Tagesablauf einer Langstreckenradtour

Kasan nach Laischewo 68 km, Wetter: am Vormittag sonnig, Nachmittag bedeckt, wenige Tropfen von oben. Von Gerhard Leiser.

Der Radweg heute war kurz, die Ausfahrt aus Kasan – einer durchaus liebenswerten Stadt – zog sich wie immer in Russland über mehr als 10 km hin, aber bald ging die Schnellstraße in eine gemütliche Landstraße ohne viel LKW-Verkehr über.

So erreichten wir schon vor 13 Uhr unser Tagesziel Laischewo, ein (noch) ruhiger Ort am Zusammenfluß von Kama und Wolga. Beide sind hier aufgestaut und bilden einen riesengroßen Stausee ohne Nahmen, man wähnt sich an einem Binnenmeer. Nur mit Mühe ist das gegenüberliegende Ufer zu erkennen. Der Stausee hat dem Ort einen wunderbaren Sandstrand beschert und auch eine Uferpromende mit Kinderspiel- und Fitnessgeräten gibt es. Die Häuser dahinter sind als Ferienhäuser erkennbar. Sicherlich tobt hier in den Sommerferien das Leben, jetzt allerdings ist es noch ruhig.

In dieser Ruhe hielten wir unser mittägliches Picknick ab, Gerhard ging ein paar Minuten schwimmen (Wassertemperatur geschätzt 18°), danach nutzen wir die bereitgestellten Bänke für einen gemeinsamen Mittagschlaf. Nach der Ankunft in unserer einfachen Unterkunft – kein Internet – wurden noch die Fahrräder überprüft, alle in Ordnung.

Tagesablauf auf einer Langstreckentour
Aufstehen, Frühstücken und Abfahrt richtet sich immer nach der Streckenlänge, nach 25 – 30 km wartet dann Viktor mit seinem Transporter an einer günstigen Stelle auf uns, dort gibt es Bananen, Äpfel, Birnen und Getränkenachschub. In ähnlichen Abständen steht dann immer wieder das Fahrzeug am Straßenrand oder einer entscheidenden Abzweigung, da sich das Radlerfeld aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten doch teilweise sehr weit auseinander zieht und keiner verloren gehen soll. Meist gibt es gegen 13 Uhr unseren Mittagspicknick an einer schönen und geeigneten Stelle, wobei es mit der schönen Stelle nicht immer klappt.

Auch am Nachmittag gibt es weiterhin die Nachschubpausen bis am Ende das Tagesziel erreicht ist. So hat jeder in der Gruppe die Möglichkeit nach seiner individuellen Geschwindigkeit zu radlen und auch die Entscheidungsfreiheit, sich entsprechend seiner Tagesform und -laune ins Fahrzeug zu setzen.

Nach Ankunft wird geduscht, anschließend wird schon eine Möglichkeit für das Abendessen gesucht. Auf dem Lande ist es ganz einfach, es gibt meist nur eine Lokal dafür. In den Städten hat man die Qual der Wahl. Danach wird die von jedem mitgeschleppte Elektronik für Mails und Blogs aktiviert, werden gemachte Fotos gesichtet, Berichte an die Heimat oder Reisetagebuch geschrieben.

Für alles weitere bleibt gerade an langen Tagesstrecken keine Zeit und auch nicht unbedingt die nötige Laune um die im Programm aufgeführten Besonderheiten zu entdecken und zu würdigen. Dies findet dann an den Orten mit Ruhetag oder kurzen Radtagen statt.

Wir sind immer noch in Moskauer Zeitzone, d.h. 1 h vor unserer Sommerzeit in Deutschland. Somit geht 1.000 km östlich von Moskau nun die Sonne gegen 3 Uhr morgens auf, dafür schon kurz nach 20 Uhr unter, da ist für die einheimische Bevölkerung nichts drin mit lauen Sommerabenden.

Dafür ist die Flora gut 4 Wochen später als in Südbayern. Hier in Tartastan stehen gerade die Apfelbäume, der Löwenzahn und der Flieder in voller Pracht, die Maiglöckchen brauchen noch ein paar Tage und die Pfingstrosen bilden gerade erst die Knospen aus. Auf den Feldern keimt das Sommergetreide und der Mais wird gesät. In den Privatgärten werden die Kartoffeln gesetzt.

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Kasan

Tag 53, Ruhetag in Kasan. Von Oliver Schmidt.

Was sind die besten Zutaten für einen Ruhetag in Kasan? Ausschlafen, gut und üppig frühstücken, mit Tatjana, unserer Stadtführerin, durch die über 1000-jährige Stadt schlendern und dabei zwischen den Jahrhunderten schwelgen. Mit einem Kaffee in der Hand die Kazanka in die Wolga fließen sehen und für einen Moment inne halten und sich wünschen noch etwas bleiben zu können …

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Der tatarische Hundertwasser

Tag 52, 49 km von Zelenodolsk nach Kasan, entlang der Wolga. Von Oliver Schmidt.

Eingequetscht zwischen dem Gleisbett der Transsibirischen Eisenbahn und der träge dahinfließenden Wolga windet sich ein schmaler Pfad durch Gartenanlagen und Wochenendhäuschen, dem wir, froh der Magistrale erneut entronnen zu sein, gleich hinter Zelenodolsk folgen.

Ländliche Idylle, mit einem Hauch Bitumen, der von den Bahnschwellen herüberweht, möchte man meinen, doch dann das: eine Art metaphysische Riesenskulptur, der farbenprächtige Tempel der Religionen.

Staroje Arakchino heißt das Dorf und Ildar Khanow der Künstler, der den Bauauftrag des Panoptikums der Sakralarchitekturen im Traum erhalten hatte.

Am nächsten Morgen ging es los und fast 20 Jahre später ist es zu einem imposanten Ensemble der Weltreligionen ausgewachsen. Kuppeln, Türmchen und Zinnen, Minarette und Zwiebelhauben schrauben sich in allen Farben und Formen in den Himmel empor. Überall Kreuze und Halbmonde, Davidsterne und verspielte ägyptische Mosaike. Stände dieses Objekt in Europa, wäre es längst eine Touristenattraktion, doch hier in einem kleinen Dorf an der Wolga kurz vor dem Ural hat die wundersame Bauskulptur nicht mehr Besucherverkehr als das kleine Geschäft schräg gegenüber.

Und die Botschaft ? Gott, gleich in welcher Religion, ist Einer.

Kasan ist nun schnell erreicht. Die kulturelle Vielfalt der Metropole prägt das Stadtbild und begeistert. Hier koexistieren heute friedlich russisch-orthodoxe und muslimische Bevölkerungsgruppen. Selbst im Kasaner Kreml herrscht Einigkeit und Friede: neben dem Regierungsgebäude steht die Maria Kathedrale und die Kul Sharif Mosche, die größte in Russland.

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Republiken ³

Tag 51, 127 km, von Tscheboksary nach Zelenodolsk, Nieselregen, weniger Verkehr. Von Oliver Schmidt.

Es ist Sonntag, und so verwundert es nicht, dass wir vom dichten Verkehr auf der M7 verschont bleiben. Vielleicht ist es auch der kalte Nieselregen, der uns gelegentlich in das Gesicht schlägt, der die motorisierten Wochenendausflügler davon abhält sich auf die Straße zu wagen …

Nach nur wenigen Kilometern beenden wir den Kurzbesuch in der Republik Tschuwaschien, überqueren einen Staudamm über die Wolga und sind in der winzigen Republik Mari El. Unmengen an Geistern und Hexen sollen hier in den Wäldern ihr Unwesen treiben. Und tatsächlich … es wirkt. Die kleineren Straßen die wir nun benutzen können sind wie leergefegt. Das Radfahren wird wieder zum Hochgenuss. Die ausgedehnten zartgrünen Mischwälder, die Balzrufe der Vogelwelt und die sporadischen Ausblicke auf die mächtige Wolga sind Labsal für Körper und Geist nach Tagen im dichten Straßenverkehr.

Unser Tagesziel Zelenodolsk liegt schon in Tatarstan, die dritte bereiste Republik am heutigen Tage. Ihr Charme kann liebevoll mit postsowjetisch bis verkitscht beschrieben werden, aber immer im positiven Sinne …

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Trasse E22 (aka M7)

Tag 50, 103 km, von Worotynez nach Tscheboksary, sehr viel Verkehr auf schlechter Straße. Von Oliver Schmidt.

Schon morgens reihen wir uns erneut mit unseren Gefährten in den dichten Verkehr der Trasse Nr. 7 ein. Der Zustand der Straße variiert stark, hebt die Stimmung aber nicht wirklich. Im Gegenteil. Bodenlose Schlaglöcher und markerschütternde Bodenwellen fordern Mensch und Maschine …

Tscheboksary, die Hauptstadt der autonomen tschuwaschischen Republik, die wir am frühen Nachmittag erreichen, ist für den heutigen Tag unsere Rettung. Welch eine  Augenweide, welch eine Ruhe. Gelegen am lieblichen Ufer der aufgestauten Wolga, mit großzügigen Parkanlagen und wunderbar entspannten Bewohnern.

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Magistrale 7

Tag 49, 154 km, Nischnij Nowgorod – Worotynez. Von Oliver Schmidt.

Nischnij Novgorod konnte lange nicht von uns lassen … denn über 25 Kilometer benötigten wir um ihr zu entkommen und tauschten dann die morgendliche Hektik der Städter gegen die todesmutigen Kraftfahrer, auf der in der Reisegruppe so beliebten und alternativlosen Magistrale Nr.7.

Es schien ein Wettkampf zwischen den Automobilisten entbrannt, in dem es galt dem Radreisenden so nah als möglich zu kommen. Nur Karin und Peter zeigten Vernunft und vertrauten sich die letzten Kilometer Viktor und seinem Gefährt an.

Am späten Nachmittag machte sich Hoffnung und Zuversicht breit, denn nach endlosen Industrieanlagen und stinkenden Erdölraffinerien endlich die ersten ausgedehnten Birkenwälder. Welch wunderbarer Gruß aus den Weiten Sibiriens. Lange Tage, wie heute, auf der russischen Autobahn sind durchaus anstrengend, aber auch nötig um voran zu kommen, und gut zu bewältigen mit der Vorfreude auf den Ural und die sich anschließenden Weiten der sibirischen Wälder …


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Bitte merken Sie sich das Jahr 1221 …

Bilderbuch am Ruhetag unseres 47. Reisetages aus der unteren Neustadt (Ни́жний Но́вгород / Nischni Nowgorod), Postkartenhimmel, Sonne pur. Von Peter Frenzel.

Hier tipp ich also wieder als Novgorod-Bilderbuch-Blogger. 😉
Nach der „Bedeutenden“ sind wir nun inzwischen 4 Radeltagesreisen ostwärts Moskaus in der „Unteren“ unterwegs. Die Stadt hieß ganz früher schon so, dann 1932 bis 1990 Gorki (Го́рький). Am Ruhetag war natürlich Ausschlafen und mal ganz ohne „Zeitdruck“ Frühstücken angesagt.

Viktor fuhr uns mit dem Bus auf die andere Seite der Stadt (und über die hier schon mächtig breite Wolga) in den älteren Teil der 1,2-Millionen-Stadt. Das waren immerhin so 6-7 km!

Wir trafen uns dort mit Elvira Wladimirowna, die uns mehr als 2 h in ausgezeichnetem Deutsch durch ihre Stadt begleitete. Wir merkten sehr schnell, daß sie ihre Heimatstadt tief ins Herz geschlossen hat. Sie betonte auch, daß sie in Gorki aufgewachsen ist und eher nicht glücklich über deren Rückbenennung ist.

Elvira führt uns in die Geschichte Novgorods ein, die um 1221 begann. In wenigen Jahren wird hier also ein runder „Geburtstag“ gefeiert! Elvira fordert uns auf: „Bitte merken Sie sich das Jahr 1221!“ Übrigens, die Geschichte des Kölner Doms begann ebenfalls ungefähr in dieser Zeit.

Apropos feiern. Bevor wir den mächtigen Kreml besichtigen, umwandern wir eine riesige Baustelle auf der Straße und den Platz davor, die auf das „Public Viewing“ für die bald stattfindende FIFA-WM vorbereitet wird. Das neu errichtete Fußballstadion faßt 40.000 Zuschauerinnen, wird aber wohl kaum die Nachfrage decken oder für alle erschwingliche Tickets anbieten.

Wir hören vom Wirken des Großfürsten Juri II. Wsewolodowitsch, vom Einfluß der Großen Zarin Katarina und des noch größeren Zaren Peter I., den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Mächtigen in Wladimir, Moskau und anderswo. Bitte fragt eure Lieblings-WWW-Suchmaschine nach mehr Lesestoff über diese beeindruckende Stadt und ihr bekommt Lesestoff für viele viele Stunden.

Vom Kreml aus hatten wir einen 7-Sterne-Blick auf die Mündung der Oka in die Wolga sowie ins Umland.
In der Ferne war die Nachbarstadt Bor zu sehen und Elvira empfahl, unbedingt mit der Seilbahn über die Wolga dorthin zu fahren. Machten wir also. 2,5 km Promenade hoch über der Wolga bis zur Station und los.

Aber erst ein kleiner Bummel über die Shopping-Mall „Pokrowskaja“, die sich durchaus mit der Moskauer „Arpatskaja“ messen kann einschl. Kaffepause im Marktgetümmel.

Die 3661 m lange Gondelbahn beginnt in Nischni Nowgorod am Hochufer der Wolga in unmittelbarer Nähe einer Busstation. Sie überquert zunächst mit zwei Stützen den Grebnoy Kanal. Von dort steigt sie über einen Seitenarm der Wolga hinweg zur ersten von zwei 82 m hohen Stützen, die auf vier mächtigen Betonfundamenten auf einer oft überfluteten Insel steht. Von dort schwebt sie in einem 900 m langen Spannfeld über den Hauptstrom zu der zweiten hohen Stütze auf dem anderen Ufer. Anschließend überqueren die Gondeln noch die etwa 1,6 km weiten Flussauen bis zu der am Stadtrand an einer der großen Straßen der Stadt liegenden Station Bor.“ (Wikipedia).
Zurück ist es genau so schön und kostet auch nur 100 Rubel pro Nase.

Den Weg zum Hotel zurück rumpeln wir entspannt mit dem 90er Bus und steigen am „Moskauer Bahnhof“ aus.
Das war ein wunderschöner Tag!

Beim leckeren Abendessen im „Afrika“ (da war es gestern schon schön) verabschieden wir uns von Sascha (Danke für die engagierte Begleitung in den zurückliegenden Wochen!) mit einem kleinen „Survival“-Päckchen und begrüßen Oliver, der uns ab morgen versuchen wird beizubringen, wo es lang geht. 🙂

Bilderbuch auf:

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Unser erster platter Reifen

Tag 46, 129 km, Wjasniki – Nischnij Novgorod, gutes Wetter, guter Belag, gut Verkehr. Von Sascha Hechler.

Unsere heutige Tour führte uns zunächst durch die Kleinstadt Wjasniki, an der die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, ohne größere Spuren hinterlassen zu haben, vorbei gegangen ist. Stefan und Gerhard haben sogar eine Stalinbüste entdeckt, die im heutigen Russland eine wirkliche Rarität darstellt. Passanten haben Stefan aber die Echtheit bestätigt.

Weiter ging es in gewohnter Manier auf der M7 Richtung Osten. Bei mir setzte nach einiger Zeit plötzlich eine ungewöhnlich weiche, angenehme Federung ein. Leider währte die Freude nicht lange, denn mein Hinterreifen verlor Luft. Der erste Platte auf dieser Reise wurde durch ein Drahtstück, vermutlich aus den Innereien eines LKW Reifens stammend, hervorgerufen. Dank Gerhards beherzten Eingreifens hatten wir trotz der für mich ungewohnten Roloffnabe und Riemen, schnell einen neuen Schlauch einziehen können.  Obwohl die Räder  wirklich harten Beanspruchungen  durch endlose Schlaglöcher und viele Sandpisten ausgesetzt waren, gab es bisher keinerlei ernste technische Probleme. Chapeau!!

Nach unserem gewohnten Picknick im Wald erreichten wir die Metropole an der Wolga ohne weitere Schwierigkeiten. Bei mir setzte heute beim Radeln schon etwas Wehmut ein, da es meine letzte Etappe mit der Gruppe (und auch mein letzter Beitrag im Blog) war. Morgen Vormittag steht noch eine Führung auf dem Programm, in der uns die lange Zeit für Ausländer geschlossene Stadt näher gebracht wird. Am Nachmittag ist dann jeder auf eigene Faust unterwegs. Oliver Schmidt, der die Gruppe weiter begleitet wird, kommt nachmittags mit dem Zug. Ich fliege am Freitag, während alle Richtung Kasan weiterradeln, nach Berlin zurück, wo meine Firma biss Aktivreisen wartet und ich, Blogbeiträge verfolgend, an die schöne Zeit zurückdenken werde.

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110 km geradeaus und dann links abbiegen

Tag 45, 111 km Wladimir bis Wjasniki, immer entlang der M7, guter Belag, Verkehr, sonniges Wetter. Von Sascha Hechler.

Die Ansage zur heutigen Wegstrecke fiel recht einfach aus: „110 km immer geradeaus nach Osten und dann links abbiegen.“ Das sind schon Sibirische Verhältnisse, aber eine gangbare Alternative war nicht in Sicht.

Genauso sind wir auch gefahren – jeder in seinem Tempo und, wer wollte, immer mal wieder gemeinsame Stopps. Dabei ging es ziemlich flott voran. Wenn man Stefans auf die Straße übertragenen nautischen Kenntnissen folgt lag es an der Bugluftwelle der LKW, die uns mitgezogen hat. Andere haben diesem Effekt weniger Bedeutung beigemessen.

Das Wetter hatte in den letzten Tagen allmählich auf Hochsommer gedreht. Leider haben dies auch die Mücken bemerkt und fühlten sich insbesondere bei unserer heutigen Unterkunft in einem kleinen Waldstück vor der Stadt zu besonderer Aktivität animiert. Karin freut endlich in einer „mückenverseuchten Bude“ zu übernachten. Diese Bezeichnung hatte sie aus einer Reiseerzählung aufgeschnappt und wartete schon seit Tagen, einem Etablissement endlich diesen Titel verleihen zu dürfen.

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Ich will meinen Sandweg zurück

Tag 44; ca. 70 km radeln von Orechovo-Zujevo bis Wladimir auf allem, was Russland in dieser Gegend an Straßen zu bieten hat; warmes, sonniges Wetter. Von Sascha Hechler.

Ich kann kein Dagestanisch“ , stellte Stefan heute Morgen plötzlich beim Frühstück fest. So konnte er sich nur sehr eingeschränkt mit der hübschen Wirtin, die aus dieser russischen Kaukasusrepublik stammte, unterhalten. Er hatte ihr aber irgendwie doch vermitteln können, dass er viel weiter als die anderen gefahren sei, wie sie mir später auf Russisch überzeugt erzählte.

So machten wir uns auf den vorgezeichneten Weg, aus dem ich gestern Nacht mit Viktor noch versucht hatte die absurdesten Passagen irgendwie herauszunehmen ohne nur auf der Autobahn zu fahren zu müssen. Der anfangs liebliche, asphaltierte Waldweg verwandelte sich aber leider bald in eine „Schweinebacken-Trasse„, wie Karin die auch aus der DDR bekannten Betonplattenwege bezeichnet. Während ringsherum die Natur aufzublühen begann, Vögel zwitscherten und ein lieblicher Pinienwaldgeruch einen in südfranzösischen Urlaubserinnerungen schwelgen ließ, wurden wir aufs Heftigste von den Schweinebacken durchgerüttelt.

Nach 20 km endete diese Episode und wir radelten weiter auf einem kürzlich geteerten Waldweg. Dieser wiederum verlor bald seinen Teer und übrig blieb loser Sand. Laut der Karte sollte er asphaltiert sein. Wir kämpften uns noch hartnäckig teils im niedrigsten Gang strampelnd, teils schiebend drei Kilometer bis ins nächste auf meinem Zettel verzeichnete Dorf durch. Hier teilten uns die Einheimischen achselzuckend mit, dass es noch 10 km so weiter geht bis der Teerbelag kommt. Unser Begleitfahrzeug würde da sowieso stecken bleiben. Man riet uns umzukehren. Das taten wir schließlich auch, aber vorher verstauten wir die Räder im Bus. Wir fuhren dann über die zur Autobahn ausgebauten M7 bis ca. 30 km vor Wladimir, von wo wir nach dem Besuch einer Truckerkneipe zu unserem Hotel radelten. Leider wollten auch viele LKW in diese Richtung. Aus dem rauschenden Verkehr in den sicheren Parkplatz einfahrend fasste Peter die Situation perfekt mit den Worten „Ich will meinen Sandweg zurück“ zusammen.

Im Abendlicht haben wir noch einen kleinen Rundgang in der zum Goldenen Ring um Moskau gehörenden Kleinstadt gemacht, bevor wir Italienisch essen gingen.


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