Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012
Von Oudomxay nach Na Mawn
Ein paar Früchte vom Markt in Oudomxay, und schon sind wir unterwegs nach Na Mawn. Ein kleiner Ort, den ich wegen seiner freundlichen, gelassenen Atmosphäre in guter Erinnerung habe: Am späten Nachmittag, vor Sonnenuntergang, kann man gemeinsam mit dem ganzen Dorf im Fluss baden – eine schöne Abwechslung von der üblichen Dusche danach. Im Laufe eines langen sonnigen Radfahrtages auf laotischen Straßen mischt sich der Schweiß mit einer stattlichen Schicht roten Staubs, der sich auf uns ebenso beiläufig ablagert wie auf all den Pflanzen, Autos und Häusern, denen man unterwegs häufig insgeheim eine riesige Putzfrau wünscht, die mit einem überdimensionalen Staubwedel mal kräftig über die ganze Landschaft wedeln möge.
Kurz hinter unserem Pass des Tages machen wir uns an einem schattigen Plätzchen auf der Picknickdecke aus Bananenblättern über die chinesischen Köstlichkeiten her, die wir im Versorgungsmobil aus Uodomxay mitgenommen haben. Ein paar Kekse und Obst dazu, und schon geht der Stäbchenwettkampf los. Die geschmorten Auberginen sind beliebt, während das doch arg knochige scharfe Huhn nur selten den ungestüm zuschnappenden Hölzchen ausgesetzt ist. Zum Dessert gibt es heute eine hübsche kleine Verdauungsabfahrt.
Wir passieren einige Dörfer der Hmong und kommen gerade richtig, um einen alten Neujahrsbrauch aus der Nähe erleben zu können: Ein Ballspiel zwischen jungen Männern und Mädchen, bei dem der Ball zur Partnerwahl eingesetzt wird: Wer sich mag, wirft sich den Ball zu. Aber ganz so einfach ist es doch nicht, denn das Ganze dauert stundenlang, und nur wer es schafft, bis zum Schluss keinen steifen Arm zu bekommen, hat Chancen auf die Gunst des Gegenübers. Eine interessante und preiswere Balzmethode, aber doch ein wenig mühsam.
Am Ortseingang von Na Mawn passieren wir den Markt und erbeuten eine 10kg-Kiste mit importierten chinesischen Mini-Mandarinen, die für uns die nächsten Tage für saftige Pausenstopps garantieren. Geschmacklich die besten Mandarinen überhaupt, süß, saftig und mit einer locker sitzenden, leicht abzupellenden Schale. Nur eben sehr klein, so dass man sie gleich im Dutzend essen möchte.
Na Mawn überrascht: Eine widerspenstige Ziege, bei deren Zähmung Albin tatkräftig mit Hand anlegt, weist uns den direkten Weg vom Schmutzbier zu einer rauschenden laotischen Boule-Party. Wir werden johlend und mit gefüllten Gläsern und amtlichem soundsystem lao auf einem Hinterhof begrüßt, wo den Trikots nach zu urteilen gerade die Na Mawn All Stars sich im präzisen Kugelwurf üben. Die große Beliebtheit des Boulespiels in Laos ist wie Baguette und Crèpes ein Erbe der französischen Kolonialherrschaft. Wenn man es recht bedenkt, hätte es auch genau andersherum sein können: Ein so gemächliches Spiel könnte durchaus glaubwürdig in Laos erfunden und erst von den französischen Kolonialherren in ihr Mutterland gebracht worden sein. Man wirft ab und an eine Kugel, zwischendurch bleibt viel Zeit zum Essen, Trinken und Diskutieren des besten Armschwungs.
Das soundsystem lao ist übrigens eine beliebte batteriebetriebene Verstärker-Lautsprecher-Kombination, mit der man mühelos ganze Dörfer beschallen kann – was die Nachbarschaft selten daran hindert, ebenfalls die eigene Anlage bis zur Verzerrung aufzudrehen. Ganz zu schweigen von den restlichen Familien im Dorf.
Erfreut stellen wir heute fest, dass die Musik aus den Lautsprechern viel weniger peinigend in den Ohren klingt, wenn man selbst mittendrin mittanzt. Wir lernen auch ein neues Trinksystem kennen, denn bei den Boulespielern gibt es für 25 Personen nur ein Dutzend Gläser. Das System ist schnell verstanden: Anstoßen, austrinken und dann schnellstens das Glas an den Nachbarn weitergeben. Wer zu langsam ist und sein Glas nicht rechtzeitig los wird, riskiert, die nächste Runde Beerlao gleich wieder mittrinken zu müssen – auf Ex, Ehrensache. Die Gläser füllen sich, einmal ausgetrunken, in bester Füllhorn-Manier quasi augenblicklich wie von selbst wieder.
Wir steuern auch ein paar Getränke bei und wenden uns der Boule-Bahn zu, um bei der nächsten Gelegenheit mit einzusteigen. Wahrscheinlich um uns eine schmachvolle Niederlage zu ersparen, bieten unsere aufmerksamen Gastgeber nicht gerade die erste Garde zum Wettkampf auf, sondern stellen als Kanonenfutter ein Team zusammen, dessen Virtuosität im Umgang mit den Metallkugeln insgesamt wenig einschüchternd ausfällt. Wir erweisen uns als gute Gäste und gewinnen (wie vorgesehen) souverän.
Die Ziege hat man in der Nähe an einem Baum angebunden. Sie schaut uns interessiert zu, über den Verlauf dieses Tages sicher nicht weniger erstaunt als wir.
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