Wild wild West

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Baipa nach Old Tingri, 50 km, flach und windig

Je weiter wir nach Westen fahren, desto wilder wird es. Die tibetischen Männer tragen lange Haare und Cowboyhüte (ich merke, dass ich leider wieder keine Bilder von ihnen geschossen habe) und sehen fast aus wie Indios aus Südamerika. Franz übrigens auch, allerdings ohne die langen Haare, nur seine Gesichtsfarbe hat sich der der Bewohner hier angeglichen. Wir rollen über schnurgerade Straßen, durch kleinste Dörfer, immer im Flusstal, das sich hier und da weitet und Platz lässt für große Herden von Pferden, Schafe oder Yak. Wow. Seit Mittag sind wir endlich wieder auf dem Rad und lassen uns den Wind um die Nase wehen.

Allerdings heißt wilder Westen auch, dass der Strom manchmal ausfällt. So wie kurz nach unserer Ankunft in Old Tingri. Schmutzbier hatten wir schon, gerade sollten Dusche und Blog folgen, was sich erst einmal auf unbestimmte Zeit verschiebt. Von der Baustelle unseres Motels aus können wir aber immerhin den unverbauten Blick auf den Mt. Everest und den Cho Oyu genießen. Doch dann frischt der Wind noch einmal sehr kräftig auf, wir hatten schon beim Radeln Gegenwind, und verdeckt unsere geliebten Achttausender. Was hatten wir für ein Glück, die hohen Berge vorher gut zwei Tage lang unverhüllt zu sehen.

Auf der Fahrt sind wir auch durch tibetische Feuchtgebiete gekommen, auch wenn es manchmal eher den Anschein einer Wüste machte. Pfeiffhasen, Kraniche und „Strandläufer“ waren nur einige der Tiere, die wir zu Gesicht bekamen. Ein Dank an Ramon für die letzten drei Bilder. Annika und Dirk sind noch hoch zum neuen Pavillon geradelt, wir anderen saßen lieber vor dem Haus in der Sonne. Ab dem Nachmittag kühlt es allerdings rasch ab, der Wind ist sowieso kalt, und spätestens nach Sonnenuntergang sind Mütze und dicke Jacken angesagt. Wir hatten Glück, nach dem kurzen Spaziergang in den Ort (Old Tingri ist so etwas wie ein erweiterter Truckstop), kam der Strom wieder und wir konnten im Hellen essen und auch Blog schreiben ist wieder möglich.

Morgen geht es noch weiter gen Westen und wir sind gespannt, was uns auf der teils unbekannten Strecke noch erwartet.

PS. Das erste Bild ist noch ein Abschiedsfotos von unserer netten tibetischen Gastfamilie, die leider um ein Familienmitglied geschrumpft ist, denn der Herbergsvater, den wir schon vor Jahren wegen seines Aussehens auch „Häuptling Gurkennase“ getauft hatten, ist leider vor acht Monaten verstorben. Jetzt ist die Omi für Haus, Feuerstelle und Beaufsichtigung des Kleinkindes zuständig, einer ihrer Söhne und seine Frau beherbergen die Gäste und die älteste Tochter schaut ab und zu nach dem Rechten. Ich kenne sie noch von vor sechs Jahren, und selbst der Sohn, nach eigenen Angaben damals noch in der Grundschule, erkennt mich von einem Foto, das irgendwo in der Schublade eines bunt verzierten Schrankes liegt. Die übrigen Kinder sind aus dem Haus, wahrscheinlich im Internat, weil es hier in Passum ab der Grundschule nicht mehr weiter geht.


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Durch sieben Tunnel mußt du fahr’n oder Wo ist Helmut?

Tag 187 der Weltreise, von Suijiang nach Guixi, etwa 72 km. Von Katharina Wenzel.

Heute starten wir gemütlich zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr. Jedenfalls war das der Plan. Bis es Beat und mir gemeinschaftlich gelungen ist, den Fahrstuhl des Hotels zu schrotten. Tür verkantet, Beat im Fahrstuhl, Räder und Gepäck weiterhin im 4. Stock. Glücklicherweise gelang es Beat nach unten zu fahren und die gegenüberliegende Tür zu benutzen. Puh. Glück gehabt….Leider zu früh gefreut. Der Fahrstuhl kommt wieder nach oben und jetzt steht Helmut drin. Der war nämlich schnurstracks eingestiegen, so dass Beat ihn nicht mehr warnen konnte. Helmut steckte nun wirklich fest, denn mittlerweile werkelten drei Mechaniker ziemlich laienhaft am Lift herum. Und nichts ging mehr. Große Aufregung. Wir bringen derweil Gepäck und Räder via Treppenhaus nach unten. Geht auch. Mittlerweile hat einer der Mechaniker seinen Kollegen angerufen und es gelingt schließlich Helmut zu befreien und wir fahren mit einer zu verkraftenden Verspätung von etwa 10 Minuten los. Es ist der erste regenfreihe Morgen seitdem ich dabei bin. Zur Feier schmücken wir unsere Räder mit chinesischen Flaggen, die die umsichtige Xiao Luo versorgt hat. Lustig wedeln die Fähnchen im Wind.

Die Wolken hängen noch tief in der Schlucht. Doch nach und nach löst sich der Nebel auf und es erwacht eine leise Hoffnung nach Sonnenschein. Doch auch ohne diese genießen wir die Weite der Landschaft, den moosgrünen Fluß, die üppige Vegetation. Irgendwann führt ums der Track auf eine kleine Nebenstraße und dort auf einen stark verschlammten Feldweg. Alle schieben ohne zu murren ihre Räder durch Dreck und Pfützen. Nur Helmut nicht. Der hat den Duft der Freiheit gespürt und ist ausgebüchst. Aber Xiao Luo kriegt alle. Wenige Minuten später schiebt auch Helmut sein Rad nach oben. Dann gehts auf die Brücke und schwups gleich in den nächsten Tunnel. Und dann in den nächsten und in den nächsten und in den nächsten und und und…Unsere Augen haben kaum die Möglichkeit sich wieder an das Sonnenlicht zu gewöhnen schon sind wir wieder im Tunnel.

Irgendwann sind wir draußen und stehen im Stau. 60 Meter weiter sehen wir die Ursache. Autounfall. Wir fahren vorbei und frohlocken ob der uns erwartenden freien Straße. Huch! Schon wieder im Tunnel!

Irgendwann fahren wir tatsächlich ein etwas längeres Stück tunnelfrei und bemerken, dass tatsächlich die Sonne scheint! Wahnsinn. Gleich sieht alles viel bunter aus. Am Straßenrand reihen sich Obststände mit leckeren Bananen und Zitrusfrüchten. Und wenige Kilometer weiter lockt gebratener Reis. Nur nicht Jan und Helmut. Die sind schon durchgerauscht. Aber wie gesagt: Xiao Luo kriegt sie alle. Nach dem Mittagessen geht die fröhliche Tunnelfahrt weiter. Und jetzt sitzen wir hier im Hotel. Vor der Glasfront erheben sich grüne Sandsteinfelsen und auf dem Platz wird getanzt und geschwatzt.


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Qomolangma

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Tagesausflug mit dem Auto zum Everest Basecamp und Übernachtung im Bauerdorf Passum

Wir sitzen im Auto und Franz kommentiert immer wieder verzückt die Serpentinen. 108 sollen es sein. Die Straße zum Pang La (5.198 m) ist 2015 geteert worden und hat das ehemalige Waschbrett ersetzt. Das macht es einfacher, sich dem Mt. Everest zu nähern. Die Aussicht ist auch aus dem Auto aus fantastisch, auch wenn Franz sehr viel lieber geradelt wäre. Am Pass angekommen präsentiert sich uns die Himalaya-Kette komplett wolkenfrei: mit Makalu (8.463 m), Lhotse (816 m), Mt Everest (8.844 m) und Cho Oyu (8.201 m) haben wir gleich vier Achttausender im Blick. Es ist einfach nur zum Genießen. Auf der anderen Seite geht es wieder viele viele Serpentinen herunter, wir fahren durch einige Dörfer und erreichen schließlich, ebenfalls über eine gut geteerte Straße, das Basecamp. Na ja, eher die vorgelagerte Zeltstadt, denn der Weg zum vorgelagerten Basislager der Bergsteiger ist nicht mehr für Touristen offen. Aber wir haben den höchsten Berg der Erde gigantisch vor uns, auf Tibetisch Qomolanga und weiblich, und können uns Zeit lassen, so viel wir wollen.

Im Kloster Rongbuk entdecken wir die Mediationshöhle, in der schon Pathmasambava, der um 700 aus Indien kam und die ersten Klöster in Tibet aufgebaut hat, einige Monate verbracht haben soll. Im höchsten Postamt der Welt lassen wir Postkarten und andere Schriftstücke stempeln, dann stehen wir einfach wieder eine halbe Stunde da und schauen uns den Berg an. Ich finde es ergreifend, kann mich kaum satt sehen und nicht recht begreifen, dass so viele Menschen noch einmal gute 3.000 Meter höher gehen, fallen doch hier schon jegliche Treppenstufen erstaunlich schwer.

Ich schreibe diesen Blog erst am Tag danach, weil wir zum ersten Mal auf der Reise im Bauerndorf Passum kein Wifi haben. Dafür sitzen wir in der guten Stube beim Abendessen, der Yakdungofen heizt uns ordentlich ein. Vom Dach des Hauses aus haben wir wieder einen freien Blick auf den Mt. Everest, und auf den „Almabtrieb“, denn die Kühe, Pferde, Yak und Schafe werden von der Weide ins Dorf geholt. Manche der Tiere kennen ihre Abzweigung, bei manchen muss nachgeholfen werden. Es ist sehr ländlich hier, obwohl eine Vielzahl an Jeeps durch den kleinen Ort brausen. Unsere Herberge füllt sich, drei ältere Chinesen sind mit dem eigenen Auto aus Kanton angereist, spät am Abend kommt ein durchgefrorener Motorradfahrer dazu. Das Abendessen verschiebt sich, weil die tägliche Arbeit, also die Versorgung der Tiere, hier einfach noch vorgeht. Landleben auf tibetisch.

PS. Auf den ersten Bildern habe ich diesmal nicht verpasst, die Fotografierlust einiger chinesischer Toursiten festzuhalten. Mann kann auch schonmal aufs Auto steigen, um ein Bild vor dem Eingangstor zur Passstraße zu schießen. Ja, die Gegensätze zum tibetischen Landleben könnten kaum größer sein.


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Von den grünen Bergen Yunnans begrüßt werden

Tag 186 der Weltreise, knapp 90 km den Yangtze (Entschuldigung: Goldsand Fluß) hinauf nach Suijiang. Von Katharina Wenzel.

Heute starten wir unsere Etappe bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel, nur ein paar vereinzelte Schäfchenwolken schwimmen durch den Sommerhimmel. Quatsch! Es ist 8:30 Uhr und wir stehen am Eingang zum Parkhaus im … Regen.

Im Regen quälen wir uns also durch den Yibiner Frühverkehr. Wir fahren und fahren und warten gespannt auf die Steigungen. Über 1000 Höhenmeter stehen heut auf den Plan. Lange passiert nichts.

Dann steht er plötzlich vor uns, der Berg. Gefühlt bewältigen wir 1000 Höhenmeter in einem Schub. Zwischenzeitlich hat ganz unbemerkt der Regen aufgehört. Gut für Beat, der gutes Wetter für den heutigen Nachmittag voraussagte und dem ich ein Bad im Yangtze versprochen hatte, wenn seine Prognose diesmal nicht zutreffen sollte. Nun gestaltet sich die Fahrt mal wieder zu einem Kostümfest mit schnellem Kleiderwechsel. Regensachen aus, weiter bergauf. Jacke aus. Windstopper an. Bergab, Jacke trüber, bergauf, Jacke aus.Auch die Kopfbedeckungen variieren, so daß Jan schon versucht Parallelen zu ziehen zwischen meiner Fahrweise und meiner „Mütze“.

Was geschah sonst noch? Heute ging es bergauf bergab am Yangtze entlang (pardon! Goldsand Fluß). flaschengrünes Wasser, grüne Berge im Rund. Eine Prachtsau begleitet (motorisiert) eine Weile unsere Gruppe. Ein wunderschöner großer Schmetterling hält Maria für eine Blume und setzt sich auf ihren orangen Helm.

Heute verlassen wir auch Sichuan und nächtigen in der Provinz Yunnan. In den kommenden Tagen eiern wir hier im Grenzgebiet herum. Übermorgen hat uns dann Sichuan wieder. Bis dahin genießen wir die (regenfreie) Zeit in Yunnan.

Das Dach der Tour

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Lhatse nach Baipa (New Tingri), 82 km, 1,285 HM, starker Gegenwind

Den ganzen Tag lang soll uns der Gegenwind begleiten, und das auf der Königsetappe. Auf den ersten 32 km schrauben wir uns auf eine Höhe von 5.248 m hinauf, das Dach der Radtour. Den Abzweig zum Kailash lassen wir zu Beginn links liegen und dann geht es aufwärts. Irgendwann setzt eine Routine ein, es wird fast meditativ, jeder hat seine eigene Art, mit Höhe und Anstieg umzugehen. Je höher wir kommen, desto stärker wird der Gegenwind, und ganz oben fegt er uns fast von der Straße.

Dann haben wir eine gute Stunde Zeit, unsere Passankunft zu genießen, hängen Gebetsfahnen auf und machen Fotos. Aber noch sind wir nicht angekommen, denn die 50 km Abfahrt, immerhin 956 HM, gestalten sich als ganz schön anstrengend, denn wir müssen wegen des starken Windes treten, und kommen trotzdem kaum über die 15 km/h hinaus. Das zehrt an den Kräften, ich wünsche mir mehr als einmal eine heiße Nudelsuppe herbei. Aber wir werden entschädigt. Nach gut 60 km ist er da, der höchste Berg der Welt. Wenn man ihn am Horizont sieht, weiß man sofort, dass er es ist. Ein gigantischer Anblick, der uns auch noch die letzten 20 km gegen den Wind antreten lässt. Am Abend sind wir alle müde, nach dem Abendessen ist nicht viel Socializing drin, und freuen uns auf unser Bett.


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Da ist doch der Regenwurm drin!

Ruhetag in Yibin, es regnet. Von Katharina Wenzel.

Ich wache auf. Stockdunkel ist es im Zimmer, nur durch einen kleinen Spalt in den dicken Vorhängen fällt ein dunstiger Schimmer von Licht. Ich schließe die Augen und versuche das Geräusch auszublenden, das Geräusch von Regen, der auf bereits regennassen Asphalt platscht.

Unsere Gruppe hat merklichen Zuwachs bekommen. Ingemarie, Hermann und Helmut sind gestern aus Deutschland angereist und werden uns gemeinsam mit Isabelle bis Kunming begleiten.

Der kurze Weg zum Flughafen (um die Neuankömmlinge abzuholen), immerhin nur 5 km, war allerdings alles andere als einfach zu finden. Zuerst wurde unser Fahrer Xiao Lei von seiner Navigations-App, die kunstvoll auf dem Knie balanciert aus seinem Smartphone zu ihm sprach fehlgeleitet und wir landen in einer engen Unterführung, eingekeilt zwischen hupenden Fahrzeugen um schließlich in einer verschlammten Sackgasse neben dem Bahndamm zu stranden.

Irgendwie schafft es Xiao Lei uns aus dem Gassenwirrwarr heraus zu manövrieren und fährt dann wie der Teufel. Jetzt weiß ich, warum er mich gebeten hat mich anzuschnallen. Wir sind sogar 10 Minuten früher da als gedacht. Das Flugzeug allerdings auch und wir müssen nicht lange warten am Flughafen, der den Namen nicht ganz verdient, ähnelt er doch eher einer überdimensionierten Garage. Dafür übersichtlich: Ein Eingang, ein Ausgang, das war’s.

Neue Teilnehmer – neue Räder. Und alte, die es nur mit Ach und Krach, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes Krach, nach Yibin geschafft haben. Reinholds Radlager ist mittlerweile so zerstört, das es klingt, als hätte man ihm eine Menge Konservendosen ans Rad gebunden.

Das bedeutet heut steht einiges an. Feuerprobe für Isabelle, die die Gruppe für eine Stadtführung übernimmt, während ich mich um die Räder kümmere. Und Yibin hat einiges zu bieten an chinesischem Alltagsleben: windschiefe Altstadthäuschen und Ahnentempel, die zu Teehaus und Spielhalle umgewidmet wurden, stehen in krassem Kontrast zu futuristischen Yangtze-Brücken und hypermodernen Hochhäusern. In einem Stand baumeln friedlich frischgeschlachtete Gänse während ihre Leidensgenossen aufgebracht in Käfigen darunter schnattern. Kleine Garküchen reihen sich getrieblich aneinander. Der Duft von Sichuanpfeffer, Chili und frittiertem Tofu hängt tief in den Gassen.

Hans kann nach der Stadtbesichtigung übrigens fast ins Metzgergewerbe wechseln. Zuerst wurde ihm quasi am lebenden Objekt vorgeführt, wie man Gänsen den Hals umdreht und dann wie man Frösche köpft.

Am Nachmittag steht allgemeines Begutachten und Pflegen der Räder an. Alles findet in der hoteleigenen Tiefgarage statt, einem staubigem Bunker mit Schlaglicht an verschiedenen Stellen. Könnte auch eine Szene aus dem Film „Underground“ sein. Zwischen dem ganzen Werkeln und Schrauben der nächste Schreck: Hartmut hat vor Freude über das frischgedruckte Geld seine Bankkarte im Automaten stecken gelassen. Xiao Lei und Isabelle kümmern sich darum und Hartmut erlebt sein ganz persönliches chinesisches Abenteuer.

Gegen 7 treffen wir uns wie gewohnt zum Abendessen.

Yibin

Bilderbuch am 185. Radweltreisetag in Yibin, wie gewohnt an einem sommerlichen Regentag. Von Peter Frenzel.

Yibin (chinesisch 宜宾市) ist eine bezirksfreie Stadt im Südosten der südwestchinesischen Provinz Sichuan. Das gesamte Verwaltungsgebiet von Yibin umfaßt ungefähr ein Quadrat von 150 x 150 km und in ihm wohnen ca. 4,5 Millionen Menschen. Im eigentlichen städtischen Siedlungsgebiet von Yibin leben ca. 550.000 Menschen.
Der Chang Jiang (Yangtze) hat von Yibin bis zum Meer noch ungefähr 2900 km vor sich.
Im „Worldatlas“ sieht man gut, wo wir gerade sind (World Atlas)

Das Gebiet des heutigen Yibin lässt sich schon vor mehr als 2000 Jahren als ein Kreis namens Bódào (僰道县) nachweisen. Es ist nicht ganz eindeutig, ob der Kreis schon während der Qin- oder erst während der Westlichen Han-Dynastie gegründet wurde, aber gesichert ist, dass er im Jahre Jianyuan 6 des Kaisers Han Wudi, also 135 v. Chr., zur Präfektur Qiánwéi (犍为郡) gehörte. Im Jahre Datong 10 des Kaisers Liang Wudi, also 544 n. Chr. wurde auf dem Gebiet des heutigen Yibin der Verwaltungsbezirk Róngzhōu (戎州) gegründet. Zur Zeit der Nördlichen Zhou kam dann noch der Kreis Wàijiāng (外江县) hinzu, der während der Sui-Dynastie seinen alten Namen, Bódào, zurückerhielt. Im Jahre Zhenghe 4 der Nördlichen Song, also 1114, wurde Róngzhōu in Xùzhōu (叙州) und der ihm unterstehende Kreis Bódào in Yíbīn (宜宾县) umbenannt. Bis zum Ende der Qing-Dynastie hieß das Gebiet der heutigen Stadt Yibin, mit Ausnahme der Kreise Jiang’an und Pingshan, Xùzhōu.

Am 5. Oktober 1996 beschloss der Staatsrat der VR China, den Regierungsbezirk Yibin und die kreisfreie Stadt Yibin aufzulösen, auf dem Verwaltungsgebiet des ehemaligen Regierungsbezirks die neue, bezirksfreie Stadt Yibin zu errichten.

Yibin ist stolz auf seine Universität und die präsentiert sich sehr selbstbewußt der ganzen Welt, natürlich auch in english:
Yibin Englisch

Sehenswertes im Stadtgebiet [trip advisor]:
Auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China stehen u.a. alte Gebäude auf dem Zhenwu Shan (ein Daoistischer Tempel aus der Ming-Dynastie u. a.) sowie die Huangsan- und die Shichengshan-Felsgräber aus der Song- bis Ming-Zeit

Unser Stadtbummel durch die engen Straßen in der Umgebung des Hotels vermittelt einen Eindruck in den Alltag. Eine Straße mit Verkaufsständen mit Geflügel, kleinen Aalen und Fröschen wie hier, war uns bisher in China noch nicht begegnet.
Nun ja, der Name der Stadt weist darauf hin, daß wir uns dem Siedlungsgebiet der Yi nähern [https://de.wikipedia.org/wiki/Yi_(Volk)]. Da gibt es halt die eine oder andere Leckerei, die wir nicht gewohnt sind.

Das Yibin Museum ist nur 5 Minuten vom Hotel entfernt und kostet keinen Eintritt. Bestimmt viel wissenswertes und interessantes aus Geschichte und Gegenwart wird da präsentiert, aber leider alles wichtige nur chinesisch.
Die Fotos und Illustrationen sind trotzdem sehr informativ, z.B. über die Felsgräber, die wir nicht direkt besichtigen können.

Für alle, die auch nach 22 Uhr unseren Reiseblog lesen dürfen, unser heutiges Special: Von diesen „Visitenkarten“ bekamen wir gestern Abend eine bemerkenswert vielfältige Auswahl unter die Hotelzimmertür geschoben:

Angeblich hat keine(r) da zurückgerufen … ?
Für die Damen der Gruppe war leider eh nix attraktiv alternatives dabei. Macholaden verflixter! Räusper.

Mir fielen dazu diese Zeilen von Robert Gernhardt wieder ein:

Faires Angebot

Komm, Lust, und leg dich, schlafe ein,
Du wirst schon wieder wach.
Bleib eine Zeitlang flach,
Dann wirst du wieder tiefer sein.

Komm, Lust, und lass dich, hetz dich nicht,
Du wirst schon wieder mehr.
Bis dahin: schlaf! Nur wer
Sich nicht berührt, verletzt sich nicht.

Bleib dunkel, träume was du magst,
Schlag Salti, fliege, trau dich raus,
Verschweig, was du vermengst.

Wir warten, bis du wieder tagst,
Und uns – versprochen, altes Haus? –
Die alten Nächte schenkst.

Bilderbuch auf:

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Ein Selfie im Kornfeld – Beginn der Golden Week

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Rasa nach Lhatse, 69 km, 510 HM

Morgens bietet sich ein mir ein tolles Bild. Ich trete aus dem Siebenbettzimmer, hinter den Bergen deutet sich der Sonnenaufgang an, noch sind die Sterne zu sehen. Nach und nach kommen wir alle aus unsern Schlafsäcken gekrochen, Waschen und Zähne putzen wird draußen am Wasserhahn erledigt. Nach dem Frühstück machen wir noch ein Bild mit dem Herbergsvater und begnadetem Koch und radeln los.

Einige Zeit haben wir die Straße fast für uns allein. Dann setzt er ein, der berüchtigte Feiertagsverkehr. Heute beginnt die Goldene Woche anlässlich der Gründung der Volksrepublik vor 69 Jahren, und damit haben sämtliche Chinesen eine gute Woche frei zum Reisen. 18 km nach Abfahrt erreichen wir den 5.000 Meilenstein auf dem Highway 318, der die Entfernung von Shanghai angibt. Mit uns etliche Busse und Jeeps, die ebenfalls an dieser Stelle ein Bild machen wollen. Wir sprengen die Szene, indem wir uns mit den Rädern vor die Tafel stellen. Leider habe ich von den Massen vor uns, die mit Handys, Kameras und teils mit Teleobjektiven auf uns zielen, kein Bild gemacht. Am eigentlichen und sehr unscheinbaren Randstein sind wir dann aber allein.

Die 500 Höhenmeter zum Lagpa La vergehen schnell, Ramon hat vorher mit Landjäger und zwischen durch mit Müsliriegeln gedopt, aber da sind wir nicht so streng. Oben angekommen treffen wir auf einen chinesischen Radfahrer, der schon seit Mitte Juni von Sichuan aus unterwegs ist und in seinem 40-50 kg Gepäck unter anderen eine Sauerstoffflasche mit sich schleppt. Annika und Dirk bauen noch Steinmännchen, wir stehen zwischen Gebetsfahnen und genießen den Ausblick, dann überlassen wir das Feld den Massen. Nach einer rasanten Abfahrt hat sich die karge Landschaft wieder in eine Kornkammer verwandelt. Davon sind vor allem die jüngeren Chinesen so begeistert, dass nur noch Selfies im Kornfeld angesagt sind. Auch davon habe ich leider keine Bilder gemacht, aber man kann sich gut eine Horde Jugendlicher vorstellen, die auf Strohballen posieren, daneben die perplexen tibetischen Feldarbeiter.

Trotzt Mittagspause kommen wir um drei Uhr in Lhatse an. Die Stadt hat schon bessere Tage gesehen, oder die Hälfte der heruntergekommenen Läden ist wegen des Feiertags geschlossen. Das hindert nicht daran, an der nächsten Ecke neue Häuser zu bauen, vielleicht klappt es ja dort besser. Am Stadteingang haben die meisten von uns eine riesige Werbung für das Ibis Hotel Lhatse gesehen. Mir war das Schild entgangen und ich dachte sofort an eine Fälschung. Beim Stadtspaziergang finden wir tatsächlich ein Hotel der besagten Kette, das Dirk auch im Internet gefunden hat. Ich bin etwas irritiert. Auf Nachfrage bekomme ich aber die Antwort, dass das etwa ein Jahr alte Hotel zwar tatsächlich zur Ibis Kette gehört, aber keine Lizenz für Ausländer hat. Jetzt ist mein Weltbild wieder gerade gerückt. Unser Farmer Hotel hat einen hübschen Innenhof, ich habe es aber auch schon voller erlebt. Wir sind die einzigen Gäste, was uns nicht daran hindert, ein paar Stunden in der Sonne zu sitzen. Morgen steht unsere Königsetappe an, wir werden wieder die 5.000 m knacken. Das vor Augen, gehen alle früh schlafen. Wir sind gespannt, wie es klappt.


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Konfuziustempel, Goldene Woche, Dauerregen und Tourjubiläum

184. Radweltreisetag: 78 km von Fushun nach Ybin im Dauerregen mit vernachlässigbaren Regenpausen. Von Peter Frenzel.

Am 1. Oktober 1949 wurde die Volksrepublik China ausgerufen. Somit beginnt heute die dritte der Goldenen (d.h. arbeitsfreien) Wochen des Jahres in China. Zu sehen oder zu merken ist davon am Morgen eigentlich nichts.
Wir gönnen uns einen späten Start, denn wir haben mal nicht ganz so viele Kilometer vor uns. Pünktlich 10 Uhr wird aus dem bisherigen Niesel- der inzwischen alltägliche feine Dauerregen. Ich fürchte, wir gewöhnen uns langsam daran.

Maria und Hartmut nutzen heute die Sitze im Begleitfahrzeug und schauen sich stellvertretend für alle den im Reiseprogramm erwähnten „grandiosen Konfuzius-Tempel“ an. Wir hatten gestern leider keine Zeit mehr dafür und wollten am Ende des Radeltages einfach nur noch ins Trockene.

„Der Konfuzius Tempel, ein nationales Schwerpunktdenkmal, befindet sich im Stadtzentrum von Fushun und zählt zu den am besten aufbewahrten großen Konfuzius Tempeln.
Der Tempel wurde ursprünglich in dem vierten Qingli Regierungsjahr der Nördlichen Song Dynastie (1044) gebaut. Man restaurierte ihn 1840. Nun besitzt der Tempel eine Fläche von mehr als 6,000 qm. Auf der Vorderseite des Tempels ist eine rote Wand. Innen ist ein Teich, über den drei Brücken sind. Hinter dem Teich ist das Stein Träger, der Lingxing Tor heißt. Oben der Stufen ist MinglunTang namend Cha Tor. Auf beider Seiten sind die Zimmer für Kleidung und Opfergabe. Hinter dem Cha Tor ist ein Platz. Danach sieht man den Altar von Mond und Sonne. In der Mitte ist das Relief von neun Drachen. Beider Seiten gibt es Steinstufen, die zum Altar führen. Hinter dem Altar sind die Hauptgebäude von dem Tempel: die Hacheng Halle, der Pangong Palast, die Chongsheng Halle usw.
Der ganze Tempel ist im Dougong Baustil der Ming und Qing Zeiten: fliegende Dächer, schöne Bilder, fliegende Drachen, in goldener Farbe, glänzend unter der Sonne. Prächtig und altertümlich …“
[Sichuan Reisen]

Danke Hartmut für die Fotos und Deine Notizen dazu:
Der Konfuzianistische Tempel zeigt keine Elemente des Buddhismus oder des Taoismus, sondern er beschränkt sich auf die Darstellung von Konfuzius selbst und an den Seiten die Gelehrten, die nach seinem Tod seine Lehre verbreitet haben und die wesentlich zur Einigung und Staatsgründung von China beitrug.

Nach dem Konfuzianismus soll der Mensch nach moralisch-ethischer Vervollkommnung streben und sich an folgend Konstanten orientieren:
* Menschlichkeit und Nächstenliebe
* Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit
* Ritueller Anstand und Sittlichkeit
* Weisheit
* Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit
* Loyalität (Untertanentreue gegenüber dem Staat und in der Familie dem Mann)
* Kindliche Pietät (Folgsamkeit und Respekt gegenüber Eltern und Ahnen)

Wir anderen brauchen etliche Kilometer, um Fushun hinter uns zu lassen und auch danach führt die Straße ohne große Unterbrechungen fast ständig durch kleinere und größere Orte. Sattes Grün bestimmt das Bild am Straßenrand, glänzend aufpoliert durch den nun schon tagelangen Regen. Gärten, große und kleinere Felder (viel Reis!) wechseln sich ab.

In einigen Orten sitzen große Gruppen Menschen beim Essen zusammen. Da waren eine Hochzeit, eine Trauerfeier aber auch andere große Runden dabei. Ob die was mit dem Jahrestag der Gründung der Volksrepublik zu tun hatten?

Nach dem Mittagsstopp in einer Regenpause – natürlich mit einer leckeren Reis-„Tafel“ – hofften wir schon, recht früh und nicht total durchnäßt unter der warmen Dusche anzukommen, aber der Regen schaltete 3 Gänge hoch und der Weg hügelte sich auf einer kleinen nicht immer schnell befahrbaren Nebenstraße 20 km durch eine malerische Landschaft mit vielen kleinen Orten, die im Nachmittagssonnenschein bestimmt noch reizvoller ausgesehen hätte. So kamen dann letztlich doch +490m / -441m Höhenmeterchen zusammen.
Tja, „Der Weg ist das Ziel“, soll Konfuzius mal gesagt oder sogar notiert haben.

Ybin empfängt uns wie versprochen sehr quirlig und massenbewegt. In den Straßen um das „Ybin Grand Hotel“ (hm, groß ist es wirklich …) sind auch am Abend noch ganz viele Leute unterwegs. Die Shopping Mall glitzert auch echt verführerisch.

Ach ja, das Tourjubiläum. Die Radweltreise ist seit dem 1. April heute genau ein halbes Jahr unterwegs! Tusch!!
Darauf wollte ich hier bei meinem Reisekilometer 14.616 wenigstens hingewiesen haben.

Hallo und herzlich willkommen unseren neuen Mitradler/innen, die ab morgen und dann per Fahrrad ab übermorgen mit uns auf Tour sein werden.

Wir freuen uns aber erst mal auf den Ruhetag morgen. ?

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Kein Klo, aber WLan

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Shigatse nach Rasa, 82 km, 520 HM

Heute abend sitzen wir in einem tibetischen Straßendorf, draußen gibt es Esel, Hunde, Schafherden und ab und zu donnert ein Lastwagen an unserer Herberge vorbei. Drinnen sieht es aus wie in jeder Kneipe auf dem Lande, bunte Möbel, ein paar Sofas mit Teppichen, irgendwo ein Schrein und ein großer Flatscreen. Nach dem Abendessen hat es uns eine chinesische Soap angetan, die unser Herbergsvater angestellt hat. Wir müssen noch ein wenig aushalten, bevor wir in unserem Siebenbettzimmer verschwinden.

Der Tag hat eine tolle Landschaft für uns bereit gehalten. Zuerst durfte Ramon mit den Mädels von der Tankstelle posieren, und nach dem Mittagessen nach 60 km (es gab Yak-Momo und Nudeln, wie üblich) ließ auch der Verkehr nach. Nicht aber der Gegenwind, der die Fahrt durch die Weite noch etwas anstrengender machte. Yak-Herden, Weite und wieder Yak-Herden. Nur die Jeeps, die mit ziemlichem Tempo durch die Gegend brausen, stören etwas, besonders Franz hat eine regelrechte Allergie gegen die weißen Karossen entwickelt.

Unsere Herberge hat im hinteren Trakt eine Art Tempel, im Obergeschoss lässt es sich gemütlich sitzen, auch vor dem Haus ist es spannend. Es gibt leckeres Essen, draußen fließendes Wasser, ja sogar WLan. Nur… keine Toilette, noch nicht einmal ein Plumpsklo im Hof. Soweit ist die Familie noch nicht, denn sie selbst übernachten ein paar hundert Meter weiter, und dort gibt es wohl ein Klo. So ist es eben auf dem Lande, und bis es Zeit wird zu Bett zu gehen, schauen wir eben noch chinesische Seifenopern und nutzen das Internet.


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