Herausforderung Kunming

Chinesische Landpartie, 12.08. bis 03.09.2012
Wenn das Yangzi-Delta das Land von Fisch und Reis ist, dann ist Yunnan das Land des Tees. Allerdings pflegt man hier insbesondere den Anbau des Pu-Erh-Tees, der aus einer speziellen Unterart des Teestrauchs gewonnen wird und sich in Geschmack, Geruch, Farbe und Herstellung von den gängigen chinesischen Grüntees deutlich unterscheidet. Damit ist er für den westlich konditionierten Teegaumen häufig eine besondere Herausforderung, wie auch unsere gestrige Teeverkostung wieder gezeigt hat. Das Vorzeigeprodukt aus dem Süden Yunnans musste sich diversen aromatisierten Varianten (Schwarztee mit Litschigeschmack und Jasmintee) geschlagen geben, die der einheimische Teekenner wahrscheinlich eher mit Verachtung strafen würde.

Gestern haben wir dann auch Abschied von Dali genommen. Neben der Teeverkostung noch ein gemütliches Frühstück und ein kleiner Stadtbummel und schon war der halbe Tag vorbei und wir sind in unseren Bus nach Kunming gestiegen, das wir gegen Abend erreicht haben.

Heute sind wir unterwegs, um den Steinwald zu besuchen, eine bizarre Karstformation von bis zu dreißig Meter hohen Felsnadeln, die sich gut einhundert Kilometer außerhalb von Kunming befindet. Man hat zwischen den Felsen eine Reihe kleiner Wege angelegt, auf denen man sich problemlos einige Stunden verlieren kann. Nimmt man sich tatsächlich die Zeit, etwas weiter hinein zu laufen, dann gelingt es auch schnell, den Hauptstrom der Touristen und den Folklorerummel nahe dem Eingang hinter sich zu lassen. Unterwegs gibt es einige Aussichtspunkte und Seen und außerdem viele versteckte, kleine Rastplätze zum Ausruhen und Picknicken.

Da wir gestern noch keine Gelegenheit hatten, Kunming etwas näher kennen zu lernen und wir am heutigen Nachmittag noch etwas Luft haben, lassen wir uns nach der Rückkehr in der Stadt absetzen. Kunming macht es uns allerdings auch heute wieder nicht einfach. Seit einiger Zeit wird hier eine U-Bahn gebaut und die halbe Stadt scheint eine Baustelle zu sein. Selbst der See nahe der Uni samt seinem Park ist durch einen hohen Bauzaun versperrt. Nach einer Weile finden wir aber doch noch einen Zugang und können den beliebten Treffpunkt der Kunminger Bevölkerung näher in Augenschein nehmen. Allmählich schlängeln wir uns weiter in die Innenstadt hinein und bis wir das Zentrum erreicht haben ist es bereits Abend geworden. Wir haben mittlerweile auch eine ganze Menge Kilometer zu Fuß zurückgelegt und sind reif für ein gutes Abendessen im Laofangzi, das seine Gäste auf zwei Etagen in einem traditionellen chinesischen Hofhaus empfängt. Hier gibt es mal wieder den beliebten „Eichhörnchenfisch“ – süßsauer im Geschmack und so genannt wegen seines zubereitungsbedingten Aussehens – und spätestens der sollte dann alle wieder mit Kunming versöhnen, das uns gestern mit seinen vielen Baustellen und Stau etwas unfreundlich empfangen hatte.

Immer wieder der Wind

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

123 Kilometer von Sonnidbanner nach Xinghuangqing, 525 Höhenmeter durch die Grassteppe bei windigen 25 Grad und wenig Sonne.

Vom Wind hängt alles ab. Als wir heute Morgen das Hotel verlassen pfeift es wieder heftig aus der falschen Richtung. Manchmal, wenn die Straße einen Knick macht kommen wir nur mit 11 km/h vorwärts.

Wir stoppen noch einmal auf dem kleinen Markt, um ein bisschen Obst für den Tag zu tanken, denn auch heute werden wir unterwegs auf keine einzige Ortschaft stoßen.

Dafür sind wir nicht mehr auf der langweiligen Autobahn, sondern auf einer winzigen Nebenstraße fast ohne Verkehr. Und auch die Landschaft verändert sich, es wird ein wenig grüner und hügeliger. Dazu scheinen wir auch endgültig der Hitze entkommen zu sein, es ist leicht bedeckt und, Dank dem Wind, angenehm kühl.

Da in der Steppe wieder etwas mehr wächst sehen wir auch wieder große Viehherden, vor allem Pferde, Kühe und Schafe, allerdings wohnen die Bauern in weit verstreuten Häusern, Jurten sieht man nicht mehr.

Nach der Hälfte der Strecke macht die Straße einen Knick um 30 Grad und wir drehen in den Wind und nun sieht es ganz anders aus, wir fliegen die kleinen Hügel und Berge hinauf und hinunter bis am Horizont die ersten Gebäude einer kleinen Stadt auftauchen. Xinghuangqing ist eine reine Retortenstadt, nur neue und moderne Gebäude und die Straße durch den Ort flankiert mit hunderten Lampen. Im ersten Hotel werden wir abgewiesen, Ausländer dürfen nicht beherbergt werden und im zweiten Hotel kommt dann recht schnell die Polizei und zieht sich Passkopien. So liegt der Gedanke nahe, dass der Wohlstand der Stadt aus strategisch wichtiger Quelle kommt, möglicherweise der Rüstungsindustrie.

Das Abendessen ist wieder lecker und wir wandeln noch einmal die Hauptstraße entlang. Auf dem überdimensionierten Platz gibt es eine gigantische Skulptur mit drei Pferden, davor eine riesiger Bildschirm auf dem eine Gala des chinesischen Fernsehens läuft. Niemand interessiert sich dafür. Dafür wurden Lautsprecherboxen aufgestellt und auf der einen Seite wird Tango getanzt und auf der anderen Seite machen 50 Frauen im fortgeschrittenen Alter Popgymnastik. Obwohl wir immer noch in der Wüste sind ist der Platz eingefasst mit Blumen und in ein paar Jahren werden die frisch gepflanzten Bäume an heißen Sommertagen kühlen Schatten spenden.


Autobahn durch den Jurassic Park

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

124 Kilometer von Erlian nach Sonnidbanner, 399 Höhenmeter auf der Autobahn durch die Wüste, 28 Grad bei Sonne und wechselnden Winden.

Im Grenzort ist noch viel geplant, denn gerade im Außenviertel wird gebaut wie wild, neue Wohnviertel und Gewerbeanlagen entstehen hier. Dann sind wir wieder in der Wüste, allerdings in der Luxuswüste auf der Autobahn mit wenig Verkehr und chinesischem Flüsterasphalt. Links und rechst ein skurriles Bild, Windräder und Dinosaurier in der weiten Landschaft. Vor ein paar Jahren hat man im Rahmen eines Kunstprojektes an die 200 lebensgroße Sauriernachbildungen in die Wüste gesetzt, vor dem Hintergrund eines Windparks. Prähistorie und saubere Zukunft in einer Landschaft. Beeindruckt fahren wir durch die Gegend, der Jurassic Park erstreckt sich fast über 10 Kilometer.

Dann sind wir auf einsamer Autobahn mitten in der Wüste, zu sehen gibt es nicht viel und der Wind kreiselt ein wenig, manchmal geht es ganz flott vorwärts, meist aber kämpfen wir mit Kantenwind von schräg vorne. Glücklicherweise ist es nicht mehr so heiß wie an den Vortagen. Einzige Abwechslung sind ein paar Motorradfahrer, die gerade auf einer Tour durch die Grassteppe der Inneren Mongolei sind und mit uns ein wenig plauschen. Unser Mittag ist recht einfach, wir haben uns gestern eine Thermoskanne besorgt und gießen uns Cupnoodles auf, dazu gibt es Obst und Gurken und Kekse, danach kann es gestärkt weiter gehen.

Gegen 17 Uhr taucht dann unser Zielort auf. Bei der Einfahrt entdecke ich noch einen kleinen Tempel, der um eine alte (aber renovierte) Pagode errichtet wird. Im hinteren Gebäude bekommen die Buddhafiguren gerade mit der Sprühpistole die Haare blau gefärbt und im vorderen Tempel läuft eine buddhistische Zeremonie des Nonnenordens.

Abends finden wir ein sehr schönes kleines Lokal mit leckerem Essen, leider sind wir nur zu viert mit dem Fahrer, so dass ich immer nur eine begrenzte Auswahl an Gerichten ordern kann. Es ist immer der Vorteil einer großen Gruppe in China essen zu gehen, weil man dann die Speisekarte einmal hoch und runter bestellen kann.

Ab 21:30 Uhr werden im Städtchen die Bürgersteige hochgeklappt und es ist totenstill in der Nacht, fast zu still, um gut schlafen zu können.


Die seltsame Insel

Chinesische Landpartie, 12.08. bis 03.09.2012
Unser Inselparadies Nanzhao Folk Island ist ein kruder kleiner Themenpark der chinesischen Art mit einer erklecklichen Anzahl an Großplastiken – eine monströse Guanyinstatue, martialische Kriegergestalten am Hinterausgang des Hotels plus ein paar Badenixen sowie eine Reminiszenz an die Bai-Mythologie in Leni Riefenstahl-Ästhetik.

Auf uns wirkt es ein wenig wie eine Investmentruine und an einigen Ecken schon leicht angeschimmelt, was aber dem feuchten Klima geschuldet sein kann. Das englischsprechende Faktotum des Hotels berichtet dagegen, dass in der Hauptsaison jeden Tag an die dreitausend Touristen durchgeschleust würden, generalstabsmäßig durchgeplant mit jeweils fünfzig Besichtigungsminuten ausgestattet. Angesichts solcher Fakten scheint es eine seltene Gnade zu sein, hier übernachten zu dürfen. Da wir aber außer uns nur etwa fünf weitere Gäste entdecken können, muss wohl gerade eine massive Nebensaison hereingebrochen sein. Leider wirkt sich das auch nachteilig auf das Frühstücksangebot aus und wir entschließen uns, zu diesem Zweck zum Hafen überzusetzen.

Mittlerweile ist der Morgen schon etwas fortgeschritten und die Vorräte gehen auch auf dem Festland zur Neige, so dass wir uns schließlich mit einer Pizza bescheiden müssen. So gesättigt trödeln wir noch einige Kilometer auf der Uferstraße entlang und werden per Boot über den Ohrensee zurück nach Dali chauffiert. Beim Abendessen lassen wir uns dann endlich mit lokalen Spezialitäten für die entgangenen Gaumenfreuden entschädigen – diverse Pilzgerichte, Papayahühnchen, gegrillter Ziegenkäse und endlich auch mal ein Gläschen des allen schon aus Deutschland bekannten Pflaumenweins.

Formel I an der Grenze

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Grenzübertritt von Zamin Ud in der Mongolei nach Erlian in China, vielleicht 2 km auf dem Rad, Spaziergang in dem Städtchen.

Im letzten Jahr war der Grenzübertritt ein Abenteuer der besonderen Art gewesen. Da man die Grenze nicht zu Fuß oder per Rad überqueren darf, muss man ein Fahrzeug anmieten, welches eine Lizenz für den Grenzbetrieb besitzt. Das sind einmal vollgestopfte Busse, in die man kein Fahrrad hinein bekommt und zum anderen im Grenzort zugelassene Jeeps russischer oder auch japanischer Bauart. Einen tieferen Sinn besitzt die Regel nur, wenn man sie als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme betrachtet. Die Folge ist, dass die Plätze in den Jeeps einzeln verkauft werden und wegen der großen Zahl an Grenzgängern pro Tag ein großer Andrang entsteht und jeder Jeepfahrer will natürlich effizient arbeiten und so schnell wie möglich durchkommen.

Im letzten Jahr hatten wir daher ein absolutes Verkehrs- und Drängelchaos wahrnehmen können, mit Jeeps, dicht an dich gedrängt, die gnadenlos um die nächste Lücke und die nächsten 10 cm vorwärts kämpften.

Aufgrund dieser Erfahrung brachen wir heute gleich um 6.30 Uhr auf, luden die Räder auf den Jeep und erwarteten nun, in Richtung Grenze zu fahren. Doch es ging erst einmal in die falsche Richtung, auf eine Art verdreckten Parkplatz, wo sich unser Jeep neben drei anderen aufstellte. In der nächsten halben Stunde erschienen dann immer mehr Jeeps und stellten sich in einer Reihe nebeneinander auf. Genau um 7.20 Uhr rief dann die zum Jeep gehörende Beifahrerin ein Kommando an den Fahrer, der knallte den Gang rein und gab Vollgas, ebenso ging es bei den anderen Fahrzeugen. Das erste Nadelöhr, den Eingang zum Parkplatz passierten wir noch in der Poolposition, dann auf der Straße in Richtung des ersten Grenzpostens verloren wir ein paar Positionen gegen die japanischen Jeeps, die natürlich schneller waren. Dann ging es rechts in die Prärie, dort stand irgendwo ein Grenzsoldat mit ein paar Zetteln in der Hand. Über die Piste jagend, ohne auf teure Stoßdämpfer Rücksicht nehmen zu müssen, kämpfte sich der UAS-Jeep wieder etwas nach vorne, während der Fahrt ergatterte der Fahrer einen Zettel aus der Hand des Postens und wieder ging es auf die Straße zurück…..nur noch 800 Meter bis zum Tor und vor uns nur wenige Fahrzeuge. Dann kommt die Einfahrt in die Boxengasse, wo überholen nicht mehr möglich ist und die Fahrzeuge kommen zum Stehen. Dicht wird zusammen gerückt, die Fahrzeuge stehen Stoßstange an Stoßstange, ohne einen Millimeter Platz dazwischen. Unser Jeep läuft auf Platz 11 von vielleicht 45 Fahrzeugen im Pulk ein, kein schlechtes Resultat. Und den richtigen Stress, der sich hier in ein paar Stunden abspielt, den haben wir gut umgangen.

Alles andere läuft dann im Vergleich zum letzten Jahr zivilisiert ab, es werden immer mal wieder drei oder vier Fahrzeuge durchgewunken. Zwischendrin üben sich die Fahrer im Ringkampf, auch hier ist unser Fahrer nicht übel und drückt nach einigen Minuten seinen Gegner in den Sand. Danach klopfen sich alle den Staub aus der Jeans und klopfen sich freundschaftlich auf die Schulter. Dann kommt die mongolische Grenze, wir tragen das Gepäck durch Gebäude und werden ohne Probleme ausgestempelt, dann geht es auf die chinesische Seite und wir werden genauso ohne Probleme wieder eingestempelt und haben es damit nach China geschafft!

In Erlian werden wir dann aus dem Jeep geworfen und treffen nach einer halben Stunde auch auf unseren neuen Fahrer, Herrn Zhang und dann geht es erst einmal ins Hotel. Doch dort wollen wir nicht lange verweilen und uns natürlich erst einmal im „neuen“ Land umsehen und staunen.

Kommt man nämlich über die Grenze, dann erwartet einen der Kulturschock. Saubere Straßen, moderne Gebäude, Grünanlagen, ein paar Bäume und keine Löcher auf den Straßen und Gehwegen. Wir wandeln in der Gluthitze durchs Städtchen und staunen und der Rest des Tages ist Schlemmen. Zuerst finden wir ein Cafe mit gutem Kaffee, dann essen wir unser erstes chinesisches Mahl zu Mittag: Tofu mit hundertjährigen Eiern, sauer-scharfe Kartoffeln, chinesische Klopfgurke und frittierte Bohnen. Alles mehr als lecker und ich fühle mich fast wie zu Hause.

Während Martina und Wolfgang dann noch weiter durchs Städtchen spazieren, schreibe ich meine Berichte und dann treffen wir uns wieder zum Abendessen, welches wieder genauso lecker ist, die Pfunde, die wir in Russland und der Mongolei verloren haben, werden hier wohl recht bald wiederkommen.


Spinnenparadies am Ohrensee

Chinesische Landpartie, 12.08. bis 03.09.2012
Wer Spinnen mag, sollte unbedingt einmal nach Dali fahren und eine Tour durch die Dörfer um den Ohrensee machen. Hier hängen Prachtexemplare zu Tausenden in ihren Netzen an Wegrändern, zwischen Büschen oder unter Stromleitungen. Wir halten eher einen respektvollen Abstand und erfreuen uns an den Schönheiten der Landschaft. Hier bekommt das Wort „Genussradeln“ nochmal eine ganz neue Qualität. Nachdem wir die ersten Kilometer noch über Feld- und Schotterwege durch die Reisfelder geholpert sind, was auch schon seinen Reiz hatte, erreichen wir schließlich die neugebaute Straße entlang des Seeufers. Von nun ab rollen wir bei angenehmem Rückenwind fast von allein weiter, es gibt kaum Verkehr, dafür immer wieder schöne Ausblicke auf den See, die Sonne strahlt und gelegentlich machen wir einen Abstecher in ein Dorf.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Xizhou, ein kleines Städtchen, das mit einer sehenswerten Altstadt und traditioneller Bai-Architektur aufwartet. Wir machen ein verspätetes Mittagessen in einer muslimischen Garküche am Markt und drehen eine Zufallsrunde durch die Altstadtgassen.

Der übliche Platten ereilt uns heute am Nordufer des Sees, ist aber bald behoben und wir können die letzten Kilometer in Angriff nehmen. Noch ein kurzes Stück Schotter und dann wieder nagelneuer Asphalt bis zu unserem Ziel in Shuanglang. Das frühere Fischerdorf rüstet auf und macht sich bereit für einen Ansturm des Tourismus. Es gibt eine erstaunliche Menge an Cafés und Restaurants, der Hafen bekommt gerade eine Promenade und auch das Nachtleben hat schon Einzug gehalten, wie wir uns später aus sicherer Entfernung überzeugen können. Wir stellen unsere Räder am Hafen unter und lassen uns auf eine kleine Insel übersetzen, auf der wir heute die Nacht verbringen werden.

Bis zur letzten Grenze

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

38 Kilometer von unserem Camp nach Zamin Ud bis zur mongolisch-chinesischen Grenze, alles sandige Piste, 111 Höhenmeter bei sehr sonnigen 32 Grad.

Um halb sechs war ich noch einmal vor dem Zelt, um „nach den Pferden zu sehen“, wie es der mongolische Nomade ausdrückt. Die Sterne verblassten schon am Himmel und am Horizont erschien ein goldener Streifen, obwohl es noch eine knappe Stunde bis zum Sonnenaufgang ist. Es ist angenehm kühl und eigentlich verspüre ich Lust, mich sofort aufs Rad zu setzen und in den Sonnenaufgang zu radeln. Doch bis zum Frühstück dauert es noch eine Weile und aus dem Bus, wo es sich der Fahrer bequem gemacht hat, ertönen die Geräusche eines gesunden Schlafes.

Um 8 Uhr als wir dann aufbrechen ist es immer noch angenehm und so stört die üble, versandete Piste nicht zu arg. Auch haben wir einen leichten Wind der immer mal wieder dreht und angenehm erfrischt. Heute haben wir nur noch tiefste Wiese, stellenweise gibt es kaum noch trockenes Gesträuch, von Mensch und Tier ist weit und breit nichts zu sehen. Davon ausgenommen sind dicke, gefährlich anmutende Grillen und die kleinen Echsen, die flink davonjagen, wenn man ihnen zu Nahe kommt.

Als wir uns dann einen sandigen Hügel hinauf gearbeitet haben, erscheinen am Horizont die ersten Umrisse von Gebäuden der Grenzstadt und ein großer Windpark, der sich wohl schon auf der chinesischen Seite befindet. Inzwischen ist es richtig heiß geworden und auch wenn das Ziel schon in Sicht ist, sind immer noch 18 Kilometer zu radeln und diese haben es in sich. Kaum noch ein Stück der Piste ist nicht versandet und sobald man den Lenker ein wenig bewegt, schert das Hinterrad aus und man muss absteigen und aus dem Sandloch schieben, denn anfahren ist ebenfalls nicht möglich.

Die LKW Fahrer sind recht rücksichtsvoll und suchen meist die wind abgewandte Seite, um an uns vorbei zu düsen, inzwischen knallt die Sonne richtig heftig und dann ist es sehr unangenehm, wenn man dazu noch einmal komplett eingestaubt wird.

Am frühen Nachmittag erreichen wir dann den Stadtrand oder besser den Rand der Siedlung und suchen uns ein Lokal im Zentrum für unser letztes mongolisches Mittagessen. Der Nachmittag bleibt dann, um die Klamotten und den Körper zu entstauben, auf der anderen Seite der Grenze geht es zwar weiter durch die Wüste, aber wir rechnen mit chinesischem „Flüsterasphalt“ und nach drei Nächten in der Wüste tut ein wenig Körperpflege gut, damit die Haare wieder kämmbar werden.

Am Abend heißt es dann Abschied nehmen von Mugi, unserer Organisatorin, Köchin und gute Laune Fee von „Mongolei-Reise“. Wir hoffen, dass wir die „Transmongolia“ Tour im nächsten Jahr wieder fahren und beraten sogar noch eine weitere Radtour hier in der Mongolei. Allerdings nicht hier unten im Süden in der Wüste, sondern in den grünen Steppen und Bergen des Nordens bis hin zu alten Hauptstadt des mongolischen Großreiches- Kharakorum.

Auch verabschiedet sich Carola wieder von uns, sie will zurück nach Ulaan Baatar und dort ein Schulprojekt ankurbeln, wir wünschen ihr dabei viel Glück. Unser Abschlussessen gerät viel zu groß, eigentlich hätte nur der dicke Salat gereicht und die Hauptmahlzeit hätten wir auslassen können. Abschließend ziehen wir noch in die Bar, auf ein paar Biere und eine Flasche Wein: Gute Fahrt Carola! Tschüß und Danke an Mugi!


Affentheater

Chinesische Landpartie, 12.08. bis 03.09.2012
Der Yangzi, bzw. hier noch sein Hauptzufluss, der Jinshajiang, hat uns mit seinen Wassermassen so beeindruckt, dass wir nun auch noch den Oberen Tigersprung sehen wollen, der noch reißender und beeindruckender sein soll und so lassen wir uns vom Gästehaus ein zeitiges Frühstück servieren. Wir sind zeitig vor Ort und finden den großen Busparkplatz noch fast verlassen vor, so dass wir die Stromschnellen in aller Ruhe bzw. allein im Angesicht des brüllenden Yangzi genießen können.
Der chinesische Tagestourist als solcher ist eigentlich eher ein Frühaufsteher, meist aber auch schlecht zu Fuß und reist deshalb gerne aus größerer Entfernung per Bus an. Geeignete Plätze werden entsprechend für ihn präpariert, mit Steintreppen, Imbissen und Sänftenträgern versehen, auf dass er reichlich komme. Für heute sind wir ihm zuvorgekommen und als das Gelände sich später langsam zu füllen beginnt, machen wir uns schon wieder auf und davon.

Unsere nächste Station auf unserem Weg nach Dali ist der Steinschatzberg, wo es einige alte Tempelanlagen zu sehen gibt, die teilweise mehr als tausend Jahre alt sind. Sie sind eng verbunden mit der Geschichte der Minderheit der Bai und deren früherem Nanzhao-Königreich, das in Dali sein Zentrum hatte. Der erste Tempel, den wir besuchen wurde vor nicht allzu langer Zeit umfassend restauriert und wird noch heute von den Bai für traditionelle Feste genutzt. Außerdem ist er bekannt wegen seiner Tempelaffen, die sich hier bevorzugt aufhalten, da häufig der eine oder andere Happen von Pilgern oder Touristen für sie abfällt. Die einheimischen Pilzsammler sind ganz offensichtlich weniger gnädig gestimmt und wer seine Greifer zu weit in Richtung Pilzkörbchen ausstreckt, bekommt eines mit dem Katapult aufs Fell gebrannt. Wir schauen dem Katz-und-Mausspiel eine Weile amüsiert beim Mittagessen zu, bevor wir die Stufen zu dem vor eine Felswand gesetzten Tempel heraufklettern.

Erkältungsbedingt schrumpft unser Grüppchen etwas zusammen und zu den weiter oben gelegenen Felshöhlen machen wir uns nur noch zu viert auf den Weg – die anderen bevorzugen eine Ruhepause am Parkplatz. Der Nachmittag hält dann noch einige Stunden anstrengender Autofahrt auf beengtem Raum bereit und da wir Dali erst am Abend erreichen, konzentrieren wir uns nur noch auf das Wesentliche und verkürzen den geplanten Stadtrundgang auf die Zielpunkte Restaurant und Geldautomat.

Sandmeer und „Nichtvielmehr“

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Von Wüstencamp zu Wüstencamp durch die Gobi, 71 km auf der Piste, 316 Höhenmeter bei sonnigen bis zu 35 Grad.

Heute geht es den ganzen tag nur auf abwechslungsreicher Piste durch die trockenen Landschaft der Gobi. Zwar fehlt es an schönen Sanddünen, aber im letzten Winter wurde dafür auf den Fahrspuren ein wenig zu viel gestreut, vielleicht. Jedenfalls gibt es immer wieder lange, sandige Stellen, die die Konzentration auf die drei Meter vor dem Fahrrad bündeln, eine falsche Lenkbewegung und man kommt mächtig ins „Schwimmen“. Wo die Piste nicht sandig ist, da findet sich dann häufig „Wellblech“, also jener Holperuntergrund, der durch das Zusammenschieben des Untergrundes durch die Autoreifen entsteht und der jedem Wüstenfahrer ein Horror ist, angeblich muss man mit mehr als 55 km/h drüberblasen, damit man sozusagen über die Bodenwellen fliegt, aber das ist mit den Fahrrädern natürlich nicht zu schaffen und so schüttelt man sich das Gehirn weich. Dann gibt es noch die geplante Fortführung der Straße, aber auch hier gibt es entweder „Wellblech“ oder die Spur ist so grob geschottert, dass es kaum einen Unterschied macht. Auch sieht man keinerlei Arbeiten an der Straße und es hat sich auch seit letztem Jahr nichts bewegt, so dass, falls das Projekt überhaupt weitergeführt wird, mit einer Fertigstellung einer durchgehenden asphaltierten Straße von Ulaan Baatar bis zur chinesischen Grenze nicht vor 2015 zu rechnen ist. So bleiben in diesem Jahr als zwei Stücken Piste auf der Strecke übrig, einmal von Choir nach Sainjand ca. 180 Kilometer und dann noch einmal 175 Kilometer von Sainjand bis zu chinesischen Grenze. Auch gut zu wissen für Tourenradler ist, dass es zwischen Sainjand und der chinesischen Grenze keine Möglichkeit gibt, um Lebensmittel nachzufüllen, Wasser könnte man vielleicht an einer der wenigen Jurten bekommen, aber auch nur in kleinen Mengen und nicht in der besten Qualität.

Mugi zaubert uns wieder einen leckeren Salat zum Mitag und da wir gestern gut vorangekommen sind, können wir heute eine längere Pause in der größten Hitze machen. Die Temperatur ist hier in der Gobi immer schwer zu schätzen. Das Thermometer des Busses zeigt irgendetwas von 39 oder 40 Grad an, wenn der Wind jedoch an der Schattenseite des Busses entlangbläst, möchte ich kaum auf 30 Grad tippen und ähnlich ist es in der Sonne, solange ein Lüftchen aus irgendeiner Richtung pfeift ist es erträglich, wenn dieser wegbleibt, dann scheint man die Luft schneiden zu können. Ich persönlich bin kein Wüstenfan, mir liegen eher die Gebirge und das grüne Hochland, aber Martina zum Beispiel, gefällt es hier sehr gut. Sie würde am liebsten noch ein paar Tage länger hier bleiben, während ich auf die angenehme Kühle in den Bergen des Wutaishan, noch 500 Kilometer weiter südlich freue.

Am Nachmittag sind wir dann bis auf 40 Kilometer an den Grenzort heran und finden ein schönes Plätzchen für unsere letzte Nacht im Zelt. Zwar haben wir heute keine Kamele oder Pferde als Gäste, aber wir erleben einen wunderschönen Sonnenuntergang. Auch ist die Eisenbahn weit genug entfernt, so dass wir das Rattern nicht hören können und so genießen wir die Stille und die Sterne, die am Himmel immer heller zu leuchten beginnen.


Der obere Weg

Chinesische Landpartie, 12.08. bis 03.09.2012

Das verpasste Erlebnis der Stromschnellen am „Mittleren Tigersprung“ von gestern wurmt uns doch ein wenig und einige von uns beschließen deshalb, trotz der heutigen langen Tour zu Beginn noch den Abstieg nachzuholen. Es wird ein schweißtreibendes, aber lohnenswertes Unterfangen mit in den Fels gehauenen Pfaden und steilen Leitern, an dessen Ende man auf einen vorgelagerten Felsbrocken im Fluss klettern kann, um die Wassermassen auf sich zurollen zu sehen – schlappe 7800 Kubikmeter pro Sekunde.

Der Abstecher hat uns einiges an Zeit gekostet und so nehmen wir unsere Tageswanderung zügig in Angriff. Diese führt uns über den sogenannten „oberen Weg“ der Tigersprungschlucht, der tatsächlich meist nur ein schmaler Pfad ist und nicht wie der untere mit Autos befahren werden kann. Am Anfang noch etwas rutschig und mit Regen wird das Wetter bald besser und die Schlucht gibt ihre spektakulären Ausblicke frei. Wir durchqueren kleine Bergdörfer und Wasserläufe, begegnen Ziegen, Kühen und Mauleseln und treffen gelegentlich auf eine Waschanlage, in der aus den Bergbächen Wolfram gewonnen wird.
Da wir gut vorankommen, können wir wieder etwas Zeit aufholen und uns zwei anständige Rastpausen auf sonnenbeschienenen Terrassen gönnen. Der gegen Abend wieder einsetzende Regen macht uns zwar nass, beschert uns aber auch einen schönen doppelten Regenbogen auf unseren letzten Kilometern ins Gästehaus und am Ende sind wir uns alle einig – der heutige Tag war einer der Höhepunkte, wenn nicht sogar der Höhepunkt unserer Tour.