Dem Himmel entgegen

108 km über zwei anstrengende Pässe und wieder hinab ins Tal nach Taihuai. Bis zum zweiten Pass schien die Sonne, dann wurde es ziemlich kalt. Von Andreas Kraus.

Eigentlich wollten wir so früh los wie möglich, denn die Etappe heute würde hart. Ein wenig ausgebremst in unserem Eifer wurden wir bereits vom Hotel, denn das Frühstück eröffnete erst um 07:00 Uhr und auf das Frühstücksbuffet wollten wir nicht verzichten. Man braucht ja schließlich eine ordentliche Grundlage für eine solche Etappe.

Diese Etappe war dominiert von zwei Pässen die es in sich hatten. Zum ersten Pass führte ein etwa 20 km langer Anstieg über einen Pass von 1550 Metern Höhe. Wir fuhren anschließend eine rasante Abfahrt hinab in ein Kleinstädchen wo wir Mittag aßen. Von dort ging es wieder gnadenlos bergauf und zwar etwa 30 km lang auf eine Höhe von rund 2500 Metern. Die Steigung nahm anscheinend überhaupt kein Ende und ich fragte mich wo dieses permanente Bergauf noch hinführen würde. Für die Strapazen wurden wir aber durch eine wunderschöne Berglandschaft entlohnt. Auf dem Pass sammelten wir uns und machten uns an die 16 km lange Abfahrt. Hier oben und auch während der Abfahrt wurde es verdammt kalt und wir waren alle bis auf die Knochen durchgefroren als wir im Hotel ankamen.

Der Ort Taihuai liegt inmitten des berühmten Wutaishan des bedeutendsten der 4 heiligen Berge des Buddhismus. Wegen seiner 5 Gipfel wird er auch fünf Finger Berg genannt. Seit fast 2000 Jahren kommen schon nachweislich Pilger hier her, sogar so mancher Kaiser war darunter. Auch aus vielen anderen buddhistisch geprägten Ländern kommen Pilger und machen dem Berg ihre Aufwartung. Der Wutaishan wird auch das „kühle Gebirge“ genannt, denn hier herrschen selbst im Sommer durchschnittlich 9°C. Das bekamen wir heute während der Abfahrt durchaus zu spüren. Morgen werden wir uns dann die Tempel des Wutaishan vorknöpfen.


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Tendenziell bergab

Von Datong nach Yingxian 84 km bei sonnigem Wetter und etwa 28°C plus einem zusätzlichen 6 km-Schlenker zur hölzernen Pagode von Yingxian. Von Andreas Kraus.

Die Tour begann für mich als neuen Reiseleiter der nächsten Wochen gleich mit einigen Prüfungen. Kaum dass wir losgefahren waren, hatten wir schon den ersten Platten. Da sich unser Begleitfahrzeug auf einer anderen Route aus der Stadt schlängelte, hatten wir ein kleines Ersatzteile- und Werkzeug-Problem. Schließlich konnte Gerhard aber einen Flicken hervorzaubern und wir flickten den Platten. Es dauerte nicht lange und wir hatten den nächsten. Nun war es Martin der in den Tiefen seiner Satteltasche noch einen Ersatzschlauch hervorbrachte. Und wir waren noch nicht einmal aus der Stadt heraus. Der dritte Plattfuß konnte uns dann eigentlich nicht mehr schocken. Nur wird der Eine oder Andere morgen eventuell Muskelkater haben wegen des Aufpumpens mit allzu kleinen Luftpumpen.

Die Fahrt verlief insgesamt sehr angenehm, Steigungen waren im Grunde keine vorhanden und die Strecke ging, wie Volker immer gerne zu sagen pflegt, tendenziell bergab. Für mich die perfekte Etappe um mich einzuradeln. Die ersten Kilometer legten wir noch auf einer vierspurigen Landstraße zurück auf der die Autos aber stets in gebührendem Abstand an uns vorbei fuhren und wie in China üblich, die „Vorsicht, ich überhole jetzt“-Hupe betätigten. Später bogen wir auf eine wenig befahrene kleine Nebenstraße ab. Häufig säumten Alleen unseren Weg was das Radeln ganz angenehm machte.

Mittag machten wir in einem winzigen Dorf in dem von etwa drei Häusern eines ein winziges Restaurant war. Es gab nur einen Tisch an dem nicht alle von uns Platz hatten, deshalb mussten drei von uns auf im Nachbarraum auf dem Bettofen, dem Kang, der Familie sitzen und an einem etwa 30 cm hohen Tisch essen. Das war mal eine sehr spezielle und intime Erfahrung. Die Betreiberfamilien hatte noch nie zuvor ausländische Gäste und war entsprechend aufgeregt und neugierig. Nach gefühlt 1000 Fragen und einigen gemeinsamen Fotos, ließ man uns wieder fahren. Am späten Nachmittag erreichten wir dann unseren Zielort Yingxian.

Die Hauptsehenswürdigkeit von Yingxian ist die berühmte Sakyamuni-Pagode im Fogong-Tempel. Da wir angst hatten, dass die Pagode geschlossen sein würde, wenn wir erst ins Hotel fahren und dann wieder zurück kämen, fuhren wir direkt dort vorbei. Diese recht beeindruckende Pagode wurde unter den Kitanen (Liao-Dynastie), einem Reitervolk aus dem hohen Norden, das diesen Teil Chinas seinerzeit erobert hatte im Jahre 1056 erbaut. Sie ist die älteste und größte hölzerne Pagode weltweit. Sie hat eine Höhe von über 67 m und einen Durchmesser am Sockel von rund 30 Metern. Von außen sind nur 5 Stockwerke sichtbar, aber eigentlich sind es mit den Zwischengeschossen 9 Stockwerke. Es wurden etwa 3000 Tonnen Rotkiefernholz verbaut. Die Bauweise ist so ausgeklügelt, dass die Pagode in Ihrer über 900-jährigen Geschichte bereits mehrere Erdbeben überstanden hat, während die Häuser in der Umgebung fast sämtlich einstürzten. Selbst mehrere heftige Blitzeinschläge hat Sie schadlos überstanden. Leider darf man nicht mehr die Pagode besteigen, aber eindrucksvoll ist sie dennoch.


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In der früheren Hauptstadt und heutigen „Großen Einheit“

Bilderbuch von den Ruhetagen am 140. und 141. Reisetag in Datong, sommerlich und sonnig um die 30°C. Von Peter Frenzel.

Was ist schöner, relaxen in einem Jurtencamp zwischen den grünen Hügeln der mongolischen Grassteppe oder in einer Millionenstadt im Norden Chinas? Unsere Reisegruppe ist da ganz verschiedener Meinung und klar ist auch, dass jede Umgebung ihre Reize, Vor- und Nachteile hat. Landschaftlich ist eine Stadt voller Hochhäuser und endlosen Autostaus (Hupkonzert inklusive) nur Zweiter, beim Übernachtungskomfort und beim Frühstücksbuffet klar Erster. Auch bezüglich Wäschewaschen, Reparaturservices, WLAN-Versorgung (pro Zimmer ein eigener Accesspoint!) und sonstigen Sehenswürdigkeiten liegt die Großstadt nach Punkten vorn.

Wir „wohnen“ seit gestern im komfortablen Yungang Meigao Hotel. Datong (chinesisch 大同市 = Pinyin Dàtóng shì) ist eine bezirksfreie Stadt mit etwa 1,4 Millionen Einwohnern im unmittelbaren Stadtgebiet und weiteren 2 Millionen Einwohnern in den umliegenden Kreisen. Sie liegt etwa 300 Kilometer westlich von Peking und breitet sich auf über 14.000 Quadratkilometern aus. Von https://de.wikipedia.org/wiki/Datong (Simon hatte auch schon zum 139. Reisetag dahin verwiesen) weiß ich u.a., dass die Stadt als Píngchéng (平城) während der Han-Dynastie gegründet wurde und während der Nördlichen Wei-Dynastie fast hundert Jahre lang (398 bis 494) sogar Hauptstadt war. Bereits 1048 wurde sie in Datong (= Große Einheit) umbenannt.

Bei unserem sonnabendnachmittäglichen Stadtbummel sehen und erfahren wir viel Wissenswertes und Interessantes. Simon weiß wirklich viel über die Geschichte Chinas und Andreas, der Simon als Reiseleiter ablöst, ist ja auch schon dabei. Weiteres ergänzen wir individuell am Sonntag, denn der ursprünglich geplante Busausflug zu den Yungang-Grotten war schließlich durch unseren kleinen Umweg bei der Fahrt nach Datong zu Gunsten eines weiteren freien Tages nicht mehr notwendig.

Wir sehen uns also an, was aus dem „Altstadtprojekt“ der Stadt geworden ist und bekommen einen Eindruck von dem, was Wikipedia u.a. so beschreibt: “ … Aus vorwiegend touristisch-kommerziellen Gründen wurde ab 2008 ein Stadtumbau der Innenstadt im Stil der Ming-Dynastie durchgeführt. Das 6 Milliarden Euro teure Projekt sollte besonders die finanzkräftige chinesische Mittelschicht ansprechen. Die Rekonstruktion ist nach westlichen Presseberichten nur eine ungefähre. 40.000 ärmere Bewohner der Altstadt werden abgesiedelt, im neuen alten Zentrum, das mit einer 2009 bis 2012 errichteten monumentalen Stadtmauer abgegrenzt wurde, entstehen Luxuswohnungen. Die Gentrifizierung mit ihrer historisierenden Kulissenarchitektur ist bereits weit vorangeschritten. Gemäß dem Dokumentarfilm „The Chinese Mayor“ … ist dieses Altstadtprojekt jedoch gescheitert. Der dieses Projekt vorantreibende Bürgermeister wurde nach 5 Jahren im Amt überraschend als Bürgermeister in eine 300 km weit entfernte andere Stadt versetzt. Er hinterließ – gemäß den Aussagen im o.g. Film – Schulden in Höhe einiger Milliarden Dollar und eine Vielzahl halbfertiger Projekte, die sein Nachfolger nicht mehr weiterführte.“ Der Kontrast zwischen „Abbruchgebiet“ und Neubau nach historischem Vorbild direkt daneben beeindruckt und bedrückt uns gleichzeitig.

Unzählbar viele Händler bieten an den Straßenrändern Obst, Gemüse und Waren aller Art an, darunter auch „Spendengeldscheine“ und sogar papierne „Spendenautos“. Ob die Götter und die Lieben im Jenseits wirklich was damit anfangen können?

Selbstverständlich schauen wir uns die Neun-Drachen-Wand, sowie das Huayan Kloster an, das fast alle am Sonntag sogar noch ein zweites Mal besuchen. Übrigens: Besucher über 60 haben dort freien Eintritt (wie auch schon bei den Yungang-Grotten) und sparen hier bare 65 Yuan (ca. 8 €uronen)!

Die Abendessen genießen wir gemeinsam in kleinen Restaurants „um die Ecke“ mit vielen verschieden Gemüse- sowie Fleischgerichten auf der gläsernen Drehplatte. Llllecker! Die Schlemmerei kostete uns gestern beispielsweise für alle (9) zusammen etwa 300 Yuan! Heute war es deutlich teurer: 340 für acht. Ja, so preiswert isst man(n) hier „beim Chinesen“! ?

Datong-Bilderbuch auf:

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Über die Große Mauer nach Datong

138.-139. Reisetag, von Jining über Fengzhen nach Datong, 80 km/66 km. Von Simon Preker.

Am 138. Reisetag (16.08.2018) zog es uns vormittags durch dicht besiedelte Ortschaften auf Nebenstraßen nach Fengzhen, einer kleinen Stadt an der südlichen Grenze der Inneren Mongolei. Wir folgten einer neuen Eisenbahn-Hochtrasse während das Leben (und Sterben: denn wir wir kamen an vielen Gräbern vorbei) in den Ortschaften etwas aus der Zeit gefallen schien. Nach einer Mittagspause, in der uns ein sehr freundlicher Tankwart unterhielt, ging es über Hügel unserem Ziel entgegen. Nach einem köstlichen und unverschämt preiswerten Abendessen flanierten wir noch über den örtlichen Rummel, welcher Veranstaltungen wie den Hamburger Dom bezüglich der Lautstärke mühelos in den Schatten stellen konnte.

Am 139. Reisetag (17.08.2018) verzögerte sich unsere Abfahrt aufgrund eines Kohlezugs, der vor unserer Nase minutenlang hin und her rangierte. Nur wenige Meter hinter dem schmutzigen Kraftwerk, zu dem die Gleise führten, überquerten wir die Grenze zur Provinz Shanxi (nicht zu verwechseln mit der Provinz Shanxi/Shaanxi). Auf der Grenze steht ein Stück der Großen Mauer, welches als Lehmwall mit einigen Türmen deutlich zu erkennen ist, jedoch nicht touristisch erschlossen oder gepflegt ist. Lediglich ein Schild weist den Damm als Teil der Mauer aus und doch mussten wir bei jedem Schritt an die harte Arbeit denken, die dieses Bauwerk über viele Jahrhunderte hinweg erforderte. Mit dem Übertritt nach Shanxi wurde die Landschaft hügeliger und wir spürten, dass der Verkehr zunahm und die Straßen schlechter wurden. Nach dem wunderschönen Wetter der Vortage drohten uns Wolken, die uns aber bis zu unserem nächsten Kultur-Stop verschonen sollten: Den Nachmittag verbrachten wir an den Buddha-Höhlen in Yungang, wo wir uns in Gesellschaft zahlreicher chinesischer Touristen befanden. Um die seit Jahrhunderten Wind und Wetter ausgesetzten Höhlen ist in den letzten Jahren ein weitläufiger Park und ein neues Museum entstanden, aber dem Gefühl, das die lange Geschichte des Ortes ausstrahlte, tat dies keinen Abbruch. Die Stadteinfahrt in die Millionenstadt Datong gestaltete sich unter dem Eindruck des Kulturprogramms und angesichts des ständigen Gefälles auch bei Nieselregen als relativ einfach. Lediglich in der „Altstadt“ hatten wir mit gnadenlosen Barrieren zu kämpfen, welche die pseudo-historisch verkitschte Fußgängerzone vor Gefährten aller Art schützen sollen (siehe diesen Artikel bei The Guardian). Am Hotel empfing uns bereits Andreas mit warmer Herzlichkeit und kühlem Bier. Er wird die Gruppe bis Chongqing übernehmen. Zusammen aßen wir in einem Grillrestaurant und freuen uns auf die Vorzüge der Großstadt, die uns für die kommenden zwei Tage begleiten.


Strecke 138. Reisetag (16.08.2018):
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Strecke 139. Reisetag (17.08.2018):
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Es wird zunehmend „chinesischer“…

136.-137. Reisetag, vom Xianghuang-Banner über Shangdu nach Jining (Ulanqab/Wulanchabu), 95 km/80 km. Von Simon Preker.

Nach einem chinesischen Frühstück in der Nähe unseres etwas aus der Zeit gefallenen Hotels schwangen wir uns bei günstigem Wind und strahlendem Sonnenschein auf unsere Räder, um an diesem 136. Reisetag (14.08.2018) weiter nach Süden zu gelangen. Die Dörfer erinnerten in ihrer Bauweise und aufgrund ihrer Bewohner an Altersheime, was aufgrund der demografischen Probleme in China nicht überrascht. In der Nähe von Huade wechselten wir auf eine größere, breit ausgebaute Straße. Flankiert wurden wir von auffällig vielen Parolen und Losungen, die uns die Führung der Partei und die „Sozialistischen Kerntugenden“ schmackhaft machen wollten, aber auch Umweltschutz und ähnliches propagierten. Beflügelt von Rückenwind und der stärkenden Nudelsuppe, die wir mittags eingenommen hatten, erreichten wir unser nächstes Ziel, Shangdu. Den Abend verbrachten wir nach einem feurigen Essen auf dem zentralen Platz, wo fliegende Händler Wischmops und Jadeschmuck verkauften, junge und nicht mehr ganz so junge Leute ihre Tänze übten und Kinder in bunten Panzern ihre Runden drehten.

Am heutigen 137. Reisetag (15.08.2018) passierten wir hinter dem Stadtgebiet gleich mehrere Händler, die kleine Schlagzeuge aus Plastik anboten. In den Dörfern waren deutliche Zeichen der Landflucht zu erkennen und erst als wir mehrere Sonnenblumenfelder und Honighändler später die prunkvolle Einfahrt nach Jining (Teil der Großstadt Wulanchabu) passierten, spürten wir, dass unser heutiges Ziel eindeutig eine größere Stadt ist. Da die Etappe nicht besonders lang war, stand uns der Nachmittag zur freien Verfügung. Das Abendessen nahmen wir in einem urigen Restaurant in der Nebenstraße ein.


Strecke 136. Reisetag (14.08.2018):
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Strecke 137. Reisetag (15.08.2018):
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Die Parteijurte und das abendliche Leben auf öffentlichen Plätzen

135. Reisetag, vom Rechten Sonid-Banner bis zum Xianghuang-Banner, 124 km. Von Simon Preker.

Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir mit Rückenwind aus der Stadt nach nach Südosten auf einer kleinen und ruhigen Straße. Das Summen unserer Reifen und die zahlreichen Windräder um uns herum stellten das Hintergrundrauschen. Die Landschaft wurde immer wieder sandiger, bevor grüne Steppenhügel für Abwechslung sorgten. Insgesamt waren zwar weniger Jurten und Tiere als in der Äußeren Mongolei zu sehen, aber Mongolisch als Sprache begleitet uns noch immer.

Das Mittagessen nahmen wir in einer geräumigen Jurte mit Kronleuchter zu uns, in der üblicherweise eine Parteigruppe der Kommunistischen Partei Chinas tagt. Nach dem Mittagessen erklommen wir ein paar weitere Höhenmeter, bevor wir uns in Richtung unseres Zielorts, dem Xianghuang-Banner, rollen lassen konnten. Dort wurden wir mit reichlich Neugier begrüßt. Bei dem Versuch das Treiben auf dem zentralen Platz zu beobachten, wurden wir zur Attraktion und wurden um unzählige Fotos gebeten. Die Bewohner versammelten sich in losen Gruppen, die Standarttanz, Karaoke, Aerobic oder andere Tänze übten. Es gab Stände mit Grillgut, Getränken und der Möglichkeit, kleine elektische Fahrzeuge für den Nachwuchs zu mieten.


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Von Außen nach Innen

133.-134. Reisetag, von Zamyn Üüd über die Grenze nach Erlian/Erenhot ins Rechte Sonid-Banner, 5 km/120 km. Von Simon Preker.

Für den 133. Reisetag (11.08.2018) hatten wir uns eigentlich zwei UAZ-452 organisiert, die uns über die Grenze bringen sollten, da es nicht möglich ist, die Grenze mit dem Fahrrad zu passieren. Bezeichnend für das chaotische Grenztreiben ist jedoch, dass sich die Fahrzeuge ohne unser Zutun, aber zu unserem Bedauern in größere Busse verwandelten, die zwar mehr Platz boten, aber bei jeder Bodenwelle fast auseinanderfielen. Der Grenzübertritt kam zwar mit Gepäckschleppen und Warten einher, verlief aber reibungslos. Auf der chinesischen Seite erwartete uns Xiao Ding, der die Gruppe durch China begleiten wird und seit vielen Jahren Reisen für China by Bike begleitet. Wir radelten die kurze Strecke zu unserem Hotel in Erlian/Erenhot, nahmen ein gemeinsames Mittagessen ein und erkundeten unsere erste Stadt auf dem Gebiet der VR China. Dinosaurier tauchen hier aufgrund historischer Funde an allen Ecken und in allen Größen vor. Streng genommen befinden wir uns nun wieder in der Mongolei, jedoch im Autonomen Gebiet mit dem Namen Innere Mongolei, der nach Fläche gerechnet drittgrößten administrativen Region in der VR China. Abends speisten wir draußen bei Bier und Spießchen, während der Abendhimmel von Feuerwerk erleuchtet wurde.

Am heutigen 134. Reisetag (12.08.2018) konnten wir endlich wieder eine längere Distanz zurücklegen. Wir verließen die Stadt bei Nieselregen, aber sobald die Dinosaurierskulpturen und die Windräder weniger wurden, klärte der Himmel auf und wir folgten der gut ausgebauten Straße nach Süden. Die Landschaft bot wenig Abwechslung und lediglich eine Basis der Volksbefreiungsarmee und Schilder (stets zweisprachig auf Mongolisch und Chinesisch) am Straßenrand lockerten unsere Fahrt etwas auf. Das Wetter wurde immer besser und mit einer vorzeigbaren Geschwindigkeit erreichten wir das Rechte Sonid Banner.


Strecke 134. Reisetag (12.08.2018):
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Von Klöstern, Krücken, Kamelen und Kadavern

129.-132. Reisetag, von Sainshand über das Kloster Khamar nach Südosten bis Zamyn-Üüd, 78 km/108 km/88 km/27 km. Von Simon Preker.

Am 129. Reisetag (07.08.2018) führte uns eine gut ausgebaute Straße mit Rückenwind nach Süden zum Kloster Khamar, rund 47 Kilometer südlich von Sainshand. Der hier zuvor erwähnte Danzanravjaa hatte dieses 1820 (im Alter von nur 17 Jahren) gegründet. Auf dem Weg sahen wir erneut Krücken an einem Obo liegen. Bei Bedarf dürfen diese wohl mitgenommen werden. Das Wetter war ausgesprochen warm und endlich fühlte sich die Gobi wirklich wie eine Wüste an. Den Abend verbrachten wir in einem Jurten-Lager mehrere Kilometer von zwei festen Straßen entfernt.

Am folgenden 130. Reisetag (08.08.2018) mussten wir uns so mehr als 13 Kilometer auf Feldwegen durch die (dank des kaum versickerten Regens) vergleichsweise grüne Wüste schlängeln. Zurück auf der Straße legten wir relativ mühelos mehr als 90 weitere Kilometer zurück, bevor wir unser Lager nur noch rund 100 Kilometer von der chinesischen Grenze entfernt aufschlugen. Das üppige, mongolische Abendessen ließen wir bei einem kleinen Lagerfeuer unter Sternen ausklingen. Nachts zog schließlich ein beeindruckendes Gewitter an uns vorbei, verschonte uns aber, in dem es mit einigen Kilometern Umweg an uns vorbei zog.

Dementsprechend war am 131. Reisetag (09.08.2018) auch keine Abkühlung zu spüren. Über heiße und trockene Straßen ritten wir auf unseren Fahrrädern über flache Hügel durch die Gobi nach Süden. Die Sonne brannte, Kamele schauten uns neugierig am Straßenrand hinterher und hier und dort verweste ein verendetes Pferd im Straßengraben: so hatten wir uns die Wüste schon eher vorgestellt. Unser Lager schlugen wir nur rund 25 Kilometer vor dem Grenzort Zamyn-Üüd auf. Den letzten Abend in Zelten verbrachten wir bei Kerzenschein und milden abendlichen Temperaturen.

Am heutigen 132. Reisetag (10.08.2018) verabschiedeten wir uns von unserem mongolischen Team und erreichten mittags Zamyn-Üüd und beobachteten das rege Treiben am hiesigen Bahnhof. Der chaotische Grenzverkehr ließ uns die Nähe zum Nachbarn China spüren. Morgen werden wir dann die Grenze passieren.


Strecke 129. Reisetag (07.08.2018):
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Strecke 130. Reisetag (08.08.2018):
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Strecke 131. Reisetag (09.08.2018):
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Strecke 132. Reisetag (10.08.2018):
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„Die Wüste ist versumpft“

Sonderbilderbuch vom Extra-Ruhetag am 128. Reisetag in Sainschand, sonnig-heiß bei 30°C. Von Peter Frenzel.

Sven hatte es mit der in die Überschrift übernommenen Bemerkung kurz zusammengefasst, was wir gestern Abend bei Kilometer 107 feststellen mussten. Die Wüste war vom Regen so aufgeweicht, dass weder der kleine „Küchen“-Bus noch der größere Begleitbus von der Straße ins Gelände zur Suche nach einem geeigneten Platz für unsere Zelte abbiegen konnten. Sie versanken nach wenigen Metern im tiefen durchnässten Boden.

Unsere Reisebegleiter fanden schnell eine Ersatzlösung: Bustransfer zum Hotel, zu dem wir eigentlich erst am nächsten Tag radeln wollten. Wir gewannen damit einen freien Tag in Sainschand hinzu. Spät abends kamen wir noch alle zu unserem „Schmutzbier“ und einem leckeren Abendessen. Ich bestelle übrigens gern das Nudelgericht Tsuivan. Gibt es in allen Imbiss- und Nobelrestaurants in vielen verschiedenen und sogar in speziellen Varianten für unsere Vegetarier.

Sainschand (mongolisch Сайншанд) ist die Hauptstadt des Dorno-Gobi-Aimag, also dieser Provinz. Sie liegt in der östlichen Gobi. Der Bahnhof ist ein Haltepunkt an der Transmongolischen Eisenbahn. Hier leben und arbeiten etwa 25.000 Menschen. Sainshand ist geprägt von Wüstenklima mit langen, sehr trockenen und kalten Wintern sowie kurzen, heißen Sommertagen. Von Regen hab ich nirgendwo was gelesen …

Wir nutzen den gewonnenen Ruhetag zum Ausschlafen, Wäschewaschen. Schlauchflicken etc. pp. und sehen uns in der Stadt um. Das Highlight am Nachmittag: Besuch des Museums über das Leben von Danzanrawdschaa. Dulduityn Rawdschaa (mongolisch Дулдуйтын Равжаа; auch: Danzanrawdschaa / Данзанравжаа) war Schriftsteller und gilt als einer der Nationaldichter der Mongolen. Er starb 1856 im Alter von 53 Jahren.

Wikipedia weiß u.a. dies über ihn: „Rawdschaa wurde als Sohn eines verarmten und bettelnden Viehhüters geboren. Er verlor früh seine Mutter, so dass ihn sein Vater anfangs allein erziehen musste. Mit sechs Jahren gab er den Jungen als Novize in ein Kloster, wo er sich bald durch schnelle Auffassungsgabe und vielseitige Begabungen auszeichnete.

Als Rotmützenlama gehörte er dem älteren, unreformierten Lamaismus an, der in der Mongolei nicht sehr verbreitet war. Weniger lebensfremd als die neuere Schule des Lamaismus, war er nicht an den Zölibat gebunden. Trotz mancher Beschränkungen führte Rawdschaa ein recht weltliches Leben, was ihm nicht nur Freunde im Klerus und den Beinamen „Trinker der Gobi“ einbrachte. Als Halbwüchsiger erhielt er die hohe geistliche Würde als Wiedergeborener und den Titel eines 5. Nojon Chutagt der Gobi.

Neben einer gründlichen theologischen Ausbildung erwarb er sich ausgezeichnete Kenntnisse der indischen und tibetischen Poetik sowie der mongolischen Literatur. Der unstete Rawdschaa, kein weltfremder Geistlicher und Poet, bereiste fast die gesamte Mongolei. Er gründete und besuchte zahlreiche Klöster, um dort zu lehren. “

Die Sonne hatte in den Straßen schon fast alles, was der Regen der letzten Tage angeschwemmt und aufgestaut hatte, wieder trocken gelegt. Hoffentlich auch die Wüste an unseren nächsten Radeltagen, damit wir abends wieder unser Zeltlager aufbauen können.

Sonderbilderbuch auf:

Aus Grün wird Gelb

125.-128. Reisetag, von Ulanbaataar durch die Steppe nach Süden bis Sainshand, 145 km/120 km/107 km. Von Simon Preker.

Am Freitag den 3. August, dem 125. Reisetag, brachen wir von Ulanbaataar auf und legten die ersten 30 Kilometer auf der uns unterdessen sehr vertrauten Betonpiste zurück. Diese ist Teil der horizontalen Hauptachse Ulanbaataars und schlängelt sich nach Westen hin mit reichlich Verkehr über flache Hügel. Kurz nach Nailaikh (der/die aufmerksame Leser/in erinnert sich vielleicht) bogen wir nach Süden ab. Spuren der Besiedelung rissen ab und wir ritten über saftige Hügel gen China. Mittags kehrten wir nicht ein, sondern genossen frisch zubereiteten Bratreis unter freiem Himmel. Nach dem Mittagessen trieb uns der Wind mit atemberaubender Geschwindigkeit die Straße entlang. Kamele und Pferde zierten ab und an die Steppe zu unseren Seiten. Mühelos schossen wir über unser Ziel hinaus und campierten erst nach 145 Kilometer unter freiem Himmel, rund 500 Meter von der Straße und einen Kilometer von einer Teilstrecke der Transsibirischen Eisenbahn entfernt, die in der Mongolei logischerweise als „Transmongolische Eisenbahn“ bezeichnet wird.

Am Samstag, dem 126. Reisetag (04.08.2018), schälten wir uns aus unseren Zelten und schwangen uns nach dem Frühstück direkt in den Sattel. Wir fuhren mit (im Sinne von entlang) der Eisenbahn weiter nach Süden. Die Sonne brannte und wir vesperten im Schatten eines zwischen den zwei Fahrzeugen gespannten Sonnensegels, bevor wir nachmittags an einem ersten verwesenden Pferd vorbeikamen, welches sich olfaktorisch bei der Hitze von Weitem ankündigte. In den folgenden Stunden wie auch am folgenden Tag mehrten sich die Kadaver und die Landschaft verlor nach und nach ihr Grün. Wie ein Blick auf die topografische Landkarte der Mongolei nahelegt, dominierten stattdessen zunehmend Gelb- und Brauntöne. Wir durchfuhren die Stadt Choir, die Hauptstadt der Provinz Govisümber, wo wir uns unweit der Statue, die an den ersten mongolischen Kosmonauten erinnert, mit den Vorzügen eines Supermarktes erfrischten, bevor wir erneut 35 Kilometer mehr zurücklegten und unser Lager aufschlugen. Die Nacht war mild und warm, aber ein flatternder Wind kündigte an, was uns am Folgetag erwarten sollte.

Im starken Wind bauten wir am Morgen des 127. Reisetags (05.08.2018)die Zelte ab und strampelten gegen einen starken Gegenwind an, der sich stets unserer Fahrtrichtung anzupassen schien. Es ging nur schleppend voran und wider Erwarten regnete es. Bis zur Mittagspause hatten wir folglich nur knapp über 40 Kilometer zurückgelegt, bevor wir in einem einfachen Motel in der Nähe einer Zement- und Kiesfabrik das Mittagessen zu uns nahmen. Am frühen Nachmittag radelten wir durch den Ort Airag und rätselten, in welchem Zusammenhang dieser mit dem bereits in diesem Blog beschriebene Getränk mit dem gleichen Namen steht. Als wir uns bereits fast mit der unterdurschnittlichen Tagesleistung abfinden wollten drehte der Wind und blies uns ohne größere Mühen 40 weitere Kilometer nach Süden. Leider konnten wir jedoch in der immer feuchteren Steppe keinen passenden Zeltplatz ausfindig machen und beschlossen stattdessen „vorzuspulen“: Mit dem Begleitfahrzeug steuerten wir direkt die Stadt Sainshand an, die wir eigentlich erst am Folgetag erreichen sollten. Ein Teil der Gruppe radelte noch etwas im Wind weiter nach Süden, bevor wir uns zu einem gemeinschaftlichen Bier im Hotelrestaurant sammelten.

Der heutige 128. Reisetag (06.08.2018) wurde damit für den Großteil der Gruppe zu einem ungeplanten Ruhetag. Lediglich zwei Teilnehmer radelten trotzdem erneut in die Stadt. In Sainshand, einem nicht einmal 30000 Einwohner fassenden Provinzhauptstädtchen, trockneten in der Sonne heute riesige Pfützen von den Regenfällen des Vortags. In der heißen Sonne besichtigten wir das Danzanravjaa-Museum, welches dem mongolischen Nationaldichter gleichen Namens aus dem 19. Jahrhundert gewidmet ist.


Strecke 125. Reisetag (03.08.2018):
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Strecke 126. Reisetag (04.08.2018):
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Strecke 127. Reisetag (05.08.2018):
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