Ein erster Tag im Radfahrparadies

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

102 Kilometer mit leichtem Rückenwind durch wunderschöne Wiesenlandschaften von Suchbaatar nach Darchan mit legeren 610 Höhenmetern.

Was für ein Sonnentag, der blaue Himmel strahlt und die Sonne lacht, doch am Morgen ist es noch recht frisch. Wir verlassen das Städtchen in Richtung Grassteppe und die Landschaft ist von Anfang an wunderschön. Es gibt keine Häuser und Siedlungen und auch nur wenige Jurten, dazwischen nichts als weite hügelige Landschaften pur. Blumen blühen am Straßenrand und die Wiesen leuchten in bunten Farben. Ab und zu gibt es ein wenig Nadelholz, manchmal einen kleinen Wald. Der leichte Rückenwind macht das Fahren zum reinen Vergnügen, auch wenn es ab und zu einen Hügel hinauf geht. Hinter den ersten Hügeln wird die Landschaft offener und die Landschaften werden viel weiter, die Straße führt unendlich lange geradeaus.

Mitten in der Landschaft treffen wir wieder auf die Bahnlinie nach Ulaan Baatar und es gibt zwei kleine Häuser, in denen einfache mongolische Gerichte serviert werden, die aber ungemein lecker sind. Dabei ist die Auswahl nicht einmal groß, entweder gibt es ein Nudelsuppe oder gebratene Nudeln. Wir räumen einen der beiden Tische des Lokals ins Freie und genießen unser Mahl in der warmen Sommersonne, während der Haushund mehr oder weniger ungeduldig auf unsere Reste wartet. Dann geht es weiter durch die grüne Landschaft, bis am Nachmittag dann wieder erste Häuser auftauchen, wir nähern uns der zweitgrößten Stadt des Landes, Darchan, die ca. 200.000 Einwohner hat. Am Rande der Stadt dominieren die Jurtenviertel, das heißt in jedem der umzäunten Gärten stehen eine Jurte und dazu ein kleines Haus. Die Stadt wächst in alle Richtungen. Mugi, die hier geboren wurde erzählt uns, welche Viertel es hier in ihrer Kindheit überhaupt noch nicht gegeben hat. Auch ein paar Betriebe gibt es in der Stadt, aber zu sozialistischen Zeiten sei es mehr gewesen.

Einen halte machen wir auf einem Hügel. der Alt-Darchan von Neu-Darchan trennt, dort gibt es einer großen Buddha-Skulptur, die von acht kleinen Stupa umgeben ist. Ab und zu pilgern hier auch ein paar Mongolen vorbei und spazieren dann weiter über eine große Brücke zu einem kleinen Park mit einem Reiter auf einem Sockel. Der stürmische Reiter im Galopp hält das traditionelle Musikinstrument der Mongolei in den Händen, die Pferdekopfgeige. Zum Denkmal gehört ein altes Märchen von einem Mann, der eine Frau und eine Geliebte hatte. Eines Tages musste der Mann wieder zurück zu seiner Familie und Frau, weshalb ihm die Geliebt ein gelbes Zauberpferd mitgab, mit der er über die lange Distanz im Handumdrehen zu ihr reiten konnte. Sie warnte aber ihren Geliebten, dass ihm niemand auf dem fliegenden Pferd sehen dürfe, deshalb solle er es beim Losreiten und Ankommen bei seiner Frau wie ein normales Tier reiten. Die Dreiecksbeziehung funktionierte so auch einige Jahre recht gut, bis der Mann doch einmal vergaß seine fliegendes Pferd rechtzeitig auszubremsen und seine Frau, die dies beobachtete, ahnte sofort den Zusammenhang, weshalb sie das gelbe Pferd tötete, so dass ihr Mann nicht mehr des Nachts zu seiner Geliebten entschwinden konnte. Aus Verzweiflung und Trauer baute der Mann sich eine Geige, die er mit einem Pferdekopf schmückte und mit Rosshaar bespannte. Noch heute kann man beim Klang der Pferdekopfgeige, die nur von Männern gespielt werden soll, seinen Schmerz und seine Trauer spüren.

Abends gibt es nicht mehr viel zu tun, als im Restaurant nebenan auf das Essen zu warten und dabei ein paar „Dschingis“ Bier zu trinken. Inzwischen wird es langsam dunkel und empfindlich kühl. Der Unterschied zwischen der Tages- und Nachttemperatur ist hier in der Mongolei viel größer als zu Hause.


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Neues Land – neues Glück

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Nur 28 km über die mongolische Grenze von Kjachta nach Suchbaatar, erstes mongolisches Mahl und Spaziergang durch das Städtchen

Am Morgen stehen wir relativ zeitig an der Grenze und dort öffnet gerade das Lokal, also investieren wir unser russisches Kleingeld noch in ein eierhaltiges Frühstück und verabschieden uns von unserem Fahrer Peter. Unser Dank gilt hier auch noch einmal Gerhard Nenke in Leipzig mit seinem Reisebüro Weit-Blicke, der uns die russischen Visa besorgt hat und den russischen Teil unserer Reise organisiert hat, ebenso wie Julia von Baikal-Kanikului, die mit der praktischen Abwicklung unseres Russlandtrips beschäftigt war. Bolschoi Spassibo! Es hat alles wunderbar prekrasnui geklappt und wir haben viele Eindrücke und Erlebnisse mitgenommen.

An der Grenze treffen wir einen schwedischen Österreicher, der seit Mai mit dem Rad von Stockholm hierher unterwegs war, Wilfried. Natürlich kommen wir unverzüglich ins Gespräch. Wilfried ist Lehrer und hatte vor vielen Jahren mal eine Liste gemacht, auf welcher er notiert hatte, was im Leben noch zu tun sei. neben dem Bau eines Hauses, was er in den letzten Jahren verwirklicht hat, stand dort auch eine Fahrradweltreise und diesen Traum verwirklicht er nun jetzt. Außerdem will er seinen Schülern zeigen, dass man auch mit emissionsfreiem Reisen um die ganze Welt kommt (travellingwithoutemissions).

Der Abschied vom russischen Bären geht schnell. In diesem Jahr lässt man uns vor der Grenze nicht warten, sondern wir werden gleich herein gewunken. Nach 20 Minuten haben wir die russischen Formalitäten hinter uns gelassen und noch einmal solange brauchen die Mongolen, um uns reinzulassen. Alles läuft ohne Probleme ab. Und wir tauschen unsere Rubel in die neue Währung, den Tugruk. Für einen Euro gibt es dafür 1650 Tugruk.

Auf der anderen Seite wartet Mugi von Mongolei Reise auf uns. Dabei hat sie Alga, unseren netten Fahrer vom Vorjahr und sie wartet schon mit einem Kaffee auf uns. Eine Stunde haben wir gewonnen und so sind wir heute noch sehr zeitig dran. Nur 28 Kilometer sind es bis nach Suchbaatar, noch ist die Strecke nicht spektakulär, es geht durch eine Grasebene in die kleine Stadt mit ca. 20.000 Einwohnern. Das Hotel ist unerwartet schick, es hat gerade eröffnet, lediglich das warme Wasser funktioniert nicht. Wir starten zu einem kleinen Rundgang durch das Städtchen und am Markt gibt es einen kleinen Zwischenfall. Ich kenne die Mongolen als sehr fotofreundlich, man kann überall gut fotografieren und die Leute haben auch Spaß daran. Nicht so ein mongolischer Händler, der aufspringt und mir die Kamera aus der Hand reißen will. Er ist unheimlich aggressiv und lässt sich kaum beruhigen, auch als ich anbiete die Bilder sofort zu löschen, aber selbst das lässt er nicht zu und beginnt eine Rangelei. Dann können wir ihn beruhigen und die Situation entspannt sich wieder.

In einem kleinen Laden bekommen wir eine gute Mahlzeit mit Rindfleisch und Nudeln und einer tollen Kimchi-Suppe, das koreanische eingelegte Gemüse hat auf seinem Siegeszug um die Welt also auch die Mongolei erreicht.

Das Städtchen ist obgleich seiner niedrigen Einwohnerzahl Provinzhauptstadt und obwohl es vorwiegen Holzhäuser im russischen und Betonbauten im sozialistischen Stil gibt, also wie in Russland, macht alles einen etwas saubereren und gepflegteren Eindruck als auf der anderen Seite der Grenze. Auf einem Hügel am Rande der Stadt gibt eine moderne Skulptur einer mongolischen Prinzessin, verkörpert ist keine besondere Person, sondern die Stellung der Frau in der Mongolei soll damit betont werden. Einen schönen Blick hat man über die Grassteppe, gleich am Stadtrand hinter der Eisenbahn stehen ein paar Jurten und die Viehherden weiden in der Nähe. Auf dem Rückweg durch die Gassen fällt ein Auto besonders auf, nicht nur wegen seines sportlich-proletarischen Tunings, sondern wegen seiner Bemalung, auf der einen Seite ein Indianerkopf, auf der anderen eine Reichkriegsflagge mit Hakenkreuz, die hier definitiv kein buddhistisches Symbol darstellen soll. Aber mit dem Wiederaufleben eines starken Nationalismus in der Mongolei, in der nachsozialistischen Zeit kam auch Dschingis Khan wieder zu Rang und Ehre, fällt wohl auch schon einmal ein stumpf-dumpfer Blick auf andere historische Führungsfiguren in der Weltgeschichte. Mugi versichert uns, dass es sich um Sicherheit um einen Idioten und Einzelfall handelt.

Beim Abendessen probieren wir dann Dschingis Bier, welches sehr erfrischend und lecker ist, und am Abend bin ich mit Alga, unserem Fahrer, auf einem Zimmer und wir probieren dann einen kleinen Schluck des „Dschingis“ Wodkas. Damit lässt sich die Kommunikation dann etwas ankurbeln, denn wir haben keine einzige Sprache gemeinsam, trotzdem funktioniert es ganz gut, auch über die Olympischen Spiele in London, nach zwei Runden im Boxen liegt der mongolische Boxer vorn, muss aber leider in der dritten Runde zuviel vom Litauer einstecken und verliert den Kampf. Darauf brauchen wir dann noch einen Schluck vom „Dschingis“.


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Der letzte Schritt in Russland

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

128 km von Gusinoosersk nach Kjachta, deftige Berge mit 1320 hm, bei idealem Radlerwetter, also manchmal sonnig bis 25 Grad bei leichtem Rückenwind.

Was haben wir ein Glück mit dem Wetter, als wir das Hotel verlassen regnet es noch, aber schon nach zehn Minuten können wir die Regensachen für den Rest des Tages wegpacken. Gleich von Anfang an geht es kräftig bergauf und dann eine lange Abfahrt wieder hinunter. Links liegen der See, das Kraftwerk und die verfallende Stadt, vor uns grüne Berge und ab und zu ein wenig Wald. Dann bekommen wir eine erste Vorahnung auf die mongolische Weite, die Straße zieht sich fast schnurgerade durch ein hügeliges Land, Wolken und Wind spielen ein abwechslungsreiches Spiel, während die grüne Weite an uns vorüberzieht. Mit leichtem Rückenwind üben wir heute vollendetes Landschaftsfahren fast ohne Verkehr. Nur selten treffen wir heute auf eine Siedlung und es gibt auch nur wenige Raststätten, auf einem Pass teilen wir unsere letzten Vorräte vom Frühstück, das wir heute auf dem Zimmer genommen hatten. Ein paar Scheiben Brot, zwei Äpfel, ein bisschen Käse und einen Schokoriegel reichen aber, um über den nächsten Berg zu kommen, nach 90 Kilometern kommt dann aber doch noch ein Truckstop mit einer guten Nudelsuppe.

Auch die letzten 30 Kilometer sind noch einmal recht bergig, bis dann Kjachta, der Grenzort vor uns auftaucht. Die Siedlung hat sich seit dem 17. Jahrhundert als Handelszentrum für Pelze einen Namen gemacht, zwei große Kirchen zeigen von einstigem Wohlstand. Heute ist die Stadt eine große Garnison der russischen Armee, ein Bollwerk gegen die „gelbe Gefahr“. Hunderte von gepanzerten Fahrzeugen und Panzern lassen sich von der Straße aus sehen, von Geheimhaltung keine Spur; vielleicht heißt ja Abschreckung die Strategie. Das kleine Hotel in Grenznähe ist recht familiär und gut in Schuss. Gleich gegenüber befindet sich eine ehemalige Fabrik mit einem monumentalen stalinistischen Eingangsbereich. der ist heute zugenagelt und das tolle Gebäude verfällt zusehends. Davor steht auf dem maroden Platz einsam, verlassen und etwas traurig eine Leninstatue, der wir ein wenig Abwechslung bringen.

Trotzdem macht die Stadt keinen ganz so morbiden Eindruck wie Gusinoosersk am Vortag, vielleicht liegt das daran, dass eben mit dem Militär auch Arbeitsplätze erhalten bleiben. Im Lokal an der Kreuzung sind jedenfalls außer uns nur noch eine Gruppe vom 8 Offizieren, die sich zum Abendessen zwei Flachen Wodka einverhelfen, allerdings ohne scheinbare Auswirkungen. Am Abend genießen wir in der Laube vor dem Hotel die Strahlen der warmen Abendsonne bei ein paar Keksen und Schokolade, unser letzter Abend in Russland, das wir sehr interessant und widersprüchlich fanden. Die Landschaft und die vielen netten Menschen, die wir getroffen haben, machen diesen Teil Sibiriens jedoch immer wieder für eine Reise interessant. Kulturell haben wir jede Menge über die russischen Siedler und die Burjaten und über die ewenkischen Ureinwohner erfahren und mit dem vielen Fisch aus dem Baikal sind wir auch kulinarisch ab und zu auf unsere Kosten gekommen. Morgen lassen wir das alles nun hinter uns und beginnen den mongolischen Teil unseres Reiseabenteuers.


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Am Ende der russischen Welt

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

115 km von Ulan-Ude über das Kloster Ivolginsk nach Gusinoosersk, leichte Hügel mit 450 hm bei angenehmen 25 Grad und Sonne mit Wolken.

Langsam verschwindet die letzte größere russische Stadt hinter uns und schon gleich hinter der Stadt macht sich der Wandel in der Landschaft bemerkbar. Waren an den Vortagen noch Wälder vorherrschend, kommen wir nun mehr und mehr in Steppenlandschaft. Es gibt viele weite und freie Grasflächen und kaum noch Bäume, auch keine Birken. Dafür treibt der Wind die Wolken schnell am Himmel her und Sonne uns Schatten wechseln schnell. Ist am Ortsausgang der Verkehr noch recht straff, wird es sofort nach dem Abzweig des M55 Highways merklich ruhiger. Die M55 entschwindet unseren Blicken im Osten in Richtung Chita und Wladiwostok, auch eine Strecke, aus der man ein weiteres Radabenteuer machen könnte. Doch wir haben erst einmal Sehnsucht nach den Steppen der Mongolei, die nun im Süden vor uns liegen.

Die Kulturen gehen hier fließen ineinander über, dominieren in Ulan-Ude noch die Türme der russisch-orthodoxen Kirche, liegt 40 Kilometer hinter der Stadt das größte buddhistischen Kloster in Sibirien. Im Vergleich zu buddhistischen Anlagen in Tibet oder China ist das Kloster immer noch ziemlich klein, auch irritieren den Chinakenner die russischen Holzhäuser zwischen den Tempeln, in denen die Mönche wohnen. In den Tempeln dann das gewohnte Bild von Bodhisattvas und Buddhas. Besonders verehrt werden die Taras, denen zwei Tempel geweiht sind. Nur wenige Pilger ziehen ihre Runden um die Anlage und drehen die Gebetsmühlen, aber vor dem Tempelgelände gibt es eine stadionähnliche Anlage, wo zu Festivalzeiten ein buntes Leben toben wird. In einem Tempel läuft gerade eine Zeremonie, als wir noch ein wenig verweilen wollen, werden wir mit einer unwirschen Handbewegung gebeten weiter zu gehen. Mythen ranken sich um einen hohen Lama, der hier vor mehr 40 Jahren das Kloster geleitet hat. Seinen Sarg hat man in einem Tempel aufgebahrt und in Abständen von 10 Jahren immer wieder geöffnet, ohne das der tote Körper Anzeichen von Verfall gezeigt haben soll, aber den Sarg bekommt man als Tourist natürlich nicht zu sehen.

Um zur Straße nach Süden zurück zu kehren müssten wir einen Umweg von 14 Kilometern in Kauf nehmen oder eine meiner berüchtigten Abkürzungen probieren. Wir tun Letzteres und wir haben Erfolg, mit dem Ritt auf einem schmalen Feldweg durch bunte Wiesen finden wir einen schnellen Durchstich zur Straße zurück.

Anmutig führt unsere ruhige Straße seichte Hügel hinauf und hinunter, bis am Nachmittag dann der Schornstein des Kraftwerkes von Gusinoosersk am Horizont auftaucht. Die Stadt macht einen jämmerlichen Eindruck. Einst gab es hier metallurgische Industrie und Bergbau, heute ist ein großer Teilt der Bevölkerung ohne Beschäftigung oder schon weggezogen. Viele der abgewohnten Blocks aus den 70er Jahren stehen leer und verfallen. Auch unser Hotel ist ein Relikt aus dem Sozialismus, was die Ausstattung der Zimmer angeht, besonders das Badezimmer mit all seinen Provisorien ist ein spätsozialistisches Prunkstück, aber immerhin, das warme Wasser funktioniert. Wir drehen noch eine Runde durch den Ort und studieren den Verfall, die Ruine eines Betriebes und eines Stadions zeugen von besseren Zeiten. Heute würde der Ort sich lediglich noch als Endstation für russische politische Verbannte eignen, vielleicht sollt man Putin einen entsprechenden Vorschlag machen.

Das Abendessen im einzigen Lokal der Stadt, welches sich im Hotel befindet, ist recht ordentlich, danach haben wir keine Lust mehr zu weiteren Aktivitäten, schließlich haben wir auch 115 Kilometer in den Beinen.


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Ewenken, Altgläubige, Kosaken und Burjaten

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Stadrundgang und Fahrt ins ethnologische Freilichtmuseum von Ulan Ude mit mit toller Führung bei sonnigen 27 Grad.

Eine Stunde länger schlafen hat sich gelohnt, ich fühle mich zum ersten Male auf der Tour richtig ausgeschlafen. Zu allem Überfluss funktioniert auch das warme Wasser, also kann ich schnell vor dem Frühstück noch meine Wäsche durchziehen.

Um 10 Uhr treffen wir auf Natascha, eine Sprachwissenschaftlerin aus Ulan Ude, die uns heute durch die Stadt und durchs Freilichtmuseum führen wird. Natürlich beginnen wir unseren Rundgang wieder am Leninkopf, der mit 7,5 Metern der größte seiner Arte der Welt ist. Zwar wird Lenin heute nicht mehr so viel gelesen oder zitiert, aber sein steinernes Konterfei hat es allein mit seinen Ausmaßen als größte Porträtbüste der Welt ins Guinness Buch der Rekorde geschafft, während das Land aus nachvollziehbaren Gründen den Generalissimus Stalin fast ständig aus der bildhauerischen Kunstgeschichte getilgt hat.

Noch einmal gehen wir dann die Fußgängerzone der 400.000 Einwohnerstadt entlang. Hier befinden sich einige gut erhaltene Häuser aus dem 18. Jahrhundert. Eines, dies beherbergt heute das Stadtmuseum, gehörte einem reichen Händler und der letzte Zar soll während seine Sibirienaufenthaltes hier genächtigt haben.

Einen Ausflug wert ist das Freilichtmuseum, welches sich ein paar Kilometer außerhalb vor den Toren der Stadt befindet. Die großzügige Anlage gibt Einblicke in die Kultur und Traditionen der multikulturellen Einwohner der Region. Die Urbevölkerung, die Ewenken, ein indigenes Volk von Jägern und Rentierzüchtern hat sich seine Sprache und Tradition bis heute bewahrt. Gelebt haben die Ewenken in hüttenartigen Zelten aus Birkenrinde, die Winterzelte wurden noch einmal mit Fellen überzogen. Bis heute Züchten die Ewenken Rentiere und folgen einem halbnomadischen Lebensstil. Sie haben auch als einzige Volksgruppe die Genehmigung eine limitierte Anzahl der geschützten Baikalrobbe zu jagen. Von den Ewenken, diesem naturverbundenen Volk kommt auch der Schamanismus. Die Weißen Schamanen sind für Rituale des Alltagslebens zuständig, während die schwarzen Schamanen die bösen Geister vertrieben. Noch heute gibt es in den ewenkischen Siedlungen und auch unter den Burjaten Schamanen und auch moderne Menschen besuchen die „Geisterjäger“ um sich Rat zu holen.

Obwohl die Burjaten lediglich 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen wurden sie zu den Namensgebern der Republik. Obwohl den Mongolen in Aussehen, Kultur und Tradition sehr ähnlich werden sie schon zu Dschingis Khans Zeiten als eigene Volksgruppe gezählt. Einstmals ein komplett nomadisches Volk wurden die Burjaten schon sehr früh, also im 17. und 18. Jahrhundert sesshaft. Sehr schön dokumentiert das Museum diese Entwicklung. Anfangs lebten die Burjaten ausschließlich in beweglichen Jurten, dann wurden hölzerne „Jurten“ errichtet für die Sommer- oder Winterlager und schließlich gingen die Burjaten komplett zu den Holzhäusern im russischen Stil über.

Die interessanteste Volksgruppe hier sind wohl die Altgläubigen oder Altorthodoxen. Im Jahre 1666 lösten sie sich von der russisch orthodoxen Kirche und bildeten ihre eigene Religionsgemeinschaft. Diese Gruppen bildeten im europäischen Teil jedoch eine Gefahr für den Zaren und seine Regierung, deshalb wurden Teile der Altorthodoxen aus den Regionen des heutigen Polens oder der Ukraine hierher verbannt. Anderen wurde der „freiwillige“ Umzug in die Region nahe gelegt. Mit ihrer entwickelten Ackerbautechnik und ihrem Fleiß konnten sie in Sibirien die Grundlagen für eine Agrarproduktion im europäischen Stil legen. Die Altgläubigen gelten unter den Russen als besonders fleißig, genügsam, gesund und robust. Die Frauen haben zwischen 10 und 20 Kindern zur Welt gebracht, laut bösartigen Witzeleien wegen ihrer Unterhosenfreien Bekleidung unter den Röcken und der gebückten Haltung auf dem Kartoffelfeld; einmal auf dem Kartoffelfeld Unkraut jäten und schon wieder schwanger!
Wichtig für die Region waren auch die Kosaken, Gemeinschaften freier Reiterverbände, die im Dienste des Zaren Anfang des 17. Jahrhunderts Sibirien kolonialisierten und bis zum Pazifischen Ozean vordrangen. Dabei gründeten sie Stützpunkte, aus denen später Siedlungen und heutige Städte hervorgingen…………….

Natascha hat uns viel zu den einzelnen Gruppen erklärt und morgen auf dem Rad sollten wir fit genug sein, burjatische, altorthodoxe und russische Gehöfte voneinander unterscheiden zu können. Bolschoi spassibo, dewuschka!
Auf dem Rückweg in die Stadt brauchen wir dann dringend eine Stärkung und besuchen ein burjatisches Lokal. Die Inhaberin ist Künstlerin und hat eine großartige kleine Ausstellung schweren Silberschmucks burjatischer Frauen. Bis zu 15 kg Schmuck sollen Burjatinnen haben anlegen können. Wir probieren Posui (gefüllte Teigtaschen und einen Brotaufstrich aus Roggenmehl und Sahne, leider gibt es keine Airag (Stutenmilch), das muss also nach bis in die Mongolei warten.

Auch am Abend besuchen wir ein burjatisch-mongolisches Restaurant und lassen uns gut bewirten, allerdings versuchen wir uns noch ein letztes Mal am Baikalfisch und gebackenen Teigtaschen, bevor es morgen dann nach Süden in Richtung der mongolischen Grenze geht.

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In die burjatische Hauptstadt

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

64 Kilometer von Illinka nach Ulan Ude, nachmittags ein wenig Regen beim Stadtspaziergang bei 22 bis 24 Grad, 300 Höhenmeter.

Pünktlich nach dem Frühstück hört es auf zu regnen und wir machen usn auf den Weg in die burjatische Hauptstadt. Es geht leicder nur auf der Haupttrasse entlang und nach dem gestrigen Baltika No.9 und Baltika No.3 strampelt es sich erstaunlich schlecht und auch der kleine Pass mit 200 Höhenmetern strampelt sich nur mit leichter Mühe, dabei müssten wir nach den letzten Tagen ja einiges gewöhnt sein.

Auch wenn es nicht regnet ist alles grau in grau, also radeln wir bias zum Mittag zügig durch und dann taucht auch die Hauptstadt der Republik Burjatien auf. Eine richtige Großstadt ist es mit 400.000 Einwohnern nicht, aber für sibirische Verhältnisse eben doch. Als wir vom Rad steigen fängt es wieder an zu regnen. Was für eine tolle Planung!

Die Hotelzimmer im „Burjatia“ sind nicht schlecht, außer, dass es kein warmes Wasser gibt, das sei in der ganzen Stadt abgestellt, wegen Wartungsarbeiten, für mindestens drei Wochen. Aber genau das kenne ich auch noch aus dem letzten Jahr, wir sind eben in Russland.

Nach einer kurzen Erfrischung pilgern wir ein wenig durch die Straßen der Stadt. Zuerst statten wir dem großen Leninkopf einen Besuch ab, schönere Bilder können wir hoffentlich morgen bei besserem Wetter produzieren. Heute zieht es uns erst einmal mehr in ein Kaffee. Danach schlendern wir die Fußgängerzone bis zur orthodoxen Kirche hinunter und beobachten die Leute, ob es nun die Alkoholiker mit ihrem Bier in der Hand sind oder die adretten Bujatinnen, die die Blicke auf sich ziehen, der Spaziergang durch die Stadt lohnt sich.

Für das Abendessen habe ich ein tolles russisches Restaurant im Viesier, hier hatten wir im letzten Jahr fürstlich getafelt. Besonders die Spezialitäten mit Aubegiene, kleine Röllchen mit Ziegenkäse und Nussfüllung waren einfach grandios.

Heute sind wir anfangs die einzigen Gäste, der Bestellprozess zieht sich leider etwas hin, da es viele gericht leider nicht gibt, obwohl sie auf der Karte stehen. Inzwischen hat sich der Laden dann mit vier Tischen doch eztwas gefüllt und der Koch ist gnadenlos überlastet, ebenso wie die Bedienung mit der Zuordnung der Speisen. Das Essen, Omul in zwei Varianten, überbackenen Kartoffeln und diverse Salate schmecken sehr gut und stechen positiv vom Raststättenessen an der M55 ab, die langen Wartezeiten waren allerdings nur mit sehr viel Humor zu ertragen.

Am Platz vor dem Theater steht ein schöner Springbrunnen, der rhytmisch zu burjatischer Musik sprudelt und die Fontänen leuchten in bunten Farben. Hier treffen sich die Jugendlichen oder Familien auf ein abendliches Sit-Out. Mich ruft aber recht schnell dann die Arbeit, das Internet im Hotel ist preislich recht deftig und ich will versuchen in einer Stunde so viel wie möglich zu schaffen.

Gegen Mitternacht ist es dann auch angenehm ruhig in der Stadt, ich genieße bei einem Glas Kwas, dem russischen Brotgetränk noch die schöne Aussicht aus dem 6. Stock des „Burjatia“ und darf dann bis 8.00 Uhr morgens ausschlafen.


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Übers Land

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

102 Kilometer von Posolskoe durchs Selengadelta nach Illinka, 22 Grad, während des Radelns kein Regen, dafür ruhiges beschauliches Sträßchen durchs Delta

Als ich um 7 Uhr meine Sonnengrüße mache, topft es draußen dicke Regentropfen vom Himmel. Entsprechend packen wir uns auch schon wasserfest ein, aber in dem Augenblick, als wir aufbrachen hört es auf zu regnen.

Die Strecke hier durchs Selengadelta ist eine der schönsten, die wir in Russland fahren. Die kleine Straße ist asphaltiert (natürlich mit großen Löchern drin), aber es gibt so gut wie keinen Verkehr, aller 10 Minuten rattert vielleicht einmal ein Lada vorbei. Am Anfang haben wir auf der linken Seite noch den Baikalsee, von dem wir uns heute verabschieden müssen, aber ich hoffe ja, dass ich 2014 hierher wieder zurückkehre, wenn ich von Berlin nach Singapur fahren will, natürlich führt der Weg dann wieder durch Sibirien und auch hier am Baikal entlang.

Doch bald entschwindet der See im Nebel und wir fahren durch grüne Wiesen und Weiden, die Kühe starren uns Radler ausdruckslos wiederkäuend an. In den kleinen Dörfern sind die Häuser meist recht gut in Schuss und man kann den Traum vom schönen Landleben träumen, allerdings ist das, und vor allem in Russland nur ein Traum, denn die Winter sind hart und Arbeit haben viele auch nicht und auch wenn der Omul lecker ist, aber jeden Tag Omul mit Kartoffeln und Dill machen auch keine ausgeglichene Diät aus.

Gemütlich ziehen die kleinen Dörfer vorbei und gegen Mittag erreichen wir nach 60 Kilometern die M55 Hauptmagistrale wieder. Das Mittagessen in einer Raststätte ist erstaunlich gut, der beste Borschtsch bisher und auch die Soljanka ist sie wie sie sein soll. Dazu natürlich ein paar leckere Salate, ich entscheide mich, wie immer für die Rote Beete mit Käse und Knoblauch.

Die restlichen Kilometer durch die flache Landschaft spulen wir dann schnell herunter, ab und zu nehmen wir die „Abkürzung“ durch ein Dorf durch. Die Leute sind nett und freundlich und winken uns lachend zu. Überall muss ich zurückrufen woher wir kommen und wohin wir fahren. Erstaunlicherweise kommt dann kein ungläubiges Kopfschütteln zurück sondern ein „Gute Reise!“. Eine schöne alte Kirche wird mitten im Dorf rekonstruiert. Der Garten drumherum und das Gebäude sehen noch sehr verfallen aus, aber überall stehen Gerüste und die Kuppeln der Kirche mit den Zwiebeltürmchen sind schon frisch vergoldet. Auch hier ist es wie überall auf der Welt. Die einfachen Leute haben kein Geld und fahren seit 25 jahren in ihren rostigen Ladas durch die Gegend und das eigene >Haus fällt zusammen, aber die Kirche hat immer Geld für tolle Prunkbauten.

Durch unsere Ortsdurchfahrten haben wir natürlich unseren Fahrer Mischa verloren und sausen auch glatt am Hotel vorbei, aber nach einer halben Stunde haben wir uns wieder gefunden. Eigentlich sind wir heute nicht in einem richtigen Hotel, sondern nur in einem Motel an der M 55. Hervorragend geplant haben wir, dass wir gerade, als wir unsere Räder und Sachen in die Zimmer bringt draußen ordentlich anfängt zu regnen.

Am Abend machen wir es uns im Restaurant gemütlich. Das Essen ist mehr als vorzüglich, es gibt gegrilltes Gemüse, noch einmal Omul Fisch in der Alufolie und nette Salate. Danach schauen wir uns auf meinem Computer die Bilder des letzten Jahres an und während es draußen regnet probieren wir uns durch die Biere der Baltika-Serie. Besonders gut schmecken Baltika No.3, welches das normale Pilsner ist und Baltika No.9, ein Starkbier mit 8% Alkohol, welches super schmeckt und gut dreht. Mit zwei dieser Biere kann man dann auch die Straßengeräusche während des Einschlafens hervorragend ausblenden und auch die Züge der Transsibirischen Eisenbahn rattern nicht mehr so laut vorbei.


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Im Delta der Selenga

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Ruhetag in Posolskoe, Botsausflug ins Delta der Selenga, Spaziergang im Dorf und sonst nicht viel bei wechselnden Winden, leicht bedeckt 20 bis 25 Grad, 97 Höhenmeter

Leider hatten wir keine Zeit vereinbart fürs Yoga, so mache nur im Zimmer ein paar Sonnengrüße, denn ich hatte zu lange und zu gut geschlafen um noch an den Strand zu gehen. Das Frühstück ist gewöhnungsbedürftig, gestern hatte es noch Milchreis gegeben, heute ist es „Gretschka“, Graupenbrei mit Zucker und etwas Quark.

Um 9 Uhr quetschen wir uns dann zu fünft plus den Fahrer Michail, einen kräftigen Burjaten in den 20 Jahre alten Lada Niva und tuckeln 15 Kilometer über schlechte Straße zwei Dörfer weiter und dann auf einem Feldweg zu einem Gehöft an einem Flussarm. Hier wohnt Michail mit seiner burjatischen Familie, die eigentlich eine Landwirtschaft mit 50 Kühen betreibt. Auf der Wiese am Flussarm liegen noch eine Menge kleiner Bootswracks und ein oder zwei noch gangbare Kähne. In eines mit einem modernen Motor bestückt steigen wir dann, es ist nur wenig bequemer als der Niva zuvor.

Mehr als zwei Stunden kreuzen wir dann in kleinen und größeren Flussarmen, es gibt viel Schilf, viele gelbe Blumen auf dem Wasser und viel Vogelgetier, welches mit Lärm und Wellen des Bootes aufscheuchen. Das Wetter ist leider nicht so schön wie am Vortag, es ist bedeckt und weiß nicht so recht, ob es ein wenig regnen soll und im Fahrtwind wird es schnell sehr frisch, so haben wir recht schnell alle verfügbaren Sachen am Körper. Wir bekommen einen schönen Überblick über die Größe des Deltas und auch an den Flussbiegungen gibt es heilige Orte und wir opfern den Schamanen ein Rubel, die in Wasser geworfen werden. Vor allem im Frühjahr und Herbst muss es hier noch reger zugehen, wenn zwischen 4 und 7 Millionen Zugvögel hier Rast einlegen. Dass wir die seltene Baikalrobbe zu Gesicht bekommen hatten wir nicht erwartet und natürlich haben wir sie auch nicht gesehen.

In den 80er Jahren war hier im Selengadelta eine große Zellulosefabrik errichtet worden, die wegen der massiven Verschmutzung des Baikalsees unrühmliche Berühmtheit erlangte. Davon bekommt man aber glücklicherweise nichts mit, was auch an der Selbstheilungskraft des Sees liegt. Durch seine niedrige Wassertemperatur kann mehr Sauerstoff gelöst werden, als in warmen Gewässern und so enthält der See reges Leben. Für die Sauberhaltung sorgen vor allem winzige Krebse, die man mit Flohgröße auch nicht zu sehen bekommt, die sämtliche biologischen Abfälle in kürzester Zeit vernichten. Michail schippert uns dann durchgefroren wieder zurück und wir sind froh über den überheizten Lada, der uns zum Mittag wieder nach Posolskoe zurück bringt. Schön, dass es wieder Omul-Fisch gibt, das ist die im Baikal vorkommende Lachsart, die in allen Varianten immer wieder sehr lecker ist.

Am Nachmittag schlendern wir durchs gesamte Dorf. Gleich neben dem Guesthouse befindet sich der ehemalige Motorenstützpunkt. Hier gammelt die Technik der 80er Jahre schrottreif vor sich hin. Landwirtschaft wird nicht mehr sehr viel betrieben in der Region, lediglich gehört ein Kartoffelfeld zu jedem Hof. Viele Häuser und Scheunen sind recht windschief, einige der schönen Holzhäuser sind blau oder grün angemalt und nett anzusehen. Das kleine denkmal für die gefallen Soldaten des Zweiten Weltkrieges gammelt vor sich hin, ebenso wie einige andere Gebäude und die Straßen. Trotzdem ist es ein nettes Dorf im Vergleich zu den Siedlungen an der M 55, an der Haupttrasse. Im Kloster bekommen wir nicht zu viel zu sehen, da heute kein Gottesdienst abgehalten wird und das Gelände um die Kirche ist auch nicht sooo interessant. Lediglich eine chinesische Reisegruppe belebt das Areal und als wir wieder gehen erscheint eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft und lädt uns auf eine kurze Fotosession ein. Am Nachmittag treffen wir dann auf Julia aus Ulan-Ude, die unseren Russlandaufenthalt organisiert und uns dann in drei tagen in der Stadt wieder in Empfang nehmen wird.

Der späte Nachmittag vergeht dann ruhig, für einen weiteren Spaziergang ist es zu frisch und zu windig, aber dadurch habe ich zeit endlich einmal wieder zu schreiben und meine Bilder aufzuarbeiten, auch wenn es Internet erst übermorgen wieder in der Stadt gibt. Zum Abendessen gibt es natürlich wieder Fisch, als Vorspeise in einer leckeren Pastete und als Hauptgang als Bulette zu Kartoffelbrei und Salat und es schmeckt wieder ganz ausgezeichnet. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass mir langsam Kiemen wachsen.

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Tuman II (Nebel II)

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Stattliche 115 Kilometer von Tanchoi nach Posolskoe, bei dichtem Nebel und frischer Kühle am Morgen, am Nachmittag Sonne bis 30 Grad und zum Schluss idyllische Strecke durchs Selengadelta, 800 Höhenmeter

Während ich wie tot geschlafen habe, erzählt Martina von regem leben auf der Dorfstraße und von Zügen im vier Minuten Takt auf der Transib-Strecke. Ich mag den Kascha zum Frühstück, Milchreis, einige nicht, aber wir sind eben in Russland in einer Herberge. Draußen ist das Wetter nicht viel besser als am Vortage, es sieht nach Regen aus und ist nebelig. Dafür kommen wir gut voran, zumindest bis zur Baustelle, die es schon im letzten Jahr gab. Hier sind eben keine chinesischen Straßenbauer am Werk, die 200 Kilometer Trasse in einer Saison durchziehen können. Es ist etwas schlammig, aber das ist tausendmal angenehmer als an trockenen Tagen von den Trucks eingestaubt zu werden. Der Verkehr ist interessanterweise wesentlich ruhiger als am Vortag und die Fahrer halten recht vernünftigen Abstand zu uns Radlern. Leider lässt der dicke Nebel die Landschaft nicht im besten Licht erscheinen, man sieht eigentlich gar nix, deshalb stecke ich mir die Musik in die Ohren, die ich eigentlich für die langen Wüstenetappen geplant hatte. Mein Sohn hatte mir noch fast 2 GB Musik nach meinen Wünschen zusammengestellt und so geht es musikalisch kreuz und quer durch die 80er und 90er Jahre, durch die Schlammstrecke passenderweise mit ACDC und Billie Idol.

Das Mittagessen in der Raststätte motzen wir mit einem geräucherten Omul Fisch aus dem Baikal, sowie Erdbeeren und Blaubeeren auf und wenig später schlägt das Wetter innerhalb von Minuten um. Es klart auf, zwar haben wir einen leichten Gegenwind, aber auch strahlenden Sonnenschein und gute 28 Grad. Die Birken leuchten und links schimmert der blaue Baikalsee durch die Bäume. Auf der rechten Seite liegen sanfte Hügelketten, wunderschöne sibirische Landschaft und pures Fahrvergnügen, denn wir haben die Hauptstraße verlassen. Nach einer halben Stunde taucht dann die Kirche von Posolskoe auf und wenig später sind wir in unserem Guesthouse.

Die burjatische Familie ist nett und das Abendessen lecker, es gibt wieder frischen Fisch aus dem Baikal und danach machen wir uns auf einen Spaziergang auf und wandeln am Ufer des Sees entlang. Ein wenig kann man das andere Ufer erahnen, der See ist hier vielleicht 10 Kilometer breit, doch das ist nichts zu seiner Länge mit über 600 Kilometern. Auf den Wiesen am Ufer stehen zahlreiche Zelte und die meisten der Russen auf Urlaub bereiten gerade am Feuer das Abendessen, zumeist brodeln Fischsuppen in den Töpfen über dem Feuer. Der Spaziergang in der warmen Abendsonne ist nach einem langen Radeltag sehr entspannend. Als die Sonne dann im See versunken ist, kehren wir zur Herberge zurück. Verdient müde warten die Betten auf uns. 350 km haben wir in den letzten drei Tagen und es war auch recht bergig. Unseren morgigen Ruhetag haben wir uns also mehr als verdient.


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Tuman I (Nebel I)

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

113 Kilometer von Sjduljanka nach Tanchoi bei leichtem Regen und Nebel, bergige 770 Höhenmeter bei 15 bis 20 Grad

Das Wetter sieht nicht sehr gemütlich aus und es ist mit 15 Grad auch recht kühl, wir packen uns ordentlich ein und ziehen nach dem Frühstück los. Die Berge von gestern stecken doch noch ein wenig in den Beinen und gleich am Morgen erwarten uns schon wieder die ersten Hügel. Eigentlich ist die Strecke sehr schön, rechts müsste ein Gebirgszug liegen und links der Baikalsee, doch von beidem sehen wir nichts. Lediglich die Flussläufe die wir überqueren, mit ihrem klaren Wasser, lassen etwas von der landschaftlichen Schönheit bei besserem Wetter erahnen. Nach einer halben Stunde beginnt es auch noch zu regnen, aber nach einer weiteren halben Stunde hört es auch wieder auf. gegen Mittag haben wir das Gefühl, das die Sonne vielleicht doch noch die Wolkendecke aufbrechen könnte, aber sie tut es nicht.

Zwischen Straße und Baikalsee verläuft auch die Strecke der transsibirischen Eisenbahn, aller fünf bis zehn Minuten rauscht ein Zug vorbei. Selten ein Personenzug, meistens lange Güterzüge, oft mit Ölwaggons, manchmal mehr als 80 davon hintereinander. Von Moskau sind wir hier schon 6000 Kilometer entfernt und bis nach Wladiwostok kann man die Bahnlinie noch einmal mehr als 2000 Kilometer lang verfolgen.

An der Straße gibt es nur wenige Dörfer oder Siedlungen, reich sind die Leute hier nicht, die Holzhäuser sehen zwar nett, aber meist recht schäbig aus. An den Bushaltestellen und Rastplätzen für die Autos sitzen reihenweise ältere Frauen und Männer und verkaufen Pilze und Erdbeeren oder geräucherten Omul. Der Omul ist ein lachsähnlicher Fisch, der nur im Baikalsee lebt.

Gegen 17 Uhr erreichen wir Tanchoi und übernachten im Gästehaus der Nationalpark-Verwaltung. Die Herberge hat den Charme einer Jugendherberge, aber die Leute sind nett und wir bekommen ein ordentliches Abendessen. Danach drehen wir noch eine Runde durch das kleine Dorf im Nebel und steigen über die Gleise an den See. Auch hier ist nicht zu viel zu sehen, aber es ist schön am Strand entlang zu laufen und das Rauschen der Wellen zu hören, die aus der Nebelwand nur wenige Meter vor uns auftauchen.

Am Bahnhof kehren wir dann wieder zurück. Leider kommt jetzt gerade kein einziger Zug vorbei, obwohl noch einige Leute auf einen Regionalzug warten. Dafür herrscht vor dem kleinen Laden auf dem Vorplatz reger Andrang. Meist kommt ein Lada mit dröhnender Musik angebraust, jemand springt heraus und holt im „Magasin“ schnell noch eine Flasche Schnaps.

Auch wir haben heute Abend mit dem Fahrer eine halbe Flasche mit dem „Wässerchen“ gelehrt und das bildet eine gute Grundlage für einen gesunden Schlaf. Da es heute nicht einmal halb so viele Höhenmeter waren, war der Tag auch nicht so anstrengend, wie der gestrige.


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