Egon und seine Freunde

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Lang lebe Egon! Unsere Geburtstagskinder geben sich die Klinke in die Hand, gestern war Egon mal wieder dran, unser Koch aus Leidenschaft. Das chinesische Essen findet er gut. Was er von uns bekommen hat, soll nicht verraten werden, natürlich auch nicht, wie alt er geworden ist, das ist Privatsache (in Deutschland. In China ist das immer die erste Frage, gefolgt von Familienstand und Gehalt). Man darf zumindest verraten, dass er Lao Egon, der „Alte Egon“, für uns ist – für alle außer Welf. Respekt! Diese Hierarchie ist hier wichtig, man nennt Freunde und Bekannte „Lao“ (alt) oder „Xiao“ (klein, auch wenn der Entsprechende nur einen Tag jünger ist, auch wenn er zwei Meter groß ist und 150 Kilo wiegt). Unser Fahrer ist der Jüngste, Xiao Li. Welf ist der Älteste, Lao Welf. Aber Lao Welf war gestern Abend etwas angeschlagen und hatte eine belegte Stimme, nicht die besten Voraussetzungen um Singen zu gehen. Deshalb war Lao Egon unser Oberhaupt beim Karaoke. Wie Rolf Zuckowski mit seinen kleinen Freunden.

Egons Geburtstag hat uns allen gefallen, die Strecke war kurz und die Landschaft freundlich. Nachmittags haben wir jede Menge Tee probegetrunken. Und heute sind wir in Richtung Süden weitergefahren, weniger verkatert als es sonst oft der Fall ist nach KTV-Veranstaltungen, wieder war es eine sonnige Strecke. Feinster und wenig befahrener Asphalt, am Anfang ansteigend und dann die Abfahrt durch ein herrliches Tal. Jetzt sind wir in Shanyang. Wenn ich hier das Wort Shanyang flüstere, wird wahrscheinlich niemand ins Träumen kommen. Dabei ist es ein famoses kleines Städtchen, eingebettet in pittoreske Hügelketten, von denen Nachts zudem tausend kleine Lichter funkeln, was erstaunlicherweise nicht mal kitschig wirkt. Aber die Stadt ist eben soweit ab vom Schuss, dass sie wahrscheinlich kaum ein Chinese außerhalb der Kreisgrenzen kennt.

Shanyang ist immerhin Kreisstadt, dort ist immer ungleich mehr los als in Städten vergleichbarer Größe bei uns. Sie sind erste Anlaufstation für die Landbevölkerung, erster Fixpunkt für die Jugend vom Land. Die Dörfer durch die wir hier kommen sind ziemlich verlassen, aber noch nicht ausgestorben, wie inzwischen viele Dörfer in den chinesischen Randgebieten. Dort findet man wenn überhaupt nur sehr alt und sehr jung, die Großeltern passen auf die Kinder auf, während die Eltern anderswo das Geld verdienen. Von den Kreisstädten führt der Weg dann zu den Provinz-Hauptstädten und für die ganz Ambitionierten in die Küsten-Metropolen. Ich habe jetzt schon einige Male gelesen, dass in China derzeit die größte Völkerwanderung in der Geschichte der Menschheit stattfindet (zuletzt glaube ich bei Peter Hessler, unbedingt lesen, alle seine Bücher!). Dieses Phänomen ist nicht mehr so sichtbar wie noch in den 90ern, als die Wanderarbeiter zu Tausenden vor jedem größeren Bahnhof ihr Lager aufschlugen, mittlerweile ist die Logistik dafür besser geworden. Aber immernoch zieht es die Jugend und die Männer zwischen den Ernten in die Städte. Die Frauen mittlerweile genauso, vor allem in die Fabriken des Südens. Wo wir jetzt sind ist die Landflucht noch nicht so extrem, die zentralchinesischen Provinzen sind fruchtbar und bieten eine gute Lebensgrundlage.

Unser Spaziergang durch Shanyang geriet mal wieder zum Triumphmarsch, Leute die alles stehen und liegen lassen, Kinder denen der Mund offen stehen bleibt. Federnden Ganges flanieren wir durch die Stadt und werden gefeiert dabei.


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Den Bäumen beim Wachsen zusehen

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

In Gyantse bei unserer Abfahrt sind die Bäume kahl. In Penam Dzong bei der Mittagspause lugen die ersten Blätter aus den Ästen hervor. In Shigatse stehen die Bäume in voller Blätterpracht.

Wir schauen also den Bäumen beim Wachsen zu. Und haben dabei den fast perfekten Tag. Die Sonne scheint uns auf den Rücken, der Himmel ist klar, der Wind immer noch kalt, kommt aber nur selten von vorne. Es geht bergab. Zwar nur 200 Höhenmeter, aber immerhin! In zwei Stunden haben wir auf erstaunlich wenig befahrener Straße unseren Mittagsort erreicht. Verfrachten einen schweren Eisen-Glas-Tisch auf den breiten Bürgersteig und genießen bei gebratenem Reis und Nudelsuppen mit Rindfleisch die wärmende Sonne. Eine Gruppe Grundschüler, Tibeter wie Chinesen, kommt mit Schaufeln und Pickeln (den Werkzeugen) vorbei und leistet uns erst schüchtern, dann zunehmend aufgeschlossen Gesellschaft. In Richtung Shigatse wird die Kanalisation für ein neues Schulzentrum gebuddelt, da heißt es auch für die Schüler zupacken!

Gut gestärkt radeln wir mal an frisch umgepflügten Feldern, mal an Mondlandschaft vorbei in Richtung Shigatse, grüßen die Pappkameraden der chinesischen Polizei, die als Regulator am Straßenrand stehen, genießen es, die Handschuhe auszuziehen und die Fließjacken zu öffnen und ziehen mit dem ersten Baumgrün in Shigatse ein.

Zum Abschuß des Tages lasse ich mir dann leichtsinnigerweise von einer Dame, die wahrscheinlich anderes besser kann, im sogenannten „Friseursalon“ des Hotels die Haare auf ein Tibetmaß stutzen. „Du siehst ja aus wie ein Gockel!“ ruft die Dame aus, als sie ihr Werk betrachtet. Für Eitelkeit ist aber kein Platz. Ein Tag Mütze, und der Hahnenkamm liegt wieder eng am Schädel.


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Auf die Plätze, fertig… Liegestühle!

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Einen Tag wie heute geht man entspannter an. Morgens 25 km dann ein bisschen Bus fahren, Mittagessen und nachmittags noch mal ca. 25 km. Unser Ziel war das V Resort. Eine Art Kurhotel für wohlhabendere Vietnamesen in einer abgelegenen Karstlandschaft. Wir wollten früh ankommen um noch genügend Zeit zur Erholung in den heißen Quellen zu haben und starteten daher etwas früher. Die Wege führten uns durch die ersten Karstgebirge, eine schöne Landschaft, leider sah man sie nur deutlicher, wenn man direkt vor ihnen war, da uns eine Dunstwolke verfolgt seitdem wir in Vietnam sind.

Anders als in anderen südostasiatischen Ländern, hört man hier von den Kindern nicht etwa: „Hello, how are you?“ oder „Hello, what’s your name?“ oder „Hello, where are you from?“, sondern „Hello, money money!“ oder „Hello, Give Dong!“ oder gar „Hello, F*** f***!“. Das trübt natürlich ein wenig das unschuldige Bild, das man von den Kindern hier hat. Natürlich sind nicht alle so. Aber man merkt schon, dass die Jugend hier im Umgang mit Ausländern etwas verdorben ist. Man sieht es den Kindern in den Augen an, ob sie sich freuen uns Clowns auf den Rädern uns abrackern zu sehen, oder ob sie einen einfach nur verarschen wollen.

Das V Resort wirkte prunkvoll und scheint gut besucht. Nach dem Schmutzbier zieht es die meisten von uns an den Pool. Die Liegestuhlplätze sind rar und der bekannte Kampf um den besten Platz am Pool beginnt. Aber da ja eh keine Sonne am Himmel zu sehen ist, ist es auch egal, wo man sich hinlegt. Vietnamesen kämen auch nicht auf die Idee sich in die Sonnenliegen zu legen, selbst wenn riesige Sonnenschirme reichlich Schatten spenden. Wenn man die meiste Zeit extra langärmelige Sachen trägt um nicht braun zu werden, wird man sich auch nicht freiwillig an den Pool legen. Dann lieber im Hotelzimmer Karten spielen und Gardinen zu ziehen. Soll uns recht sein… Dann nichts wie ran an die Strandkörbe!


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