Mehr von den Ming

Chinesische Landpartie, 10.04. bis 02.05.2014

36 leicht hügelige Kilometer um die Minggräber und den Minggräber-Stausee herum, diesig und warm

Man könnte denken es sei Sommer. 27 Grad sind für heute angesagt, eine angenehme Abwechslung zum europäisch-launischen April, der dem einen oder anderen vielleicht noch in den Knochen steckt. Ich muss über die allmorgendliche Frage nach dem Regenschutz schmunzeln „Regenjacken, ja oder nein“ – hat es doch um Peking seit mindestens drei Monaten nicht mehr geregnet. Der Norden Chinas ist in diesem Jahr so trocken, dass das herrliche Grün, das auf den Fotos zu sehen ist, nur durch intensive Bewässerung zustande kommt. Obwohl selbst die Straßen täglich benässt werden, ist die Luft staubig und etwas Smog ist wohl auch dabei.

Die Minggräber sind unser heutiges Tagesziel (Ritualstätte, Sommerresidenz und den Palast der Ming hatten wir bereits in Peking gewürdigt). Der erste Mingkaiser Yongle und 12 seiner Nachfolger fanden hier nach 1400 n.Chr. ihre letzte Ruhestätte. Die Grabhügel mit ihren vorgelagerten Tempeln sind nach dem gleichen Schema und in den Hügeln verstreut angelegt. Am Seelenweg stehen Tierpaare, Generäle und Staatsdiener aus Stein Spalier, um die chinesischen Herrscher im Jenseits zu beschützen und zu ehren. Wir fahren ganz nach dem Motto „Chinesische Landpartie“ kreuz und quer durch die Dörfer. Rechts des Wegs taucht plötzlich eine ummauerte Anlage auf, sie schimmert rot durch die diesige Luft hindurch, von Touristenbus, Megafon und Fahne nichts zu hören und zu sehen. Man könnte den Ort für einen verlassenen Tempel halten, nur der Hügel dahinter macht uns klar, dass es sich um eines der altehrwürdigen Gräber handelt, nur noch nicht „erschlossen“ und für Touristen geöffnet. Die chinesischen Archäologen beweisen hier eine unglaubliche Gelassenheit (die hoffentlich noch einige Zeit andauern wird), und bescheren uns eine herrliche „Privattour“ um die Minggräber herum.

Eine der Ruhestätten wollten wir uns aber doch näher ansehen – das Changling, Grab des ersten Mingkaiser Yongle, seiner Frau und etlicher Konkubinen. Nur eine Handvoll überwiegend westlicher Touristen hatte sich genauso entschieden, und so war unser Besuch dem Anlass angemessen von erstaunlich wenig Lärm begleitet.

„Kuchen oder Schmutzbier“, war die Frage, als wir bereits um halb vier zurück im Hotel waren. Wir entschieden uns für beides, besuchten die uns bereits bekannte lokale Bäckerei, und sind auf dem besten Weg zur Kuchengruppe des Jahres.

Raus aus der Stadt

Chinesische Landpartie, 10.04. bis 02.05.2014

66 km vom Stadtzentrum Pekings an den Minggräberstausee und 13 km Feierabendrunde um den See

Wie fährt man aus einer (etwa 18) Millionenstadt aufs Land? Diese Frage stelle ich mir immer wieder, wenn die Ausfahrt aus einer chinesischen Großstadt ansteht.

Den Weg aus Peking haben wir ganz gut gemeistert. Einerseits lag das an der frühen Uhrzeit am Sonntagmorgen, zum anderen kann man ein gutes Stück am Kanal entlangradeln, der auf großen Strecken sogar als gut geteerter Radweg daherkommt. Trotzdem bleiben Baustellen, Schotterstrecken, kleine Bachläufe etc. nicht aus. „Gestern waren wir am Mittelpunkt, hier ist wohl eher das Ende der Welt“, meint Heinz angesichts der riesigen Schuttwüste, am Horizont die Neubauten einer der vielen Vorstädte, in die vielleicht irgendwann jemand einziehen soll. Eines muss man den chinesischen Bauherren aber lassen, selbst im „Nichts“ entstehen Anlagen mit hübschen Gärten, Kanäle mit Uferbepflanzung und sehr gepflegte Gewerbegebiete – auch wenn sie momentan alle leer stehen.

Sehr skurril waren die gefühlten tausend Fahrschulwagen, die sich konsequent im Schneckentempo am linken Straßenrand bewegen, um sich „am Mittelstreifen zu orientieren“, so Sabines Diagnose. Ein Stück weiter Sonntagspicknick und Zelte, anscheinend hat der Frühling viele Städter raus in die Natur gelockt.

„Uns ist alles entgegen gekommen, nur kein U-Boot“. Ja, Helmut hat es gut zusammengefasst, nur zu lang, sonst wer es der heutige Blogtitel geworden. Autos, Zwei- und Dreiräder im Gegenverkehr, Busse, die an den Straßenrand drängen, rote Ampeln die niemand beachtet und Abbieger, die immer fahren, und zwar erstmal auf die Kreuzung und danach schauen, was dann passiert. Der Verkehr scheint chaotisch und es kostet einiges an Überwindung, alle Regeln zu brechen, die uns jahrelang eingetrichtert worden sind. Es funktioniert trotzdem. Wie? – langsamer, mit weniger Beschleunigung und ohne die wilden Flüche und wüsten Beschimpfungen, die man in der Heimat erleben kann.

Viel zu früh erreichen wir das Hotel, trinken einen Kaffee und drehen eine Extrarunde um den Minggräberstausee. Morgen wollen wir dann den Kaisern dieser Dynastie einen Besuch abstatten.

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Peking an einem Tag

Chinesische Landpartie, 10.04. bis 02.05.2014

Besichtigung von Himmelstempel, Kaiserpalast und Kohlehügel-Park, abends Pekingente

Viel ist bereits geschrieben worden im Blog über die Sehenswürdigkeiten Pekings, viel stand heute auf dem Programm. Wir haben alles angesehen, nichts gerade sehr langsam, aber doch mit einer gewissen Ruhe. Die braucht man auch, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist. Bis zum Platz des Himmlischen Friedens kann man gemütlich durch ruhige begrünte Seitenstraßen fahren, dann beginnt mit der Südstadt das „Gewühl“. Später erschwert der U-Bahn-Bau die Weiterfahrt und es bleiben nur noch die breit angelegten Hauptstraßen. Trotzdem erreichen wir den Himmelstempel und bestaunen mehr den Park in seiner Frühlingsblüte und das Angebot an Sport, Tanz und Gesang, als die Ritualstätte der Kaiser, die hier für gute Ernte gebeten haben.

Das Mittagessen – unsere erste Nudelsuppe – nehmen wir in einer der Seitenstraßen ein, in die sich weniger Touristen verirren. Am Dazhalan, dem alten Handelsviertel der Stadt, sehen wir den Chinesen beim Schaufensterbummel zu und bestaunen die hiesige Mode – alles ist erlaubt, was gefällt, je höher die Absätze desto besser.
Vor dem Tor des Himmlischen Friedens stockt es: wir schieben uns durch den Menschenstrom (unsere Räder hatten wir schon abgestellt), die Kontrollen scheinen heute besonders streng zu sein. „Bestimmt besucht ein ausländischer Staatsgast den Kaiserpalast“ ist die Vermutung der Wartenden. Schließlich haben auch wir die Gelegenheit, die Verbotene Stadt zu durchwandern und anschließend die Aussicht auf die Dächer vom Kohlehügel aus zu genießen. Mit dem Bus geht’s zurück den Rädern und ins Hotel, und nach kurzer Pause gibt es Pekingente in der „Geisterstraße“, Pekings berühmte Restaurantmeile.

Für den zweiten Tag in China war das schon eine ordentlich Leistung – morgen fahren wir aus der Stadt und die Radtour beginnt.
Danke an Sabine und Heinz-Hermann für die heutigen Bilder, meine Kamera war im Hotel geblieben.

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Die Tour beginnt

Heute früh kurz nach Sonnenaufgang sind Sabine und Helmut, Elisabeth und Heinz-Hermann und Jutta in Peking gelandet. Die frühe Ankunft hat sich gelohnt: wir hatten genügend Zeit den Jetlag zu unterdrücken und sowohl einen Spaziergang zu machen als auch eine kleine Radrunde durch die Stadt zu drehen.

Zu Fuß ging es kreuz und quer durch die Hutongs zum Glocken- und Trommelturm. Die Hutongs, also Pekings typische Hofhäuser, hinterlassen bei den meisten der Gruppe einen eher schlechten Eindruck. Es ist idyllisch ruhig in den kleinen Gassen mitten in der Millionenstadt, hier und da zwitschert ein Vogel und die alten Hauptstädter sitzen kartenspielend vor ihren Häusern. Aber ein Blick hinter die Kulissen zeigt Wohnzustände, bei denen selbst ein jüngerer Chinese die Nase rümpft. „Nicht für Geld würde ich hier wohnen wollen“, hatte mir eine Chinesin kürzlich noch verraten, „nur öffentliche Toiletten, keine Isolierung und dann der eiskalte Boden im Winter – wozu gibt es die neuen Apartments weiter außerhalb?“. Ich habe den Eindruck, dass selbst die Bewohner dieser Gegend nichts mehr in ihre Häuser investieren. Vielleicht liegt es am Alter oder einfach daran, dass man nie sicher weiß, welche Pläne die Stadt in Zukunft auf diesem kostbaren Bauland verwirklichen möchte. Trotzdem lässt es sich auf den Dachterrassen am Qianhai bei Jiaozo und dem lokalen Bier ganz gut aushalten.

Am Nachmittag wagen wir uns auf zwei Rädern etwas weiter hinaus: erst durchs Gassengewirr bis zum Kohlehügelpark, dann an der Ostmauer des Kaiserpalastes entlang, und plötzlich stehen wir an der mehrspurigen Straße, die zum Platz des Himmlischen Friedens führt. „Wir unterbrechen unsere Sendung für eine wichtige Meldung… es befinden sich Radfahrer auf der Autobahn…“ Beginnt Jutta laut zu denken. Trotzdem fahren wir gemütlich am großen Mao-Bild vorbei und haben sogar Zeit für ein paar Fotos, bevor uns die hiesigen Beamten freundlich aber bestimmt anweisen, doch bitte weiterzufahren. Wir umrunden das „Ei“, Chinas neues Theater- und Konzerthaus, das ein französischer Architekt direkt hinter der Großen Halle des Volkes realisiert hat, und von dem die Pekinger behaupten, man müsse vor einem Besuch sein Testament abschließen – derselbe Architekt hat die Hallen des Pariser Flughafens gebaut, die bekanntlich eingestürzt sind.

Für heute reicht es und alle fallen abends müde ins Bett. Morgen steht mit Himmelstempel und der Verbotenen Stadt ein volles Programm an.

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Fitow und Danas

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Shanghai am 7.und 8.10.2013

… heißen die beiden Taifune, deren Ausläufer wir am Montag und Dienstag in Shanghai zu spüren bekommen haben.

„Flutchaos nach den heftigsten Regenfällen seit 52 Jahren“ titelt die Shanghai Daily an unserem Abflugtag. In der Nacht zum Dienstag sind in Shanghai durchschnittlich 153 mm Niederschlag gefallen, in manchen Stadtteilen waren es über 200 mm. Etliche Straßen überflutet, ein Stück Damm am Huangpu gebrochen, einige U-Bahn Tunnel voller Wasser, 6.000 Feuerwehrleute im Einsatz und 37 gestrichenen Flüge – so die Bilanz in Shanghai nach den beiden Wirbelstürmen, die mehr Regen gebracht haben als die schweren Taifune Haiku im letzten Jahr und Matsa in 2005. Dabei sollte die Taifun Saison im Oktober längst vorbei sein.

Seitdem wir am Montag Mittag gelandet sind, hat es ununterbrochen geregnet bzw. geschüttet. Ich überlege ernsthaft, Gummistiefel oder Wassersandalen auf die Packliste zu setzen – denn so ausgerüstet bewegen sich die Shanghaier durch ihre Stadt. Dem modischen Geschmack sind hier keine Grenzen gesetzt, wir haben sogar das Modell Cowbow-Stiefel gesehen. Was macht man an Taifun-Tagen, wenn man nicht den ganzen Tag im Café oder Hotelzimmer verbringen möchte? Ins Museum gehen zum Beispiel. Nach dem Stadtplanungsmuseum, das einen guten Überblick über Baustile und Stadtentwicklung gibt und dem berühmten Shanghai Museum, in dem wir neben europäischen Impressionisten und Jahrtausenden chinesicher Kunst auch die Tracht und Batiken der Naxi aus Yunnan wiedergefunden haben, wollten wir in die „Realität“ zurück. Parks, Shikumen (Shanghaier Reihenhäuser in chinesisch-englischem Stilmix), ein paar geöffnete Stände auf dem Antik(fake)markt der Dongtai-Straße, das heruntergekommene Altstadtviertel, der quirlige Basar des Yu-Garten – diese Orte sind bei Regen vorteilhaft menschenleer. Nachdem ich die einzig geöffnete Fährlinie ins Neubaugebiet Pudong gefunden habe, setzen wir über. Hier soll in zwei Jahren der Shanghai Tower mit 632 m Höhe seine Nachbarn Jinmao-Tower und den „Flaschenöffner“ um einiges übertreffen. Heute ziehen die Wolkenfetzen tief um das Dreigestirn, und nur ab und wird der Blick frei auf die Baukräne in luftiger Höhe. Unseren letzten Abend feiern wir im 10.Stock der Super Brand Mall, mit einem tollen Blick auf die beleuchteten Kolonialbauten am Bund. Um zehn Uhr werden die Lichter abgeschaltet, Stromsparen ist angesagt, außerdem sind bei Regen sowieso nur eine Handvoll Westler und hartgesottene chinesische Touristen draußen.

An dieser Stelle sei nochmal ein ganz dickes Lob an die Gruppe ausgesprochen, die trotz Regen und Sturm tapfer quer durch die Stadt gestapft ist.

So geht eine schöne Reise zu Ende. Zu Hause werden wir mit einer saftigen Verspätung der deutschen Bahn auf allen Linien begrüßt. Ich hoffe, Ihr seit alle noch am selben Abend heimgekommen. Lieben Gruß und macht`s gut.

Steinwald – ja oder nein

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Spaziergang im Steinwald und Stadtrundgang in Kunming

Wieder einmal habe ich mich überzeugen lassen, dass sich ein Besuch im Steinwald lohnt. Entstanden vor etwa 270 Millionen Jahren auf dem Grund des Meeres, hat sich der Kalkstein mit der Verschiebung der Kontinentalplatten allmählich gehoben und regt mit seinem dunkelgrauen, hohen, oft zackig geformten Steinsäulen die Fantasie an. Hier ist ein Kamel, dort eine Schildkröte, weiter hinten befinden sich Romeo und Julia auf Chinesisch, man könnte tagelang Geschichten erfinden.

In China gibt es nennenswerte Karstformationen in Guilin/Provinz Guangxi, in Libo/Privinz Guizhou und eben den Steinwald bei Kunming in Yunnan. Im offiziellen Prospekt – der Naigu Steinwald ist Unesco Weltnaturerbe – kann man nachlesen, dass es sich an dieser Stelle vor allem um Dolomitkalk handelt, der wasserresistenter als reiner Kalk sei und nur an wenigen Orten auf der Welt ähnlich geartete Felsformationen gebildet hat. So reiht sich der Naigu Steinwald in die (zumindest laut Henning) bekannten „pinnacle Karste“ Gunung Mulu in Malaysia, Bemaraha in Madagaskar und den Mt Kaijende in Papua Neuguinea ein. Wir wandern gute drei Stunden auf kleinen Wegen durch den Karst und nutzen auch die gesähte Blütenbracht, um das eine oder andere Foto zu machen.

Auf dem Rückweg haben wir unerwarteterweise nicht im Stau gestanden und noch genügend Zeit, um den nahen Yuantong-Tempel, die Altstadt und sämtliche Märkte und Fußgängerzonen Kunmings zu erkunden. Morgen müssen wir in aller Frühe aufbrechen, dann geht es nach Shanghai, der Stadt der Superlative.

Goldene Woche, Tag 5

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Freizeit in Dali, Transfer nach Kunming

Diese Feiertagswoche schafft uns, wir sind genervt. Am 1. Oktober, dem chinesischen Nationalfeiertag, startet eine Woche Urlaub für alle (die nicht im Dienstleistungssektor tätig sind). Das ganze Land ist unterwegs, die Städte sind überfüllt, auf den Straßen herrscht das reine Chaos. Einkaufen, durch die Fußgängerzone quetschen, mit dem Bus fahren, alles dauert mindestens doppelt so lange wie übich. Wir sind schon geübt im Warten, aber irgendwann reicht es.

Der Tag in Dali fing ganz verheißungsvoll an, mit einem Regenbogen. Bis ein Uhr war Freizeit angesagt. Die meisten haben einen Bummel über den lokalen Markt unternommen, der von Hühnerkralle bis gerupftem Huhn alles hergibt, was man an den Feiertagen brauchen könnte. Dem Shoppingwahn (unendlich viele kleine Geschäfte mit unendlich vielem Krimskrams – wovon ich keine Bilder gemacht habe) hatten wir uns schon in Lijiang hingegeben und waren diesmal immun.

Ein Uhr, unser Abholer zum Busbahnhof steht im Stau. Kein Wunder, denn wer ein teures Auto fährt, hat anschienend auch die Lizenz zum Anhalten, Ausladen, Parken und Schwatzen auch noch in der engsten Gasse dazu gekauft. Manch ein „Sonntagsfahrer“ hat vielleicht im Gewühl die Übersicht und Nerven verloren und muss sich erst einmal erholen. Das gilt für die Innenstädte genauso wie für Landstraßen und Autobahnauf- und abfahrten… In diesem Jahr sind so viele private PKW unterwegs wie nie zuvor, und in gleichem Maße ist die Zahl der Unfälle und liegengebliebenen Autos gestiegen. Die Frage nach Parkplätzen, der Feinstaubbelastung, dem Energieverbrauch und der Personensicherheit etc. bereitet sicherlich einigen Planern Kopfzerbrechen. Ich staune auch, wieviele Polizisten das Land auftreiben kann, denn gefühlt an jeder Kreuzung versucht ein trillerpfeifender Uniformierter, Herr bzw. Frau der Verkehrslage zu werden. Ohne diesen Einsatz wären wir wohl immernoch irgendwo zwischen Dali und Kunming.

Wir erreichen den Busbahnhof nur wenige Minuten nach der regulären Abfahrt, der Bus hat aber auf uns gewartet. Für die knappen 400 km in die Provinzhauptstadt haben wir heute über acht Stunden gebraucht – was noch ganz akzeptabel war, denn einige Tage zuvor sollen die Reisenden elf Stunden und länger gebraucht haben.

Rastplatz, ich steige aus dem Bus und zucke zusammen. Zwanzig Zentimeter vor meinem Gesicht verkündet ein Megafon, wo die Toiletten sind und dass jeder Bus maximal zwanzig Minuten Parkenzeit hat… ein Ritual, das bei jedem ankommenden Fahrzeug mit gleichbleibender Lautstärke wiederholt wird, bis alle Passagiere ausgestiegen sind. Man könnte noch die eine oder andere Szene der Goldenen Woche beschreiben. Letztendlich sind wir alle zwar hundemüde und genervt, aber wohlbehalten in Kunming angekommen.

Der Kurweg von Dali

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

27 km Wanderung im Cangshan-Gebirge, 670 HM, Regen, Nebel, Sonne

Diesen Begriff hat Henning geprägt. Nach dem Frühstück lassen wir die erwachende Altstadt und die bereits touristenvolle Filmstadt und Talstastion der Seilbahn von Dali hinter uns. Bei klarem Wetter hätten wir den Weg auf den Gipfel (per Seilbahn oder alternativ zu Fuß) versucht. Heute aber nehmen wir die Treppen, die durch den Nadelwald zum Pfad auf halber Höhe führen und nur eine handvoll Wanderer angelockt haben. Einmal oben angekommen, könnte man hier oben etwa 12 km mit dem Rollstuhl entlang flanieren – ein ebener, gepflasteter breiter Weg bietet schöne Ausblicke auf den Ohrensee und die Altstadt. Heute sehen wir fast nichts, deswegen entschließen sich einige aus der Gruppe nach dem Mittagsstopp am daoistischen Zhonghe-Tempel zu einem Experiment.

Am Ende des Kurwegs führt der Pfad weiter durch die Hügel. Ein Schild („Nicht regelmäßig gepflegt, möglicherweise tödlich, kenne deine Grenzen“) erklärt ausdrücklich, dass ab hier Weitergehen auf eigene Gefahr stattfindet. So gefährlich wie angekündigt war der Weg nicht, dafür aber sehr schön, nur leider etwas nass. Nach etlichen Kilometern an einem Waldweg, vorbei an den Gräbern der Stadt, erreichen wir etwas müde und durchnässt die Altstadt von Dali. Aber wir hatten es nicht anders gewollt: ein Minibusfahrer hat vergeblich versucht, uns aufzunehmen. Von 30 Kuai pro Person war er auf 20 Kuai heruntergegangen und hatte sogar freundlicherweise angeboten, uns das Reststück kostenlos mitnehmen. Seltsam, diese Deutschen…

Am Abend erwartet uns in einer einfachen Garküche (die man gar nicht so genau untersuchen möchte) das mit Abstand beste Essen der Tour. Nach einer Massage falle ich müde ins Bett. Heute kann mich selbst der Lärm der beiden Diskotheken gegenüber nicht mehr am Einschlummern hindern.


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Steinschatzberg

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Transfer von Lijiang nach Dali mit Besichtigung des Steinschatzberges

Zwischen Lijiang und Dali liegt versteckt in den Hügeln eine Tempelanlage aus der Zeit des Nanzhao Königreiche, die von 750 bis zum Einfall der Mongolen um 1250 unabhängig vom Chinesischen Reich bestanden hatten. Die Bilder sprechen für sich, ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.

Am Abend in Dali war die Enttäuschung groß. Die Drei Pagoden stehen nämlich nicht, wie auf den meisten Fotos suggeriert, am See, sondern am Fuße des Hügels. Nach guten sechs Stunden Fahrt, Straßensperrungen und dem Stau am Südtor stelle ich entsetzt fest, dass wir heute auch noch umziehen müssen. Mit Sack und Pack schon wieder durch die Menschenmenge und am Ziel angekommen die beiden angesagtesten Clubs der Stadt… wir hätten uns einen schöneren Abschluss für diesem schönen Ausflug gewünscht.


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Ruhetag in Lijang

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Ruhetag in Lijang

Kann man in Lijiang überhaupt einen Ruhetag einlegen? Ja, in der Stunde vor dem Frühstück, wenn die Geschäfte noch geschlossen sind und nur einige Fotografen unterwegs sind. Heute hat uns sogar der Jadedrachen-Schneeberg seine gletscherbedeckten Gipfel gezeigt.

„Die Stadt befriedigt alle Bedürfnisse“, meint Astrid, als wir am Abend bei einem Bier im schönen Innenhof unsere Erlebnisse vergleichen. „Shoppen, Kaffee trinken, Ausgehen und Karaoke am Ballermann von Lijiang, Massage… sogar Kultur ist dabei, namlich das Naxi Orchester von Xuan Ke, das sich in diesem Jahr auf ein einheitliches Erscheinungsbild geeinigt hat.“ Ruhe hat sie am Hausberg von Lijiang gefunden, der „am Hintern der großen Mao-Statue beginnt“ und in einem Rundweg über die Friedhöfe der Stadt führt.

Ich habe mich am Nachmittag mit Kathrin auf einen Kaffe verabredet. In der Altstadt ist es mittlerweile so voll, dass ich nur noch raus möchte. So gehen wir möglichst durch Nebengassen zum südlichen Ende, wo der lokale Markt stattfindet. Hier kann man herrlich stöbern und neben Gewürzen, Tees und allerhand Haushaltsgegenständen die eine oder andere Rarität aus der traditionellen chinesischen Medizin entdecken. Ich suche aber nach Bananen für die morgige Fahrt nach Dali. „Ich habe hier noch drei Pfund süße kleine Banenen und eine handvoll Mandarinchen“, ruft mir eine Verkäuferin zu. „Nimm alles zusammen für 20 Kuai, dann kann ich endlich nach Hause gehen“. Ein guter Deal für beide, und sie packt ihren Stand für heute zusammen.

Am Abend besuchen die meisten der Gruppe das Naxi Orchester von Xuan Ke. Hier spielen uralte Männer auf noch älteren Instrumenten etwas gewöhnungsbedürftige Stücke der Naxi und Traditionelles aus der Tangzeit. Allen hat`s diesmal gefallen. „Na ja, da war noch der Gesang der Frauen“, schmunzelt Robert. Die Stimmlage geht zugegebenermaßen ein Stückchen über die Schmerzgrenze des westlichen Ohrs hinaus. Trotzdem würden wir jedem Lijiangreisenden neben Shopping und Co den Besuch dieser Kulturveranstaltung sehr empfehlen.