Ausklang

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Kathmandu

Ausklang. So kann man es wirklich nennen. Nachdem wir nun die letzten drei Tage auf extremen Pisten in die nepalesische Hauptstadt eingeradelt sind, finden wir uns heute in der morgendlichen Hitze im Swayambhunath wieder, einer großer Tempelanlage im Westen Kathmandus, von der man, da auf eine Hügel gebaut, einen wunderbaren Blick über die Stadt hat. Gebaut ist wohl nicht das richtige Wort, denn die Legende besagt, dass der Monkey-Tempel, wie das Heiligtum wegen der vielen hier lebenden Rhesusaffen auch genannt wird, nicht von Menschenhand geschaffen wurde. Vielmehr erschuf sich dieser Ort aus sich selbst.

Jetzt stehen wir hier. In unseren Ohren erklingt das leichte Läuten der Tempelglöckchen, das hektische Flattern der Gebetsfahnen, die auch hier überall gespannt sind und nicht zuletzt das sirrende Dröhnen und Klingen der Klangschallen, die zu Hauf zum Verkauf angeboten werden. Ausklang. Eine Französische Reisegruppe älterer Damen malt und zeichnet, gescharrt um einen jugendlichen Lehrer, motiviert die zentrale Stupa ab. Wir werden sie später in der Altstadt vor dem einen oder anderen Tempel in gleicher Konstellation wieder treffen.

Hier, wie überall in Kathmandu, sind die Folgen der Erdbebens von 2015 nach wie vor unverkennbar. Auch wenn überall emsig aufgebaut und restauriert wird, zeugen eingestürzte Bauten und traurige Ruinen nicht nur vom Glanz längst vergangener Zeiten, sondern auch von der Kraft und Unbarmherzigkeit der Naturgewalten.

Wir steigen die Stufen des Tempels hinab, fahren nach Boudnath in den Nordosten Kathmandus. Einer der mit 36 m Höhe größten Stupas machen wir hier unsere Aufwartung. Traditionell umrunden wir das Gebäude im Uhrzeigersinn, tuen das gleiche nochmal auf dem Dach. Ein angenehmer Luftzug weht. Die Sonne scheint. Gestört wird das Idyll nur durch das ein oder andere Flugzeug – der Flughafen liegt recht nah, gemahnt uns an die nahende Abreise.

Die vielen Eindrücke müssen verarbeitet werden und so führte uns Bhasker, unser nepalesischer Guide, in ein Kaffee auf einern der Dachterrassen, hier genießen wir noch einmal einen schönen Blick auf die Stupa, während wir eisgekühlte Limonade und heißen Cappuccino schlürfen.

Zu guter Letzt in die Altstadt. Es ist bereits Nachmittag, wir sind schon einigermaßen geschafft, können uns aber dieses letzte Highlight nicht entgehen lassen. Leider sind die meisten Sehenswürdigkeiten heute nicht zu besichtigen. Wegen der gerade stattfindenden Feiertage laufen die Geschäfte nur auf Minimal-Betrieb, die meisten Mitarbeiter haben frei. Das wird auch deutlich, wenn man die Aufsteller vor vielen Restaurants sieht: only Beverage, no Food. Selbst die Kumari, kindliche Göttin, zeigt sich uns heute nicht. Dennoch bekommen wir einen guten Eindruck von der Stadt. Schlagen uns durch dunkle, enge Gassen ins Hotel zurück.

Es ist schon spät am Nachmittag. Letzte Einkäufe wollen besorgt werden. Gepackt muss gepackt werden. Das letzte gemeinsame Mahl – unser Abschiedsessen steht noch an.

Wir blicken auf drei Wochen gefüllt mit Erlebnissen, unvergesslichen Eindrücken und einmaligen Ausblicken zurück. Einmal von Lhasa bis Kathmandu. Einmal von der unermesslichen Weite Tibets in das bunte Chaos der nepalesischen Kultur. Mystisch anmutende Berglandschaften, deren Karg- und Klarheit fast schon im Auge schmerzt gegen quirlig, buntes, nach Gewürz duftendes Leben. Wir sind auf einige Grenzen gestoßen. Erstmal die chinesisch-tibetische. Die war schonmal sehr beeindruckend. Aber auch auf die Grenzen unserer Körper, die uns bewußt wurden mit jedem Meter, den wir über 4000 m weiter und höher und immer höher krochen. Und die Grenzen der Kulturen: Tibet – Nepal, so viele Unterschiede in so vielen Belangen.

Ich sehe den Flugzeugen nach, die über mir am Himmel kreuzen. Bald wird mich eins zurück ins kalte Europa bringen. Zeit all das Erlebte Revue passieren zu lassen Es gibt einiges zu tun.

Heute: Fahrrad-Bus-Hotel

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
70 km nach Kathmandu

Frühstück gibt es heute auf der Terrasse. Reichlich. Brot, Ei. Müsli, Obst, Marmelade. Der letzte Radtag heute. Und etwa 70 km stehen an. Diesmal fahren wir die lange Strecke. Die kürzerer, landschaftlich schönere, verkehrsarme ist wohl übers Jahr unbefahrbar geworden und miserable Straßenverhältnisse hatten wir ja schon, das will keiner mehr. Erst gehts idyllisch am Fluß entlang. An Hängebrücken vorbei. Statt Yaks stehen jetzt Wasserbüffel im Vorgarten. Immer wieder Reis im saftigen grün. Obstbäume und Bananenstauden säumen den Weg.

Es ist heiß geworden. Wir verlassen den Fluß und hoffen, dass die Schnellstraße nach Kathmandu, neben einen relativ guten Belag auch möglichst verkehrsfrei ist während der Feiertage. So die Hoffnung. Etwa 20 km vorm Ziel sitzen wir dann doch alle wieder im Bus. Zu heiß, zu schmutzig zu laut, es reicht. Wir fahren also mit dem Bus und etwa gedrückter Stimmung in Kathmandu ein. Das Hotel empfängt als wäre Oase der Ruhe. Wir bekommen erstmal einen Eistee serviert, dicht gefolgt von einem leckeren Everest-Beer, unserem Favoriten. Langsam tritt Entspannung ein.

Holder die Polder, … Platsch!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
53 km nach Trisuli

Der Morgen erwacht in Dhunche und die Berge lösen sich aus ihren nächtlichen Schatten. Man kann jetzt schon spüren, dass es warm werden wird und feucht. Ganz anders als in Tibet. Wir sind wie in einer anderen Welt. Zum Frühstück gibt es leckeres Omelett, frittiertes Brot uns Bananen. Dazu das Panorama der schneebedeckten tibetischen Berge, die uns noch immer begleiten.

Dann geht es los. An den Berghängen entlang, mitten durch ein Naturschutzgebiet in dem geschützte Arten wie rote Pandas und Schneeleoparden leben sollen. Die beschützen sich aber in erster Linie selbst indem sie sich nicht sehen lassen, denn über die aufgerissenen Schlamm und Steinlawine, die hier Straße genannt wird, wälzt sich gefühlt der halbe Touristenverkehr Nepals. Und nicht jedes Gefährt macht die Straßenverhältnisse so gut mit wie unsere Räder, die bisher Gottseidank bis auf kleinere Aussetzer gehalten haben. Ein kleiner Truck voller französischen Abenteuer liegt fahrunfähig in einer Kurve während der lokale Reparateur schon das Schweißgerät ausgepackt hat.

Langsam wälzen sich die Nebelschwaden über Weg und Abhänge. Wir fahren weiter durch Schlamm, Sand, Geröllhaufen und durch Wasserfälle, die sich über den Weg ergießen. Man muss höllisch aufpassen, sonst passiert es ganz schnell, dass man dann doch nicht mehr auf dem Rad sitzt, sondern wie Uli und ich irgendwo daneben. Die Pfütze in der ich gelandet bin war zum Glück nicht besonders tief und nicht schlammig…

Dann haben wir den Pass geschafft. Die Abfahrt wird sonnig und führt durch landwirtschaftlichen Gebiet. Reis- und Hirsefelder, Bananen und Obstbäume, das ein oder andere Dörfchen schmiegt sich an die Straße. Dann noch über eine flache Sandpiste und dann sind wie auch schon da. Unser Hotel hat einen Garten zum entspannen und wir genießen unser schmutziges Schmutzbier, während die Moskitos uns genießen.

Zurück in die Zukunft Teil 2

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

70 km nach nach Jilong zhen

Nachdem wir nun also einen Tag früher als geplant in Jilong (Stadt) angekommen sind, können wir heute ganz entspannt angehen. Denn es ist zwar bei den für heute geplanten 70 km Strecke geblieben, allerdings ohne Pass auf über 5000 HM. Stattdessen Jahren wir kontinuierlich bergab und werden am Ende des Tages auf moderaten 2900 HM landen. So tief waren wir schon lange nicht mehr!

Wir starten nach einem reichlichen chinesischen Nudelsuppen- und Teigtaschen-Frühstück bei (natürlich) blauem Himmel und Sonnenschein. Ohne Stress gegen 10:30 geht es los. Und wir lassen es einfach rollen. Immer flussabwärts. Das plätschern und rauschen des Wassers wird uns den ganzen Tag begleiten. Zuerst is† die Landschaft wie gewohnt karg, dazu schroff und felsig. Der geplante Autobahnbau, der Nepal mit Lhasa verbinden soll, hat bereits seine Schmeißen in die Landschaft geschlagen.

Pünktlich gegen 11:30 Uhr kommt langsam Wind auf, Gegenwind, der nach und nach so stark wird, dass wir, obwohl wir bergab fahren ordentlich in die Pedale treten müssen. Aber es macht trotzdem Spass, denn mit jeder Radumdrehung wird es grüner um uns herum. Erst Sträucher, dann vereinzelte Bäumchen, dann üppiger Wald. Überall lümmeln wollige Yaks auf Wiesen und am Straßenrand. Schneebedeckte Berge begleiten uns noch immer. Nach zwei Wochen der Beobachtung von Licht und Schattenspielen auf nackten Bergen tut das viele Grün den Augen einfach gut. Sven wähnt sich gar in den Alpen.

Jetzt ist bald Abschied angesagt, denn morgen geht es nach Nepal. Sam und seine beiden Begleiter werden uns verlassen und ein wenig Wehmut kommt auf, denn Tibet mit seinen weiten Landschaften unter dem ewig blauen Himmel mit seinen wettergegerbten schönen Menschen hat uns nachhaltig beeindruckt.
Mit Vorfreude und Neugier schauen wir aber auch auf das, das vor uns liegt: Viert Tage Nepal werden unsere Reise abrunden, bevor es wieder heimwärts geht.

Zurück in die Zukunft

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Eigentlich 132 km nach Kamenba, aber dann doch 200 km nach Jilong

So. Kurz nach 11. Abends. Ich teile mir ein Zimmer mit Sven, der gerade das Wetter für morgen checkt. Und was Wettervorhersagen angeht, da ist, wie wir wissen, auf Sven Verlass. Eigentlich sollten wir jetzt zu sechst in einer Sammelunterkunft in Kamenba weilen am malerischen Haiku Tso – einem riesigen blauen Salzsee-, sind nun aber doch in Jilong gelandet. Da sollten wir erst morgen sein. Wir sind also heute mal geradewegs in die Zukunft gefahren. Und das kam so:

Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, shopping in Tingri. Danach gab es noch ein leckeres Abendbrot beim örtlichen Sichuanesen. Am nächsten morgen wurden wir dann mit leckeren Eierkuchen und Kaffee aus der Hotelküche überrascht und starteten in ein wunderbares Panorama. Natürlich erst nachdem wir den morgendlichen Raureif von den Sätteln entfernt hatten…

Die Schneeberge sollten uns noch den ganzen Tag begleiten. Zuerst der Choomolangma (Mt. Everest) und der Cho Oyu, später als wir den Friendship-Highway links liegen lassen, erblicken wir noch den Xixiapangma, einen weiteren Achttausender. Unser Weg führt uns weiter durch die von Bergen gesäumte tibetische Hochebene. Heute ist eigentlich auch der Tag der Forts. Dicht an dicht stehen die Ruinen der Bauwerke aus dem 17. Jahrhundert. Daneben weiden Kühe, Pferde, manchmal Schafe. Wie aus der Zeit gefallen, wirken diese alten, ihre Funktion beraubten Gemäuer.

Bis Menbu geht es gut voran. Mittlerweile sind sämtliche Zehen und Finger wieder aufgetaut und die Kleidung verringert sich für Schicht für Schicht, denn die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau und wir müssen (eigentlich) keine maßgeblichen Steigungen überwinden.

Nach dem Mittagsstop kommt er aber langsam auf, der Gegenwind oder der „Gegen-uns-Wind“ wie wir ihn nennen. Erst unmerklich, dann aber immer stärker werdend und die letzten 20 Kilometer vor unserem Zielort die reinste Qual. Wir können die schöne Landschaft kaum noch genießen. Sind kirre vom Wind. Diese 20 Kilometer sind eine reine Gemeinschaftsleistung und alles andere als ein Genuss! Aber wir nähern uns Meter für Meter, kämpfen uns voran. Vor uns sehen wir schon den tiefblauen See an dessen Ufern wir heute nächtigen werden. Dann der Schock: Sam ist vorausgefahren und hat schlechte Nachrichten. Unsere heutige Unterkunft entpuppt sich als Zementfabrik mit angeschlossener Baracke für Bauarbeiter. Einziges Gebäude irgendwo im Nirgendwo. Wir sollen uns den „Aufenthaltsraum“ mit der Gastgeberfamilie teilen. Etwas ratlos stehen wir da. Dann beschließen wir, einfach in das für morgen vorgesehene Hotel zu fahren. Hängen also nochmal rund 70 km dran und überqueren den dritten fünftausender Pass (5236m).*
Die Zimmer sind telefonisch schnell gebucht. Vor Ort gibts dann doch Probleme, denn was am Telefon nicht klar war – wir sind Ausländer. Und das scheint in der Verbindung Tibet und 70. Jahrestag Chinas nicht so günstig zu sein. Meint zumindest oder offenbar die Rezeptionistin, die schon ihr Bett gerichtet und keinen Lust auf uns zu haben scheint.

Am Ende klappt dann aber doch alles, Dank Sam’s Einsatz. Nur das wir anstatt vier nur drei Zimmer bekommen und so teile ich mir jetzt also ein Zimmer mit Sven, er gerade das Wetter für morgen checkt.

* im Auto…

Shopping Queen

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Fahrt nach Tingri, übern Daumen gepeilt 50 km

Es ist 7 Uhr, wir schälen uns verschlafen aus unseren Schlafsäcken, erheben uns von unseren Schlafstätten. In der Stube brennt schon der Ofen. Heißer Ingwertee, Kaffee, warmes Brot, Eier. Nach dem Frühstück noch schnell ein Foto mit unserer Gastgeberin, dann geht es ab in den Bus und wir schlängeln uns Serpentinen hoch und wieder hinunter, zurück über den Gyol La in Richtung Bebar. Wunderbar blau ist der Himmel und kein Lüftchen weht.

Doch obwohl die Landschaft ganz wunderbar ist und das Spiel von Licht und Wolken auf den Bergen einfach nur zauberhaft, will bei uns keine richtige Stimmung aufkommen. Außer bei Uli, der findet: Es ist ein schöner Tag.
Wir strampeln also in Richtung Tingri. Von hier hat man wieder einen wundervollen Blick auf die Schneeberge. Und wie gesagt, das Wetter ist einfach traumhaft, blauer Himmel und Sonne. Wir können’s nur noch nicht so richtig genießen.

Nachdem wir uns im Hotel einsortiert haben, noch ist es früher nachmittag, beschließen wir, Tingri zu erkunden. Eigentlich besteht der Ort aus einer Straße an der sich ein paar verschlafenen Wohnhäuser, Restaurants und Einkaufsläden reihen. Auch einen Autoschrauber finden wir. Auf der Straße wird frisch Geschlachtetes verkauft.

Als wir so die Straße entlang schlendern stehen wir plötzlich vor einem riesigen Verwaltungsgebäude und ein wenig später auf einem weitläufigen, neugebauten Platz um uns schließlich in einer überdimensioniert wirkenden, noch unbewohnten Satellitenstadt wiederzufinden. Alles ist leer hier, nur eine kleine Werkstadt lebt, in der junge Menschen mit Behinderung Taschen nähen. Susann und Sven schlagen sofort zu und erstehen ein paar sehr hübsche Stücke. Wer sagt’s denn? Selbst mitten in der Pampa ist shopping möglich!

Mit Sack und Tüten quer durch Passum

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Tagesausflug zum höchsten Kloster der Welt, echt jetzt?

Ich wache auf, es ist mitten in der Nacht. Mein Kopf tut weh. Wahrscheinlich die Erkältung in Kombination mit der Höhe. Einmal von 4000 m auf über 5200 m und dann wieder auf 4400 m runter, das geht ganz schön aufs Gemüt. Ich liege also wach und lausche meinem pochenden Schmerz im Schädel und denke: Irgendetwas stimmt hier nicht.

Dann fällt mir auf, alles ist dunkel. Ich bediene alle Schalter, nichts geht – Stromausfall. Gut. Egal. Ich konzentriere mich darauf wieder einzuschlafen. Wälze mich im Bett hin und her. Auf einmal Wosch!!!! Festbeleuchtung! Alle Lichter brennen. Der Strom ist wieder da. Und ich bin wohl doch eingeschlafen.

Am nächsten Morgen bin ich erstaunlicherweise ziemlich entspannt und ausgeschlafen. Das Frühstück ist reichlich: Eier, Toast, Eierkuchen, Marmelade, Gebäck, Nüsse, auf Wunsch gefüllte Teigtaschen und vieles mehr. Dann geht’s ab in den Bus und los in Richtung Mt. Everest.

Der Weg führt uns in weiten Serpentinen durch eine endlose braune Mondlandschaft immer weiter bergauf bis wir den Gyol La Pass erreicht haben. Auf der andern Seite sind sie dann, noch von Wolken umflort, doch ab und an erhaschen wir einen Blick: fünf Achttausender und unter ihnen der höchste, der Mt. Everest. Wir stehen zwischen wedelnden Gebetsfahnen und können uns kaum losreißen. Hoffen immer noch auf einen besseren Blick, ein besseres Foto.

Langsam wird es aber kalt im Wind und es geht zur nächsten Station. Zum höchsten Kloster der Welt, dem Kloster Rongbuk. Hier ist auch das Höchste Klo der Welt und das höchste Restaurant. Letzteres haben wir getestet (Susann wagt sich trotz stark lädierter Lippe an ein superscharfes Rindfleischgericht, mutig!). Wir stehen straff im Gegenwind, bewundern das Panorama. Vor uns der höchste Gipfel der Welt und wir wissen, dass wir ihn wahrscheinlich nie wieder so nahe kommen werden. Irgendwo hinter ein paar Serpentinen, 10 km weiter liegt das Mt. Everest Basecamp, was wir Normalo-Reisenden nicht betreten dürfen.

Jetzt sitzen wir gemütlich um den Yakdung-Ofen in unserem netten Homestay in Passum. Es wird langsam mollig warm und wir sind froh, dass wir nach dem zweiten Versuch und einem leicht chaotischen Umzug endlich in der richtigen Herberge gelandet sind. Wir sichten Fotos, trinken Ingwertee, lassen die letzten Tage Revue passieren und gleich gibts Essen.

Berge, Berge, Berge, Berge, Berge, Berge….

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

82 km nach Baiba

Es ist 8 Uhr, wir sitzen bei Toast und Tee im Frühstücksraum und die Welt schläft noch. 1. Oktober – Feiertagsstimmung. Die Straßen sind wie leer gefegt. Wir radeln durch den Sonnenschein immer in Richtung Mt. Everest.

Es geht leicht bergan, aber es lässt sich gut fahren. So kann es die nächsten 32 km weitergehen bis zum Gyatso La, dem mit 5248m höchsten Pass des Friendship-Highway. Wir biegen in eine karge dunkle Schlucht. Es ist kalt hier und einsam. Die hohen Felsen beiderseits der Strasse lassen womöglich nur mittags ein wenig Sonne in das stille Tal. Ein Bach plätschert vor sich hin. In der Ferne bellt ein Hund.

Je höher wir kommen, des steiler scheint die Straße und desto kälter wird es. Irgendwann bemerke ich den Schnee am Straßenrand. Unser Fahrer hat direkt einen Schneemann gebaut. Drei Pausen gönnen wir uns bis zum Gipfel. Und zumindest bei der ersten Pause sind wir noch recht fröhlich.

In mir weckt die schneebedeckte Landschaft ungute Kindheitserinnerungen: Im knatternden Trabbi Richtung Fichtelberg. Je näher wir dem Ziel kamen, desto weißer wurde die Landschaft. Und desto kälter wurden auch meine Füße. Skier anschnallen, Berg hochlatschen, runterfahren. Danach mit tauben Eisklötzen anstatt Füßen im Auto sitzen, die werden gerieben bis das Gefühl wieder zurückkehrt, ein widerlich stechendes Gefühl.
Je näher ich dem heutigen Ziel komme, desto mehr schwindet meine Lust weiterzufahren. Etwa 5 km vorm Pass, steigt Susann ab und beginnt zu schieben. Ja, frohlocke ich, jetzt steigen wir ins Auto! Aber Susann will nicht im Auto nach oben und so bleibt mir nichts anderes übrig als zähneknirschend in den sauren Apfel zu beißen.

Oben angekommen ist die Stimmung bei jedermann euphorisch. Uli und Andrea waren mal wieder die ersten und machen fröhlich Fotos von uns „Neuankömmlingen“. Ich versuche meine Gesichtszüge fürs Foto wieder einigermaßen in Form zu bringen. Wir hängen Gebetsfahnen auf und verziehen uns dann schnurstracks in den warmen Bus, wo wir mit Nudelsuppe beglückt werden. So aufgewärmt geht es an die letzte Etappe. 50 km bergab, aber mit Gegenwind. Vollkommen knülle landen wir abends im Hotel.

Am Montag ist in Tibet zu!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

91 km nach Lhaze

Montag, 30.9., Ruhe vor dem Sturm. Ab morgen beginnt die goldene Woche – Feiertagswoche und Hauptreisezeit in China. Gut die Touri-Hotspots genau dann zu meiden.

Aber erstmal heute. Montag. 30.9. Erste Nacht für uns in einer tibetischen Sammelunterkunft direkt an der Hauptstraße. Aber die Betten in unserem Sechs-Bett-Zimmer waren warm und gemütlich und am Morgen werden wir von blauem Himmel und Sonnenschein begrüßt. Die Temperaturen sind angenehm mild. Kein Wind, kein Regen in Sicht.

Zum Frühstück gibt es eine kräftige Nudelsuppe, die macht von Innen warm und gibt Kraft! Zwar geht es stetig bergan aber es fährt sich leicht und gut, das Auto ist vollgepackt mit Gebäck,Nudelsuppen und Trockenobst, was soll uns also passieren? Der kleine Pass ist eine gute Vorbereitung auf morgen, wo es ein bisschen knackiger zur Sache gehen wird.

So, Pass bewältigt, Tagesziel erreicht – nun geht es an dei angenehmen Seiten des Tages. Mittagessen! Nach der Abfahrt in etwa 10 km wird uns ein Restaurant angekündigt. Sehr gut! Erwartungsfroh schwingen wir uns aufs Rad. Unten angekommen erwartet uns anstatt eines Restaurants nur ein Trümmerhaufen. Das Haus wird gerade abgerissen und dann wieder neu aufgebaut. Nichts neues in China, nur für uns etwas doof. Naja, die Ortsansässigen schicken uns 2 km weiter, da sei wohl noch ein Restaurant. Dort angekommen, stellen wir fest, dass auch dieses geschlossen hat. Wir wollen schon die Instant-Nudeln auspacken, da erreicht uns die frohe Kunde eines weiteren Gasthauses unweit diesen Ortes. Na los, auf die Räder geschwungen und nichts wie hin. Aber auch da GESCHLOSSEN!
Jetzt haben wir auch keine Lust auf Instant-Suppen mehr und die Stadt ist auch nicht mehr weit. Der Entschluss ist schnell gefasst: Erstmal ins Hotel, dann sehen wir weiter.
Und wir werden nicht enttäuscht. Hier gibt es einen sonnigen Innenhof. Da wird der Kaffee ausgepackt, Kekse und Kuchen geholt und gegenüber gibt es auch einen kleinen Markt, der Eis im Angebot hat. Also kein Mittag heute, sondern eine ausgedehnte Kaffeepause.

Ein Klo und W-Lan oder der kürzeste Blog aller Zeiten

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

82 km nach Liushang

Jetzt sitzen wir im Gastraum der kleinen Herberge vor uns die leeren Teller und Schalen unseres Abendessens. Sven schüttelt auf Ulis Anweisung sinnvoll die Thermoskanne um noch etwas Geschmack aus dem Ingwer heraus zu kitzeln. Wir befinden uns auf über 4.000 m, haben astreines W-Lan und seit diesem Jahr sogar ein Klo. Das gab es letztes Jahr noch nicht. Der Fernseher läuft die ganze Zeit, da in zwei Tagen die Republik 70 wird, läuft hier gerade ein sehr pathetische Abhandlung über die Gründung der Volksrepublik. Unsere tibetische Crew ist bereits in die Schlafkojen verschwunden. Wir scheuen noch ein wenig das kalte Wasser und die Dunkelheit im „stillen Örtchen“. Draußen geht das Gewitter nieder und Sven zählt den Abstand zwischen Blitz und Donner.

Wir hatten eine entspannte Radetappe. Regenfrei. Pannenfrei. Fast windstill. Dazu die Schneeberge in Sicht. Immer der Nase nach. Beobachtungen über die Landwirtschaft wurden angestellt. Hier wird noch mit Ochsen im Joch gepflügt und zwar, wie ich jetzt Dank Uli weiß, mit dem Einschar-Eisenpflug. Nach unserer Ankunft und einem kleinen Spaziergang machen wir es uns in der Gaststube gemütlich bis zur Schlafenszeit.