Ennui in der Business-Class

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Flugzeit heute nur 1:15h, trotzdem sind wir von einer Welt in eine andere geflogen. Vom provisorischen Chaos Nepals hinein in das kontrollierte Tibet, vom grünen Monsun in die braune Bergwelt. Über 2000m Höhenunterschied (Lhasa liegt auf etwa 3600m), das wirkt sich gerade etwas auf das Bewusstsein aus. Wie in Watte ist das hier, eigentlich nicht unangenehm. Also, der Flug war zwar kurz und trotzdem waren wir den ganzen Tag dafür unterwegs, das Chaos braucht schließlich seine Zeit und die Kontrolle auch. 4km bis zum Flughafen von Kathmandu bedeuten 45min, 65km vom tibetischen Flughafen Gongkar nach Lhasa brauchen auch nicht viel länger. Außerdem wurde auf die lustige Nepal Zeit (+3:45) noch einmal 2:15 draufgeschlagen, in Lhasa herrscht selbstverständlich Beijing Zeit.

Mit dem Flug haben wir nettes Geld in die Gruppenkasse gespült. Im Vorfeld waren nur noch Business Class-Tickets zu haben, von Kathmandu aus geht der einzige internationale Flug nach Lhasa und der scheint beliebt zu sein. Gestern Nacht wurden wir von ernsten und entschlossenen Nepalesen kontaktiert, die uns unter allen Umständen einige der Tickets abkaufen wollten, kanadische Reisende konnten und wollten nicht auf das Business-Class Privileg verzichten, das ist verständlich. Wir haben sie die Hälfte unserer Tickets in die Economy-Class umtauschen lassen, für ordentliches Geld und Fensterplätze mit Everest-Blick. Auf dem Flug lasen die Kanadier die meiste Zeit Zeitung. Ich will nicht wissen, was der Veranstalter für diese Bequemlichkeit leisten und ausgeben musste: wie sie uns überhaupt ausfindig gemacht haben, und dann haben sie uns aufgelauert, verhandelt, Mittelsmänner eingesetzt, die Airline für die Namensänderungen bestochen.

Der Flughafen von Kathmandu macht seinem Land alle Ehre, verplant und höchst sympathisch. Gate 5 wurde uns angesagt, der Sicherheitsmann konnte den Schlüssel zum Gate nicht finden, also mussten alle von Gate 4 aus über das Rollfeld laufen. Vier von uns dann in der Holzklasse mit Blick auf Everest und Kollegen, die anderen vier in Business auf rechts, sich gelangweilt die Fingernägel feilend. Dabei hätte man von rechts herrlich den Kangchenjunga sehen können, den dritthöchsten Berg der Welt, im Grenzgebiet zu Sikkim.

In Gongkar war es dann viel unkomlizierter und längst nicht so martialisch wie erwartet. Unser tibetischer Guide heißt Laba und war nett und gesprächsbereit. In der Stadt haben wir dann unseren Olympiaradler Eckhard aufgelesen, der ist über andere Wege nach Tibet gereist und nun sind wir vollzählig, eine fast reine Männerrunde, verwegene Gesellen! Nur Silke vertritt die Damenwelt: eine Alexandra David-Neel unserer Zeit.

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Ein Kommentar:

  1. Hallo Jan,
    Holzklasse gereist und die Gipfel des Himalaya bestaunt (In Business class schaut man nicht aus dem Fenster )? Auf alle Fälle habt ihr in so kurzer Zeit doch schon Aufregendes erlebt. Schont die arme Silke, bzw. verwöhnt sie – allein unter etwas älteren Männern – gefährlich !Die Strapazen warten. Viel Spaß euch allen und nicht zu viel Stress !Fahrt unfallfrei !
    Doris

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