Im Nachbartal

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Die Wolken hängen fett über dem Tal und es ist kein Ende des Regens in Sicht. Nach so einem Ruhetag fällt es da schwer, wieder aufs Rad zu steigen und wir beschließen, heute mal ausnahmsweise alle mit dem Auto zu fahren. Im Nachbartal soll dann angeblich besseres Wetter herrschen.

Tatsächlich verzieht sich der Regen nach dem Mittag auf der Passhöhe und die ersten steigen um aus Rad. Von da an geht es eigentlich nur noch bergab und unser Hotel für heute ist schnell erreicht. Es scheint die Nr. 1 hier am Platze sein, zumindest in Sachen Repräsentativität. Am Abend strahlt es wie ein Weihnachtsbaum und standesbewusst hat sich dementsprechend auch die lokale Elektrizitätsgesellschaft für eine große Tagung eingemietet. Am späten Nachmittag ist bereits eine gewisse Feierlaune zu verspüren, so dass wir uns schon ein wenig um unsere Nachtruhe sorgen.

Zunächst aber beziehen wir unsere Fengshui-gerecht eingerichteten Zimmer und machen noch einen Spaziergang durch Jianshui. Es gibt einen netten Park und man pflegt die Schnitzkunst – hätten wir noch Platz in den Packtaschen, würden wir uns sicher einen schmuckvollen Fensterladen oder einen Verzierung für den Dachfirst einpacken lassen. So drehen wir nur unsere Runde und statten als letzte Gäste des Abends dem muslimischen Restaurant gegenüber vom Park einen Besuch ab.


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Ruhetag

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Der Regen hat uns eingeholt und hängt einen grauen Schleier über Lijiang. Doch heute ist Stadttag angesagt und so kann uns das nicht allzu viel anhaben. Es wird gemütlich gefrühstückt und dann drehen wir eine kleine Runde durch die Altstadt. Das dauert genau so lange, bis wir – unter minimaler körperlicher Anstrengung – die Ess-und Snackmeile von Lijiang erreichen, wo wir uns das immaterielle Kulturerbe zur Brust nehmen. Frisch gestärkt und gesättigt zerstreut sich die Gruppe für den Nachmittag in die mit Cafés und Souvenirgeschäften reich bestückten Gassen. Heute darf ein wenig Müßiggang betrieben werden und der Fahrtenleiter kann sich in Ruhe der Materialbeschau widmen und Ersatzteile kaufen gehen.

Bus oder Bike?

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Heute steht mit etwa 600 Höhenmetern am Stück der längste Anstieg unserer Tour in Aussicht. Das verschreckt einige der Teilnehmer und es wird ein Fahrzeug geordert, das für eine bequeme Überfahrt des Passes sorgt und die Teilnehmer schnell in das turbulente Lijiang mit seiner restaurierten Altstadt, Weltkulturerbestatus etc. bringt, in dem andere Prioritäten gesetzt werden können.

Wir beiden Verbliebenen schrauben uns eisern die Serpentinen über das Yangzi-Tal empor und genießen die verdiente Anerkennung der chinesischen Autotouristen und auf der anderen Seite die Abfahrt in das Tal von Lijiang. Doch halt, wir wollen auch nicht verschweigen, dass es eine unübersehbare Menge junger chinesischer Fahrradtouristen gibt, wo vor 3 Jahren lediglich einige wenige Avantgardisten unterwegs waren. Da scheint sich ein neuer Trend etabliert zu haben und anscheinend sind alle auf dem Weg nach Tibet. Nähere Erklärungen dazu stehen allerdings noch aus.

Wir jedenfalls fahren genau in die umgekehrte Richtung, weil es da mehr bergab geht. Am Nachmittag erreichen wir schließlich die historischen Pflastersteine der Altstadtgassen von Lijiang, in denen sich bunte Menschenmassen drängen. Hier erlebt der chinesische Tourismus allabendlich einen seiner Höhepunkte, wenn die Anlagen in den Bars endlich ihre volle Lautstärke erreicht haben und der gemeine Mitteleuropäer von nervösen Stimmungsschwankungen befallen wird.


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Links und rechts vom Fluss

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Der heutige Tag beginnt mit einem kleinen Hindernis – ein Erdrutsch hat unseren Rückweg mit dem Rad aus der Tigersprungschlucht abgeschnitten. Auf etwa 20 m ist die Straße weg, stattdessen liegen ein paar mächtige Felsbrocken herum. Da die Strecke trotzdem regelmäßig frequentiert wird, hat sich ein fußbreiter Trampelpfad gebildet, über den fünf Chinesen gerade ein Motorrad manövrieren. Solche Kunststücke müssen wir glücklicherweise nicht vollbringen, sondern nur unsere Gepäcktaschen auf die andere Seite schaffen, wo uns unsere Räder erwarten.
Weiter geht es durch die Schlucht bis zum ersten Tigersprung, wo der Legende nach ein Tiger auf der Flucht vor Jägern über den Fluss gesetzt sein soll. Offenbar muss damals eine Dürre biblischen Ausmaßes geherrscht haben, ansonsten wäre der Tiger wohl sang- und klanglos in den Yangzi-Fluten verschwunden. Bei einem solchen Anblick darf man gerne mal ein Minütchen andächtigen Staunens einlegen und die Aufregung mit der Straße hat man auch ganz schnell wieder vergessen.
In Qiaotou am anderen Ende der Schlucht ist die Hölle los – Stau, Unfall, Markttag, vielleicht auch alles in einem? Alle ringen um einen Platz am Mittagstisch, wir schaufeln eine Schüssel gebratenen Reis in uns hinein und sehen zu, dass wir weiter kommen. Wir fahren den Yangzi hinauf, wechseln von rechts nach links und wieder zurück, immer dahin, wo es ruhiger ist. Obwohl wir nochmal mächtig in den Regen geraten, findet der Tag dann schließlich ein versöhnliches Ende – mit ein bisschen Sonne nach dem Regen und einer stilvollen Überfahrt über den Yangzi an seiner ersten großen Kehre in einer alten Fähre.


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Knittelverse am Langen Fluss

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

In der Nacht hat es ausgiebig geregnet und es wurde eine passende Kulisse für unsere Wanderung durch die Tigersprungschlucht geschaffen – unten wälzt der Yangzi seine braune Fluten durch das Tal und oben hüllen sich die Fünftausender in dramatische Wolkengebilde.
Wir starten etwas spät und unkoordiniert und sind vor allem froh, dass der Regen doch noch aufgehört hat. Schnell lassen wir die Masse der Touristen am Eingang hinter uns und verschwinden bergaufwärts. „Der Chinese an sich“, wie unser Pensionär Frank zu sagen pflegt, „hat es ja nicht so mit dem Wandern“. Auch deshalb ist der obere Pfad durch die Schlucht eine feine Sache, für die es sich ein wenig Schweiß vergießen lohnt. Keine Betonwege, keine Souvenirstände, keine Megaphone, dafür ein paar Mütterchen am Wege, die Obst verkaufen, um die Toilette mit der besten Aussicht wetteifern und auch das eine oder andere Tütchen Gras in petto haben.
Das braucht man aber gar nicht – um high zu werden genügt eigentlich auch schon die Aussicht. Entsprechend gut ist auch die Stimmung unterwegs und es wird fleißig gesungen. Deutsches Liedgut hallt von den Talwänden wider und an besonders erhabenen Passagen wird auch heute wieder nach Kräften aus dem Faust rezitiert. Schließlich breitet Frank auch noch seine botanischen Kenntnisse vor uns aus, so dass wir der Fülle an Eindrücken kaum noch Herr zu werden vermögen und uns böse verbummeln. Erst kurz vor Einbruch der Dämmerung und kurz nach Beginn des nächsten Regens erreichen wir unsere Unterkunft am anderen Ende der Schlucht, so dass wir gar nicht mehr anständig auf der Terrasse relaxen können.


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Talfahrt zum Yangzi

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Unsere Radtaschen sind gepackt, das Restgepäck übergeben wir in die vorläufige Obhut von Tensing und hoffen auf ein freudiges Wiedersehen in 2 Wochen.
Auch in Zhongdian wird viel gebaut, deshalb gerät die Ausfahrt, etwas unelegant, zu einer kurzen Suchaktion. Schließlich haben wir aber die Nationalstraße 214 erreicht, die für die nächsten Tage unser treuer Begleiter werden wird und machen uns auf den Weg nach Süden.
Nach zwei Stunden Einrollen und einem leckeren Mittag im Dorf Klein Zhongdian nehmen wir die alte Straße nach links über den Pass. Ein letztes Mal bergauf in der dünnen Luft, dann folgen 40 km Abfahrt bis an die Ufer des Yangtse.
Über die Abfahrt können wir vermelden: diesmal keine Überschwemmung, dafür ein zerfetzter Mantel, Blutegelattacken aus den Baumwipfeln und moderater Steinschlag. Der Mantel wird mit Kabelbinder geflickt, der Blutegel durch die fachkundige Hand unseres Biolehrers entfernt und schon geht es weiter bis die Felgen glühen.
Mit etwas Verspätung erreichen wir schließlich unser Hotel am Eingang der Tigersprungschlucht, aber immer noch rechtzeitig, bevor der Himmel seine Schleusen öffnet.


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Auf der chinesischen Alm

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Nach der ersten Nacht in der Höhe ist die körperliche Verfassung unserer Gruppe so durchwachsen wie das Wetter im tibetischen Grasland. Daher unternehmen wir unseren heutigen Ausflug auf dem Rad nur zu dritt, während sich die anderen beiden noch ein wenig erholen können.
Auf unserer Fahrt zu einem kleinen Kloster außerhalb der Stadt gibt es gute Gelegenheiten, die lokale Bevölkerung näher kennenzulernen. Frank engagiert sich als unentgeltlicher Seniorentransport und gibt Nachhilfestunden in Basketball, unsere Kameras verschwinden vorübergehend in den schmutzstarrenden Händen der kleinen Rasselbande vom Basketballplatz, bevor wir sie wieder unversehrt sicherstellen können und schließlich werden wir noch von den alten Frauen am Einlass auf eine Runde Schnupftabak eingeladen.
Um den Tag abzurunden und angemessen unsere richtige Radtour antreten zu können, begeben wir uns nach der Rückkehr noch schnell unter die Fittiche eines chinesischen Friseurmeisters und bestellen einen großen Feuertopf für unsere Gruppe, die sich heute noch um zwei Leute vergrößert hat.


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The Land of eternal Headache

Südlich der Wolken, 06.07. bis 27.07.2012

Wir sind angekommen im 3200 m hoch gelegenen Zhongdian und haben damit die südöstlichen Ausläufer des tibetischen Berglandes erreicht. In Anspielung auf James Hiltons Roman „Lost Horizon“ und zur Förderung des Tourismus wurde der Ort vor etwa 10 Jahren in Shangrila umbenannt, was zumindest auf die chinesischen Besucher seine Wirkung nicht zu verfehlen scheint. Wir versuchen uns für den Anfang zu akklimatisieren, machen in aller Ruhe die Räder bereit und einen ersten Gang durch die Pflasterstraßen der Altstadt. Am Nachmittag unternehmen wir dann noch eine vorsichtige Ausfahrt zum nahegelegenen Songzanlin-Kloster, wo sich unser Guide Tensing trotz einer bösen Erkältung redliche Mühe gibt, die Weisheiten des tibetischen Buddhismus in unsere müden Köpfe zu hämmern. Dankbar und demütig beschließen wir unseren Tag mit einer Tasse Ingwertee und einem Ausflug in die indische Küche.


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