Shambala-lalalalala

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Nur zerschlagene Gesichter beim heutigen Frühstück. Der reduzierte Sauerstoff in dieser Höhe lässt das Herz schlagen und manchmal den Kopf dumpf vor sich hin pochen. Die Atmung beschleunigt sich, die Kehle ist trocken. Das waren meine Phänomene heute Nacht: interessant, aber für einen wohligen Schlaf ungeeignet. Und den Anderen ging es ähnlich. Das wird nicht anhalten, es ist schon jetzt viel besser geworden. Die meisten von uns haben das gängige Kräuterzeug gegen Höhenkrankheit eingeschmissen (Rosenwurz/Hongjingtian), welches mir von Volker empfohlen wurde. Und wir haben ja auch drei Apotheker dabei, geballte Expertise für alle Lebenslagen. Die schlaflose Nacht ließ die Treppen des Potala trotzdem bis in den Himmel wachsen, was hysterisch war, wie sich heute herausgestellt hat.

Denn es war ein vielleicht etwas träger, aber auch ein sehr schöner Tag. Zum Potala soll man eigentlich nicht gleich am Tag nach der Ankunft, aber wir hatten keine andere Wahl. Für einen Besuch muss man sich vorher anmelden und bekommt dann ein Zeitfenster zugewiesen. Die Besucherquoten sind beschränkt und zu allem Überfluss nehmen die Goldenen Wochen gerade Fahrt auf (rund um den Chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober scheint das ganze Land in Bewegung zu sein). Also schön, dass wir überhaupt die Ehre hatten…die Treppen gingen wider erwarten gut, Laba war in Topform und hat mit rollenden Augen und ausholenden Gesten seine Geschichten erzählt.

Der Sitz der Dalai Lamas (der ehemalige Sitz, muss man ja inzwischen sagen, daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern) ist gewaltig, düster, prunkvoll. Ich spare mir mal geschichtliche Ausführungen, im Potala ist so viel passiert, das kann man nicht kurz abhandeln. Aber man kann die Bedeutung, die der Palast für die Tibeter hat, an deren Verhalten erkennen: von den alten Frauen, die mit der Gebetsmühle in der Hand die Kora (heilige Runde) um ihn drehen und sich dann davor niederwerfen. Oder von den Pilgern, die in den wenigen begehbaren Räumen die Butterlampen am Leuchten halten. Diese Pilger inmitten des Touristenflusses scheinen völlig aus der Welt gefallen zu sein.

Mit den Rädern hat es dann wieder länger gedauert als erwartet, aber das ist ja immer so. Wir bezahlen Leute vor Ort, die uns die Räder in Bestzustand vor das Hotel stellen sollen. In Lhasa hatten die Räder den langen Transport aus Beijing hinter sich, dann ist eine gute Wartung natürlich besonders wichtig. Tatsächlich sah es so aus: die Lenker waren verkehrt an den Vorbau montiert, die Reifen waren nicht aufgepumpt (weil es in ganz Lhasa keine ordentliche Pumpe für französische Ventile gibt), die Räder insgesamt waren mit einer dicken Staubschicht bedeckt etc. Es war noch viel zu tun. Irgendwann sind wir dann doch noch eine kleine Schleife zum Lhasa-Fluss und durch die Altstadt gefahren.

Das Abendessen im House of Shambala war gut. Shambala: das Reine Land des tibetischen Buddishmus, wir wurden dabei passenderweise bestens unterhalten von einer Gruppe Tschechen, die im Nebenraum zur Gitarre Kirchenlieder sangen. Und leider hatte ich meinen Fotoapparat dann nicht mehr dabei, denn eine schöne Szene waren die Panikkäufe auf dem Rückweg: Kartonweise Wein, der jetzt bis Kathmandu reichen muss.

Kleinstadtleben

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

70 Kilometer von Wuwei nach Yongchang, Sonnenschein bei Temperaturen zwischen morgens 9 Grad bis 20 Grad und schönem Sonnenschein, leicht anstegende ruhige Straße muit 550 hm.

Am Morgen haben wir noch recht interessante Gesprächspartener, eine Gruppe von Motorradfahrern aus Großbrittanien. Sie sind seit mehr als einem Monat untwerwegs und wollen noch bis Bangkok. Die schweren Maschinen vor der Tür sind schon beeindruckend, aber ich möchte nicht tauschen. In den schweren Kluften kann man sich kaum bewegen und dann jeden tag 600 Kilometer durch die Landschaft heizen. Der Reiseleiter der Gruppe ningelt ein bisschen, die wollen immer nur fahren und sehen sich kaum was an, sogar am Buddha in Zhangye haben sie keine Pause gemacht. aber egal, die zahlen gut, grinst mich der Uigure aus der Provinz Xinjiang an.
Das Wetter wird huete sehr schön, die Sonne strahlt klar vom Himmel und bald sind auch die frostigen 8 Grad aufgesaugt und wir haben optimale Radfahrtemperaturen. Der heutige Radtag ist einer der wenigen ohne größeren Erlebnisfaktor, es geht konstant und gleichmäßig mit 1% Steigung aufwärts, aber das merkt man gar nicht. Auch die Landschaft ist recht monoton, wir fahren durch eine weite, aber sehr trockenen Hochebene und es gibt auch nicht zu viele Dörfer und nur wenig Landwirtschaft. Links dagegen zieht sich am Horizont ein Ausläufer des Qilin entlang mit Gipfeln weit über 4000 Metern Höhe, die uns mit eisigen Schneegipfeln grüßen, hier unten ist alles nur recht öde und trocken, die Oasen liegen noch ein wenig weiter rechts in der Ebene.

Doch schon am frühen Nachmittag erreichen wir unseren Zielort Yongchang. Der ist nicht groß und wir brechen zu einem Spaziergang auf. In drei Stunden haben wir die ganze Stadt kennen gelernt. Im Zentrum wird ein gigantischer Platz errichtet mit Springbrunnen und hunderttausend Lampen. Außerdem gibt es ein Stadion, das für den Ort eigentlich überdimensioniert erscheint, aber vielleicht tummelt sich die Mannschaft in der chinesischen Liga etwas weiter oben.
Auf den Straßen sitzen überdurchschnittlich viele alte Männer beim Karten spielen, die meisten Uiguren mit grauen Bärten und runden Brillen, ein Bild, dass man eher mit dem China vor 30 Jahren verbunden hat. Aber gestern in Wuwei haben wir auf dem Markt noch einen Laden entdeckt, der immer noch Mao-Anzüge und Mao Mützen verkauft. Die mao Anzüge heißen in China nicht Mao Anzüge, sonder Sun Yat Zen Anzüge und das war der Gründer der bürgerlichen Republck China gute 20 Jahre vor Mao, der eben gerne ebensolche Anzüge trug.
Eigentlich bin ich auf der Suche nach einem kleinen Restaurant, in dem ich mit meiner Gruppe schon 2008 zum Essen war und die seitdem ein großes Foto unserer Radlergruppe im Lokal hängen haben, aber den Laden gibt es nicht mehr. Aber wir finden ein anderes nettes Lokal und haben ein leckeres Abendessen, Spezialität ist ein kalter Schweinebraten, dazu einige gemüsgerichte und man vermisst den Rotkohl und die Thüringer Klöße gleich nicht mehr!
Am Abend sitzen wir dann noch eine halbe beim Schlaftrunk aus unseren neu erstandenen Tassen, ab morgen geht es bei uns luxuriös zu, wir haben in eine schöne rote chinesische Thermoskanne und Kaffeepulver investiert und wollen die Passhöhen dann immer mit einem gemütlichen Tässchen heißen Kaffees begießen.