Die gute Tat von Hunyuan

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

22 Kilometer zum taoistischen Hengshan-Berg und wieder zurück, 8 Kilometer Wanderung und 1000 Höhenmeter, die Hälfte davon zu Fuß, bei wechselhaftem Wetter und 20 Grad.

Heute nun der zweite Versuch zum taoistischen Heiligtum Hengshan, das Wetter sieht ein wenig besser aus als gestern und wir schwingen uns fröhlich aufs rad und strampeln wieder am Hängenden Kloster vorbei und dann ordentlich nach oben bis zum Eingang und Parkplatz des Hengshan Gebietes.

Obwohl einer der fünf heiligen Berge des Taoismus, hält sich der Andrang in Grenzen. Die meisten Touristengruppen werden nur zum Hängenden Kloster gescheucht und hetzen dann weiter zum Wutaishan, dabei gibt es hier auch genug zu sehen. Taoistische Kloster und Tempelanlagen sind in der Regel weniger spektakulär als buddhistische, dafür suchte man sich aber eher spektakuläre Landschaften und die unzugänglichsten Plätze zum Errichten der Tempel aus.

Die Ursprünge des Taoismus gehen zurück bis ins 4. Jahrhundert vor unserer Zeit, die ersten Gebäude hier am Hengshan sollen auch auf diese Zeit zurückgehen. Viele Schulen des Daoismus streben Unsterblichkeit an, dazu haben sich die Meister dann in die Berge zurückgezogen und an sich selbst herumexperimentiert. Bei einem solchen Experiment ist dann auch wohl der Tofu, mein so geliebtes Lebensmittel entstanden (siehe auch: www.tomtomtofu.com).

Der Weg zu den Tempel führ vorbei an an einer bildschönen Landschaft. Es gibt sie also wirklich und nicht nur auf mal mehr oder weniger kitschigen Bildern in Chinarestaurants auf der ganzen Welt (außer in China). Steile Berge, Gipfel in Wolken eingehüllt und knorrige Kiefer auf kargen Felsen. Vor allem letzteres bekommen wir reichlich zu sehen.

Die Tempel sind in Felsspalten eingekeilt und fast ebenso spektakulär wie das Hängende Kloster vom Vortag. Langsam kämpfen wir uns bis zum höchsten Aussichtspavillon vor, dann schlägt das Wetter langsam um und zwingt uns zur Rückkehrer. Bei leichtem Niesel erreichen wir die Stadt noch bevor es am Nachmittag richtig stark gewittert.

Eigentlich hatten wir heute einmal das Lokal wechseln wollen, doch wieder zieht es uns in unsere Stammkneipe. Kaum sitzen wir in dem kleinen Lokal, rumpelt es vor der Tür ein wenig. Ein Chinese war mit seinem großen koreanischen Geländewagen beim Rangieren über ein Kante gefahren. Nun hing das Fahrzeug hinten halb in der Luft und vorne im Graben mehr als einen Meter tiefer. Der Fahrer war total aufgelöst, seinen schönen teuren Wagen so in der Luft hängen zu sehen und schnell sammelt sich ein kleiner Auflauf von Leuten, aber so richtig helfen kann keiner. Man fummelt ein wenig mit dem Wagenheber herum, aber das bringt eigentlich nichts. Wir haben uns auch mit nach draußen begeben und plötzlich habe ich eine Idee und frage unser Autokenner Wolfgang: „Sach‘ mal, der hat doch Allrad, oder?“ Und damit war dann alles kinderleicht, ich lasse den Fahrer die Heckklappe öffnen und unser (dicklicher) Fahrer Zhang und ich steigen auf die Stoßstange. Schon im nächsten Augenblick neigt sich der Wagen wieder in die Waagerechte, der Fahrer fährt vorsichtig rückwärts und hat schnell wieder alle Räder auf dem Asphalt. Die Freude bei allen Beteiligten ist groß und hier schnell noch Grüße an meinen Physiklehrer!

Picknick bei Herrn Muzong

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

„An besonders schönen Tagen ist der Himmel sozusagen wie aus blauem Porzellan.
Und die Federwolken gleichen weißen, zart getuschten Zeichen, wie wir sie auf Schalen sah’n“
*

Der heftige Gewitterregen von gestern Abend hat die Luft glasklar gewaschen, am Morgen weckt mich die Sonne, die in einem strahlend blauem Himmel steht: Kaiserwetter!

So muss es auch sein, denn heute wollen wir zu den Kaisern. Und zwar die der Ming-Dynastie.
Die Herrschaft der Ming liegt schon ein paar Jahre zurück, sie währte von 1368 bis 1644. Da selbst Kaiser nicht ewig leben (auch wenn sie das gerne täten) müssen wir uns also mit dem begnügen, was sie uns hinterlassen haben. Zum Beispiel ihre Gräber.

Davon gibt es in der Nähe von Beijing, genauer gesagt im „Tal der Kaiser“ wie meine Gruppe trocken feststellte, 13. Zwar regierten untern den Ming (die Südliche Ming nicht eingerechnet) insgesamt 16 Kaiser, aber zwei von ihnen wurden an einer anderen Stelle in China verschachert und einer gar nicht.
Das Grab eines Ming-Kaisers ist nicht etwa einfach Erdhaufen – Stein davor – fertig! Weit gefehlt, jedes Grab ist wie eine Palastanlage mit mehreren Gebäuden, einige Hektar groß und wie es sich für China gehört mit einer hohen Mauer drum herum. Dazu eine ausgezeichnete Lage mit bestem Feng Shui (zu Deutsch: unerschwingliche Immobilie) und reichlich Grabbeigaben für das Leben außerhalb dieser Welt: Gold und Geschmeide für den Wohlstand, Nippes und Kitsch für den täglichen Bedarf, Frauen und Konkubinen für… -äh- … zur Unterhaltung.

Von den 13 Gräbern der Ming-Kaiser sind im Laufe der Jahrhunderte die meisten verfallen, nur drei von ihnen wurden in den letzten Jahren aufwändig restauriert und sind nun öffentlich zugänglich.

Dies war mein Plan: Wir fahren mit den Rädern (natürlich, womit denn sonst?) um den Minggräber-Stausee, besichtigen zunächst den Seelenweg , decken uns darauf hin mit Proviant ein und machen ein zünftiges Picknick vor den Toren eines der nicht restaurierten und nicht zugänglichen Gräbern. Danach radeln wir weiter, besichtigen ein restauriertes Grab bevor es wieder um den Stausee zurück ins Hotel geht. Klingt doch gut, oder?

Natürlich kam es etwas anders. Schon auf dem Weg zum Seelenweg hatten wir uns kreativ verfahren. Und dabei ein schickes Seniorenheim entdeckt. Dann konnte ich das anvisierte „nicht restaurierte und nicht zugängliche“ Grab nicht finden. Dafür stießen wir auf die Grabanlage von Herrn Muzong (AKA Zhu Zaihou, AKA Zhuangdi, AKA Longqing, Kaiser von 1566 bis 1572). Nett restauriert, öffentlich zugänglich (gegen entsprechenden Eintritt) und noch besser: Tisch und Sitzgelegenheiten für ein zünftiges Picknick!

Also haben wir gepicknickt und besichtigt und den Rest meines Planes in den Wind geschossen. Zurück auf den Rädern haben wir somit die restlichen Gräber wortwörtlich links liegen gelassen und sind gemütlich zurück ins Hotel gefahren.

Fazit des Tages: Mit dem Fahrrad über Land!

* Erich Kästner


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Ein Tag der klugen Entscheidungen

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Lingbei nach Wuyi. Angedacht 106 km

Vorerst freuten wir uns über das heutige sonnige Wetter. Die Freude wich aber schon bald einem Stöhnen und Ächzen, als die ersten Steigungen kamen und man schweißgebadet froh war, wenn es wieder bergab ging. Bei km 40 beschlossen wir die Fahrt mit dem vollgepackten Drahteseln abzubrechen um anderweitig nach Wuyi zugelangen. Ein Brotauto (chin. Minivan) ließ sich schnell auftreiben. Die Ladeklappe weigerte sich aber unsere Räder mitzunehmen und ließ sich nicht öffnen. Nach ca. 45 min, als der Schlüssel dann den richtigen Grad der Verbiegung erreicht hatte, ging die Klappe dann doch noch auf und wir fanden geradeso genug platzt für alle Taschen, Fahrradteile und unsere Extremitäten. Das hat man sich irgendwie entspannter vorgestellt. Vermutlich passen da aber auch 20 Fahrräder plus 10 Mann rein, wenn man sieht, was und wie in China mit einem solchen Wagen transportiert wird. Die Fahrt dauerte dann aber doch länger als gedacht und Gelenke schonend, war die Fahrt schon gar nicht. Aber immerhin konnten wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass wir heute alle ankommen. Es stellte sich heraus, dass unser Fahrer, ebenso wie Martin, ein ehemaliger Tischler war. Er kannte sich auch bestens aus und konnte die sonst recht langweilige Fahrt mit seinen Erläuterungen zumindest etwas interessanter machen.

Das Hotel in Wuyi war in einem Kaufhaus integriert und man riet uns, auf Grund von mangelnden Parkmöglichkeiten, die Fahrräder mit auf die Zimmer zu nehmen. Platz gab es genug. Sein tägliches Gefährt neben seinem Bett zu haben hatte auch eine gewisse beruhigende Wirkung.

Ausgehungert wie wir waren, machten wir uns direkt nach dem Einchecken auf die Suche nach was Essbarem. Es ließ sich schnell ein Wantan-Laden in der Altstadt-Gasse auftreiben. Wie wir so saßen und unsere Teigtaschen genüsslich verspeisten zog ein großes Gewitter auf. Zu unserem Glück aber saßen wir noch im Trockenen und konnten der Chefköchin beim Wantan-Kneten zu sehen. Dabei wirkten ihre Hände so flink wie die eines Hütchenspielers und wir baten sie, den Vorgang einmal in Zeitlupe vorzuführen, damit wir sicher gehen konnten, dass auch ja keine Trickserei mit im Spiel war.

Abends entschieden wir uns für einfache lokale Küche und probierten Frosch, Moosgemüse und Schlammfische. Die Schlammfische… naja… der Name ist wohl Programm. Frosch und Moosgemüse waren aber durchaus eine Entdeckung! Neben dem tollen Essen war besonders der Koch eine wirkliche Attraktion. Alle waren wir gefesselt von seiner hohen Kunst, wie er mit nur einer Kelle alles machen konnte, von Braten, Kochen, Würzen, Zutaten hinzufügen, Wasserhahn bedienen… Sie wirkte wie sein dritter Arm. Wie ein Pyromane beherrschte er die Flamme, die sich immer wieder meterhoch in die Luft schraubte. Dazu ein heftiges Gewitter – und die Kulisse für den jungen Showkoch war perfekt.


Wie ein Schwalbennest…

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

6 Kilometer zum Xuan Kong Si vor der Stadt, Besichtigung des Hängenden Klosters und Ruhetag bei zu kaltem, wolkigen Wetter und Sturmböen.

Über Nacht hat es sich merklich abgekühlt und am Morgen war noch etwas Sonne, aber der Himmel zieht schnell zu und bei höchstens 11 Grad kommen wir schnell ordentlich ins frieren. Dabei steht heute nur ein Abstecher auf dem Programm.

Weltberühmt ist das Schwebende/Hängende Kloster bei Hunyuan. Irgendwann in der Han Dynastie wollte ein Mönch seine Ruhe haben und hat sich mitten in einer steilen Felswand eine kleine Klause errichtet, einziger Zugang per Seil von oben, Versorgung über Seil nach unten. 600 Jahre hatte er dann seine Ruhe, dann wurde aus der Klause eine Anlage, die systematisch erweitert wurde. Akrobatisch, auf langen dünnen Holzbalken ruhend, „klebte“ man ein Tempelchen nach dem anderen an die Wand, verbunden mit steilen Treppchen und Leitern.

Heute ist es vorbei mit der Ruhe am Hängenden Kloster, denn als eine der Hauptattraktionen in der Provinz werden täglich mehrere tausend Touristen über die schmalen Treppen durch den Tempel gescheucht. Ab 11 Uhr herrscht überall Stau, blockiert von einigen Leuten, die sich aufgrund von Höhenangst partout keinen Schritt mehr vorwärts oder rückwärts bewegen wollen oder können. Sehenswert ist und bleibt der Tempel trotzdem immer noch und zwar aus allen Perspektiven, vom Taleingang in der Mitte der schroffen Steilwand oder von oben auf der, scheinbar, wackeligen Holzkonstruktion mit 45 Metern Luft unter den Füßen.

Leider war der Rundgang nichts zum Aufwärmen und so beschließen wir den Hengshan Berg, der sich ein paar Kilometer weiter befindet und ein daoistisches Heiligtum ist, auf den morgigen Tag zu verschieben.

Mir ist es ganz recht, denn bei der Abfahrt gestern habe ich mich ordentlich verkühlt und huste und spucke, wie ein richtiger Chinese um die Atemwege wieder frei zu bekommen. Martina und Wolfgang genießen die Atmosphäre in der quirligen kleinen Stadt, durch die Modernisierungswalze noch nicht hindurch gekommen ist. Abends enden wir dann in dem kleinen Lokal, in dem wir gestern schon sehr gut gegessen haben und im vergangenen Jahr auch, da waren wir an drei Tagen hintereinander nur in diesem Lokal und auch in diesem Jahr konnten die Wirtin und ihr Mann in der Küche wieder komplett überzeugen, deshalb werden die drei Sterne für chinesische Hausmannskost mit Begeisterung wieder vergeben.


Auf neuen Wegen zum Ziel

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

Von Beijing zum Minggräber Stausee , 65 km auf dem Rad und 6 km durch den Sommerpalast. Trocken aber trüb.
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Der Blogeintrag für diesen Tag ist eine Gemeinschaftsproduktion von APH. Vielen Dank dafür!
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Es ist gut, dass wir einen Reiseleiter dabei hatten, der mit modernster Ortungstechnik ausgestattet ist. Da wo laut Plan eine Dorfstraße sein sollte, fehlten sowohl das Dorf als auch die Straße. Stattdessen standen wir vor dem verschlossenen Tor einer Baustelle (siehe dazu die entsprechenden Bilder in der Galerie. Die Satellitenaufnahme zeigt noch das Dorf, die blaue Linie ist unsere gefahrene Strecke). Aber mit einem Blick auf das Navigationsgerät und in nur zwei Anläufen fanden wir eine Umgehung und somit zurück auf die geplante Strecke.

Auf dem Weg dahin hatten wir schon das Vogelnest und das Olympische Dorf gesehen und wir hatten uns aus dem Gewusel des Stadtkerns von Peking heraus gekämpft.

Ein Strecken-Highlight war der kaiserliche Sommerpalast mit zwei Pagoden, einem langen Korridor, einem überdachten Wandelgang am Ufer des Sees, und einem buddhistischen Tempel hoch oben über dem Park – ein dreistündiger Rundgang mit einer kurzen Verschnaufpause auf einem stilisierten Drachenboot.

Nach dem Rundgang ohne Fahrrad schlürfen wir unsere erste Nudelsuppe in einer klitzekleinen Imbissstube, die sonst nur Einheimische nutzen. Der Geschmack der Suppe konnte sich durch den mehrfach genutzten Wok bestens entfalten. Der Vorschlag der Gruppe, den Reiseleiter zukünftig auf ein Küchenfahrrad mit integrierter Feuerstelle und Wok umsteigen zu lassen, stieß auf hilfloses Unverständnis bei selbigem. Dabei gab es so viele duftende und dampfende Vorbilder solcher Räder (mit Maiskolben, Kastanien, Teigtaschen oder Honigmelonen) am Straßenrand.

Erholsam vom aufregenden Getümmel der Stadt ging es jetzt auf angenehmen Wegen an idyllischen Kanälen entlang. Am frühen Abend erreichten wir unsere ökologische Unterkunft „Nature Times Hotel“ und gönnten uns unser erstes schmutziges Bier. Abends speisten wir ein fünfgängiges Menü am gediegenen Holztisch.


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Kletterpartien

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

137 Kilometer vom Wutaishan über drei Pässe nach Hunyuan, 2000 Höhenmeter bei windigen und manchmal sonnigen 16 bis 22 Grad.

Über Nacht hat es ordentlich geregnet und nun ist die Sonne wieder da, dafür ist es recht frisch. Kein Problem, denn es geht von Beginn an straff bergan, wir müssen von 1600 Metern wieder über den Pass auf 2500 Meter. Da ist kühleres Wetter eher ein Vorteil. Nach etwas mehr als zwei Stunden ist der erste Kletterpart geschafft und wir stehen oben im Wind. Die Abfahrt gegen den Wind macht nicht den Spaß, den wir erwartet hatten, zum anderen hatte sich bei der Abfahrt ins Tal vor zwei Tagen an Wolfgangs hinterer Felge ein Riss gezeigt. Wir vermuten, dass der Riss entstanden ist, weil sich bei der langen Abfahrt die Felge überhitzt und zu sehr ausgedehnt hat, so dass an zwei Speichen sternförmige Risse entstanden. Es gelang Wolfgang das Rad ein wenig auszuzentrieren und die beiden angerissenen Speichen zu entlasten, aber mit kühnem Schwung möchte er natürlich nun keinen Berg mehr hinunterrauschen.

Unten im Städtchen essen wir relativ zeitig Mittag, dann geht es ein paar Kilometer über die Hauptstraße, bevor wir für den nächsten Pass wieder auf eine Nebenstraße abbiegen. Hier sind es nur 400 Höhenmeter, dafür ist die terrassierte Landschaft sehr schön und in den Dörfern gibt es wieder alte in den Löss gegrabene Wohnhöhlen. Viel Zeit zum genießen bleibt nicht, dann sind wir wieder auf der großen Straße im Tal. Dort waren wir wegen des chaotischen Verkehrs im letzten Jahr alle in den Bus gestiegen und den Rest der Strecke gefahren. Doch in diesem Jahr ist die parallel geführte Autobahn fertig gestellt und so steht dem dritten Pass nichts entgegen. Also noch einmal 500 Höhenmeter Kletterei, dann geht es in die letzte Abfahrt. Die ist landschaftlich eine Katastrophe, denn in den bergen rundherum wird Kohle abgebaut, aber nicht in Bergwerken, sondern im Tagebaubetrieb, dafür wurden ganze Berge weggebaggert und es entstand ein Mondlandschaft. Falls die Chinesen mal eine Mondlandung ihrer Taikonauten faken wollen, hier ist genau der richtige Ort dafür.

Erst kurz vor Hunyuan wird es wieder etwas schöner, schließlich befindet sich auch der Hengshan, ein buddhistischen heiliger Berg in der Nähe und den wollen wir morgen oder übermorgen besichtigen.

Abends geht es nur die Straße runter, im letzten Jahr hatten wir uns hier in ein kleines Lokal verliebt, die Wirtin erkennt mich wieder, die Freude ist groß und das Essen wieder so gut wie im Vorjahr, wir werden wohl wieder kaum eine Chance haben, andere Lokalitäten der Stadt kennen zu lernen.


Ab in die Berge

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Shaoxing nach Lingbei. 95 km

Wir verließen nur ungern unser 5-Sterne-Hotel und gingen immer wieder zum reichgedeckten Buffet des Speisesaals. Doch leider konnten wir nicht allzu lang bleiben, denn es standen heute noch gute 90 km auf hügelig bis bergigem Terrain auf dem Programm.

Je weiter wir in die Berge kamen desto mehr verdünnte sich der Verkehr und die Industrie. Nur noch vereinzelnd sah man mal kleine Webereien in Hauseingängen und die Landschaft wurde allmählich schöner. Der Weg war bestückt mit idyllischen Reisfeldern und kleinen Dörfern. Als wir dann nach einem kurz aber knackigen Anstieg an einem Stausee langfuhren, waren wir endgültig in der Natur angekommen. Ab und zu überholte uns noch ein Linienbus. Ansonsten waren wir aber fast nur für uns in dieser schönen Landschaft. Es entsprach ziemlich meinen Idealvorstellungen einer chinesischen Landschaft: kleine Berge, davor ein See und Bambuswälder soweit das Auge reicht… Ich muss Zugeben, dass ich ein kleines Faible für Bambuswälder entdeckt habe. Ich könnte hierzu ein Gedicht schreiben, denke aber, das der Pathos die Bildschirme zum Schmieren und Schleimen bringen würde.

Die Einfahrtstraße zur heutigen Übernachtungsstätte zwang einen allerdings noch mal alles zu geben, denn 700 m klingen zwar wenig, sind aber bei der Steigung, mit dem Gepäck, nach der Strecke und so kurz vor dem Ziel nicht ohne. Nach der Ankunft kam uns die Bedienung schon direkt mit gekühltem Bier entgegen. Da haben wohl unsere Vorgängergruppen schon gute Vorarbeit geleistet. Unsere Herberge ist heute mal zur Abwechslung ein kleines Bergresort, das abgelegen von allem vor allen dem Chinesen aus der Stadt als eine Zuflucht dienen soll. Man konnte an den Marken der parkenden Autos gut erkennen, dass es auch erfolgreiche chinesische Stadtbewohner hin und wieder mal in die Natur zieht. Hier sitzen sie dann am Ufer des Stausees und angeln selber ihr eigenes Abendessen.

Zur Stärkung nach der Etappe und Vorbereitung auf die morgige gab es ein Salzwasser-Hähnchen, das vorzüglich zubereitet war. Die Karnivoren unter uns rissen das tote Tier in kürzester Zeit in Einzelteile und nagten genüsslich an dem Kadaver. Kopf und Fuß wurden nicht verschont. Auch der Rest der Tafel war durchaus sehr schmackhaft. Die Müdigkeit setzte dann jedoch schnell ein, was vielleicht angesichts der morgigen Aufgabe auch ganz gut war.


32 Kilometer Sightseeing

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

Besichtigungstag in Beijing.

Was steht denn heute auf dem Programm? Ah ja, Himmelstempel, Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens und Verbotene Stadt. Vielleicht noch den Kohlehügel und ein wenig Schlendern in der Schoppingmeile Wangfujing danach. Da fragt sich doch der erfahrene Pauschaltourist: Und was machen wir am Nachmittag?

Bei uns war das etwas anders. Wir haben uns nämlich irgendwann gefragt, ob wir es nach den ganzen Besichtigungen noch bis zum Abendessen schaffen, bevor alle Restaurants dicht sind.

Denn das stand so nicht im Programm:

  • 9 Kilometer mit dem Rad durch den regsamen (das ist ein Euphemismus!) Beijinger Verkehr bis zum Himmelstempel
  • 3 Kilometer zu Fuß durch den Himmelstempel, die Hälfte davon durch einen Teil der Anlage, den ich selbst bisher hoch nicht kannte
  • 4 Kilometer mit dem Rad zur brandneuen Altstadt
  • 54 Jiaozi (chinesische Teigtaschen mit diversen Füllungen) in einer Hintergasse
  • 8 Kilometer Fußmarsch über den Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens, durch die Verbotene Stadt, auf den Kohlehügel, über die Wangfujing und wieder zurück zu den Fahrrädern
  • Zwischendrin 2 Kilometer mit Bus 111 vom Kohlehügel zur Wangfujing. Ohne den kleinen Auffahrunfall wäre das die langweiligste Strecke des heutigen Tages geworden
  • 6 Kilometer auf zwei Rädern bei einsetzender Dämmerung und abschließender Dunkelheit von der brandneuen Altstadt zurück zum Hotel

Schnell mal zusammengerechnet: 9+3+4+54-54+8+2+6=32. Passt.

Der Ziel ist das Weg! Wir haben uns nicht nur für die vorgegebenen Besichtigungspunkte viel Zeit gelassen, sondern auch für die Wege dazwischen. Beijing besteht halt nicht nur aus Sehenswürdigkeiten und nicht nur die Sehenswürdigkeiten machen Beijing sehenswert.

Unser Abendessen haben wir übrigens pünktlich um 19 Uhr in einem kleinen Restaurant um die Ecke vom Hotel eingenommen. So spät wurde es dann also doch nicht.


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Im Schatten Manjushris

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Weiterer Ruhetag am Wutaishan und Besichtigung weiterer Tempel und Klöster.

Der heutige Tag steht erst einmal im Schatten des Geldtausches. Gestern hatte ich hier kein Geld tauschen können, da am Vortag der Rechner abgestürzt ist, der Fehler war natürlich bis heute nicht behoben worden. Aber ich habe keine Lust mich wieder wegschicken zu lassen und erkläre, dass wir heute Abend in die Bank mit unseren Isomatten einrücken und es uns bequem machen würden und frage, ob es hinten wenigstens eine Dusche gebe. Das veranlasst dann die Managerin etwas zu mauscheln und nach -zig Telefonanrufen tauscht sie privat das Geld um und wir werden die Nacht nicht in der Bank zubringen müssen.

Der Shuttlebus bringt uns dann in den oberen, nördlichen Teil des Ortes, wo sich dutzende weiterer Tempel befinden. Wir beginnen am Dayuanta Tempel. In dessen Zentrum befindet sich ein großer weißer Stupa aus der Ming Dynastie. Dieser Stupa, Sarira Stupa genannt, was „buddhistische Religie“ bedeutet ist auch der Anziehungspunkt für „richtige“ Pilger, also nicht nur für Touristen oder/und Chinesen, die einmal ein Wochenende Buddhismus praktizieren wollen. So finden sich auch Gruppen aus Tibet, die Frauen erkennt man an den vom Wetter gegerbten Schürzen und den bunten Röcken, die Männer am etwas „wilderen“ Aussehen. Im Eingangsbereich kommt mir eine tibetische Nonne recht bekannt vor und ich frage sie, ob sie denn im letzten Jahr auch schon hier gewesen sei. Sie freut sich und erinnert sich, dass ich im letzten Jahr schon Fotos von ihr gemacht hätte. Für den Leser lässt sich das auch im Blog schön nachsehen.

Dem Leben in den Tempel ließe sich unendlich zusehen, ebenso könnte man hunderte von Hallen in diversen Baustielen bewundern und verschiedenste Buddhafiguren und Boddhisattvas. Wir tun dies auch gute zwei Stunden lang und streichen durch die Komplexe hier im Zentrum. Dann wechseln wir die Flussseite und steigen zu einem weiteren Tempel ganz nach oben, eigentlich hatten wir eine grandiose Aussicht erwartet, aber das Wetter hat sich ein wenig verschlechtert und so liegt das weite tal im trüben Dunst. Dieser obere Tempel ist dem Boddhisattva Manjushri gewidmet, wie auch das ganze Gebiet. Wutaishan, das bedeutet Fünf Gipfel Berg und jeder Gipfel bedeutet eine andere Manifestation des Boddhisattvas, so ist ein Gipfel für den jugendlichen Manjushri, einer für Majushri den Wissenschaftler, einer für M. den Weisen, und für M., den Löwen der Rede. Aber die Gipfel liegen heute auch im Dunst, aber wir werden sie morgen bei der Fahrt heraus aus dem Tal noch einmal sehen können.

In den Tempel wird Majushri mit einem flammenden Schwert in der linken Hand, der männlichen oder Methodenhand dargestellt. das hat nichts mit Gewaltbereitschaft zu tun, sondern mit dem Schwert wird die Unwissenheit zerschlagen. In der rechten Hand, der weiblichen oder Weisheitshand tragen die Darstellungen des Boddhisattvas in der Regel eine Schriftrolle, die Wissen symbolisiert. Mitunter kann auch Manjushri ziemlich weibliche Züge tragen und wird auch auf einem Löwen reitend dargestellt.

In diesem Zusammenhang habe ich auch noch einmal darüber nachgegrübelt, warum man z.B. den Avalokitesvara auch als weibliche Darstellung findet, aber als Buddha/ Boddhisattva hat ma ja alle Gegensätze überwunden und damit ist es völlig gleich in welcher Form der Boddhisattva wieder auftritt. Historisch gesehen hat es natürlich mit dem Pragmatismus des Buddhismus als Religion zu tun, nämlich feminine Gottheiten anderer Vorreligionen „einzugemeinden“, ebenso lässt sich natürlich ein „Gott“ der Barmherzigkeit in einer weiblichen Form besser „vermarkten“.

Bleibt dann wieder die Suche nach einem befriedigenden Restaurant, aber heute werden wir belohnt, etwas weg von der Hauptstraße, auf der anderen Seite des Flusses gibt es ein paar sehr schöne Familieguesthäuser. Die Unterkünfte dort sind zwar recht einfach, aber blitzsauber und gemütlich, hier könnt man sich mit einer großen Gruppe wunderbar in einem der Höfe einnisten. Zu den Herbergen gehört asuch ein restaurant und das ist richtig gut. Neben Wildpilzen und Wildkräuteren gibt es auch die üblichen gebratenen Gerichte und wir schlemmen uns hier fast zwei Stunden durch, incl. Kerzenlicht, denn zwischendrin ist der Strom einmal für eine halbe Stunde weg, was dem Genuss keinen Abbruch tat.

Happy Birthday to me to me…

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Hangzhou nach Shaoxing. 80 km

Heute ist mein Geburtstag und da meine Reiseteilnehmer so aufmerksam sind, ist es ihnen natürlich nicht entgangen und haben mir 2 Geburtstagstörtchen zum Frühstück hingestellt. Das war schon sehr rührend. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal! Liebe zukünftige Teilnehmer: Ihr dürft euch gerne ein Beispiel hieran nehmen. Auch nicht fehlen durfte natürlich ein Ei. Jawohl, ein Ei! Der Brauch, zum Geburtstag ein Wachtel-Ei zu essen, da Wachtel auf Chinesisch so ähnlich klingt wie Sicherheit, wird nicht mehr so eng genommen und ein Hühnerei tut es da auch.

Unsere Strecke führte uns heute entlang der Qutang-Flusspromenade durch viele Neubau- und Industriegebiete. Der Übergang beider war dabei fließend versteht sich. Die Hochhäuser, die in den Randgebieten Hangzhous hochgezogen werden, sind bombastisch und haben durch die direkte Lage am Fluss bestimmt auch so ihren Wert… Also nur für die gehobene Klasse von Schwiegersöhnen vorgesehen. Gerade als ich bei einer Pause am Flussufer davon erzählte, dass Chinesen heutzutage häufig die Erziehung ihrer Kinder den Großeltern überlassen, auf Grund vom engen Terminkalender der arbeitstätigen Eltern, kam uns eine Horde Großeltern mit ihren Enkelkindern entgegen. Toll, wenn man direkt eine praktische Bestätigung bekommt. Wir folgten eine ganze Weile der Flusspromenade, die wirklich sehr interessante und unterschiedliche Einblicke in die Umgebung gab. Für Martin und mich eine sehr willkommene Abwechslung nach den Touren durch das engbebaute Gebiet der ersten Tage.

Schließlich kamen wir auch zu unserem ersten Hügel, an dem wir schon mal testen konnten, ob unsere Packtaschen nicht doch zu großzügig bepackt waren. Mittags lockte uns dann ein Lanzhou-Nudelhaus. Ebenfalls die perfekte Wahl für ein Geburtstagsessen, denn lange Nudeln symbolisieren ein langes Leben. Und die handgezogenen Nudeln sind im Grunde genommen ja eine einzige meterlange Nudel. Auf unserem Plan stand an sich noch ein zweiter Hügel. Aber entweder hatten wir uns verfahren oder er wurde vom Straßenbauamt platt gemacht. Vermisst hat ihn aber keiner von uns.

Relativ spät kamen wir in Shaoxing an, sodass wir erst zum Abendessen in die Stadt begaben. Shaoxing ist ebenfalls eine alte Kanalstadt, die allerdings nicht mehr zu dem System des Kaiserkanals vom 7. Jahrhundert gehörte. Dieser verlief von Peking bis nach Hangzhou und diente der Verfrachtung von Tee und Seide gen Norden. Später allerdings konnte auch das Kaiserhaus nicht mehr dem Ruf vom berüchtigten Shaoxing-Reiswein widerstehen und ließ eine Anbindung zu der Stadt erbauen.

Anders als in Wuzhen wird die Altstadt in Shaoxing abends kaum beleuchtet. Sodass nur noch die zentralen Straßen sich für den Besuch lohnen. Ein passendes Restaurant ließ sich jedoch nicht so schnell auftreiben und so folgten wir dem Rat eines Passanten, der uns empfiehl in die Nähe von Luxuns altem Haus zu fahren. So setzten wir alles auf eine Karte und fuhren mit dem Taxi hin. Das Glück war auf unserer Seite, denn ein Restaurant schräg gegenüber bot ein perfektes Ambiente mit einem Mix aus nett-am-Kanalufer-sitzen + riesen-Auswahl-an-frischen-Zutaten + lautes-chinesisches-Gegröle. Ein Volltreffer. Zum Abschluss meines Geburtstages lud ich daher die Gruppe zum Essen ein, inklusiver einer Verkostung des Shaoxing-Weins. Leider schien ich der Einzige zu sein, dem der Wein zusagte. Naja, er wird in erster Linie ja auch zum Kochen benutzt. In diesem Sinne… Prost!