Oh, Alter!

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

5. Tag, vom Nam-Ngum-Stausee nach Vang Vieng

Beschaulich lässt sich für uns der Tag auf einer Barke an, wir gleiten in der Morgensonne über den Stausee. Noch leicht jetlägerig räkeln sich einige auf den Holzbänken in der Sonne, andere lesen und der Rest schaut den vorbeiziehenden Inselchen hinterher. Trügerische Idylle: Auf zwei der Inseln unterhält die Vientianer Regierung Gefängnisse für politische Gefangene, im kommunistischen Fachjargon ‚dekadente Elemente‘ genannt. In einem Staat, in dem faktisch keine Meinungsfreiheit vorhanden ist und die Urheber unliebsamer öffentlicher Äußerungen schnell als umerziehungswürdig beurteilt werden, kann der Weg hierher für jeden Laoten gegebenenfalls sehr kurz sein.

Wir gehen am nördlichen Ende des Sees am Fischerdorf Tha Heua von Bord und verabschieden uns vom Kapitän. Am Uferhang ist gerade eine Ferienanlage in noblem Teakholzgewand im Bau. Der französische Besitzer der Anlage kommt ebenfalls zum Steg, um uns in Empfang zu nehmen. Er weist auf einen Stapel Holzstämme, die in einigen Metern Entfernung liegen. Dies sei alles feinstes Teakholz, das aus dem Unterwasser-Holzeinschlag im See stamme. Es kämen Taucher zum Einsatz, die in der Tiefe mit Luftdruck betriebene Sägen schwingen. Was man dabei an Mehraufwand investiert, wird beim Transport wieder eingespart: Die Stämme flutschen durch ihren eigenen Auftrieb zur Wasseroberfläche und können unaufwändig mit Booten ans Ufer geschleppt werden, wo aus ihnen der nächste Ferienbungalow gezimmert wird.

Die Hauptstraße im Ort ist gesäumt von zahllosen Verkaufsständen, die hauptsächlich getrockneten Fisch aus dem See in allen Größen und Arten feilbieten, dessen Aroma sich in der Mittagshitze gut entfaltet. Olfaktorisch harmlos nimmt sich der Fisch allerdings aus gegenüber der Krabbenpaste, mit der Yong sich beim Mittagessen wie gewohnt seine Chilies bestreicht. Wir haben inzwischen – nicht ohne Genugtuung – beobachtet, dass auch er ab und an mit der Schärfe zu kämpfen hat und nach Luft ringend hektisch zu Reis und Wasser greift. Uns mundet die Nudelsuppe bislang auch ohne streng riechende und allzu feurige Zusatzwürze, und vom Glas mit der graufarbenen Krabbenpaste wird nur als Mutprobe (sehr!) kurz der Deckel gelüftet.

Die Strecke nach Vang Vieng, die wir anschließend in Angriff nehmen, ist nur laue 23 km lang, bietet aber eine Menge. Eine Menge Landschaft, denn bald schrauben sich beiderseits der Strecke die berühmten Karstformationen in den Himmel, denen unser heutiges Etappenziel seine große Beliebtheit verdankt. Leider auch eine Menge Schotter, denn bereits seit einiger Zeit ist hier eine Erneuerung des Straßenbelags in Planung. Gewissenhaft ist dazu in regelmäßigen Abständen der Asphalt aufgeschreddert worden. Seitdem ruhen die Arbeiten mit ungewisser Zukunft. Der Euphorie der Winkekinder entlang der Strecke tut dies zwar keinen Abbruch, verlangt uns aber eine neue Dimension radeltechnischer Finesse ab. Als wir Vang Vieng erreichen, haben alle aus der Gruppe eine neue Qualifikationsstufe auf dem Weg zum Prädikat ‚laosgeprüfter Radspezialist‘ erreicht. Mit Schmutzbier respektive fruchtigem Schmutzshake belohnen wir uns für den beachtlichen Lernfortschritt.

Vom Gewusel der Rucksackabenteurer, die Vang Vieng unlängst zu einem der wichtigsten Stationen des sogenannten „Banana Pancake Trail“ geadelt haben, bleiben wir vorerst unbehelligt. Das CBB-Büro hat unser Domizil hier mit Bedacht nicht zuvorderst nach zentraler Lage ausgewählt. Statt der wummernde Bässe der Partymeile begrüßt uns daher dankenswerterweise nur das dezente Plätschern des Xong-Flusses, an dessen Ufer wir heute unsere Bungalows beziehen.

Abends wagen wir uns zwecks soziologischer Erkundungen dann doch freiwillig ins Ortszentrum bis auf die Party-Insel vor. Für den Fall, dass irgendwelche Teenager eine(n) von uns kritisch beäugen und sich nach unserem Begehr erkundigen sollten, haben wir uns mit einer fabelhaften Ausrede gewappnet: ‚Ich? Äh… Ich suche nur meine Tochter‘. Wir finden, das dürfte absolut glaubhaft klingen. Das klägliche Resthäufchen Feiervolk, das wir antreffen, ist jedoch überwiegend zum Fragen zu betrunken; die meisten scheinen um diese Zeit bereits ihren Rausch auszuschlafen. Für die leckeren Crèpes vom Straßenstand und den echten Espresso in der örtlichen Bäckerei hat sich der Ausflug immerhin mehr als gelohnt.

Als uns auf der schmalen Brücke über den Fluss ein knapp Zwanzigjähriger mit einer ordentlich angetüdelten Schönheit auf dem Arm entgegenkommt und prompt anspricht, weil er uns Deutsch sprechen hört, ist die Anspannung nicht mehr zu halten und das zurechtgelegte Sprüchlein bricht aus Matthias heraus: ‚Ich suche doch nur meine Tochter.‘ Niedergeschlagenheit und Mitleid mischen sich im Blick des Zwanzigjährigen, als er daraufhin schwankend stehenbleibt und Matthias kopfschüttelnd intensiv mustert. Betroffen entfährt es ihm leise: ‚Oh, Alter!‘


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Die Autobahnraststätte

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Bevor man in die Pampa fährt, möchte man sich natürlich gut vorbereiten und sich ein wenig eindecken. So mussten wir heute Morgen noch etliche Stopps machen, bevor es endlich losgehen konnte. Bei der Bank musste noch Geld gewechselt, beim Markt noch Baguettes und Früchte geholt und bei Lai’s Place noch etwas Schmierkäse gekauft werden. Wenn man einmal wieder in den Genuss von Zivilisation gekommen ist, kommt man da schwer von wieder weg. Und wenn man die Wahl hat zwischen Brot und Nudelsuppe am Morgen, dann zieht jeder wohl das vor, was er von zu Hause gewohnt ist. Gerade beim Frühstück ist es anscheinend am schwierigsten sich von seinen Angewohnheiten zu lösen.

Vorbei an Hmong-Dörfern ging es heute gemütliche 67 km nach Na Mawn. Die Hmong-Völker haben zwar hier in der Gegend ihren Ursprung, gehören aber zu den am weitesten rumgekommenen Minoritäten. Vor allem nach Thailand aber auch bis in die USA hat es viele vertrieben, nachdem sich einige von ihnen vergeblich 1975 gegen die laotische kommunistische Revolutionsarmee stellten. Im Vergleich zu den Sidas vom Vortag waren die Hmongs gerade zu offenherzig und es gab hunderte von netten Fotogelegenheiten und Plaudereinlagen mit gebrochenem Laotisch, sowohl von meiner als auch von ihrer Seite.

Es muss endlich mal wieder ein Wort über den Untergrund fallen, über den wir hier täglich hinweg gleiten. Man stellt sich auf einigen Straßenbelag bei China By Bike ein, aber dieser Asphalt… diese glattgebügelte Straße ist ein purer Genuss!! Sie ist laut Toh erst eineinhalb Monate alt. Am Wegrand sind auch noch häufiger Arbeiter zu sehen, die gerade erst die Fahrbahnmarkierungen auftragen… geradezu jungfräulich. Und obwohl die Chinesen die Nationalstraße 13 als ihre Haupthandelroute für LKWs nach und von Südostasien ausbauen ließen wird sie kaum befahren. Irgendwann gewöhnt man sich noch da dran. So langsam grenzt das schon an Verwöhnung. Hardy hat unsere bisherigen Strecken wohl am treffendsten betitelt: „wadenschmeichelnde Ondulationen auf chinesischem Schmuseasphalt“.

Unser heutiges Ziel ist eher eine Zwischenstation. Na Mawn verläuft etwa 500 Meter der Hauptstraße entlang und bildet damit schon das ganze Dorf. Aber immerhin sind hier 2 Guesthouses, eins davon mittlerweile auch mit 24h Strom und eigener Dusche mit tropfendem warmem Wasser. Nach der Ankunft bestand der allgemeine Wunsch sich in die Sonne zu setzen und ein Beer Lao zu genießen. Das ließ allerdings nur die Straße zu und wir saßen mit dem halben Stuhl noch auf der Straße, genossen die letzten Sonnenstrahlen und beachteten schon gar nicht mehr die chinesischen Riesenlaster, die uns den Staub ins Gesicht bliesen.

Damit die Stäbchenübungen nicht ganz umsonst waren und der fantastische chinesische Straßenbelag noch einmal gebührend gefeiert werden musste, gingen wir heute Abend in eines der chinesischen Lokale. Es fällt einem direkt ins Auge, dass die zwei größten Restaurants des Ortes chinesische sind. Die meisten die hier durchkommen scheinen doch tatsächlich chinesische Lasterfahrer zu sein. Noch bis spät in den Abend stießen einige von uns auf die Chinesisch-Laotisch-Thailändisch-Deutsche-Freundschaft an und knabberten an den Resten des frittierten Wildschweins.


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Winkekinder und Eismädchen

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

4. Tag, Von Vientiane zum Nam-Ngum-Stausee

Das hervorragende Frühstück im Khamvongsa Hotel ist der ideale Treibstoff für die ersten 65 km unserer Ausfahrt aus der laotischen Hauptstadt in Richtung Norden. Das Fahrgefühl in der Tiefebene um Vientiane erinnert stark an den Issaan in Nordostthailand, wie man ihn auf der CBB-Tour Auf den Spuren der Khmer erleben kann: Ausgedehnte Fahrradmeditationen inmitten einer völlig flachen Landschaft, die sich hauptsächlich im Kleinen verändert, während die Grundierung aus Reisfeldern – kilometerweit zu beiden Seiten der Straße -, kleinen Waldstücken, Zuckerrohr-, Teak- und Kautschukanpflanzungen sowie gelegentlichen Straßendörfern gleichförmig vorbeizieht und zum Abschalten einlädt.

Mit zunehmender Distanz zur Stadt nimmt der Verkehr auf der Straße ab, gleichzeitig werden die vom Straßenrand her grüßenden und winkenden Kinder zahlreicher. Nach Schulschluss am frühen Nachmittag bestimmen die heimkehrenden Schulkinder in ihrer einheitlichen Schulkleidung das Straßenbild und machen mit ihrem zum Abklatschen weit ausgestreckten Händen mitunter den Raum auf der Straße für uns eng. Merke: Die Kleinen mögen goldig wirken; die Wucht ihrer nur optisch kleinen, übermütig drauslosklatschenden Pranken Händchen unterschätzt zu haben, wird allerdings schon so mancher schwer strauchelnder Radler bereut haben.

Zum Glück sind wir auf der Straße Nr. 13 unterwegs, einem Stück Vorzeige-Infrastruktur, das uns vorerst bis nach Luang Prabang ein ausgewogenes Mischungsverhältnis von mehr oder weniger sanftem Dahingleiten und dem für eine richtige laotische Landpartie unentbehrlichen Holpern garantiert. Holpern plus Schulkinder gehört zu den Laos-Fahrradlektionen für Fortgeschrittene, soweit sind wir aber momentan noch nicht.

Für Yong hält der Tag nach dem Mittagessen auf einer ruhigen Terrasse am Fluss Nam Ngum ein besonderes Dessert bereit: Ein bezauberndes Eismädchen in einem der Straßendörfer, das ihm spontan ein lautes „wunderschön“ entlockt. Yongs deutscher Wortschatz hat natürlich seine Grenzen, ist aber durchaus schon beachtlich und wächst schnell. Um ein laotisches Mädchen zu beeindrucken, braucht er dennoch ganz andere Qualitäten. Wie wäre es zum Beispiel mit Geld, Haus und Auto? Wir stellen uns geschlossen hinter Yong und schätzen das romantische Potential ab, das ein postergroßer Druck des Fotos mit Yong und dem Eismädchen im Kennenlernprozess entfalten könnte.

Zwei kleine Trainingspässe gegen Ende der Etappe kitzeln noch einmal die kleineren Gänge heraus. Wir lassen es uns nicht nehmen, geschlossen und souverän die Herausforderung zu meistern. Am meisten scheint das Begleitfahrzeug mit den etwas hochprozentigeren Passagen zu kämpfen zu haben.

Unser Ziel für heute ist eine idyllische Bungalowanlage mit Blick auf den Stausee namens Nam Ngum (sprich: Namm Ngjöm). Es sind glücklicherweise wieder einmal keine Unterwassersägen zu vernehmen, und das Hämmern aus den halbfertigen neuen Bungalows verstummt schon lange vor dem Abendessen. Die großzügig dimensionierte Anlage, der Pool und die laufenden Bau- und Renovierungsmaßnahmen zeigen, dass die Betreiber sich auf eine zukünftig wachsende Gästeschaft einstellen. Den reizenden Ausblick auf die größte, mit kleinen Inseln gespickte Wasserfläche des Landes vor Augen, ist dieser Optimismus für uns absolut nachvollziehbar.


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Das Wandern ist des Sidas Lust

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Endlich gab es morgens mal wieder Brot. Die Franzosen hatten ganze Arbeit geleistet und hinterließen hier und da ihre Spuren, z.B. Kilometersteine oder eben auch Baguette. Aber mit Backen haben die Asiaten es bekanntlich ja nicht so. Daher wirkt das Brot wie ein aufgeblasener Weißmehlballon, den man, wenn er nicht mit großer Vorsicht behandelt wird, in seine Urform zusammendrückt.

Die Gruppe einigte sich heute auf eine Trekkingtour zu einem kleinen Dorf im nahgelegenen Urwald. Dazu fuhren wir mit einem Trekking-Guide, namens Porn (höhöhö! Heißt aber Glück auf Laotisch)und einem Packesel-Guide, namens Wong, ein Stückchen raus aus der Stadt und liefen dann über einen Trampelpfad ins grüne Dickicht hinein. Das sind hier Steigungen, die wir zum Glück nicht mit dem Fahrrad überwinden müssen. Der Ausflug wird zu einem kleinen Biologieunterricht, in dem wir über Lochweberspinnen, jungen Kautschuk, Kuh-Scheiß-Baum mit Heilwirkung gegen Magenbeschwerden, Malaria-Fieber-Test-Pflanze, Besenbaum und vielen weiteren Nutzpflanzen des Urwaldes lernen. Auf dem Höchstpunkt unseres Pfades befand sich ein kleines nettes Rastplätzchen und Wong packte das Picknick aus, das er mit sich rumschleppte: Gemüse allerlei, gebratenes Schweinefleisch mit Gurke, Auberginenpaste, getrocknete Flussalgen und ein Grillhähnchen, das Porn, nach seinen Angaben, noch am Vortag aus seinem Garten nahm und extra für uns schlachtete. Dazu gab es selbstverständlich Klebreis. Die Tischdecke/Teller bestanden aus Bananenblättern und wir aßen mit den Fingern – Lao Style.

Noch am frühen Nachmittag kamen wir an dem besagten Dörfchen an und erfuhren, dass es sich um ein Dorf der Sida-Minorität handelt, von denen es nur noch zwei in Laos gibt. Daher auch der Name Baan Sida. Die Sidas sind ein entfernter Ableger der chinesischen Hakkas, daher versteht mich hier jetzt auch keiner mehr mit meinem Möchte-gern-Laotisch. Hier ist Dorfidylle, wie man sich es in Südostasien vorstellt: Hund spielt mit Katz, Katz jagt Hahn, Hahn liegt neben Schwein und dazwischen rennen die Kinder umher mit ihren selbstgebastelten Holzrädern, die sie schlagend vor sich her rollen. Auf dem Dorfplatz spielte eine Gruppe von Kindern mit Holzkreiseln, die gegenseitig abgeschossen wurden. Porn versuchte auch sein Glück, scheiterte aber kläglich im Vergleich zu den erfahrenen Kreiselprofis. Das Dorf sollte ursprünglich mal Elektrizität bekommen. Das Geld für die entsprechenden Projekte fehlt aber… wie immer sooft, Rückstand für die Einwohner bedeutet schöne „authentische“ Fotos ohne Strommasten für die Touristen. Was auffällt, ist dass die Bewohner uns nicht wirklich wahrnehmen, geradezu ignorieren. Mein Verdacht bestätigt sich, als der Guide zugibt, dass hier ca. 3-4 Gruppen wöchentlich, in der Hochsaison auch mal täglich, durchlaufen. Irgendwann hat man sich auch satt gesehen an den lästigen Langnasen mit ihren Fotogeräten.

Wieder am Auto angelangt, machten wir noch einen kurzen Abstecher zum nahegelegenen Wasserfall bevor es dann wieder zurück ins Touri-Nest ging.


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Antspanntes fahrraden?

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

3. Tag, Vientiane

Gut gefrühstückt und befahrradet erobern wir heute Vientiane. Kultur und Aktivität sollen sich perfekt ergänzen – schließlich wollen wir uns schon auf die nachfolgende Ausfahrt aus der Stadt mit über 90 km Strecke einstimmen. Nach einem Besuch im Ho Phra Keo, dem ehemaligen Schrein des zeitweise in Vientiane aufbewahrten Smaragdbuddhas und heutigen Museum für buddhistische Kunst, und dem Vat Sisakhet nehmen wir daher Kurs auf den gut 30km südöstlich von Vientiane gelegenen Buddha-Park Xieng Khuan (sprich: ßieng kwuann). Es juckt uns mächtig in den Waden, und noch eine weitere Nacht unter weitgehendem Radentzug zu durchleiden, scheint weder notwendig noch wünschenswert.

Im Buddha-Park erfreut uns das äußerst entspannte, teilschattige Ambiente. Der überschaubaren Besucherzahl ist die fast meditative Stimmung zu verdanken. Neben zahlreichen Buddha-Bildnissen in den üblichen stehenden, sitzenden und liegenden Posen ist eine begehbare Darstellung von Himmel und Hölle zu besichtigen, dazu unterschiedlichste Figuren aus der buddhistischen Vorstellungswelt wie Mutter Erde, Garudas, Nagas und diverse Dämonen.

Zwischen den in edlem grau gehaltenen Skulpturen wuseln als leuchtend orangene Tupfer mehrere kleine Gruppen, die sich gerne auf Gespräche mit den Besuchern einlassen: Novizen aus Klöstern der Umgebung, die regelmäßig zum Englischtraining in den Park kommen, um mit ausländischen Gästen zu plaudern. Eine gute Lernmethode. Explizit politische Fragen dürfen sie uns zwar nach eigener Angabe nicht beantworten (was niemanden erstaunt), geben aber bereitwillig Auskunft über ihre Lebensumstände, das Leben im Vat und ihre Zukunftsträume. Größter Wunsch meines 18jährigen Gesprächspartners ist, mit zwanzig in den buddhistischen Mönchsorden aufgenommen zu werden und später als Englischlehrer seinen Landsleuten sprachlich die Welt zu eröffnen. Wie so viele seiner Mitnovizen haben seine Eltern ihn ins Kloster geschickt, um ihm eine (außerhalb des Klosters für sie unerschwingliche) gute Ausbildung zu garantieren. Ich wünsche ihm alles Gute für sein Vorhaben; er scheint auf dem besten Weg zu sein.

Gerade als wir von Xieng Khuan Abschied nehmen, klingelt Yongs Telefon. Mein Laotisch ist nicht unbedingt fein ziseliert – ich bin trotzdem relativ sicher, in etwa folgenden Dialog vernommen zu haben (von dem eine Hälfte zudem rekonstruiert ist):

Genosse Yong am Apparat?

Ja, bitte was gibt’s?

Sie sind angeblich mit einer Gruppe furchterregender Farang gesehen worden. Ist das korrekt?

Ähm… in etwa korrekt!

Sämtliche Dörfer zwischen Vientiane und dem Buddhapark sind in Aufruhr, nachdem Sie sie heute passiert haben. Ist Ihnen das klar?

Ähm… nein.

Es ist die Geschwindigkeit. Die Leute reagieren da sehr sensibel. Sie müssen das doch verstehen, als Landsmann?

Ja, natürlich. Ich verstehe.

Ich habe Anweisung von ganz oben. Der Krisenstab hat gerade getagt und seine Entscheidung bekanntgegeben: Sie werden über die Autobahn umgeleitet. Exklusivgenehmigung. Dort gibt es keinen Verkehr, niemand wird sie sehen. Das sollte für alle Seiten das Beste sein. Klar?

Klar.

Enttäuschen Sie uns nicht, Genosse. Lang lebe die kommunistische Partei!

Verstanden. Lang lebe die kommunistische Partei, Genosse.

Yongs Gesprächspartner mag sich in Wirklichkeit ein wenig anders ausgedrückt haben. Tatsache ist: Wir kehren über die nahezu verkehrsfreie Autobahn nach Vientiane zurück. Das bringt für uns einige Bonuskilometer mit sich, da die Ausbaustrecke uns zunächst nördlich an der Stadt vorbei und dann wieder zurück nach Süden führt (siehe Karte unten). Als wir schließlich den Patouxay, eines der großen Wahrzeichen von Vientiane, erreichen, haben wir alles in allem beachtliche 64 Aufwärmkilometer zurückgelegt, was einige Waden schon spürbar aktiviert.

Fairerweise muss man einräumen: Eigentlich ist es Yong selbst, der heute vorweg das Tempo macht und dabei erstaunlich sportlich auftrumpft. Hätten wir ihm beim Mittagessen womöglich die frischen Chilies rationieren sollen, die er so unverdrossen knusperte? Oder war etwa die fermentierte Krabbenpaste der Tiger im Tank, mit der er die Chilies bestreicht? Fragen, die wir im Auge behalten sollten in den nächsten Tagen. Uns Amateurlaoten bringt eine einfache Portion Fö (laotische Nudelsuppe) mit dem üblichen Gedeck aus Minze, Basilikum, Bohnen, Limette und Erdnusspaste (plus geröstete gemahlene Chilies nach Geschmack) jedenfalls gut über den Tag.

Falls Sie übrigens denken, im Titel dieses Artikels einen Verschreiber entdeckt zu haben, muss ich Ihnen natürlich zum Teil recht geben. Kein Duden der Welt wird das Wort ‚antspannt‘ beglaubigen. Aber der Duden wird ja auch nicht in Laos fabriziert. Er ahnt daher nichts von der besonderen laotischen Form der Entspanntheit, die ich hier versuchsweise als ‚Antspanntheit‘ bezeichnen möchte. Dabei folge ich einschlägigen lokalen Gepflogenheiten: Die englische Variante ‚to ralax‘ als Steigerung von ‚to relax‘ ist bereits weitgehend akzeptiert. Höchste Zeit, dass auch das Deutsche diese großartige Gelegenheit nutzt, den eigenen Wortschatz kosmopolitisch zu erweitern.

Wir arbeiten einstweilen noch an unserer Antspanntheit. Morgen stehen erst einmal sportliche 93 Pedalkilometer an, mit Arfolgsmeldungen ist also frühestens übermorgen zu rechnen.


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Sabai Dee Beer Lao!

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Nachdem wir alle bei den Schwarzwechslern an der Grenze unser Restgeld in Laotische Kip umgetauscht haben und emsig die Millionen in den Händen nachgezählt haben, waren wir nun gewappnet für Laos. Die Formalitäten an der Grenze dauerten länger als erwartet, aber eine Stunde und eine gefälschte Unterschrift später konnten wir endlich Richtung Südostasien marschieren. Der Grenzposten Chinas wirkte sehr eindrucksvoll, vor allem im Vergleich zur schäbigen Hütte auf der laotischen Seite. Aber auch Laos ist am aufstocken und will seinem großen Nachbar die Stirn bieten. Ein neues Grenzgebäude in Form einer riesen Stupa wird vermutlich in den nächsten Wochen (wahrscheinlich eher Monate… wir reden ja hier von Laos) fertiggestellt und in Betrieb genommen.

Unser laotische Guide Toh wartete mit einem leicht erkennbaren leuchtenden orangen China By Bike T-Shirt gemeinsam mit dem Gepäcktransporter auf uns. Sein charismatisches Lächeln wirkte gerade zu befreiend, nach der einen Woche chinesische relative Reserviertheit.

Die Landschaft änderte sich schlagartig: Die Dörfer wurden ärmer, die Kinder vielzähliger, der Müll weniger und die Naturlandschaft weniger bebaut aber dafür wesentlich kahler. Unser erstes Mittagessen wurde von dem lang ersehnten Beer Laos begleitet, allerdings nur mit Sprite gemischt als Radler, denn wir hatten ja noch über 30 km vor uns. Nach der chinesischen Hopfen-Limonade mit einem Schüsschen Alkohol, war es eine wahre Wohltat für alle aus unserer Männerrunde.

Laos englischer Länderzusatz PDR (People’s Democratic Republic) ist auch unter der treffenden Umschreibung „Please don´t rush“ bekannt. Das wurde uns spätestens beim Mittagessen bewusst. Die Bestellung und Zubereitung, selbst die Bezahlung dauert hier mindestens doppelt so lang wie in China. Gerade im direkten Vergleich zu dem quirligen und geschäftstüchtigen Nachbar im Norden wird dieser Gegensatz sehr deutlich. Es bleibt einem nichts anderes übrig als auch mindestens zwei Gänge runter zuschalten und sich der örtlichen Geschwindigkeit anzupassen. Das einzige Gegenmittel ist der Laos-Kaffee, der einen vom komatösen Geisteszustand bewahrt. Doch dieser musste leider noch bis zum späten Nachmittag warten, da der Dorflieferant sicherlich mit einer Flasche Laos Schnaps in der Hängematte eingeschlafen ist.

In Luang Namtha angekommen bog Hardy erstmal in das Banana Guesthouse ein, um (nach seinen Angaben) die besten Pommes von Laos und einen Mango-Shake zu bestellen. Die Gruppe folgte erst etwas widerwillig. Aber nach der chinesischen Exotik kam ein wenig westlicher Standard ganz gelegen. Auf den ersten Blick schienen in Luang Namtha mehr Touristen zu sein als Einheimische. Trotzdem wirkte die Stadt leer. Man bekommt den Eindruck, dass man sich hier auf den Massenansturm von Massen-Backpacker-Tourismus vorbereitet hat, der aber noch ausgeblieben ist: ein Guesthouse neben dem anderen; an vielen Ecken findet man Restaurants mit Beer Lao Reklameschildern und verheißenden Namen, wie „Minority Restaurant“ oder „Lai´s Place“.

Das erste Abendessen in Laos wollten wir authentisch halten, was sich als nicht so einfach herausstellte in so einem Touristendorf wie hier. Wir entschieden uns für den Nachtmarkt, wo man von mehreren Ständen sich sein Abendmahl zusammenstellen kann. Allerdings gab es hier ebenfalls mehr Touristen als Einheimische. Authentisch war das Essen aber allemal: Klebreis, Grillhähnchen, Papaya Salat und gekühltes Bier Lao. Im Prinzip kauten wir gerade auf der laotischen Nationalflagge rum, die kein besseres Nationalsymbol abgegeben hätte. Diese kulinarische Kombination bildet das Herzstück der laotischen Esskultur.


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Willkommen im Reich Lang Sam

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

1./2. Tag, Anreise nach Vientiane

Jede Fernreise beginnt mit einem beherzten Schritt durch die Raum-Zeit-Schleuse. Sie wissen, was ich meine. In früheren Zeiten war man Tage, Wochen oder auch Monate unterwegs. Mit der Postkutsche. Oder dem Schiff. Durch eine sich vor dem Fenster ganz allmählich wandelnde Landschaft.

Heute reichen für vergleichbare Reisen bereits einige Stunden aus, dank der rasanten Raum-Zeit-Schleuse. Wer sie betritt, dessen Welt scheint sich schlagartig von jetzt auf gleich aufzulösen, verschwindet einfach. Das ist aber nicht schlimm. Denn sobald man die Schleuse wieder verlässt, findet man eine neue und mit etwas Glück gar nicht so unangenehm veränderte Welt vor.

Wir waren jedenfalls sehr zufrieden, als wir gestern aus der Schleuse traten. Es hatte uns nach Vientiane verschlagen. Aus dem Main war der Mekong geworden. Aus Orkanböen eine sanfte, milde Brise. Aus Frostgraden tropische Wärme. Und aus einer Gruppe deutscher Radler ein furchtloses Expeditionsteam, zu allem entschlossen.

Das ist gut so. Schließlich lautet unsere Mission, in den nächsten Wochen die wilden Landschaften des nördlichen Laos zu erkunden. Nur unsere Fahrräder und wir. Dazu können wir solch ideale Bedingungen gebrauchen.

Yong und Laa sind noch dabei, unsere laotischen Begleiter von Green Discovery. Nicht dass wir Hilfe bräuchten. Die beiden sind vielmehr geschickt worden, um im Auftrag ihrer Landsleute aus der Nähe zu beobachten, wie mutig und tapfer wir uns schlagen. Über abenteuerliche Straßen. Steile Pässe. Verwegene Abfahrten. Wilde Flüsse. Durch dichten Urwald. Diese Gelegenheit gewähren wir Ihnen natürlich gerne.

Bei der ersten Orientierung hier in Laos sind wir bereits sehr erfolgreich gewesen. Yong und Laa werden das bestätigen. Wir haben viel gelernt, gleich am ersten Tag. Das frühe laotische Königreich Lane Xang (sprich: Lann ßang) zum Beispiel hatte Christof ja schon erwähnt. Was er sicher auch wusste, aber aus Kollegialität noch nicht verraten hat (denn worüber sollte ich sonst schreiben?):

Vom Namen dieses laotischen Königreichs leitet sich interessanterweise das deutsche Wort ‚langsam‘ ab. Die klangliche Ähnlichkeit ist Ihnen sicher schon längst aufgefallen. Ein Spaziergang durch die Straßen von Vientiane erhärtet den Verdacht zusätzlich. Sollte man dann noch jenem Tuktuk-Fahrer begegnen, welcher sich am Straßenrand unter unseren Augen in der Hängematte räkelte, die er schräg durch sein dreirädriges Gefährt gespannt hatte, dürfte sich der letzte Zweifel zerstreuen:

‚Langsam‘ muss als laotisches Fremdwort in unsere Sprache gelangt sein.

(Langsam wird sich auch dieser Blog entwickeln. Lesen Sie sich erst einmal ein. Die Bilder – die Sie an dieser Stelle vermutlich erwarten – kommen dann ganz von selbst.)

Die Geisterstadt

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Wir starteten den Tag wieder mit gefüllten Teigtaschen. Frank wollte es noch authentischer haben und bestellte eine Schüssel Reissuppe dazu. Nach einem anschließenden Rundgang auf dem lokalen Markt, der wirklich groß war und viele Sachen zu entdecken hatte, sattelten wir unsere Drahtesel und fuhren dem Land des Klebreises entgegen.

Die Strecke heute war im Gegensatz zur gestrigen Etappe entspannt und einfach. Die Anstrengungen vom Vortag waren allerdings noch gut in den Beinen zu spüren. So ließen wir uns relative viel Zeit und radelten gemächlich auf der gut asphaltierten, kaum befahrenen alten Straßen, parallel zur Autobahn gen Süden. Entgegen den Erwartungen wurde es allerdings immer kälter. Zum Mittagessen hielten wir an einer kleinen Autobahngaststätte und wollten uns mit gebratenem Reis ein wenig stärken. Der Reistopf war allerdings so gut wie leer und es waren nur noch Nudeln im Speiseschrank. Ich schlug daraufhin gebratene Nudeln vor. Die Köchin erwiderte jedoch, dass sie das nicht könne. So musste ich selber Hand anlegen. Denn eine solide, selbsterarbeitete, asiatische Kochausbildung ist nun mal eine Grundvoraussetzung für das Reiseleiter Dasein. Letztendlich hatte ich jedoch nur assistiert, Anweisungen gegeben und gewürzt, aber das Endresultat konnte sich sehen, bzw. schmecken lassen (Ich hoffe jetzt mal, dass die Gruppe nicht aus falscher, asiatischer Höflichkeit ihr Lob ausgesprochen hat). Von wegen, viele Köche verderben die Nudeln!

Dass Südostasien immer näher rückte, merkte man auch an den Dorfbewohnern, die nun ein „Hello!“ uns hinterher riefen, sowie an den Kindern, die winkten und unsere verschwitzten Hände abklatschten. Als dann zusätzlich noch die Straßenbeschilderung auf Thailändisch war, fühlte ich mich schon langsam heimisch. Allerdings verflog das Gefühl sobald wir in die Grenzstadt Mohan einfuhren. Grenzstädte sind meistens recht spannende Orte, bei denen man nie weiß, was auf einen zukommt. Aber ich war nicht auf das gefasst, was vor uns lag. Ich erfuhr später, dass die Stadt erst vor 2 Jahren aus dem Boden gestampft wurde. Die alten Häuser wurden abgerissen und China präsentiert sich seinen ärmeren Nachbarn von der modernsten Seite. Die ursprüngliche Einwohnerzahl betrug knapp 1000 und konnte somit nicht alle Häuser beziehen, die hier neugebaut wurden. Eine große Zuwanderung hat bisher ebenfalls noch nicht stattgefunden. Stattdessen werden die meisten Wohnungen als Lagerhäuser benutzt für den Import und Export mit den angrenzenden Ländern. Somit ist ein Großteil der Stadt völlig leer und wirkt etwas wie eine verlassene Geisterstadt. Etwas schade ist es schon, dass sich China entscheidet sich so von einem zu verabschieden. Aber es spiegelt auch recht authentisch wieder, wie China mit dem Fortschritt umgeht.


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Auf, ab, auf, ab und noch einmal…

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Zur morgendlichen Stärkung nahmen wir heute eine Nudelsuppe zu uns. Wahlweise gab es Rind- oder Schweinefleisch dazu. Als kleinen Nachtisch gab es noch chinesisches Gebäck, dass wir uns vom Vortag geholt haben, um noch etwas süßes dem Frühstück beizulegen. Das ließ jedoch die meisten die Abwesenheit des Kaffees in China noch deutlicher spüren als zuvor. Aber wir sind ja bald in Laos… Das sollte jedoch reichen für die Erzwingen der drei Riesen heute.

Den ersten Berg bestiegen wir in dem morgendlichen Nebeldunst, der uns seit unserer Abfahrt umgab. Sobald der Gipfel jedoch erreicht wurde, klärte sich der Himmel urplötzlich auf und man hatte endlich einen Weitblick über die wunderschöne Umgebung. Um uns herum befand sich immer noch das Xishuangbanna National Reservoit, das als Naturschutzgebiet gilt und uns somit ein hochgewachsener Urwald die ganze Fahrt begleitete. Hin und wieder kamen längere Kolonnen von LKWs voll beladen mit Steinen und Bauerde entgegen. Die meiste Zeit aber waren wir uns selbst und dem Aufstieg überlassen. Während unserem Mittagessen, rechneten wir unsere Chance aus noch im Hellen in Mengla anzukommen und bemerkten, dass es natürlich machbar ist, wir uns aber doch ein wenig sputen müssten. Nachdem Kekse und Getränke aufgefüllt waren gingen wir den zweiten Berg an, der auch leichter zu bewältigen war, als vorerst angenommen. Der dritte Pass war dann auch nur noch ein kleiner Zusatz und wir kamen recht zeitig in Mengla an. Es blieb sogar noch genug Zeit für ein Schmutzbier auf der Terrasse eines Teehauses unter freien Himmel und der Abendsonne.

Zum Abendessen führte uns ein chinesischer Kioskbesitzer in ein Dai-Restaurant, dass authentische Dai-Küche anbietet. Das Essen war recht gut und erinnerte mich wieder einmal daran, dass wir ziemlich dicht an der Grenze zu Südostasien sind. Als Gewürze wurden unteranderem Thai-Basilikum und Pfefferminze benutzt, was man in der chinesischen Küche sonst kaum findet. Kulinarisch also ein gelungener Übergang nach Laos, das wir morgen wahrscheinlich schon sehen können. Da morgen nun ein entspannter Tag bevorsteht, beschlossen die meisten von uns den Abend noch am Straßenrand mit einem Bierchen und etwas Grillsnacks abzuschließen. Einen chinesischen Passant erfreute dieser Anblick so sehr, dass er uns prompt noch 4 zusätzliche Flaschen Bier und 5 Spieße zur Kultivierung der Deutsch-Chinesischen Freundschaft bestellte. Zuvor hatte er uns natürlich noch die lokale Politik-Propaganda-Zeitschrift vorgelegt und stellte sicher, dass mindestens einer von uns Wen Jia Bao und Hu Jin Tao erkennt.


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Gezähmter Urwald

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Zum Frühstück gingen wir heute auf den lokalen Markt um uns dort mit Xiaolongbaos und Jiaozis (chinesische Teig- und Maultaschen) zu stärken. Statt dem Frühstückskaffee gab es dazu traditionell Sojamilch. Gut gestärkt fuhren wir heute unserem ersten kleinen Pass entgegen. Kurz nach der Abfahrt streifte Frank einen Passanten und stürzte. Der Passant täuschte natürlich gleich einen gebrochenen Arm vor und verlangte Schmerzensgeld. Nach einer längeren Diskussion sahen wir uns doch gezwungen den Betrag zu zahlen, um endlich weiterfahren zu können, denn sonst würden wohl immer noch da stehen und mit ihm streiten. Der Verkehr dünnte sich immer mehr aus, bis wir schließlich so gut wie die Straße für uns hatten. Auf der Passhöhe grüßten uns eine Reihe von Ananasständen. Wir bogen in den erstbesten ein und bestellten unseren kleinen Mittagssnack.

Zahlreiche Fotostops verzögerte unsere Ankunft und wir hatten nicht mehr viel Zeit übrig für die Besichtigung des größten botanischen Garten Chinas. Eine schier unendliche Vielfalt an tropischen Pflanzen wird hier geboten. Also entschlossen wir uns eine überteuerte Fahrkarte für die Elektrobusse zu kaufen. Sichtlich genervt, so spät noch Gäste rumfahren zu müssen, kutschierte uns unser Fahrer durch den Garten. Die meisten Haltestellen wurden dabei einfach weggelassen und der Fahrer drückte kräftig auf das Gaspedal, sodass wir den gesamten Park innerhalb von einer knappen Stunde kannten.

Nach einem anschließenden guten Abendmahl in der Stadt, deckten wir uns noch mit Proviant für die morgige Monster-Etappe ein und fuhren zurück in unser Hotel auf dem Gelände des Gartens. Heute verschwanden wir alle etwas früher in den Zimmern, vor allem um die nötigen Kräfte zu tanken für die noch vor uns liegenden 3 Pässe.

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