Hannover – Mitleid!

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Servus da draußen aus Sigis gepflegtem Hotelzimmer in Chantaburi, die Liga läuft, der Ball rollt, die Bayern hauen grad die 96er weg. Sigi ist eigentlich alter 60er, aber was will man machen, es ist nicht die beste Zeit dafür. Immerhin darf man im gleichen Stadion spielen. Ein paar andere von uns schauen interessiert bis teilnahmslos zu. Tom und Petra sind desillusioniert aufs Zimmer verschwunden, die armen Hannoveraner. Monika jubelt, es sei ihr gegönnt. Die ist manchmal tatsächlich in der Allianz-Arena.

Ich selber finde es toll, in der Fremde Bundesliga zu schauen, ein Stückchen Heimat. Tut mir trotzdem ein wenig leid für die Leute, die auf der Tour eigentlich komplett abtauchen und nichts von Liga und Nachrichten wissen wollen. Chantaburi zum Beispiel ist exotisch wie Thailand noch exotisch sein kann, aber Fußball ist eben überall: vor allem in Thailand. Es gibt kaum ein fußballbegeisterteres Land, insofern kein Abtauchen möglich, außerdem neigt sich sowieso alles in Richtung Bundesliga, und das wurde ja auch Zeit!

Chantaburi, man kann sich hier wohlfühlen. Ihre große Zeit hat die Stadt hinter sich, aber seltsamerweise doch nicht: früher kam der Reichtum von den Rubin- und Smaragdminen im nahen kambodschanischen Grenzgebiet rund um Pailin – einem der letzten Rückzugsgebiete der Roten Khmer (eben wegen dieser Wirtschaftskraft). Chantaburi war Verarbeitungs- und Umschlagplatz der Edelsteine und ist es geblieben, die Minen sind zwar mittlerweile ziemlich ausgeräumt, aber die Expertise ist seitdem unschlagbar. Der Edelsteinhandel ist nach wie vor das wichtige Motiv der Stadt, kleine und große Läden, Händler aus Afrika und dem Nahen Osten.

Jetzt habe ich noch gar nichts von unserem Tag erzählt, kann ich auch schlecht, jeder ist seine eigenen Wege gegangen. Ich habe zusammen mit einigen anderen eine sympathische kleine Radausfahrt gewagt (Track und die meisten Fotos s.u.). Andere sind zum Strand runter, oder waren beim Friseur oder beim Masseur, jedenfalls zufriedene Gesichter wohin man auch blickte heute Abend. Erst recht nach dem gemeinsamen Essen: genauso wie wir das wollen, wild, authentisch und lecker!


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Papayasalat und Tropenregen

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Blog von Monika (wesentlich besser als ihr Würfelspiel), Track von Dieter, die Maschine läuft sich warm:

Wir sind am Meer. Wenn wir alle aus unseren entzückenden Pavillons purzeln, können wir es direkt vor uns liegen sehen. Glattgebügelt wie die Laken in unseren Himmelbetten liegt es vor uns. Nur ein paar Fischerboote pflügen emsig Richtung offenes Meer: Vorräte aufstocken. Nachdem wir am gestrigen Abend etwa den Jahresfang der kompletten Fischereiflotte dieser Bucht vertilgt haben, müssen sie unverzüglich ihre Netze auswerfen.

Wir versammeln uns zum Start. Ein paar Charakteristika der Mitradler haben sich schon herauskristallisiert: Dieter ist unser Lotse. Er hat an seinen Fahrradlenker alles geschraubt was irgendwie nur hinpasst: GPS, Fototasche, Rückspiegel. Zusätzlich hat er die Trecks von Jan erhalten und jetzt den Blick immer gewissenhaft aufs Navi geheftet. Großartige Landschaft, winkende Menschen – keine Chance. Unsere Truppe muss schließlich sicher ans Ziel gelotst werden. Ein kurzer Ausfall der Technik am gestrigen Nachmittag nagt heute noch an ihm und kommt einer persönlichen Beleidigung gleich.

Uwe sieht immer hochprofessionell aus. Von Statur und Kleidung wie ein Radrennfahrer – nur die Startnummer fehlt noch. Heftet man ihm diese an die Brust, könnte man meinen, er ist nur versehentlich in unsere Truppe geraten. Annette steht dem in fast nichts nach, allerdings wirft sie nach ca. 30 Sekunden alle nicht wirklich dringend benötigten Kleidungsstücke in die Packtasche. Ernst fährt hinten. Tommy in einer wilden Stopp & Go Mechanik und hat meistens irgendeine Dose mit Eiskaffee oder Powerdrink in der Hand. Lutz fährt alles, vorne und hinten. Vor, zurück, wieder vor. Bevorzugt an Steigungen schießt er in typisch aufrechter Haltung mit Hochgeschwindigkeit an allen vorbei. Heimliche Inspektionen haben aber ergeben, dass er kein E-Bike hat.

Der Himmel ist genauso blau wie der Indische Ozean. Noch. Nach unserem Übernachtungsörtchen knicken wir ins Landesinnere ab. Die versprochenen verkehrsberuhigten Straßen münden in einen unbefestigten, wunderschönen Weg durch die Landschaft mit ca. 187 verschiedenen Grüntönen. Wir sind ganz begeistert. Reichlich angezapfte Kautschukbäume säumen den Weg. Auf irgendeinem Material müssen Sebastian Vettel und wir schließlich dahinrollen.

Wir schaffen es tatsächlich – zumindest am Vormittag – etwas langsamer zu fahren. Machen Pause und knuspern die frischen Bananenchips von Tom weg. In weiser Voraussicht hat er einen kleinen Laden leergekauft und verteilt sie großzügig. Die Sonne brennt – bloß nicht stehenbleiben. Wenn nicht anders möglich – dann nur im Schatten. Selbst die wenigen Sekunden die wir an Kreuzungen stoppen, sind heftig und außerordentlich schweißtreibend.

Nudelsuppen-Garküchen-Mittagessen-Pause. Tommy schäkert mit den Küchenmädchen und scheucht das männliche Personal. Er bringt die Suppen und dreierlei Papaya-Salat: Mild (also richtig scharf), scharf (au-weia) und ‚hot‘ (geht gar nicht, nur essbar für Menschen die auch Rasierklingen frühstücken). Tom und Jan versuchen es trotzdem und brauchen hinterher einen halben Liter Suppe für den Löschvorgang.

Etwas träge stemmen wir uns von den kleinen Plastikstühlchen hoch. Im Süden grummelt es plötzlich und schwarze Wolken haben sich aufgetürmt. Wohin müssen wir, Dieter? Er deutet unerbittlich direkt nach Süden. Wir kommen gerade drei Kilometer weit. Aber das Tropengewitter ist höflich und schickt freundlicherweise ein paar erste zaghafte Tropfen. Es reicht aus, um die Kameras schnell wasserdicht zu verpacken oder in unser Fahrzeug zu werfen. Dann stürzt das Wasser herunter. Europäischer Regen und Radler werden wohl nie Freunde werden. Hier ist das anders – eine willkommene Abkühlung. Er klopft freundlich gegen die Radlhelme, beschlägt die Brillen, läuft oben in die Schuhe und unten hinaus, das aufspritzende Pfützenwasser ist badewannenwarm, größere Abfahrten sind nicht zu meistern, ein paar kleinere Sturzbäche quer über die Straße. Nur eines müssen wir akzeptieren: nasse Radlkleidung klebt und kann nur mit einem leicht saugenden Geräusch vorübergehend von Bein und Bauch abgezogen werden. Selbst figurumspielende T-Shirts zeichnen im nassen Zustand die genauen Körperkonturen nach.

Bei der Einfahrt nach Chantaburi hört der Regen dann auf. Wir ziehen eine nasse Spur durch die Hotellobby hinaus auf die Terrasse und tropfen dort weiter vor uns hin. Tommy organisiert Schmutzbier, Jan die Zimmerschlüssel und alle notwendigen Informationen über Wäschedienst, Bankautomaten, Frühstückszeiten, Parks- und Geschäfte in der Umgebung, WiFi Kennwörter und schickt uns in unsere Zimmer. Um 19 Uhr gibt es Abendessen. Bis dahin müssen wir wieder sauber und trocken sein.


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Gummi

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Der Rotwein kommt gerade in Sektgläsern und gut gekühlt. Es wartet eine Flasche Sang Som (mittlerweile auch eisgekühlt, wie unten zu sehen), diese hat Monika gestern beim Würfeln verloren. Sie hatte eigentlich keine Chance, denn die Übermacht war gewaltig. Ich hatte einen relativ normalen Tag und habe klar gewonnen, Lutz und Dieter haben ihr Möglichstes getan, konnten mich aber natürlich nicht stoppen.

Endlich am Meer, herrlich Baden waren wir, fantastisch essen! Frische Meeresfrüchte in allen Variationen. Die Strecke war ruhig, heiß und geschmeidig: immer mehr Kautschuk. Kleine Baumkunde am Rande: bis Kautschuk angeritzt werden kann, vergehen 7 Jahre. Dann saften die Bäume Tag für Tag, 25 Jahre lang. Und dann werden sie zu feinen Möbeln verarbeitet. Natürlicher Kautschuk ist nach wie vor profitabel und man opfert ihm schöne Wälder, kann man nicht viel machen. Also, dann mal ein Gläschen Sang Som, auf die Triumphe der Vergangenheit. Vielleicht gehen wir noch runter zu den verrückten Hühnern am Strand und singen eine Runde Karaoke.


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Tropic Thunder

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

133 km am zweiten Tag, da darf man uns ruhig mal auf die Schulter klopfen. Diese lange Strecke hat folgenden Hintergrund: von Bangkok bzw. Chachoengsao, wo wir gestern waren, ist es nicht leicht, zum südlichen Golf zu kommen. Von Bangkok direkt in Richtung Kambodscha zu fahren und dann an der Grenze entlang in Richtung Meer, dieser Plan wurde bei der Erkundung für die Tour gestrichen (fast keine Übernachtungsmöglichkeiten, Landschaft recht verraubbaut). Die Küste runter gibt es zahllose Hotels (Pattaya!), aber der Verkehr ist grauenhaft und alles komplett zugebaut. Also lieber Richtung Ostsüdost, ein einziges Resort gibt es im Niemandsland zwischen Chachoengsao und Rayong, und da sind wir jetzt. Und bis dahin ist es weit, noch weiter wenn man einen Bogen um die Ballungszentren schlagen will.

Das haben wir gemacht, bis auf den Anfang waren die Wege super und kaum befahren. Die Hälfte von uns ist die ganze Strecke gefahren, die andere Hälfte hat sich nach der Kaffeepause bei km 70 ins Hotel transferieren lassen. Aber auch diesen muss man mit Nachdruck auf die Schultern klopfen! Sie sind das härteste Stück mitgefahren, als der Asphalt noch glühte und der Schatten knapp war. Bei Mittag hatten wir bestimmt 40 Grad auf der Straße.

Für die Durchfahrer wurde der Nachmittag zu einem ungeahnten Vergnügen, man hatte sich eher auf Martyrium und Heldentod eingestellt. Tropische, warme Regengüsse schufen Erfrischung, wer die Tropenduschen in deutschen Bädern und Saunalandschaften kennt: genau so war es. Die Landschaft war grün und wurde noch grüner, sehr abwechslungsreich heute: viel Wildwuchs, aber auch kleinflächige Nutzung jeder Art, Ölpalmen, Tapioka und natürlich Kautschuk, zum Schluss vor allem Ananas. Sternfrucht haben wir vom Baum gegessen, die werden hier nicht nur als Dekoration missbraucht. Unser Hotel: wieder toll. Das Abendessen: delikat.


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Stadtausfahrt

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Schweres Sommergewitter über unserem Wellness Resort in Chachoengsao, man würde nach opulentem Dinner gerne noch ein paar Bahnen Schmetterling ziehen, aber zu gefährlich. Also Blog schreiben. Unsere Bloglegende Monika will ich nicht gleich wieder damit quälen, Ernst auch nicht, der ist mir heute fast aus den Latschen gekippt (Kreislauf: Hitze, Verkehr. Ich darf das übrigens schreiben. Gehört dazu, meinte Ernst). Martin auch nicht, der steht noch unter dem Eindruck seines sensationellen Starts: 2 Platten auf den ersten 3 Kilometern, einen vorne, einen hinten, unglaublich. Der Tag war ok, die Strecke kurz und eher ein bisschen nervig, aber das hatten wir einberechnet. Der Markt zwischendurch war schön und unser Hotel jetzt ist toll, die Laune ungetrübt, das muss reichen.


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Bangkok ist mit Münster nicht vergleichbar

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Vielleicht ist das ja nur eins dieser Vorurteile, ich z.B. war noch nie in Münster. Aber man hört doch immer wie lieb und vor allem fahrradfreundlich das Städtchen ist, die Fahrradhauptstadt Deutschlands, wenn nicht sogar der ganzen Welt! Jeder stellt sich Münsteraner fahrradfahrend vor, alle mit der passenden Funktionskleidung. Und Bangkok ist wirklich nicht so. Deshalb: nicht zu vergleichen. Es könnte sogar sein, dass Bangkok die fahrradunfreundlichste Stadt der Welt ist. Heiß, versmogt und schwer motorisiert, chaotisch ohne Ende. Irgendwann wurden abschnittsweise Radwege angelegt, man denkt, hä? Die sehen so aus: Linien trennen Teile der engen Fußwege ab, welche ohnehin schon mit Garküchen zugestellt und von Schlaglöchern übersät sind. Dann wird ein Rad draufgedruckt. Diese Radwege sind etwa 100 Meter lang, bis sie einfach aufhören. Es gibt etwa 5 Radfahrer in Bangkok, der Kosten-Nutzen stimmt also eigentlich. Obacht trotzdem all diejenigen, die den Track unten abfahren wollen.

Unserer Erkundungstour war natürlich fantastisch! Wir sind eine große Gruppe, mit mir zusammen 16, mit allen Wassern gewaschene Haudegen und Haudeginnen. Jeder mindestens 3 CBB-Touren auf dem Buckel, da bleibt man sogar in Bangkok entspannt und muss aufpassen, dass man nicht ständig fröhlich vor sich hinpfeift (schlecht wegen der Luft). Wir sind ein paar weniger bekannte Sachen abgefahren, den Gemüsegroßmarkt in Chinatown, die Manufakturen für Buddha-Devotionalien beim Wat Suthat, die Gemeinde von Ban Bat („Dorf der Schalen“), wo sie die meisten Almosenbehälter für die Klöster Thailands in Handarbeit zurechtklopfen. Und viel mehr noch. Mittags toll gegessen, Isaan-Küche. Dann kurze Verschnaufpause auf unserer Dachterrasse und abends schließlich Essen auf der turbulenten Yaowarat, der Hauptstraße durch Chinatown. Wunderbar hier!


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Obama kommt und schließlich Lutz

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Dangdangdangdang quietschquietschquietsch, das Ensemble gibt alles. Die Chinesische Oper eine aussterbende Kunstform? Nicht hier in Bangkok Chinatown Southend! Die mehrtägige Vorführung vor unserem Guesthouse erfreut sich erstaunlicher Beliebtheit. Die ganze chinesische Nachbarschaft ist gekommen, es ist nämlich Geburtstag der lokalen Gottheit, bei uns würde man zu dieser wahrscheinlich Schutzpatron sagen. Alte Bräuche, die aus Kanton stammen und vor ein paar Jahrunderten in diese Keimzelle des heutigen Bangkok gekommen sind. Direkt neben der Bühne schreit einer wie wild die Spendenbeiträge der Bevölkerung ins Mikrofon („Danke Mütterchen Li für die leckere Hühnersuppe“ etc.).

Team CBB wird also gebührend empfangen im Land des Lächelns, jetzt haben wir sie alle zusammen. Strategisch verteilt auf fünf Maschinen ist man in Bangkok eingeflogen, als letzter und großer Überraschungsgast kam abends der Lutz aus Berlin. Er ist für Günther eingesprungen, der kurzfristig absagen musste. Alles Liebe, Günther, bald bist Du ja wieder dabei! Lutz wird Dich würdig vertreten.

Verkehr und Transfers liefen reibungslos, was ein Wunder in Bangkok ist. Manche Theorien versuchen das damit zu entschuldigen, dass die Leute heute lieber zuhause geblieben sind, koreanische Soaps geschaut und schön Mekong-Whiskey auf Eis getrunken haben. Weil erstens Sonntag ist und zweitens der amerikanische Präsident eingeflogen wurde. Die dadurch verbundenen Absperrungen seien nicht abzusehen, lieber gleich zuhause bleiben. Diejenigen, die nicht zuhause waren, haben sich mit uns zusammen durch den Chatuchak-Markt gequetscht.

4 Positions of Tommy M.K.

Am Golf von Thailand, 17. November bis 16. Dezember 2012

Ist es nicht immer wieder schön und aufregend, das erste Mal in der Fremde aufzuwachen? Zum Beispiel heute in Bangkok am Fluss, verpeilt und verschwitzt, und zwar nicht weil das Zimmer überheizt ist sondern weil vergessen wurde, die Klimaanlage in der Nacht anzustellen.

Heute morgen hat es allein für diese Unterscheidung ein paar Minuten gebraucht, auch die Geräusche draußen klangen erstmal nach Schönhauser, d.h. nicht besonders dezent. Aber es waren eben doch die Longtail-Boote, die den Chao Praya runterknattern. Man sollte in diesem Fall noch eine halbe Stunde liegenbleiben und den anderen Geräuschen zuhören: das Zimmermädchen Gai singt vom Gang her ihren Thai-Singsang. Die Straßenköter haben Probleme mit ihrem jeweiligen Revier, und das morgens um halbacht. Viele exotische Vögel trällern zu früher Stunde in der großen Stadt, leider auch der idiotische Vogel, der mich hier schon seit zehn Jahren fertigmacht, ich bin mir sicher, dass es immer der Gleiche ist. Er kann nur ein Geräusch und das auch nachts und immer. Im Tempel vor dem Guesthouse wird schon jetzt fröhlich aufgebaut, das ist leider nicht nur interessant, sondern auch ein bisschen unheilvoll.

Und tatsächlich, unglaublich, ich wusste es, 8 Uhr abends und sie haben die Chinesische Oper losgetreten. Maximale Kakophonie! Der Parkplatz vor diesem Guesthouse muss so ziemlich der letzte Ort auf der Welt sein, wo es für diese Kunstform noch eine lebendige Plattform gibt. Lebendig heißt, dass die Oper sich ab heute über vier Tage und Nächte erstrecken wird, mit Pausen zwischen 23 und 7 Uhr. Die Rückkopplungen sind schon jetzt spektakulär, aber das bekommt man als Laie kaum mit. Ich bin sehr gespannt, wie das meine Leute mitmachen werden. Abenteuerlich, besonders dann, wenn man mit Jetlag im Bett liegt und sich dann fragt, wo man hier eigentlich gelandet ist.

Ich bin die Vorhut für unsere Pilottour von Bangkok nach Saigon, in Thailand ist auch Tommy, unser Thai-Guide, wieder von der Partie, was eine großartige Bereicherung ist. Zur Geräuschkulisse von Bangkok gehört für mich mittlerweile auch Tommys Redefluss, unaufhörlicher und origineller Trashtalk. Wir beide haben heute einige Strecken durch Bangkok ausprobiert und dabei kluge Schlüsse gezogen, hoffentlich klug genug. Die Chaoren Krung zur Nachmittagszeit werden wir meiden. Und zu ambitioniert sollte man insgesamt nicht sein am Tag nach der Ankunft, es ist nämlich sehr heiß und stickig direkt über dem Asphalt. Vor allem wenn man gerade mit Not und Mühe dem deutschen Winteranfang entkommen ist. Aber auch großartig, spektakulär! Ich hätte da noch ein paar Fotos von Tommy, kreativer wurde es heute leider nicht, erster Tag eben.