zu einem Gläschen Schnaps eingeladen. Eckart trägt sein Rad über den Pass und dann geht es erstmal bergab bis zu der Nudelbude in der wir Mittagessen wollen und die uns Xiao Yang wärmstens empfohlen hat. Als wir da ankommen, müssen wir allerdings feststellen, das die Lokalität nicht mehr existiert. Also geht es weiter in 10 bis 15 km soll es die nächste Mittagsmöglichkeit geben. Eckart will direkt ins Hotel und kommentiert, Nudelsuppe sei ihm wurscht, was natürlich sofort von Mark gekontert wird, denn: Eine Suppe ist nicht wurscht. Wir versorgen uns noch ein bisschen mit Obst aus dem Auto, wobei die etwas faden chinesischen Äpfel bei dieser Gruppe nicht sonderlich ankommen. Aber in der Not frisst der Teufel ja Fliegen, wie Eckart weiterhin bemerkt.

Als wir dann endlich vor unseren dampfenden Nudeln sitzen, ist es bereits nach drei und Eckart entscheidet sich gegen die Nudelsuppe. Er radelt ein Stück weiter um auf einem Stück Wiese zu entspannen. Nachdem Günther, Mark und ich unser Mahl beendet haben geht es auch für uns weiter und wir hoffen auf dem Weg Eckart noch einholen zu können. Nach etwas mehr als 10 km und einer nervigen Baustelle mit entsprechendem Stau wartet das Begleitfahrzeug auf uns. Allerdings: weit und breit kein Eckart in Sicht. Etwas beunruhigt rufe ich ihn an. Und wie sich herausstellt, ist er wohl eingeschlafen und wir sind unbemerkt an ihm vorbeigefahren.

In Shangluo angekommen verursache ich noch einen kleinen Menschenauflauf, als ich mich in meinen verschwitzen Klamotten daran mache, eine defekten Schlauch zu wechseln.
Zum Abendessen sind wie dann alle wieder glücklich vereint und lassen den Tag beim Genuss einer Portion Jiaozi ausklingen.

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Gipfelhopping und Mülltrennung à la Hua Shan

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Wanderung auf den Hua Shan

Heute Morgen geht es früh los. Mit vollen Mägen und ausreichend Proviant ausgerüstet machen wir uns auf zu unserer ersten Gipfelbesteigung. Auf dem Programm steht der Hua Shan, einer der fünf heiligen daoistischen Berge dieses Landes. Unser Ziel ist der Nordgipfel, der auf etwa 1600 m liegt und von dem uns eine Seilbahn zurück in die Ebene bringen soll. Die Sonne scheint und die Vögel zwitschern, was insbesondere Mark sehr freut, der schon mit dem Fernglas bewaffnet die umliegenden Bäume absucht.

Am Eingang des Berges werden diesmal nicht unsere Taschen durchleuchtet, dafür müssen wir unsere Fingerabdrücke abgeben. Dann geht es bergauf. Mark ist mal vorne mal hinten, wir laufen relativ gemächlich und Eckart lässt sich, wie gewohnt mit der einen oder anderen Chinesin ablichten. Mark gelingt eine interessante Beobachtung: Der hiesige Müllmann beginnt schon vor Ort mit der Mülltrennung. Der Plastikmüll wird eingepackt und die Speiseabfälle aus dem Mülleimer geholt und direkt in die Landschaft entsorgt.

Gegen 11 haben wir schon ein gutes Stück geschafft und picknicken auf den Treppenstufen eines Tempelchens. Danach erwarten uns die steileren Passagen, die zu dem auch noch gut gefüllt sind. Lustig wird es bei „Gegenverkehr“, der oft rückwärts erfolgt, da der Blick in die Tiefe wohl etwas beängstigend ist. Aber auch das ist bald geschafft und wir (das heißt Eckart, Günter und ich) stehen noch relativ frisch und munter vor der Ticketbude der Seilbahn und machen uns daran den Nord-Gipfel zu bezwingen. Von Mark haben wir schon länger nichts mehr gesehen, der ist voran gestürmt und wir vermuten ihn schon längst ganz oben. Und weit kann es ja nun auch für uns nicht mehr sein.

Nach etwa 40 Minuten stetigem Treppaufsteigens werde ich langsam skeptisch und nach weiteren 30 Minuten ohne Gipfel in Sicht, ahne ich langsam, dass hier etwas nicht stimmt. In dem Moment funkt mich auch schon Mark an (ja, wir sind hier perfekt ausgerüstet, ich habe so vielen technischen Krimskrams, das zwei Hände dafür nicht mehr reichen) der wissen will, wo wir denn so lange bleiben. Offensichtlich sitzt er schon eine ganze Weile auf dem Berg und harrt unserer Ankunft. Ich weiß mittlerweile, das wir auf dem Weg zum Westgipfel sind, der ein paar hundert Meter höher liegt. Mark will nachkommen. Wahrscheinlich willkommenes Ausdauertraining für den angehenden Triathleten.

In der Zwischenzeit haben wir allerdings jetzt auch Eckart verloren, der kräftig voran marschiert ist. Bleiben also nur noch Günther und ich. Wir wandern eine gefühlte Ewigkeit und ich verspüre eine leichte Unzufriedenheit von hinten, wo Günther hinter mir herläuft. Wir sind kurz unschlüssig, ob wir nicht lieber umkehren sollen, zum Glück entscheiden wir uns dagegen, denn hinter der nächsten Wegbiegung wartet Eckart und von da ist es nicht mehr weit zum Westgipfel. Als Mark dann auch etwas später zu uns stößt, machen wir uns erstmal über unsere Vorräte her und gehen dann die restlichen Meter zur Spitze und werden mit einem spektakulären Blick für unserer Anstrengung belohnt. Ganz oben machen wir noch eine Gruppe chinesischer Studentinnen glücklich, mit denen wir uns alle vier ablichten lassen. Günter ist so groß, dass er nur liegend ins Bild passt.

Dann geht es wirklich zurück. Günther und Eckart fahren mit mir in der Seilbahn nach unten, während sich Mark entschließt zu laufen.

Und jetzt werden wir uns hoffentlich alle bei einem leckeren Abendessen wieder sehen.

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Zum heiligen Berg des Westens

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Von Lintong zum Huashan, 102 km

Noch gestern Abend auf unserem Rückweg vom Abendessen hatte es leicht zu regnen begonnen. Und auch als ich am heutigen Morgen aus dem Fenster blicke regnet es und hat sich merklich abgekühlt. Mark und Xiao Yang bemühen fleißig ihre Wetter-apps und versprechen wunderbares Wetter mit Sonnenschein für diesen Tag. In einer halben Stunde soll es losgehen, das mit dem Sonnenschein. Ich schaue aus dem Fenster und bin eher skeptisch und auch Eckart, scheint mir, hat seine Zweifel.

In der Tat hat es sich, als wir losfahren wollen, etwas aufgeklart und nur wenig später bricht die Sonne durch. Bei bestem Wetter radeln wir los. Wir verlassen die letzte Ruhestätte des letzten Kaisers und fahren durch ländliche Gegenden in Richtung Huashan. Satte Getreidefelder säumen unseren Weg, hie und da eine kleine Ortschaft, der eine oder andere Müllabladeplatz. In einem dieser kleinen Dörfer werden wir Zeuge von Trauerfeierlichkeiten. Mit Feuerwerkskörpern werden die bösen Geister vertrieben, Papiergeld und Papierauto werden den Verstorbenen in das Reich der Toten begleiten. Die ländliche Idylle wird aber immer wieder durch sehr verkehrsreiche Abschnitte gestört. Irgendwann ist es so schlimm, dass Mark und Eckart in das Begleitfahrzeug steigen. Bis zum Mittagessen radeln Günther und ich alleine.

Auf einer belebten Kreuzung treffen wir uns wieder und stärken uns mit unserer ersten Nudelsuppe in China. Weiter geht es immer der Nase nach durch Alleen duftender blaublühender Bäume. Auf einem größeren Platz treffen wir auf zwei konkurrierende Rentnergangs, die im Schatten musizieren. Pekingoper a la Buena Vista Social Club, wie Mark treffend bemerkt.

Was gibt es sonst noch zu berichten? Mark ist weiterhin auf der Jagd nach kulinarischen Köstlichkeiten und heimischen Vögeln und Eckart knüpft weiterhin fleißig Kontakte mit den Einheimischen – das heißt: Alles ist beim alten. Oder bei der Alten: Heute wurde ich das erste Mal älter geschätzt als ich bin. So um die 50 sei ich wohl, resümierte einer der Hotelangestellten. Das sähe man wegen der Falten…Muss man es denn wirklich noch schlimmer machen?

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Für Naturfreunde

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Zur Terrakotta-Armee, 60 km, bei Sonnenschein und Autolärm

Naturfreunden ist diese Strecke wahrlich nicht zu empfehlen. Wir kämpfen uns durch den vormittäglichen Straßenverkehr und bekommen einen leibhaftigen Eindruck chinesischer Fahrkunst. Die Straße ist groß und breit und der Duft von Zweitakter Abgasen erinnert mich an meine Kindheit in der DDR. Wer schon immer mal mit dem Fahrrad auf der Autobahn fahren wollte (oder zumindest das Gefühl haben wollte als ob), der ist hier genau richtig. Auf unserem Weg passieren wir einen kleinen Straßenmarkt, der sich auf dem Radweg breit gemacht hat. Wir decken uns mit allerlei Snacks ein bevor es weitergeht. Etwas benommen vom eingeatmeten Auspuffgas erreichen wir unser Hotel.

Nach einer längeren Verschnaufpause geht es weiter. Die Terrakotta-Armee des ersten chinesischen Kaisers wartet auf uns. Unglaublich was dessen Grabbau an Ressourcen verschlungen haben muss. Dabei ist die Beigabe von Tonfiguren durchaus als Fortschritt zu betrachten, löste sie doch das im alten China übliche Totengeleit ab. Im Gegensatz zum ersten Teil unserer Tour ist diese Strecke, ruhig und kaum befahren. wir umrunden den noch ungeöffneten Grabhügel des ersten Kaisers und fahren durch scheinbar verlassene Dörfer. Erst auf unserem Rückweg am Abend werden wir erfahren, dass es sich hier nicht um Geisterdörfer handelt. Dann werden Leute vor den Häusern sitzen, essen, arbeiten und plaudern und uns etwas ungläubig hinterherschauen. Ab und an ertönt ein verhaltenes „lao wai“ (Ausländer).

Zurück zu Terrakotta-Armee. Der Andrang an Besuchern ist enorm. Dabei sind weder Ferien, Wochenende noch irgendein Feiertag. Beim Einlass geschieht mir noch ein Missgeschick. Ich verliere beim „Durchleuchtungsband“ das USB-Kabel, das mein GPS mit Strom versorgt und kann nur noch in Erfahrung bringen, dass irgendjemand anderes es mitgenommen hat. Ich ärgere mich und befürchte, meine Pechsträhne ist zurück. Glücklicherweise haben wir unseren Fahrer Xiao Yang, der justament diese Art Kabel zur Hand hat.

Nach unserem Ausflug in die chinesische Vergangenheit – Eckart hat darüber hinaus die Zeit genutzt und erneut fleißig Kontakt mit den Einheimischen geknüpft, wie die Beweisfotos zeigen – geht es auf qualmendem Gummi zurück ins Hotel. Die Strecke heute war eher kurz und einfach, daher ist es wohl kein Wunder, dass Mark noch nicht ganz ausgelastet ist und noch eine Runde laufen geht.
Der Rest des abends im Schnelldurchlauf: Essen, Trinken, Massage, Bett.

Gute Nacht!

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Auf die Räder – Fertig – Los!

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Xi’an Tagesausflug

Der Nachtzug ruckelt vor sich hin. Eckart ist bereits wach und liest, die anderen beiden schlafen noch. Der Morgen ist grau und wie ich auf dem zweiten Blick sehe – verregnet.
Passend dazu hält unser chinesischer Begleiter für die kommenden Tage, Xiao Yang, einen Schirm in die Höhe. Das als Erkennungsmerkmal hätte wohl kaum gereicht bei diesem Wetter. Xiao Yangs Schirm allerdings ist der größte und dazu noch der einzige in Regenbogenfarben.

Wir sind sehr früh da und unsere Zimmer noch nicht bereit. Aber das Personal bemüht sich und alles geht dann doch recht schnell. Nach einem schnellen Frühstück in der Nähe (meine erste Reissuppe nach mehr als drei Jahren) stehen Räumlichkeiten in ausreichendem Maß zur Verfügung. Allerdings sind zwei der Zimmer nur mit „kleinen“ Betten ausgestattet. Mit einem Blick auf meine Gruppe entscheidet die Rezeptionistin, dass das wohl nicht ginge, oder doch? Mir schwant Übles – ich male mir vor meinem inneren Auge ein speziell asiatisches Betten-maß, das selbst für mich, mit meinen knapp über 1,60 m, zu kurz ist. Wir entscheiden uns dann doch für die schnelle Variante mit den kleinen Betten. Und ich muss sagen – 1,40 m auf 2 m ist völlig ausreichend, zumindest für mich.

Nach einer kleinen Verschnaufpause geht es zum Radladen und von da zu unserer ersten kleinen Probefahrt zur mingzeitlichen Stadtmauer. Wir umrunden das Südtor, finden keinen Zugang und entschließen uns beherzt unsere Räder über die Absperrung zu heben. Das hätten wir wohl besser nicht direkt vor den Augen des Wachmanns machen sollen, der uns nun freundlich aber bestimmt darauf hinweist, das Räder auf diesem Kulturdenkmal nicht erlaubt seien. (Räder ausleihen geht aber). Also ziehen wir weiter unsere Kreise und erklimmen, nach dem wir einen passenden Parkplatz gefunden haben, die Mauer zu Fuß. Von der steigen wir in die neue Altstadt hinab, besichtigen den Konfuziustempel mit seinen über 3000 Steinstelen, in die klassische Texte, Dokumente und historische Aufzeichnungen eingemeisselt sind. Mit einem Bummel durch belebte Altstadtgassen beenden wir unsere erste Tour. Mark ist weiterhin auf der Jagd nach kulinarischen Erlebnissen und gewillt, alles zu probieren, was ihm „essenstechnisch“ so über den Weg läuft, ohne Rücksicht auf Verluste. Günther und Eckart interessieren sich währenddessen eher für Bambuslineale, die auch, glaubt man dem Verkäufer, dazu dienten, ungehorsame Schüler zu verprügeln, in alten längst vergangenen Zeiten. Ein Stück Altagsgeschichte. Eine Leidenschaft hat meine Gruppe allerdings schon entwickelt und zwar die nach chinesischem Trinkyoghurt, am besten im stilvollen Steinguttöpfchen. Hier sind sie also – die Yoghurt-Boys:

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Galgenfrist

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Ausflug zur Großen Mauer

Der letzte Tag bevor es auf die Räder geht. Es hat sich zugezogen. Diesiges Wetter, Die Sonne hat kaum eine Chance durch den dichten Smog zu dringen. Wir sitzen im Wagen und unser wagehalsiger Fahrer soll uns zur großen Mauer bringen. Leise fluchend lenkt er sein Schiff von Fahrzeug durch den morgendlichen Verkehr.

Ich hatte dieses Mauerstück, welches wir jetzt besuchen, in den letzten Jahren als ein sehr einsames in Erinnerung. Heute ist es deutlich gefüllter. Auf dem letzten Wegstück, begegnen uns zahlreiche, gut ausgerüstete Radfahrer. Auf der Mauer sind ganze Wandertruppen unterwegs. Glücklicherweise verläuft es sich jedoch ganz gut. Und wir haben doch immer wieder ruhige Momente, in denen wir die Aussicht geniessen oder was baumeln lassen können, die Seele zum Beispiel.

Auf dem Rückweg machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Vogelnest, wie das Olympiastadion umgangssprachlich heißt, und dann setzt uns der Fahrer schon am Westbahnhof ab. Jetzt sitzen wir wie die Einheimischen in unserem kleinen Viererabteil und spielen Karten bis sich die Müdigkeit bleischwer auf unsere Lider senkt…

Blauer Himmel ohne Ende aber mit Ente

Die Drei Schluchten des Yangzi, 15.04 bis 10.05.2015

Beijing Tagesausflug

Habe ich bereits erwähnt, das wir bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein in Beijing gelandet sind? Und dieses Wetter hält an. Die azurblauen Dächer des Himmelstempels glänzen in der Sonne. Der Park ist gut gefüllt. Vor allem Senioren treffen sich hier zum gemeinsamen Singen, Musizieren, Tanzen, Spielen und vielem mehr. Es ist bunt und trubelig und schön. Ein gelungener Start. Es ist Mitte April. Die beste Zeit, wie ich meine, Peking zu bereisen: Nicht mehr kalt, aber auch noch nicht heiß, überall sprießt frisches Grün und die Bäume erblühen. Junge Frauen lassen sich von ihren Begleitern im Blütenmeer ablichten. Auf der Suche nach einer Toilette kitzelt meine Nase intensiver Fliederduft. keine olfaktorische Täuschung sondern ein wunderschöner weißer Fliederhain in voller Blüte. Wir spazieren noch ein wenig durch den Park, Mark ist auf der Jagd nach Vögeln: blaue Elstern und Wiedehopfe hat er entdeckt, und besteigen dann zwei Rikschas, die uns durch verschlungene Gassen in Richtung Qianmen bringen. Der Spaziergang über den Tiananmen-Platz, treten wir nach mehreren Sicherheitskontrollen an. Die verbotene Stadt, der Kohlehügel mit seiner gewohnt spektakulären Aussicht auf den Kaiserpalast, danach verlieren wir uns in den Altstadtgässchen, gönnen uns ein erstes kühles (Naja, mit viel Fantasie…) Bier, bevor wir uns zu unserem Pekingente-Essen aufmachen.