Himmel, Pigu und Wolkenbruch!

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

Ca. 99 km von Zhaojue nach Xichang

Nachdem wir gestern bei 32 Grad auf der Passhöhe (2.200 m) standen, beschließen wir auch heute einen frühen Aufbruch. Nach dem obligatorischen Startfoto vor dem Denkmal für die Märtyrer des Volkes lassen wir uns erst einmal den Berg hinaufblasen. Die Straße ist neu gebaut und führt durch ein malerisches Flusstal. Welch ein Kontrast zu gestern!

Trotz früher Stunden sind die Temperaturen schon am oberen Rand der 20er und machen auch keine Anstalten, auf dem Weg nach oben zu fallen. Im Gegenteil: Schon kurz nach 10:00 Uhr ist die 30er-Marke geknackt und wir schon auf ca. 2.700 Metern Höhe. 1.600 Höhenmeter sind für heute angesagt, davon gut 1.100 am Stück. Das klingt viel, ist es auch! Aber der Wind bleibt uns wohl gesonnen, die Steigung, zum ersten Mal, seit ich durch China radle sogar flächendeckend angezeigt, geht selten an die 10 Prozent und liegt meist so konstant bei 6 Prozent, dass wir schon vermuten, es gäbe nur dieses eine Schild.

Kurz vor der Passhöhe auf 3.200 Metern Höhe dann endlich die erhoffte Abkühlung. Leider in Form eines Hagelschauers. Beziehungsweise deren drei. Ich erreiche das Begleitfahrzeug kurz nach dem Einsetzen des ersten Schauers. Den nimmt Hildegard noch tapfer mit und sitzt die nächsten beiden am Auto aus. Werner lässt es sich nicht nehmen, alle drei auszukosten. Die ersten beiden als Schlusslicht der Gruppe, den dritten als früh losgefahrene Avantgarde, auf dem Weg zum blauen Himmel, der sich an der Bergkuppe abzeichnet.

Ein paar Minuten danach sind wir aber schon wieder abgetrocknet, stehen auf der Passhöhe und lassen rollen.

46 Kilometer und 1.700 Höhenmeter bergab, nicht zu steil, mit nur einem kleinen Gegenanstieg. So lässt es sich radeln!

Xichang, unseren Zielort erreichen wir recht früh, müssen uns dann aber (gemütlich beim Schmutzbier in der schönen, traditionell eingerichteten Lobby unseres Hotels) ein wenig gedulden, da die Chefin erst einmal die Anmeldeformalitäten mit der lokalen Polizei abklären muss, während Xiao Luo, deren Familie auch ein Hotel betreibt, auf sie einredet, dass das doch ganz einfach ginge.

Ist es dann auch, unsere Pässe und die Visa/Einreisestempel werden fotografiert und die Hotelbesitzerin bringt sie mit ihrem schicken Fahrrad zur Polizei. Unsere Räder bekommen heute sogar ein eigenes Zimmer, ohne Aufpreis.

Radlerbonus!

So sitzen wir gegen 18:00 Uhr mit müden Beinen, aber guter Stimmung in unseren stilvollen Zimmern inmitten der Altstadt von Xichang.

Morgen ist dann erst einmal Ruhetag angesagt!

P.S. Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass wir ein wenig von der Route abgewichen sind. Davon dann später!


Die unten angezeigte Route ist lediglich rekonstruiert und entspricht nur bedingt der tatsächlich gefahrenen Strecke![map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-18_Yi181.gpx“]

Durch das wilde Yizustan

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

Ca. 65 km von Leyue nach Zhaojue, immer noch sehr warm, immer noch Rückenwind und Sonne satt!

Wir verlassen unsere Gruppensuite recht früh, da es in unserer kleinen Pension kein Frühstück gibt. Um Punkt 8 sitzten wir auf den Rädern und genießen die mäßig kalte Morgenluft. Die Suche nach einer Frühstücksgelegenheit gestaltet sich schwierig, da im Ort selbst die Garküchen nicht den besten Eindruck machen und dann erst einmal tiefe Schlucht ohne Bebauung angesagt ist.

Besonders tragisch ist das aber nicht, da uns Xiao Luo, unsere Begleiterin, rührend mit leckeren Bananen, Pfirsichen und Keksen versorgt, so dass wir uns das Frühstück in sitzender Form einfach schenken, ohne dass jemand traurig gewesen wäre. Ohnehin könnten wir uns heute auch von faszinierender Landschaft ernähren, so spektakuläre ist die Schlucht, die wir uns in weiten Kurven nach oben schrauben. Tief hat sich der Fluss hier in den Fels gefressen, die Hänge sind schroff, vielfarbig. Also viele Schattierungen von Braun bis Grün. Wild rauscht der FLuß im Tal, jedenfalls dort, wo er nicht von kleinen Staustufen gezähmt wird.

Die Nudelsuppe holen wir zum Mittagessen nach und stehen dann nach gut 50 Kilometern und mehr als 1.000 Höhenmetern auf der ersten Passspitze, die sich in ein liebliches Tal öffnet, mit weitflächigem Reisanbau und einer riesigen Zementfabrik, die wie vom Himmel gefallen ist.

Die letzten knapp 200 Höhenmeter tun dann ein bisschen weg, sind aber doch irgendwann zu Ende. Die Abfahrt nach Zhaojue ist dann rasant, was auch daran liegt, dass uns eine Gewitterfront verfolgt. Das Rennen haben wir aber gewonnen, wenn auch nur knapp!

Zhaojue selbst erkenne ich kaum wieder. Vor acht Jahren auf der Yangzi-Tour mussten wir uns nach der Ankunft sputen, da das einzige Restaurant um 20:00 Uhr schloss. Heute ist Zhaojue eine vibrierende Stadt und ein paar Dutzend Restaurants haben allein in der Umgebung unseres Hotels bis spät am Abend geöffnet. Bei uns gibt es frische Flusskrebse zum Abendessen. Wie Hildegard es so schön ausdrückt: Das haben wir uns verdient!


Die unten angezeigte Route ist lediglich rekonstruiert und entspricht nur bedingt der tatsächlich gefahrenen Strecke![map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-17_Yi181.gpx“]

Das Gute fällt nicht vom Himmel, man muss für sein Glück kämpfen

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

65 km von Leibo nach Leyue, Bruthitze und Übernachtung am Ende der Welt

Wenn es gleich nach dem Frühstück 12 km bergab geht, kann eigentlich nichts schief gehen. In einer halben Stunde vernichten wir die gestern gewonnenen Höhenmeter, im Wissen, dass wir diese auch wieder nach oben müssen.

Eigentlich rollt es ganz gut, aber schon am Vormittag ist klar, dass dies kein normaler Tag wird. Die Sonne brennt noch stärker als gestern, die gelegentlichen Tunnel sind die einzigen Schattenspender. Die Landschaft ist nach wie vor spektakulär, der Yangzi erstaunlich klar und grün, die Berge an beiden Seiten werden immer höher.

Aber es ist heiß, sehr heiß!

Fast bedauern wir, dass der Wind von hinten kommt, dadurch fällt dieser als Abkühlung aus. Werner taucht abwechseln Füße und Hemd in Wasser, der Wasserkonsum ist enorm, dankenswerter Weise immer rechtzeitig von Xiao Luo, unser Begleiterin mit Nachschub bedient. Wir fressen uns durch die Obstvorräte, vertilgen eine riesige Portion gebratenen Reis.

Aber irgendwann, als die Straße steiler wird und das Tal enger, ist die Kraft dahin. Immerhin: Leyue, unser Ziel erreichen wir, quartieren uns in ein simples Hotel ein, dass zwei „Suiten“ bietet, einfache, gekachelte Gemeinschaftsräume, von denen jeweils drei Zimmer abgehen. Hildegard und Werner mit einem großen Bett und ein wenig Platz für das Gepäck, ich mit einem Bett in Zimmergröße, so klein, dass ich beim Aufstehen versehentlich an die Tür renne, weil ich wenigstens ein wenig Abstand erwartet hatte.

Auf diese Weise stellen wir jedenfalls fest, dass keiner von uns laut schnarcht.

Nach einem erstaunlich guten Abendessen fallen wir direkt ins Bett, die Türen weit offen, um ein wenig für Durchzug zu sorgen. Selbst am Abend waren es noch mehr als 30 Grad, und das auf fast 1.000 Meter Höhe.

Morgen wartet dann noch mehr Berg auf uns. Wir freuen uns, in der Hoffnung, dass es dann höhenbedingt etwas kühler wird.

Ach ja, der Blogtitel: Das ist die launische Übersetzung des Propagandaplakates mit einem Slogan Xi Jinpings (s. Bildergalerie).

Passt auch gut auf den heutigen Tag!

P.S. Heute gibt es leider keinen Track, da mein Garmin, das Outdoorgerät, hitzebedingt in die Knie ging.

Die unten angezeigte Route ist lediglich rekonstruiert und entspricht nur bedingt der tatsächlich gefahrenen Strecke![map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-16_Yi181.gpx“]

Wo der Pfeffer wächst

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

80 km von Guixi nach Leibo, ungeplant, aber wunderschön, Sommerwetter

Kaum verschiebt man einen Blog mal auf später, klaut die Kollegin gleich den Blogtitel!

Natürlich hat sie das nicht gemacht, aber die Koinzidenz ist schon erstaunlich, vor allem, weil wir schon einmal den gleichen Blogtitel am gleichen Tag hatten, wenn mich die Erinnerung nicht täuscht. OK, „Königsetappe“ als Titel kommt bei einem unserer Blogs öfter mal vor. Und auch der allgegenwärtige Sichuanpfeffer ist jetzt nicht so weit hergeholt.

Neben Pfefferbäumen sind wir heute auch an Mandarinenplantagen, Tarofeldern, Reisterrassen und noch so einiges an üppiger Vegetation vorbeigefahren. Obwohl wir doch einfach dem Yangzi folgen wollten.

Und schließlich da landeten, „wo der Pfeffer wächst“, hoch oben auf dem Berg.

Aber von vorne:
Der Tag begann recht früh und ebenso lecker in einer Nudelbude, die ich gestern entdeckt hatte. Wir waren also mit der Kraft der Suppennudel unterwegs! Wie gestern ging es weiter am Yangzi entlang, diesmal aber mit etwas mehr Verkehr und einigen etwas grenzwertigen Tunnelanlagen, zwei davon unbeleuchtet. Etwas sehnsüchtig schauten wir auf die andere Flussseite, auf der eine kleine asphaltierte Straße tunnelfrei und auch weniger hügelig entlang führte. Die nächste Gruppe wird definitiv auf jener Seite des Flusses radeln.

Aber wir kommen gut voran, freuen uns über den Rückenwind und ein wenig auch über die Kühle in den Tunneln. Denn es ist heiß, sehr heiß! Nach gut 30 Kilometern erreichen wir Yongshan, besser gesagt die gegenüberliegende Straßenseite. Vor uns baut sich der Xiluodu-Damm auf, nicht ganz so groß wie der Sanxia-Damm, aber immer noch eindrucksvoll. Und wie Wikipedia mir verrät, der drittgrößte Damm der Welt.

Fasziniert rollen wir erst den Abzweig Richtung Damm. Bis uns ein resoluter Militärpolizist aufhält und uns freundlich, aber bestimmt zurückschickt. Auf der zweiten Alternative werden wir gleich aufgehalten. Für Radfahrer gesperrt, keine Diskussion möglich. Bleibt uns die dritte Alternative, und die führt leider den Berg hoch. Weit den Berg hoch. Bis Leibo, jener ehemaligen Bergfestung der Yi-Minorität, eine Stadt, in der ich vor acht Jahren schon einmal mit der Yangzi-Tour war. Das hat sicherlich seinen Reiz, und am Abend schwärmen wir von der verkehrsfreien Strecke, den Ausblicken und den Reisterrassen. Die Höhenmeter hätten wir uns dennoch gerne gespart, vor allem, weil wir diese sämtlichst morgen wieder hinunter müssen.

Als der Tag dann schon zu Ende zu sein scheint, wir nur noch schnell etwas zu Abend essen wollen, platzen wir in einem riesigen Freiluftfischrestaurant mitten in eine schon recht fortgeschrittene Geburtstagspartie eines ortsansässigen Managers.

干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯干杯!!!

Prösterchen also, in der Endlosschleife, und danach dann noch mit der gesamten Mannschaft und den bedauernwerten zwei Frauen in die Karaoke-Bar.

Danach war der Tag aber eindeutig zu Ende!


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-15_Yi181.gpx“]

Als wir jüngst in China waren…

…sind wir über den Yangzi gefahren (mehrmals!)

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

Unklare, tunnelbedingte Kilometer, irgendwo zwischen 86 und 100, Sonne satt, um die 30 Grad

Ich sitze in meinem kleinen Hotelzimmer, das kalte Neonlicht brennt in den sonnenverwöhnten Augen. Von der Straße dringt das hallige Singen einer Karaokebar zu mir herüber. Eine „typische chinesische Kleinstadt“ nennen wir das zuweilen im Katalog, und wenn es jemals eine Stadt gibt, die diesen Titel verdient hat, dann Guixi, Yunnan.

Eigentlich stand heute die Übernachtung in Yongshan auf dem Programm. Allerdings hatten wir uns an der alles entscheidenden Kreuzung für die Bergstrecke nach Yongshan entschieden. Diese sah, obwohl in der Klassifizierung einen Staatstraße (Guodao 国道) nach wenig Verkehr, der kürzeren Strecke, ein wenig Bergluft und gutem Straßenbelag aus.

Wie man sich doch täuschen kann!

Nach 5 km löste sich der Belag langsam auf, schwere Laster nebelten uns mit Staub ein und wir holperten noch ein paar Kilometer über die Baustelle, von der wir alle hofften, sie würde gleich aufhören. Ein kurzes Gespräch am Straßenrand brachte dann die Gewissheit: Die nächsten 60 km wären Staubhölle gewesen. Denn wenn Chinesen Straßen bauen, dann immer auf langer Strecke, nie punktuell.

Die Entscheidung, nach 8 Kilometern umzudrehen fiel schwer, dann aber auch leicht, weil wir ja eine Alternativstrecke in der Hinterhand hatten. Immer am Yangzi entlang, aber eben auch durch etliche, teilweise kilometerlange Tunnel. Kannte ich schon von meiner Yangzi-Tour 2010 und hatte ich als gut fahrbar in Erinnerung.

Aber wie hat sich in den acht Jahren der Verkehr entwickelt?

Glücklicherweise so gut wie gar nicht.

So fahren wir die nächsten gut 60 km immer am Yangzi entlang, rauschen durch Tunnel, halten den Atem an, wenn sich bei der Tunnelausfahrt das Yangzital fast schwerhaft malerisch vor uns auftut. In Xinshi wagen wir uns auf eine Abkürzung, die zwar etwas Schieben erfordert, aber gut 10 km abkürzt. Gegen 16:00 Uhr haben wir dann aber genug für den Tag, die Stadt Guixi lockt am anderen Ufer mit Unterkunft, Speis und Schmutzbier. Schließlich sind wir auf einer Erkundung, da müssen wir nicht am geplanten Zielort ankommen.

In der Stadt sorgen wir dann für den üblichen Menschenauflauf, lassen uns ausgiebig fotografieren und sind Hinter- und Vordergrund des einen oder anderen Selfies.

Und das Essen war auch gut!

Morgen lockt er dann wieder, der Yangzi.

Das Land der Yi haben wir heute auch, eindrucksvoll markiert durch ein über die Straße gespanntes Ehrentor, erreicht.

Aber davon später!

[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-14_Yi181.gpx“]

Vegan ist für Feiglinge

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

95 km von Yibin nach Suijiang, heiter bis wolkig bei Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad, zuweilen Rückenwind

Hildegard und Werner haben das gute Wetter mitgebracht und auch heute haben wir fast ein perfektes Radlerwetter auf unserer Jungfernfahrt den Yangzi flussaufwärts. Es gibt ja einige Touren bei China By Bike, die teilweise den Yangzi entlang führen. Flussaufwärts, das hatten wir bisher noch nicht im Programm! Und dennoch rollt es gut und noch nicht einmal aufwärts, jedenfalls fühlt es sich nicht so an, weil uns am Morgen ein leichter Rückenwind nach vorne bläst. Selbst die Stadtausfahrt Yibin ist weitaus besser als befürchtet. Nur die obligatorischen Baustellen verderben ein wenig die Laune. Aber wenigstens wird nicht die Straße gebaut, sondern etliche Brücken über den Yangzi, Autobahn-, Eisenbahn-, ICE- und leider keine Radlerbrücken. So nervt uns nach der ersten Yangziüberquerung ein wenig der Baustellenverkehr, der dann aber nach 20 Kilometern glücklicherweise aufhört.

So geht es den Tag dahin, immer den Yangzi entlang, der hier ja schon – oder besser erst – Jinshajiang, „Goldsandfluss“ heißt (siehe letzter Blogeintrag). Ein wenig erstaunt sind wir, wie schön grünlich-blau der Fluss schimmert, fast so sauber wie der Lech, wie Hildegard launisch anmerkt. Auch Schiffe gibt es noch, teilweise sogar ziemlich große Pötte! Den Grund sehen wir ein paar Kilometer weiter: Auch hier wurde eine große Staumauer gebaut, der Fluss aufgestaut und ein paar Städte den Hang hinauf verlegt, wie in den „Drei Schluchten“. Die Staumauer beschert uns so auch einen 300 Meter Anstieg, Höhe, nicht Länge. Hier auch gleich der Hinweis für die GPS-Enthusiasten: Der heutige Track ist mit Vorsicht zu genießen. Die erste Hälfte der Tour zeigte das GPS 200 Höhenmeter zuviel an, was mir erst auffiel, als ich über die 600 Meter Höhenlinie schnaufte und das Display 850 Meter Meereshöhe anzeigte. Dann fiel es zwischendrin ganz aus, verlor ohne Grund den Satellitenempfang und hatte dann im weiteren Verlauf mit den vielen kurzen und langen Tunneln zu kämpfen, die die Strecke säumten. Der Höhepunkt, und da kam bei uns fast Achterbahnstimmung auf: Ein 1,4 Kilometer langer Tunnel, der eine 360-Gradkehre beschrieb, wunderbar bergab, so dass mir ein lautes „Hui!“ entfuhr.

Noch eine Premiere gab es heute: Wir konnten auf mehr als 20 Kilometern kein Restaurant finden. Und das in China, wo Essen ja die eigentliche Religion ist. An einer Überlandstraße! Wir fuhren durch ein Dutzend Ansiedlungen und es GAB-NICHTS-ZU-ESSEN!!!

Fündig wurden wir dann gegen 14:30, gute 20 Kilometer vor unserem Zielort Suijiang, in einer kleinen Garküche, die einen einträglichen Nebenverdienst mit Metzgereiprodukten zu haben schien. Jedenfalls hingen die Innereien, die Koteletts und die Rippchen tief, zwischen den Tischen und Stühlen.

Und wir haben ausgerechnet eine vegetarische Reisnudelsuppe bestellt! Sakrileg!

Zum Abendessen gab es dann auch fast vegetarisch, nur in den leckeren Auberginen war ein wenig Schweinefleisch versteckt.

War lecker!

Zwischenzeitlich wurden wir dann auch noch von der Polizei besucht. Eine typische Situation, die sich bei radelnden Blogschreibern meist als „von der Polizei verhaftet“ liest, leider aus vollkommenem Unverständnis.

Unser Hotel hat alle Jahre mal ausländische Gäste, folglich keine passenden Formulare. Sprich: Die Polizei muss sich ins Hotel bemühen und die Registrierung händisch machen (Wechat, die chinesische Whatsapp-Weiterentwicklung wäre auch gegangen, aber dort alle unsere Daten einzugeben, war mir dann doch suspekt!). Kurz nach Ankunft wollte die Polizei uns nicht stören, und wurde dann panisch, nachdem wir ohne Registrierung auf der Suche nach einem Restaurant durch die Straßen liefen. Kurze Diskussion mit dem Hilfssheriff, der uns hinterherlief und aufhielt. Dann kam seine Chefin, zückte ihren Ausweis wie einst Colombo und bat uns, mit auf die Wache zu kommen, um uns zu registrieren.

Nach fünf Minuten Diskussion hatten wir uns auf ein Treffen an der Rezeption nach unserem Abendessen geeinigt. Dort tauchte sie dann auch in Zivil auf, machte noch einmal den Colombo und in fünf Minuten war das Ding vom Tisch.

Herzlichen Dank an Hildegard für die letzten zwei Bilder!

[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-05-13_Yi181.gpx“]

Müssen brennen zweimal…

Durch das Land der Yi, 10.05. – 02.06.2018

Ankunftstage in Yibin, warm, feucht und feurig

Yibin ist eine der wichtigsten Städte Chinas. Davon merkt man zwar nichts und auch die Bewohner tragen eine unaufgeregte Nochalance auf. Understatement ist das Thema, Yibin ist eine chinesische Kleinstadt von 4,47 Millionen Einwohnern, Stand 2010.

Wäre da nicht der Yangzi. Der hier bis zum Zusammenfluss mit dem Min-Fluss noch Goldsandfluss heißt. Danach dann auch nicht Yangzi, sondern schlicht „Langer Fluss“ 长江. Yangzi ist, in sämtlichen Schreibweisen, ein Spleen der unkundigen Langnasen, die wohl, so will es die Legende, vor langer Zeit einen Bauern bei Shanghai gefragt hatten, wie dieser große Fluss denn nun hieße. Vielleicht irgendwo im Delta, aber nicht im fernen Sichuan.

Aber Yibin ist nun einmal wichtig, weil hier der nicht weniger wichtige Min-Fluss, der das fruchtbare Sichuanbecken entwässert und auch so manche Geschichte erzählen kann, in den Langen Fluss (aka Yangzi) fließt und letzterer damit schiffbar wird.

Da kann man als Yibiner schon mal stolz sein.

Siehe oben.

Hier beginnt sie also, unsere Erkundungstour von Yibin nach Kunming, soweit möglich dem Yangzi folgend. Also dem Jinshajiang. Vulgo: Goldsandfluss. Hildegard und Werner, Tochter und Vater, die ich schon von unserer gemeinsamen Tour durch Nepal kennen, schweben überpünktlich aus Beijing ein, so pünktlich, dass sich der Stau auf dem Weg zum Flughafen tatsächlich auswirkt und unser bewährtes Team, die Begleitbusfahrer Xiao Ding und Xiao Luo, China-By-Bike-Urgesteine und meine Wenigkeit den beiden anderen eine Eingewöhnungszeit am Flughafen spendieren.

Aber: Das Wetter ist schön, angenehme 25 Grad, die Sonne scheint und die Laune ist gut.

Nach einem grandiosen Nachtmahl machen wir uns dann heute auf eine Stadterkundung zu Fuß und mit den Rädern. Am Vormittag geht es zuerst zum zentralen historischen Gebäude in der alten Stadtmitte, von dem ich immer noch nicht weiss, ob es nun ein Trommel- oder Glockenturm ist, da die durchaus sehenswerte historische Ausstellung zwar die Geschichte der Stadt vom Urschleim bis heute nachzeichnet, aber leider kein Wort über das Gebäude verliert.

Auch egal, denken wir uns und laufen zum Fluss, also dem mit den vielen Namen. Andächtig blicken wir von der Brücke auf’s Wasser und laufen dann durch die alte Hafengegend, tatsächlich eine der wenigen Straßenzüge, die noch einige alte Gebäude aufweisen können. Auf der einen Seite Karaokebars, auf der anderen Massagesalons, deren Matronen ähnlich alt sind wie die Gebäude und wohl, zumindest theoretisch im horizontalen Gewerbe tätig sein könnten. Vorstellen möchte man sich das nicht, oder höchstens als Szene in einer der „Piraten der Karibik“-Folgen, mit Jonny Depp als unfreiwilliger Freier.

Immerhin: Wir entdecken ein simples, aber nettes Teehaus, eine Tradition aus Sichuan, die glücklicherweise wohl nie aussterben wird, kauen eine gute Stunde an unserem Grüntee, besichtigen ein altes und durchaus eindrucksvolles Gildehaus, spazieren durch den Volkspark, essen frisch geschabte Nudeln in Suppe. Nach einer kleinen Pause im Hotel richten wir dann die Räder her und drehen eine Runde: Zum Zusammenfluss von Min-Fluss und Yangzi und in zwei Fahrradläden.

Ein kurzes Fachgespräch über Radrouten nach Kunming, und schon ist es Zeit für das Abendessen.

Das, wie könnte es anders sein, ein Sichuan-Feuertopf in der Mandarinvariante ist ->鸳鸯锅.

Wer diesen schon einmal gegessen hat, weiss, wie es sich anfühlt, wenn ein Stück Sichuanpfeffer im Rachen stecken bleibt und man unglücklicherweise gleichzeitig einatmet. Meine Nebenhöhlenentzündung ist seitdem auf jeden Fall Geschichte.

Abschließend zum Titel des heutigen Blogs: Man hat ja immer mindestens zweimal was davon, vom Feuertopf und vom Pfeffer.

Wer es nicht verstanden hat, frage Gustav Knut!

Noch 3 Tage – die Spannung steigt!

Gedanken kurz vor der Abreise

Fast sechs Jahre ist es her, dass wir in London einradelten, nach einer epischen Radreise von Hongkong durch China, über den Himalaya (im Winter!), durch Nepal, Indien, den Oman, Dubai, den Iran, die Türkei, Bulgarien. Die Donau entlang bis Passau. Einmal quer durch Deutschland (bei typischem deutschen Sommerwetter). Dann weiter durch das Radwunderland Holland und über den Ärmelkanal (nein, nicht im Tretboot!). Beim dritten Pint in einem Londoner Pub reifte dann die Idee von der Radweltreise. Nicht, um auf die Jagd nach Superlativen zu gehen. Sondern einfach aus Freude, lange Radtouren zu organisieren. Und dabei selbst noch ein wenig von der Welt zu sehen.

Sechs lange Jahr also, mit durchwachten Nächten, um die Ohren geschlagenen Wochenenden, vor den Augen flimmernden Landkarten, Bildern und Höhenlinien. Mit Zweifeln, ob so eine Reise überhaupt jemand bucht. Gefangen in Exceltabellen, die die Route in Tagesetappen und -budgets aufteilen, wahre Kunstwerke der Kryptologie!

Dann aber auch immer die Vorfreude, vor allem auf den Erkundungsfahrten durch Deutschland, Polen, Indonesien, Thailand und Singapur. Die eine oder andere Flasche Sekt wurde geköpft, bei der ersten, zehnten, zwanzigsten Anmeldung.

In 7 Tagen ist es soweit, wir werden pünktlich um 10:00 Uhr am Brandenburger Tor gen Osten in die Pedalen treten, und hoffentlich 800 Tage später, aus westlicher Richtung, der Quadriga ein weiteres Mal „Hallo“ sagen. Und auch wenn die sechs Jahre viel zu schnell vergangen sind, es immer noch ein paar Baustellen auf der Tour gibt, ist es gut, dass es endlich losgeht.

Einmal um die Welt. Mit uns. Ein Traum wird war!

Weitere Infos zur Radweltreise gibt es unter

Radweltreise

P.S. Als kleiner Appetitanreger eine kleine Bildergalerie der ersten Etappe, letzten Sonntag abgefahren.

 

[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2018-03-25_Vom-Brandenburger-Tor-Berlin-nach-Schloss-Wulkow.gpx“]

Singapur

Radweltreise-Erkundung Indonesien, vom 01.06.2017 bis 30.06.2017

Drei Tage Radfahren in Singapur: Punktuell faszinierend!

Nein, eine Radstadt ist Singapur (noch) nicht. Aber das ist ja auch bei Berlin der Fall.

Der Unterschied: Singapur möchte, aber kann nicht. Berlin könnte, aber macht nicht. Danke, R2G! Als Berliner kann man da eigentlich nur weinen. Apropos: Ich hatte auf meiner Erkundungsradtour für die Radweltreise zwei brenzliche Situationen.

Beide auf dem Weg vom Berliner Flughafen Tegel nach Hause!

Wie auch immer: Singapur wäre gerne Radstadt, hat aber keine Ahnung, wie das geht. Auf der einen Seite ziert ein überbreiter Radweg die Parks entlang der Südküste. Andererseits braucht man viel Intuition, um mit dem Fahrrad aus der Innenstadt dorthin zu gelangen.

Zuweilen auch kräftige Arme, um das Rad über Absperrungen zu heben. Und gute Nerven, um vier Spuren Autobahn zu queren.

Aber der Wille ist da, und eine Halbtagestour entlang des Kallang River hat ebenso ihren Reiz wie die Radautobahn durch den East Coast Park.

Und, ihr werdet es in der Bildergalerie sehen, wann kann man schon einmal auf einer Formel-1-Pister radeln!

Fazit: Singapur mit dem Rad, das geht! Demnächst auch auf der Radweltreise!

Über die Berge

Radweltreise-Erkundung Indonesien, vom 01.06.2017 bis 30.06.2017

Zwei Etappen und eine Tagesetappe von Solo nach Ponorogo. Bergig und grandios!

Was habe ich mich auf die Berge gefreut! Nein, nicht auf die 20+Prozent-Steigungen, die ich ja zuweilen schon hatte. Ich habe einfach Lust auf dramatische Landschaften, Berge statt Hügel.

Da können die Reisfeldterrassen in Zentral-Java noch so reizvoll sein: Mir steht der Sinn nach Hochgebirge, nach epischen Steigungen, rasanten Abfahrten und atemraubenden Aussichten.

Nun: Auf dem Weg von Solo nach Ponorogo werde ich nicht enttäuscht. Sanft geht es von Solo die Hänge des Lawu hinauf, es wird Reis, Gemüse und ein wenig Tee angebaut. Am Ende des Tages, besser gesagt am frühen Nachmittag habe ich 1.500 Höhenmeter auf 50 Kilometer in den Beinen.

Am nächsten Tag ein Tagesausflug rund am Tawangmangu. Ohne Gepäck radle ich steil aus dem Ort hinaus in Richtung Berggrat, auf dem sich der hinduistische Tempel Candi Sukuh. Kein Angkor Wat, zugegeben, aber allein die Lage mit dem Blick ins Tal in Richtung Solo lohnt den Ausflug.

Der dritte Tag ist dann die absolute Krönung: Gute sechs Stunden lasse ich mir für die 25 Kilometer zur Passhöhe Zeit, fasziniert von der terrassierten Landschaft, von den Ausblicken und ja: auch ein wenig von der Strecke. Richtig steil ist es nicht, aber relativ gleichmäßig ansteigend, immerhin noch weitere 1.000 Höhenmeter. Am Pass pfeifen dann gleich mehrere Garküchen auf den Ramadan und ich gönne mit Sate Kalinci: Karnickelspieße mit Erdnusssoße, serviert auf einem Bananenblatt. Man gönnt sich ja sonst nichts!

Die Anfahrt hält noch ein paar landschaftliche Grandiositäten (und ein paar giftige Gegensteigungen) bereit, dann bin ich in Ponorogo.

Schön war’s!