Der Kaiser der Kanäle

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Fahrt nach Yaowan von etwa 21 km am berühmten Kaiserkanal entlang.

Der Kaiserkanal. 1800 km lang, 30 bis 40 Meter breit und zwischen 3 und 9 Metern tief. Er ist die längste von Menschenhand gegrabene Wasserstraße der Welt. Er ist nicht mehr durchgängig schiffbar aber in verschiedenen Regionen wie hier in der Provinz Jiangsu wird er noch ausgiebig als Wasserstraße genutzt. Es ist ein erstaunlich hohes Verkehrsaufkommen auf dem Kanal, zum Teil schieben sich Schubverbände mit 10 bis 20 Schiffen. Ursprünglich war der Kanal von einem Kaiser der Sui-Dynastie 584 n. Chr. in Auftrag gegeben worden um die Steuereinnahmen und Versorgungsgüter wie Reis oder auch Seide von Südchina in den Norden zur Hauptstadt zu transportieren. Heute sind es nicht mehr die Steuern aber der Lastenverkehr ist immer noch enorm.
Von Pizhou aus brauchten wir mit einigen Pausen nur anderthalb Stunden nach Yaowan. Da wir morgen die Besichtigung des historischen Ortes vorhaben, radelten wir heute um die Altstadt herum am Kanal entlang und wieder zurück zum Hotel. Zwischendurch machten wir noch einen Einkaufsbummel in einem großen Supermarkt, denn chinesische Supermärkte sind absolut einen Besuch wert. Insbesondere die Süßigkeitenabteilung hatte es uns angetan.

Etwa 100 Meter von unserem Hotel entfernt befindet sich ein kleiner aber feiner Nachtmarkt. Der sollte es heute sein. Man isst in uriger Atmosphäre im Freien und um einen herum wuselt es und lärmt es. Nach dem Essen machten wir noch einen kurzen Spaziergang durch die Altstadt bei Nacht und kehrten anschließend ins Hotel zurück.


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Invasion vom Mars

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Zugfahrt nach Pizhou und nachmittägliche Rundfahrt mit dem Rad durch die Stadt.

Unser Tag startete wieder einmal früh. Um 06:40 Uhr trafen wir uns zum Frühstücken. Wir gingen, wie den Tag zuvor, in den kleinen Baozi-Laden der auch Huntun-Suppe macht, bei uns besser bekannt als Wantan-Suppe. Um kurz vor 08:00 Uhr fuhren wir mit dem Begleitfahrzeug vom Hotel ab und waren knapp 40 Minuten später am Bahnhof von Yanzhou. Die Fahrt mit einem alten Bummelzug dauerte knapp dreieinhalb Stunden bis Pizhou.

Pizhou ist eine moderne Kleinstadt von 1,6 Millionen Einwohnern. Wir machten uns mit den Rädern auf den Weg und suchten eine Altstadt oder wenigstens Überreste davon. Fehlanzeige. Auf unserer Suche begegneten uns mehrere Bäckereien. Doch Kaffee trinken konnte man in keiner davon. Schließlich fanden wir ein ziemlich nobles Café in dem die Bedienungen in Reih und Glied die Gäste begrüßten. Die Disziplin der Bedienungen wurde allerdings dadurch unterwandert, dass sie anscheinend noch nie Ausländer bedient hatten und aufgeregt tuschelten und gickelten. Der Kaffee war aber wirklich gut wenn auch ganz schön teuer.

In der Nähe des Kaffees befand sich ein großer Platz wo diverse Hobbyensembles musizierten. Sehr trollig mit welcher Inbrunst dort völlig schräg und verstimmt in einer enormen Lautstärke gespielt wurde. Nach dem Motto nicht schön aber laut wurden die Verstärker voll aufgerissen damit es die ganze Stadt hört. Überall wo wir stehen blieben um den Musikern oder Zockern bei ihrer Freizeitbeschäftigung zuzuschauen, wurden wir umgehend von den anwesenden Einheimischen umringt und mit Fragen torpediert sobald sie herausbekamen, dass wir auch chinesisch verstehen. Das kenne ich noch aus meiner Studienzeit hier, Anfang der Neunziger, dass man angestarrt wird, als käme man vom Mars. In Pizhou scheinen nicht oft Ausländer vorbeizukommen. Immer wieder hörte man im Vorbeigehen „Guck mal Ausländer!“

Unser Abendessen war sehr stilvoll und auch lecker aber höllisch scharf. In Zukunft muss ich wohl besser gar nicht scharf bestellen um solche Schärfeexzesse zu vermeiden. Drei von uns sind noch ein wenig um die Häuser gezogen und haben einen Absacker im ältesten Club von Pizhou getrunken. Stilvoll neigte sich der Tag dem Ende.

Konfuzius sagt …

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Auf den Spuren von Konfuzius auf Schuster’s Rappen und auf dem Rad bei sonnigem Wetter.

Dieser Tag gehörte Konfuzius (551-479 v. Chr.). Keine andere Philosophie hat China in den letzten zwei Jahrtausenden mehr geprägt als die Lehre des Konfuzius. Sie war die orthodoxe Staatsphilosophie und Soziallehre. Zu Lebzeiten war ihm der Ruhm leider nicht vergönnt, denn in der politisch chaotischen Zeit in der Konfuzius lebte, in der alle Fürsten Chinas um die Vorherrschaft stritten, wollte niemand seiner Lehre Gehör schenken. Harmonie, Gerechtigkeit und Pflichtbewußtsein gegen über dem Volk war seinerzeit ziemlich out. Erst als sich die politische Situation wieder stabilisiert hatte und gefestigte Dynastien am Werk waren, erkannte man den Wert der konfuzianischen Lehre mit der sich die sozialen Verhältnisse prima einzementieren ließen. Also profitierten von der konfuzianischen Philosophie eigentlich erst Konfuzius‘ Schüler und Schülers Schüler.

Dennoch ging es Konfuzius und seiner Familie nicht wirklich schlecht. Konfuzius war Beamter im Staate Lu und ging nach einigen Jahren für lange Zeit auf Wanderschaft. Über die Gründe, warum er auf Wanderschaft ging, gibt es widersprüchliche Angaben in den Geschichtsbüchern. Sicher zu sein scheint, dass er in wenigstens fünf verschiedenen Fürstentümern als Gelehrter und politischer Berater tätig war. Möglicherweise wurde er von den kriegstreiberischen Fürsten immer wieder vor die Tür gesetzt, weil seine Predigten von Harmonie, Menschlichkeit und Gerechtigkeit nicht besonders gut ankamen.

An dem Ort wo einst Konfuzius Geburtshaus stand, befindet sich heute eine Tempelanlage von 22 ha Größe ihm zu Ehren. Es war recht auffällig wie viele Lehrer den Tempel besuchten, denn Konfuzius war ja selbst Lehrer und legte enorm viel Wert auf das Lernen. Nur durch lernen konnte man seiner Meinung nach ein Edler werden. Konfuzius ist somit quasi sowas wie der Urahn oder Schutzheilige der Lehrer. Kein Wunder, dass Lehrer kostenlosen Eintritt haben.

Gleich neben dem Tempel liegt die Familienresidenz der Familie Kong. Diese schlichte 463 Zimmer-Hütte ähnelt ziemlich einem kaiserlichen Palast. Von Bescheidenheit keine Spur. Konfuzius wurde posthum ja schließlich auch wie ein Kaiser verehrt. Und das sogar von den Kaisern. Selbst die dem Kaiser vorbehaltenen goldenen Dächer dufte er haben. So kann man es aushalten. Nur schade, dass Konfuzius den Rummel um seine Person nicht mehr mitgekriegt hat. Zweieinhalbtausend Jahre lang. Ob man in zweitausend Jahren noch Angela Merkel kennt oder Michael Jackson hört?

Die Grabanlage ist ein riesiger 2 km² großer wilder Garten. Man nennt ihn deshalb auch „Konfuzius Wald“. Hier wachsen unter anderem über 20.000 tausendjährige Bäume. Neben den Gräbern von Konfuzius und seiner Familie befinden sich hier hunderte von weiteren Gräbern in denen entweder Schüler oder Verwandte von Ihm liegen. Sogar frisch ausgehobene Gräber haben wir gesehen. Man sagt, dass etwa jeder vierte Einwohner von Qufu mit Konfuzius verwandt sei. Die Familie Kong kann wohl die längste Genealogie der Welt aufweisen. Es gibt heute noch Menschen, die in direkter Linie auf Konfuzius zurück gehen.

Ich muss sagen, für mich als Sinologen war es schon ein ehrerbietendes Gefühl am Grab des Konfuzius zu stehen. Eine tolle Sache, hier einmal gewesen zu sein.

Of Mais and Men

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Fahrt nach Qufu, nur 36 km bei bewölktem Himmel, nachmittags Stadtspaziergang.

Nach den 77 km von gestern erwarteten uns heute nur lockere 36 km. Die saßen wir auf einer Pobacke ab. Deshalb fuhren wir heute erst um 10:oo Uhr ab, so dass wir pünktlich zum Mittagessen in Qufu sein würden.

Unterwegs auf den Nebenstraßen durch kleine und größere Dörfer vorbei an Felder, begleiteten uns stetig die Bauern, die ihre Maisernte einbrachten und auf den Straßen zum Trocknen auslegten. Wenn gerade Pause war oder eben mal nichts zu tun war, sah man sie zocken. Die Chinesen sind leidenschaftliche Zocker. Um Geld zu spielen ist zwar verboten, aber wen schert es.

In einem Dorf kurz vor Qufu, unserem heutigen Endziel, trafen wir auf Hochzeitsvorbereitungen. Schließlich in Qufu angekommen, machten wir nach dem Einchecken einen kleinen Bummel durch die Stadt. Das Angebot Chinesischer Läden ist immer wieder faszinierend.

An diesem Nachmittag traf auch Anke in Qufu ein und somit war unsere Gruppe nun komplett. Zur Feier der Vollständigkeit, gingen wir in einem Café Kuchen essen und Kaffee trinken. Das Café war uns schon am frühen Nachmittag aufgefallen wegen seiner sehr extravaganten, sehr bunten Torten. Der Wunsch nach Kaffee und Kuchen scheint ein Ausdruck von Heimweh zu sein. Wird ja auch langsam Zeit nach 8 Tagen.

Nach unserer Heimweh-Bekämpfungs-Operation spazierten wir weiter durch die Stadt um den Kuchen vor dem Abendessen wieder abzutrainieren. Schließlich landeten wir in einem kleinen Restaurant in einer kleinen Fressgasse bei der Fußgängerzone von Qufu. Alles was hier gekocht wird hat etwas mit Konfuzius zu tun, denn dies ist hier sein Heimatort. Ich hoffe nur, er hatte die Zutaten nicht auch selbst noch angebaut. Aber eigentlich schmeckte alles recht frisch. Nach dem wir nun schon alle seine Lieblingsspeisen kennen, werden wir uns morgen dann Konfuzius selbst zuwenden.


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Auf den Spuren von Volker

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Fahrt nach Ningyang, 77 km bei bedecktem Himmel und zum Schluss etwas Nieselregen

Shandong ist ein Paradies für Jiaozi Fans. Das sind die chinesischen Maultaschen. In jedem Restaurant und in jedem Imbiss gibt es Jiaozi. Auch Jianbing, eine Art Crêpe mit einem Ei drauf und scharfer Soße und knusprigen Waffeln drin gibt es hier noch sehr oft. In anderen Regionen Chinas bekommt man diese Fladen immer seltener. Hier in der Provinz Shandong ist für ein gutes Frühstück also bestens gesorgt.

Unsere heutige Etappe führte uns von Tai’an aus durch Kleinstädte und Dörfer und vorbei an Feldern. Zu Mittag aßen wir in einer kleinen Stadt in einem kleinen Restaurant. Also wir eintraten präsentiert uns die Chefin strahlend ein Din A3 großes Foto an der Wand mit einem Gruppenfoto von Ihr und Ihrem Mann zusammen mit Volkers letztjähriger Kaiser, Kanäle, Konfuzius Tour. Natürlich müssen wir nach dem Essen auch ein Gruppenfoto mit den beiden machen. Nächstes Jahr hängen wir dann an der Stelle von Volker dort und lächeln auf die nächste Gruppe herab.

Ein paar Kilometer vor Ningyang fing es an zu nieseln. Das war zwar nicht schön, aber der Regen hielt sich in Grenzen und beeinträchtigte unsere Weiterfahrt nicht. Aber zu einem Stadtspaziergang im Nieselregen hatten wir dann auch wieder keine Lust. Wir trafen uns dann zum Abendessen und gingen aufgrund des Wetters ins Restaurant gleich neben dem Hotel. Und was präsentiert uns der junge Kellner dort? Ein Gruppenfoto von Volkers Gruppe. Wir wandeln also auf den Spuren von Volkers Trupp von vor einem Jahr. Es kommen anscheinend sonst nie Ausländer hier durch, denn die Leute zeigen uns die Fotos immer sehr stolz und sind erpicht darauf mit uns auch ein Foto zu machen.

Morgen ist der große Parteitag in Beijing. Sogar hier ist das zu spüren. Die Behörden hier sind ziemlich nervös. Drei mal haben die Hotelangestellten unsere Pässe kopiert. Und zwar nicht nur die Lichtbildseite und das Visum, sondern alle Seiten unserer Pässe. Mehrmals wurde ich aus meinem Zimmer geholt, weil sie irgend eine Angabe im Pass oder einen Einreisestempel nicht richtig lesen konnten. In Beijing hätte ich so einen Aufriss ja noch verstanden aber hier im kleinen Ningyang? Ich hoffe, dass sie es nun geschafft haben alle Angaben zusammenzutragen. Ich hätte nämlich schon noch Lust ein wenig zu schlafen.


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Where comes the sun

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Abstieg vom Taishan bei anfangs sehr kalten Temperaturen, weiter unten wurde es dann wieder wärmer.

05:12 Uhr war die Nacht zu Ende. Zumindest der Schlaf, denn dunkel war es noch. Wir wurden vom Hotelpersonal geweckt um den einmaligen Sonnenaufgang auf dem Taishan zu erleben. Am Hoteleingang konnte man die grünen wattierten chinesischen Militärmäntel ausleihen, denn die wenigsten rechnen mit so einer Kälte. Auch drei von uns liehen sich die Mäntel gegen den eisig kalten Wind. Nun wurden wir viele Treppenstufen hinauf auf den Gipfel gelotst weil dort der Sonnenaufgang am besten zu sehen sei.

Mittlerweile war es schon 06:45 Uhr und die Sonne hätte laut Wetterstation schon seit einer halben Stunde aufgegangen sein sollen. Es war schon Tag hell, aber eine Sonne war nicht zu sehen. Sie war wohl da, aber versteckte sich hinter einer dichten Wand aus Wolken. Ein Heer von Fotografen stand Schussbereit in Position aber die Sonne ließ sich entschuldigen. Na, wird wohl doch nix mit der Unsterblichkeit. Also zogen wir wieder ab und gingen frühstücken. Das Frühstück bestand aus Ölstangen, Hirsesuppe, Eiern und Esspapier. Da kamen Kindheitserinnerungen auf. Esspapier hatte ich in meiner Kindheit das letzte Mal gegessen. Das machte sogar den verkorksten Sonnenaufgang vergessen.

Der Abstieg war anstrengender als man denkt. Das stundenlange Treppen abwärts gehen geht ganz schön auf die Knie und auf die Waden. Die Beine waren so schwer, dass wir am Nachmittag nicht mehr so arg viel Lust auf Spazierengehen hatten. Am frühen Abend gingen wir nochmals Richtung Tempel, wo Mäuerchen gebaut wurden. Das ist ein Terminus fürs Majiang spielen. Anschließend gingen wir Abend essen in einem Restaurant am Fluss nicht weit vom Hotel. Das war wichtig. Mal sehen wie sich der nächste Tag muskelkatertechnisch gestaltet.

Steigt man auf den Taishan, weiß man wie klein die Welt ist

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Wanderung auf den heiligen daoistischen Berg Taishan bei bewölktem Wetter. Anfänglich sind die Temperaturen noch mild doch je höher wir kommen wird es zunehmend kühler.

„Steigt man auf den Taishan, weiß man wie klein die Welt ist“ besagt ein chinesisches Sprichwort. Und das wollten wir heute herausfinden. Der Taishan galt in der chinesischen Antike als der höchste Berg der Welt und als der östliche Eckberg der quadratischen Welt nach altem chinesischem Weltbild. Zahlreiche Erzählungen und Sprichwörter ranken sie um den Berg und jedes chinesische Kind kennt ihn zumindest aus der Literatur. Kein Wunder also, dass fast jeder Chinese einmal auf den Taishan hinauf muss. Daraus lässt sich schon erahnen, dass wir nicht ganz alleine auf dem Weg zum Gipfel gewesen sind.

Wir starteten unsere Tour mit der Besichtigung des Dai Miao Tempels, eines daoistischen Tempels am Fuße des Berges. Der Tempel ähnelt in seiner Struktur und mit den goldenen Dächern sehr einer kaiserlichen Palastanlage. Möglicherweise wurde sie später dann den Daoisten gespendet. Kurz hinter dem Tempel geht man durch das „Rote Tor“ und der Aufstieg beginnt. Bis kurz vor das „Mittlere Tor“ ist der Weg noch erträglich, dann wird er steiler. Hauptsächlich Treppenstufen. Bis zum Mittleren Tor wanderten wir alle vier und ab dort fährt eine Seilbahn. Von hier ab waren wir dann nur noch zu dritt. Ab hier ist es dann nur noch steil. Knapp 7000 Treppenstufen mussten wir insgesamt gewältigen und fast 1400 Höhenmeter. Das spürt man am Ende ganz ordentlich in den Beinen. Ein Glück wohne ich zu Hause im 3. Stock, so war ich trainiert und gut vorbereitet. Dachte ich. Naja, ich glaube ich sollte bald mal in den 4. Stock umziehen.

Endlich oben angekommen wehte uns ein strammer Wind um die Ohren und die Temperaturen waren um die Hälfte gesunken. Wir zogen alles an was wir dabei hatten. Bei Aufstieg hatten wir nach und nach alles ausgezogen was wir anhatten und haben uns einen abgeschwitzt. Nun musste man schleunigst wieder alles anziehen. Morgen wollen wir uns den Sonnenaufgang anschauen, ich glaube, da muss ich einen der gefütterten Mäntel nehmen, die man sich hier oben an jeder Ecke leihen kann.

Hier oben auf dem Gipfel ist eine Art Plateau auf dem man eine Häuserzeile gebaut hat. Sie nennt sich „Himmelsstraße“. Wir wohnen in einem Hotel gleichen Namens, dem Himmelstraßen Hotel. Wenn wir uns morgen den Sonnenaufgang angesehen haben, werden wir dann aus dem Himmel herabsteigen und ewig leben. Das haben die uns hier versprochen …..

Strandgut

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Strandspaziergang bei sonnigem Wetter um die 20°C und nachmittags Bahnfahrt nach Tai’an.

Qingdao ist mehr als nur Kolonialgeschichte. Qingdao hat auch jede Menge Strände und ist einer der beliebtesten Badeorte Chinas. Kein Wunder eigentlich, dass Qingdao von einem Forschungsinstitut zur glücklichsten Stadt des Landes gekürt wurde. Diesen Teil Qingdaos wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und fuhren mit dem Bus zu einem der berühmten Badestrände nach Badaguan.

Auch hier gab es wieder koloniale Architektur, unmittelbar am Strand, die Deutschen jenerzeit wussten auch wo’s schön ist, und wie könnte es anders sein, wurden hier auch wieder an jeder Ecke Hochzeitsfotos geschossen. Überall wo auch nur ein wenig Romantik aufscheint, fallen die Hochzeitspärchen ein wie die Heuschrecken im alttestamentarischen Ägypten. An manchen beliebten Fotomotiven stehen die Pärchen Schlange um das ultimative Hochzeitsfoto zu schießen. Wie Strandgut standen oder lagen die Hochzeitswilligen am Strand verteilt.

Da wir noch bis 14:00 Uhr Zeit hatten, wanderten wir bis zum Hotel zurück. Unterwegs stärkten wir uns mit einer Nudelsuppe und dann ging es nach einer kurzen Pause im Hotel zum Bahnhof. Wir wurden erstaunlich streng kontrolliert und mussten die Koffer aufmachen und alles was nach Messer oder Schere aussah mussten wir vorzeigen. Die Fahrt verlief dann ruhig und planmäßig im Hochgeschwindigkeitszug, der Stellenweise über 300 Stundenkilometer fuhr.

In unserem Zielort Tai’an angekommen, trafen wir unsere vierte Mitreisende und feierten den Familienzuwachs in einem Grillrestaurant bei Bratnudeln, Fleisch und Gemüsespießen und Taishan-Bier.

Kolonialzeit

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Exkursion durch das koloniale Qingdao bei etwa 18°C und teils bewölktem, teils sonnigem Himmel.

Vergesst Tsingtao nicht! Mahnte einst der deutsche Gouverneur der deutschen Schutzzone „Kiautschou“ deren Hauptstadt Qingdao war, als Qingdao 1914 von den Japanern belagert wurde. Wir haben es nicht vergessen und haben heute gleich einmal die noch verbliebenen historischen Bauten besichtigt. Bevor die deutschen Kolonialherren nach Qingdao kamen, war die Region nur ein Sammelsurium von kleinen Fischerdörfern. Erst die deutschen Marinesoldaten errichteten hier zwischen 1898 und 1919 die eigentliche Stadt Qingdao. Eigentlich nur bis 1914, denn da wurde ihnen Qingdao wieder von den Japanern abgenommen.

Durch den Laoshe Park schlenderten wir zur katholischen Kathedrale St. Michael. Sie ist die größere von den beiden noch erhaltenen Kirchen in Qingdao. Und wie es sich für eine Kirche gehört, wurde hier ordentlich geheiratet. Naja, zumindest Hochzeitsfotos gemacht. Das ist in China so üblich, dass man schon vor der Hochzeit ein Photoalbum zusammenstellt mit Motiven jeglicher Art. Je romantischer, desto besser. Die Kathedrale darf da nicht fehlen. Von der katholischen Kirche pilgerten wir zur evangelischen. Auf dem Weg dort hin begegneten uns immer wieder alten Häuser aus der Kolonialzeit, mal mehr, mal weniger verfallen. Die evangelische Kirche ähnelte etwas einer Burg und auch hier wurden wieder eifrig Hochzeitsfotos gemacht. Ganz schön heiratswütig die Chinesen. Besonders beeindruckend an der Kirche war die noch intakte Turmuhr von 1908, deren Uhrwerk man hinter einem Glaskasten genauestens studieren konnte.

Weil man dort angeblich einen tollen Blick rund über das alte Qingdao hat, spazierten wir zum Xinhaoshan-Park, der auf einem der höchsten Hügel von Qingdao liegt. Dort konnte man in einem sich drehenden Turm sitzen und sich quasi einmal rund um Qingdao fahren lassen.

Als nächstes besichtigten wir die ehemalige Gouverneurs Villa. Die war so beeindruckend gestaltet, dass sämtliche politischen Größen Chinas hier logierten. Mao Zedong hielt hier sogar eine Sitzung des Zentralkommitees ab.

Wenn man schon in Qingdao ist, dann darf ein Besuch der von den Deutschen gegründeten Tsingdao Brauerei und des dortigen Biermuseums nicht fehlen. Dort bekommt man nicht nur die Geschichte der Brauerei vermittelt, sondern bekommt auch eine Menge Einblicke in die Entwicklungsgeschichte der Stadt. Beim Umtrunk, der beim Besuch des Museums inkludiert ist, hatten wir noch ein besonderes Erlebnis. Es traf dort zeitgleich eine kleine deutsche Delegation ein, die von etlichen Journalisten und Fotografen begleitet wurde. Da man uns als Deutsche identifizierte, wurden wir gleich an den Tisch dort gebeten. Bei der Delegation handelte es sich um den Urenkel von Kaiser Wilhelm dem I., einem Prinzen aus dem Hause Hohenzollern, einen Bundestagsabgeordneten sowie einen Schweizer Unternehmer. Die drei haben zusammen in Berlin die „Königlich Preußische Biermanufaktur“ gegründet und waren hier wahrscheinlich auf Fortbildungslehrgang. Nun, einen Hohenzollern Prinzen trifft man auch nicht jeden Tag, dazu muss man erst nach Qingdao reisen.

Der Alte an der nördlichen Grenze verliert sein Pferd

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, 11.10. bis 02.11.2017

Ankunft in Qingdao, der erste Schwung ist da. Erster Spaziergang am Wasser entlang bei milden Temperaturen und teils sogar sonnigem Wetter.

Ein altes chinesisches Sprichwort lautet: „Der Alte an der nördlichen Grenze verliert sein Pferd“. Und das traf heute auf die Ankunft unseres erstens Teils unserer Gruppe zu. Die Geschichte, die hinter dem Sprichwort steht, handelt von einem alten Mann, der nahe der nördlichen Grenze lebte. Eines nicht so schönen Tages lief ihm sein einziges Pferd weg. Die Leute aus dem naheliegenden Dorf kam an und bedauerten den Alten, doch der sagte nur: “Wer weiß, wozu es gut ist.“

Ein paar Tage später kam das Pferd mit einer Stute wieder zurück. Der Sohn des Alten machte sich gleich daran die Stute zu zähmen und sie zuzureiten. Dabei stürzte er von der Stute und brach sich ein Bein. Wieder kamen die Leute aus dem Dorf und bemitleideten den Alten. Jetzt habe er doch noch ein wenig Glück gehabt und eine Stute bekommen, aber nun habe sich sein einziger Sohn und seine einzige Hilfe das Bein gebrochen. Der Alte sagte wieder nur: “Wer weiß, wozu es gut ist.“

Ein paar Tage später kam ein Herold ins Dorf und verkündete, dass Krieg ausgebrochen sei. Alle wehrfähigen jungen Männer müssten in den Krieg ziehen. Der Sohn des Alten blieb natürlich verschont.

Die Geschichte passt auf die Ankunft unserer Gruppe, denn Wilfried verpasste aufgrund von einem wahnsinns Andrang am Zoll in Beijing seinen Weiterflug nach Qingdao. Er musste seinen Flug umbuchen lassen und wurde auf eine Maschine 3 Stunden später umgebucht. Dies war mit jeder Menge Anstellen an diversen Schaltern verbunden. Schließlich kam er verspätet und müde in Qingdao an. Der Vorteil an der Sache war allerdings, dass er zeitnah mit Nicole, der zweiten im Bunde, ankam und wir so alle zusammen mit dem Bus in die Stadt fahren konnten. Wer weiß wozu es gut ist.

Was ich mich dabei nur gefragt habe, warum musste ich gestern meinen Anschlussflug auch verpassen. Wozu das gut war, will mir nicht in den Sinn. Anscheinend fehlt mir noch das entscheidende Quäntchen chinesischer Weisheit.

Der Nachmittag verlief dann schon wesentlich entspannter als die Anreise verheißen ließ. Wir bummelten an der Strandpromenade entlang, über den Zhanqiao Pier der noch aus der deutschen Kolonialzeit stammt und weiter am Wasser entlang. Anschließend spazierten wir noch ein wenig durch die Stadt am kolonialen Bahnhof vorbei auf der Suche nach einer Bank. Denn so langsam stellte sich der Hunger ein, und um diesen zu beseitigen braucht man Renminbi. Hier in Qingdao bzw. in Shandong befinden wir uns in der Maultaschen-Provinz. An jeder Ecke gibt es Maultaschen und/oder Fisch und Meeresfrüchte. Also aßen wir Maultaschen mit Fisch und schlugen zwei Fliegen mit einer Klappe. Oder waren es Libellen? Von denen fliegen hier nämlich eine Menge herum. Aber jetzt geht’s ab in die Falle, denn der Jetlag lässt grüßen. Morgen ist ja auch noch ein Tag.