Von Geistern und Dämonen

Tag 176 der Weltreise: 50 km Fahrt von Fengdu nach Fuling mit etwa 500 Höhenmetern bei heftigem Regen. Von Andreas Kraus.

Auf Grund des heftigen Regens fuhren wir heute morgen mit dem Bus zur Geisterstadt von Fengdu. Diese Geisterstadt ist ein daoistisch/buddhistischer Tempel mit seinen Ursprüngen in der Han Dynastie Ende zweites Jahrhundert. Seit behauptet wird, hier befände sich die Pforte zur Unterwelt ist Fengdu zu einem Wallfahrtsort für Daoisten geworden.

Der Tempel strotzt nur so von Geister- und Dämonendarstellungen und besonders drastisch sind die Darstellungen der Höllenqualen. Unterwegs auf dem Rad habe ich mich gefragt, ob Radfahren im Regen auch eine der Höllenabteilungen ist. Nur für Ausländer versteht sich. Als wir von der Besichtigung zurück waren, fuhren ein kleiner Teil von uns trotz des Regens mit dem Rad los und der Großteil der Gruppe wartete auf ihren Transfer nach Fuling.

Unterwegs machten wir eine Stunde Pause in einer kleinen Nudelbude bei zwei alten Ayis, zwei alten Tanten. Die waren natürlich auch mächtig aufgeregt und neugierig, denn man bekocht in dieser Gegend ja nicht täglich #langnasen. Die Suppe tat gut in der nassen Kälte und brachte uns den Rest der Strecke gut durch. Kurz nach 16:00 Uhr waren wir schon im Hotel und konnten uns unter einer heißen Dusche aufwärmen.  Die hatten wir uns auch redlich verdient. Fotos sind heute etwas rar im Blog, wegen des stetigen starken Regens kam die Kamera leider kaum zum Einsatz.

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Wir sind wieder wer

Tag 175 der Weltreise: 95 km Fahrt von Zhongxian nach Fengdu mit rund 1400 Höhenmetern bei bewölktem Himmel und einigen Sonnenstrahlen. Von Andreas Kraus.

Sie gaffen wieder. Unsere chinesische Welt ist wieder in Ordnung. Waren die Menschen von Wanzhou zu weltmännisch um Ausländer anzustarren, erregen wir in Zhongxian nun doch wieder die gewohnte Aufmerksamkeit. Als wir aufbrechen, hat sich wieder eine beachtliche Menschenmenge versammelt um uns beim Präparieren der Räder zuzuschauen und alles fachmännisch zu kommentieren.

Unterwegs ist es nicht anders. Wir fahren auf Nebenstraßen durch jede Menge kleine Dörfer und überall sind die Leute überrascht und teilweise völlig verdattert, dass hier durch ihr kleines unbekanntes Dorf eine Meute Ausländer fährt. Und auch noch mit dem Rad, das ist fast am unglaublichsten. Ein Zirkuselefant auf einem Motorrad würde wahrscheinlich nicht viel mehr Aufmerksamkeit erregen.

Als wir in einem der Dörfer ein Restaurant ansteuern, sind es in erster Linie die Kinder, die völlig aus dem Häuschen sind und um uns herumtoben. Die Erwachsenen stehen in respektvollem Abstand draußen auf der Straße und gaffen herein. Nach diesen Erfahrungen bin ich mir sehr sicher, dass ein Leben als Hollywoodstar nichts für mich wäre.

Die Etappe zieht sich gegen Ende etwas, denn das ewige Auf und Ab zermürbt ziemlich und die anstrengende Etappe von gestern steckt uns auch noch in den Knochen. Wir wollen einfach nur noch ankommen. Nach 95 km und rund 1400 Höhenmetern ist es dann geschafft und wir gönnen uns seit Tagen mal wieder ein Schmutzbier. Angenehme Traditionen muss man einfach bewahren.

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Ja wo gucken sie denn?

Tag 174 der Weltreise: 107 km Fahrt von Wanzhou nach Zhongxian mit rund 1800 Höhenmetern bei bewölktem Himmel und ein wenig Regen. Von Andreas Kraus.

Das Hotel in Wanzhou und seine Belegschaft ist wirklich sehr nett. Auf unsere Bitte hin bereiteten sie das Frühstück eine halbe Stunde früher vor, damit wir um 08:00 Uhr würden abfahren können. Überhaupt ist das Hotel anscheinend nagelneu und sehr geschmackvoll eingerichtet. Zwar ist der Eingang und einer der Aufzüge etwas arg unscheinbar und eher schrottig, aber wenn man es mal bis in die Lobby im 11. Stockwerk geschafft hat, offenbart sich ein sehr schnuckeliges, stilvolles und blitzsauberes Hotel. Als wir mit dem Frühstück fertig waren und mit den Koffern zu den Rädern in die Tiefgarage fuhren, kam die Chefin persönlich mit und verabschiedete uns. Toller Service!

Die Etappe war heute deutlich urbaner als die Tage zuvor. Bislang fuhren wir oft kilometerweit durch relativ einsame Landstriche aber heute hörte die Bebauung eigentlich kaum auf. Im Grunde fuhren wir von einem Dorf in das nächste. Überhaupt ist hier in der Region um Wanzhou eine quasi großstädtische Gelassenheit zu spüren. Insbesondere merkt man das daran, dass wir nicht mehr so angeglotzt werden und die Leute nicht mehr alle 2 Minuten fragen ob sie mit uns ein Foto machen können. Wir werden fast schmerzlich ignoriert.

Um die Mittagszeit fing es dann an zu regnen und wir waren froh, relativ bald in einem kleinen Restaurant einkehren zu können, das unsere Begleitmannschaft ausfindig gemacht hatte. Es gab Nudelsuppe oder gebratene Kartoffeln. Das bringt einen über die nächsten 50 km . Denn heute war die Etappe wieder recht anspruchsvoll. 107 km mit 1800 Höhenmetern ist kein Pappenstiel. Das ständige Auf und Ab zermürbt ganz ordentlich und macht über kurz oder lang die Beine schlapp.

So waren auch alle froh, als wir kurz nach 18:00 Uhr diese anstrengende Etappe hinter uns hatten und im Hotel einrollten. Zum Abendessen wollte keiner mehr weit laufen müssen mit seinen schweren Beinen, deshalb wählten wir das erstbeste Restaurant, das groß genug war um uns alle 14 zu bewirten. Es gab genug gekühltes Bier und das Essen war auch lecker. Was will man mehr? Schlafen werden wir heute Abend sicher alle gut und morgen wieder ausgeruht an die nächste schwierige Etappe gehen.

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In der Ursprungsregion des chinesischen Fondues, des Huoguo

Bilderbuch am Tag 174 der Weltreise in Wanzhou, wolkig, sommernieselregnerischwarm. Von Peter Frenzel.

Höhepunkt des gestrigen Abends war ja, wie Andreas berichtet hatte, unser Feuertopfessen. Es ist fast unmöglich, in Wanzhou ein lokales chinesisches Restaurant zu finden, in dem es auch andere Gerichte gibt. Tradition eben.

„Wie Texte belegen, sind erste Beweise für die Zubereitung von Huoguo in der chinesischen Kultur in der Zeit der Nord- und Süd-Dynastien im 5. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung zu finden, als umgebende Völker diesen nach China brachten. In den Anfängen benutzte man einen dickbauchigen Topf aus Kupfer mit großer Öffnung. Gemäß einer anderen Ansicht entstammt der Huoguo einer Gewohnheit der Treidler des Gebietes Chongqing, die verschiedene übrig gebliebene Gemüse vermischten und heiß aßen, wobei die eigentlichen Absichten Sparen und schnelle Zubereitung waren. Später, da man erkannte, dass die Zubereitungsart den Bewohnern des feucht-kühlen Chongqing im Winter Wärme brachte, fügte man allmählich Aromastoffe und Gewürze hinzu, um den Geschmack des Gerichtes zu verbessern.
Über den tatsächlichen Ursprung des Huoguo wird gestritten. Aber darüber, dass die berühmteste Art des Huoguo (Sichuan-Art des Huoguo) am stärksten in Sichuan verbreitet ist besteht kein Zweifel. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wanderten viele Sichuaner und Chongqinger Köche aus den Gebieten aus und in China herum, deshalb verbreitete sich der Huoguo in allen Städten des ganzen Landes.
Der originale, in der ersten Phase bestehende Huoguo (Feuertopf) war ein Steinguttopf, der auf schwarzer Eichenholzkohle brannte. Erst nachdem der Huoguo zum populären Gericht in China geworden war und auch zum Verkauf angeboten wurde, wurde ein Metalltopf verwendet und mit Flüssiggas oder auf einer Elektroherdplatte gekocht. Aber die Suppengrundlage des Huoguo hat immer noch die Eigenarten die ihm die Chongqinger und Sichuaner Köche gegeben haben.“
Regionale und internationale Varianten heißen zum Beispiel Malaguo, Shuanyangrou, Yuanyangguo, Suancai-bairou-guo , Qingguo, Zuijiguo, Hanshi paocai guo, Rishi shuanshuan guo, Sinseollo, Nabemono (Sukiyaki, Mizutaki, Yosenabe, Shabu shabu) und Mu kratha (Tom Yum Goong, Thai Suki).
Hobbyköche und -innen bitte hier weiterlesen: Feuertopf
Wo und wie ihr die schärfsten Rezepte findet, muß ich euch sicher nicht aufschreiben. ?

Feuertopf kannte ich schon, von Wanzhou hatte ich noch nie gehört oder gelesen, außer natürlich im Reiseprogramm der Radweltreise von China By Bike. ? Dabei kann es ebenfalls auf über 2000 Jahre Geschichte zurückblicken.
Karin K. hatte diesmal DEN Supertipp: In der „ENCYCLOPÆDIA BRITANNICA“ nachschlagen! (Wanzhou (Britannica))
Aber auch Wikipedia ist z.T. gut informiert.

Die heutige Region und Stadt Wanzhou oder auch Wan-chou war anfangs Teil eines Distrikts der Qin Dynasty und ab 216 des Yangqu-Distrikts der östlichen Han Dynasty. 230 wurde es Nanpu, 553 Yuquan, 557 Anxiang, 584 Wanchuan und 598 wieder Nanchang benannt. Könnt ihr noch folgen?
Ab 1373 trug sie den Namen Wanxian.
Im 19. Jahrhundert war es (in englisch) als Wanhsien und Wan County bekannt und hieß ab 1935 Wanxian Zhuanqu.
Durch ein Chinesisch-Britisches Handelsabkommen wurde die Stadt 1902 für den internationalen Handel geöffnet.
In den Kriegswirren des Chinesisch-Japanischen Krieges (1937–45) wurden sogar Industrieanlagen von Wuhan und Shanghai hierher evakuiert, aber danach wieder zurück verlagert.
Nach 1949 begann Wanxian wieder zu wachsen und der Flußhafen wurde ausgebaut. Neue Brücken erleichterten die Flußüberquerung. Eine ganz neue ist kurz vor der Fertigstellung. 2002 kam eine wichtige Eisenbahnverbindung dazu.
Wanxian wurde 1997 ein Distrikt der Provinz Chongqing. Das hängt auch wieder mit dem 3-Schluchten-Stauprojekt am Yangtze, also dem Chang Jiang zusammen. Mit der damit verbundenen „Gebietsreform“ wurde es von der Provinz Sichuan abgetrennt.

Die Stadt wurde in den letzten Jahren neu und ausgebaut, denn 47% des ursprünglichen Stadtgebietes versanken im „Stau-Reservoir“.
Heute leben hier mehr als 2 Millionen Menschen.
1998 erhielt sie dann den heutigen Namen Wanzhou.
(1, 2, 3, 4)

Beim gemeinsamen Stadtbummel bekamen wir einen kleinen Eindruck vom pulsierenden Leben entlang der Straßen beiderseits des Flusses und einen guten Überblick von hoch oben, vom Hügel auf dem wir uns den buddhistischen AmitabhaTempel anschauten.

Wanzhou – Bilderbuch auf:

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Die Glorreichen Sieben

Tag 173 der Weltreise: 60 km Fahrt von Yunyang nach Wanzhou mit rund 860 Höhenmetern bei strömendem Regen.

Gewitter! Die ganze Nacht hindurch donnerte und blitzte es und noch bis in den Vormittag hinein rumpelte es am Himmel. Sieben wackere Reiter sattelten ihre Räder und ritten hinaus in den prasselnden Regen. Hier in der Region sind sie nun als die „Glorreichen Sieben“ bekannt. Wo sie auch entlang fuhren wurden ihnen emporgereckte Daumen entgegen gestreckt. Soweit die Legende. Der Rest der Truppe fuhr heute mit dem Bus. Die einen wollten sich die Berg- und Talfahrt im strömenden Regen nicht antun, andere hatten Bedenken wegen des Gewitters. Da die Kapazitäten der Begleitfahrzeuge begrenzt sind, musste der kleine Bus zweimal fahren und der PKW mit unserem unerschrockenen Fahrer Xiao Lei folgte uns in die Wildnis von Chongqing.

Das Streckenprofil war wie die Tage zuvor auch schon, es ging permanent bergauf und bergab. Da selbst Helden wie die „Glorreichen Sieben“ einmal Hunger bekommen, kehrten wir für ein paar Nudelsuppen bzw. gebratene Kartoffeln in einen kleinen Saloon unterwegs ein. Bis zum Ziel waren es dann nur noch 25 km. Wir kamen in Wanzhou sogar noch vor der zweiten Busladung unserer Gruppe an. Das nenne ich mal heldenhaftes Radeln!

Am Abend ging das Heldentum gleich weiter. Wir aßen Feuertopf. In der Geburtsstadt des Feuertopfs, des chinesischen Fondues, ein kulturelles Muss! Nach dem Genuss hätten wir alle als Feuerspucker auftreten können, denn hier im ehemals zu Sichuan gehörigen Wanzhou wird nicht an Chilis und Sichuanpfeffer gespart. Der Wanzhou-Feuertopf ist nichts für Weicheier.

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Vorhang auf, die Show beginnt

Tag 172 der Weltreise: 70 km Fahrt von Guling nach Yunyang mit rund 1100 Höhenmetern bei ausgezeichnetem Wetter. Von Andreas Kraus.

Der Morgen begann wie der Abend endete, mit einem beeindruckenden Auflauf an Menschen vor dem Frühstücksladen in dem wir unsere Wantan Suppen schlürften. Etwa 50 Leute starrten durch die Panoramascheiben des Ladens und bestaunten die Alien-gleichen Langnasen, die eine Laune des Schicksals ausgerechnet in ihr kleines Guling geweht hatte.

Als wir uns auf dem Rückweg dem Hotel näherten, stand bereits ein Menschentraube vor dem Hotel und fieberte unserem Aufbruch entgegen. Langnasen auf dem Fahrrad das ist schon sensationell. Fast so gut wie Langnasen, die sich schwitzend mit Essstäbchen abmühen. Irgendwann hatten wir das Spießrutenlaufen dann hinter uns und saßen wirklich in den Sätteln und fuhren der Sonne entgegen.

Und gleich stellten sich uns die ersten Höhenmeter in den Weg die es zu erklimmen galt. Man sollte meinen, dass wir darin mittlerweile schon eine gewisse Routine hätten, aber die Anstiege machen uns doch immer wieder auf’s Neue zu schaffen. Landschaftlich war die Etappe wieder sehr reizvoll. Wir fuhren durch jede Menge Obstplantagen, insbesondere Orangen und Mandarinen werden hier massenhaft angebaut. Nach rund 42 km kehrten wir in einem kleinen Örtchen ein und genossen unsere wohlerarbeitete Nudelsuppe. Die restlichen 28 km waren fast ein Klacks. Wenn nicht doch ein paar gemeine Anstiege uns das radeln schwer gemacht hätten.

Alles in allem rollten wir aber doch sehr zeitig in unserem Domizil in Yunyang ein. Yunyang ist eine kleine aufstrebende Kreisstadt. Der gesamte Kreis hat etwas über 900.000 Einwohner, also für chinesische Verhältnisse wirklich eine Kleinstadt. In China ist aufgrund der Massen alles etwas größer dimensioniert als bei uns. Man sieht, die Urbanisierung hier im Lande schreitet mit großen Schritten voran. Aber trotz städtischem Flair, kamen wir nach unserem Abendessen um das mittlerweile vertraute Gruppenfoto-Shooting mit den Restaurant-Leuten nicht herum.

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Instantnudeln, Matsch und Höhenmeter

Tag 171 der Weltreise: 82 km Fahrt von Fengjie nach Guling mit 1500 Höhenmetern bei Regen mit Unterbrechungen. Der Blog, heute geschrieben von Rudi Schneider:

Nach einem für chinesische Verhältnisse ausgiebigem Frühstück verabschiedeten wir uns von den Hoteldamen, die uns so lieb gewonnen hatten, dass sie uns noch bis zur Straße begleiteten. Der Tag begann regnerisch und blieb auch so bis zur Mittagsstunde. Wir überquerten den Yangzi über eine eindrucksvolle Brücke und verließen bald die Hauptverkehrsstraße. Wir konnten uns über eine sehr ruhige Straße freuen. Der Nachteil war natürlich der Zustand der Straße. Durch das langsame Absacken des Hangs war zumeist ein Teil der Straße von Rissen und tiefen Löchern durchzogen. Hoch und runter ging es am Südufer des Yangzi durch verschlafene Dörfer in denen wir wie immer eine Attraktion darstellten. Allmählich machte sich Unruhe breit, da allen Teilnehmern klar war, dass es unwahrscheinlich war, eine ordentliche Nudelbude zu finden. Auf ein Mittagessen verzichten kam jedoch nicht in Frage und so wurden kurzerhand Instantnudeln im Dorfkiosk gekauft und mit heißem Wasser aufgegossen. Das war sicherlich nicht jedermanns Sache, aber bändigte zumindest den Hunger etwas. Auch hier versammelte sich das halbe, wenn nicht das ganze Dorf um uns beim Essen zuzugucken. Ein Vergnügen, das uns am Abend auch noch ereilen sollte. Das Südufer des Yangzi ist in dieser Gegend erstaunlich dünn besiedelt und die steilen Abhänge boten wenig Platz für den Gemüseanbau. Das schreckt die Einheimischen jedoch nicht davon ab, jeden Quadratmeter auszunutzen. Sei es für den Anbau oder als Weide für Ziegen und Kühe.

Die Strecke war durchaus eine Herausforderung aufgrund der sehr holprigen und matschigen Passagen die heute rund 60% der Strecke ausmachten, belohnte aber immer wieder mit wunderschönen Ausblicken auf den langen Fluss, wie ihn die Chinesen nennen. Am frühen Abend erreichten wir dann Guling, wo sich bei unserem Anblick eine große Menschenmenge versammelte. Viele der Gesichter sollten wir dann noch einmal beim Abendessen wiedersehen. Zuerst waren es nur ein paar wenige, nach und nach schien sich unsere Anwesenheit aber rumzusprechen und eine größere Gemeinschaft von bald 40 Leuten versammelte sich um unsere zwei Tische um uns beim Essen zuzuschauen. Viele Fragen wurden an uns gerichtet, von denen leider nicht alle beantwortet werden konnten, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der lokale Dialekt äußerst schwer verständlich ist. Nach und nach legte sich jedoch die Neugier und nachdem genug Fotos gemacht wurden, Babys auf den Arm genommen, Körpergrößen verglichen und Hände geschüttelt wurden, ging jeder wieder seiner Wege. Ein kleiner Bummel durch die Stadt brachte nur wenig aufregendes zu Tage. Guling ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Kleinstadt und die meisten Läden hatten kurz nach acht bereits zugemacht. Nur die Mahjiangzimmer waren noch hell erleuchtet. In China zockt man halt für sein Leben gern.

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Eine untergegangene und neu „aufgetauchte“ Stadt an der Schlucht auf dem neuen Zehner

Bilderbuch am Tag 170 der Weltreise in Fengjie, wolkig, ein paar Regentröppelchen, aber sommerlich schwühlwarm. Von Peter Frenzel.

Die Herausforderung wächst, Informationen über die Orte zu finden, die wir bei unserer Reise länger als eine Nacht besuchen.

Fengjie wird z.B. nicht zuerst als Stadt sondern mehr als Gebiet mit 30 Großgemeinden und Gemeinden wahrgenommen:
Der Kreis Fengjie liegt im Osten des Verwaltungsgebiets von Chongqing. Er hat eine Fläche von 4.087 km². 2010 wurden im Kreis Fengjie fast 900.000 Einwohner gezählt.
(Fengjie County, Fengjie Deutsch, Fengjie ,Fengjie1)

Fengjies Geschichte reicht weit über 2000 Jahre zurück. Die Zeit der Streitenden Reiche (220-280) hat auch hier ihre Spuren hinterlassen. Damals wurde Fengjie von Yufu zu Yongan umbenannt. In der Song Dynasty (960-1279) bekam sie dann ihren heutigen Namen zurück.
In den Stauseefluten ist wohl auch die Klärung mancher Mythen untergegangen.

Andreas kennt diese Geschichte:
Liu Bei (161-223) gilt als der Begründer der Shu-Han Dynastie. Er behauptete mit dem Herrscherhaus der gerade untergegangenen Han Dynastie verwandt zu sein, also ein quasi legitimer Nachfolger zu sein. Liu Bei erlangte großes Ansehen bei der Bekämpfung des Aufstandes der „Gelben Turbane“ Ende des 2. Jahrhunderts. Nach dem das Han-Reich offiziell zerfallen war, rief er sich zum Kaiser aus und nannte sein Reich Han. Zur Unterscheidung von der vorherigen Han Dynastie wird das Reich im Allgemeinen Shu Han genannt. Liu Bei starb zwei Jahre nach Gründung des Reiches beim Rückzug von einem katastrophalen Feldzug gegen seinen ehemaligen Verbündete Sun Quan König des Reiches Wu.

Ein evtl. weiteres Beispiel: Cao Cao.
Cáo Cāo (Ts’ao Ts’ao) war ein chinesischer General, Stratege, Politiker, Dichter und Warlord während der späten Han-Dynastie. Er errang die Herrschaft über ganz China nördlich des Jangtsekiang und übte sogar großen Einfluss auf den Kaiser aus.
(Die Geschichte der drei Reiche)
Cao Cao gilt in China als grausam und verschlagen. Das Sprichtwort: „Wenn man von Cao Cao spricht, dann kommt Cao Cao.“ hat in China die Bedeutung: „Wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er auch.“

In der Stadt selbst wohnen heute ca. 300.000 Menschen, weiß auf Nachfrage die freundliche Dame an der Hotelrezeption. Das sind weniger (!) als vor der Umsiedlung durch das Fluß-Stau-Projekt, erfahren wir von Andreas. Der ist heute – ja natürlich sonst auch ? – unser besonderer Glücksfall, denn seine damalige Magisterarbeit beschäftigte ihn mit eben dieser „Drei-Schluchten-Problematik“.

Die Stadt Fengjie, wie viele weitere Orte auch, wurde vor wenigen Jahren quasi neu gebaut, denn frühere Teile liegen jetzt mindestens 50 Meter unter Wasser. Hier beginnt das Staugebiet des „Drei-Schluchten-Stausees“. Eine kleine Bus-Boots-Tour bringt uns näher heran. Wir fahren vom Hotel zur Anlegestelle und dann ein kurzes Stück in die erste Schlucht, die Qutang-Schlucht (auch: Kui-Schlucht) hinein. Sie ist mit 8 km die kürzeste der drei Schluchten, aber sogar auf der neuen 10 Yuan-Note abgebildet. Die anderen beiden (sooo weit kamen wir leider nicht) heißen Wu-Schlucht (Hexenschlucht, 44 km lang) und Xiling-Schlucht (Westhügel-Schlucht, 66 km lang).
Mehr Lesestoff dazu siehe u.a.: Drei Schluchten und Three Gorges.

„Bitte gut festhalten“, empfiehlt uns unsere nette Begleiterin, „denn die Straße ist nicht so gut und es hoppelt etwas“.
Na klar, DIE Straße kennen wir schon, denn über die mußten wir gestern die letzten Kilometer mit dem Fahrrädern fast bis zum Hotel „hoppeln“.
Hat sich echt gelohnt, der Ausflug. Siehe Bilderbuch.

Die 175-Meter-Marke am Ufer ist die maximale Stauhöhe. Zur Zeit ist der Pegel deutlich niedriger geregelt, was an den Felsen sehr gut erkennbar ist.

Der Jangtsekiang, auch kurz Jangtse oder Yangtze heißt übrigens wirklich und offiziell Chang Jiang ( = Langer Strom / Langer Fluss, kurz: Jiang). Wußtet ihr das – wie ich – auch nicht? Er ist mit 6380 Kilometern (2800 Kilometer schiffbar!) der längste Fluss Chinas und der längste Fluss Asiens; nach dem Nil und dem Amazonas somit der drittlängste Strom der Welt.
(Jangtse kiang)

Zum Namen Yangzi kam der Fluß durch die Engländer. Der Changjiang hat regional viele Namen wie z. B. Tiantong He, Jinsha Jiang, Chuan Jiang oder Yangzi Jiang um nur einige zu nennen. Die Engländer, die im Flussdelta bei Shanghai Handel trieben fragten die Menschen dort wie denn dieser imposante Fluß hieße und die Leute nannten ihnen natürlich den regionalen Namen des Flusses, eben Yangzi Jiang. So wurde von den Engländern der Name Yangzi Jiang oder in der alten Lautschrift Yang-Tse-Kiang in der Welt verbreitet.
(Danke Andreas für den Input ? )

Fengjie- und Qutang-Schlucht-Bilderbuch auf:

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Runter an den Yangzi sollte sich eigentlich anders anfühlen

Tag 169 der Weltreise: 98 km Fahrt von Wuxi nach Fengjie mit 1929 Höhenmetern bei bedecktem Himmel und einigen Sonnenstrahlen. Von Andreas Kraus.

In den meisten Fällen wurde uns bei heftigen Anstiegen vorher eine kleine Warmradelphase gegönnt. Nicht so heute. Wir waren noch nicht mal aus der Kleinstadt Wuxi heraus da fing bereits die Steigung an. Und zwar hatten wir heute gleich zu beginn die längste der heutigen Steigungen. Auf 16 km kamen 850 Höhenmeter in einem Rutsch. Und das gleich nach dem Frühstück. Das war hart.

Nach einer kurzen Abfahrt von etwa 350 Höhenmetern kam der zweite Anstieg von 250 Höhenmetern auf 6 km und im späteren Verlauf der Strecke hatten wir noch weitere 4 Anstiege zu bewältigen, so dass wir auf 1929 Höhenmeter kumuliert an diesem Tag kamen.

Auf dem ersten Pass mussten wir feststellen, dass bei Reinold eine Speiche gebrochen war. Das Ersatzrad war leider mit dem Begleitbus vorausgefahren um das Gepäck ins Hotel zu bringen und leer wieder zurück zu kommen um mehr Platz zu haben, falls jemand in den Bus steigen müsste. Da wir nun das Hinterrad von Reinold nicht wechseln konnten, fuhr er kurzerhand mit Rudis Rad weiter und Rudi setzte sich ins Begleitfahrzeug. Das tat Rudis lädiertem Knie sicher gut, diese Etappe nicht fahren zu müssen.

Von den Bergrücken über die wir uns schlängelten, konnten wir irgendwann die Meixi-Fluss sehen. Dieser mündet dann bei Fengjie in den Yangzi. Von da an wussten wir, dass das Ziel nicht mehr fern ist. Im Grunde fuhren wir ja eigentlich runter zum Yangzi, nur, dass es sich überhaupt nicht so anfühlte. So viel bergauf waren wir nur selten gefahren. Kurz vor dem Ort ging es dann aber doch noch den ein oder anderen Höhenmeter nach oben und die letzten 10 Km war die Straße so kaputt, dass es die reinste Rütteltour wurde und zwar für Fahrräder und Autos gleichermaßen. Im Hotel angekommen, hatten wir uns unser Schmutzbier redlich verdient.

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Im Drei-Provinzen-Eck

Tag 168 der Weltreise: 97 km Fahrt von Zhenping nach Wuxi bei kühlen Temperaturen, bedecktem Himmel und einigen Regenschauern. Von Andreas Kraus.

Als wir starteten war es noch trocken. Aber das änderte sich. Leider mitten am Berg, als wir uns den 11 km langen Aufstieg hinauf kämpften. Den Berg hinauf fuhren wir ein Stückchen durch die Provinz Hubei. Gestartet waren wir in Shaanxi und auf dem Pass überquerten wir die Grenze von Hubei nach Chongqing, die mit 30 Millionen Einwohnern inzwischen größte Stadt Chinas. Three in one, eine Radtour, drei Provinzen und alles an einem Tag! Das muss uns erst mal einer nachmachen!

Die Abfahrt war der Wahnsinn. Die Landschaft war sehr schön und durch die tief hängenden Wolken sehr mystisch anmutend. Man hätte im Grunde alle paar hundert Meter anhalten können um ein Foto zu machen aber man wollte ungerne die Fahrt abbremsen. So rauschten wir etwa 30 Kilometer bergab. Kurz nach der Abfahrt kehrten wir ein für eine Nudelsuppe, die heute ausgesprochen lecker war.

Der Rest der Strecke war ein stetiges Auf und Ab das aber tendenziell bergab ging. Kurz vor unserem Ziel war eine Brücke auf unserer Strecke abgerissen worden, so dass wir eine Alternativ-Strecke fahren mussten. Es ging durch einen Tunnel und nochmal einen kurzen aber knackigen Anstieg hinauf bevor wir hinab in den Ort und zum Hotel rollten.

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