Pilgerfahrt

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Ausflug zum Steinschatzberg, Fahrt nach Shuanglang

Die Nacht war kalt. Zwar hat die Heizdecke getan, was sie konnte, doch gegen die Kälte, die immer wieder durch Lücken in der Bettdeckenpanzerung eindrang, konnte sie wenig ausrichten. Das kalte Wasser aus der Dusche half dann in jedem Fall wach zu werden. Ganz langsam wurde es auch etwas wärmer.

Zum Frühstück dann wieder Pancakes. Frau Naxi, die Chefin des Hauses hatte eine ganz eigene Interpretation davon, was Pancakes sind. Wir fanden, dass sie eher wie Brote aussahen und schmeckten. Aber Streit wollten wir deswegen nicht mehr anfangen.

Gut versorgt machten wir uns dann auf den Weg um unsere beiden Autos zu treffen. Eines, welches das Gepäck von Sean bringen sollte und das andere mit dem wir die heutige Fahrt antraten. Das Naxi Guesthouse war mit dem Auto nicht zu erreichen, da die hinführende Straße weiträumig abgesperrt war. Die Straße wurde erneuert. Die zuständigen Bauarbeiter waren wohl weit vor uns aufgestanden. Sie sahen auch nicht danach aus, als ob mit ihnen gut Kirschen Essen wäre. Immerhin stoppten sie ihre Bagger, um uns vorbei zu lassen.

Die Wanderung dauerte bald 40 Minuten und unsere geschundenen Knie waren nicht begeistert. Aber auch das ging vorbei. Wir wurden dann von Xiao Zhao( Kleiner Zhao) in Empfang genommen. Eigentlich müsste ich ihn Lao Zhao ( Alter Zhao) nennen, da er ja fast ein Jahr älter ist, als ich. Aber andererseits zwei Köpfe kleiner. Außerdem nimmt man es nicht so genau.

Mit seinem neuen Auto fuhr er uns zum Steinschatzberg. Wir erwarteten ehrlich gesagt nicht viel, ein kleines Kloster auf einem Berg gelegen, nichts außergewöhnliches. Doch wir wurden angenehm überrascht. Eine große Anlage, die mehrere Klöster auf verschiedenen Bergen umfasste breitete sich vor uns aus.

Das größte Kloster, das Bao Xiang, lag zum Glück auch am nächsten. Auf dem Weg nach oben warteten zu beiden Seiten Affen darauf, von den Reisenden gefüttert zu werden. Da die Affen wohl immer wieder aggressiv auftraten in der Vergangenheit, wurden vorsorglich Stöcke an die Pilger verteilt. Die alleine reichten schon aus um die Biester auf Abstand zu halten. In unserer Symphatie für die Affen war die Gruppe mehr als zweigeteilt.

Wir schafften es ohne größere Verluste nach oben. Da wir sahen, dass die Klosterküche noch in Betrieb war, fragten wir vorsichtig, ob wir etwas zu Essen haben können. Sofort wurden wir angewiesen uns zu setzen und ein seltsamer Brei wurde zusammen mit Reis aufgetragen. Woraus der Brei genau bestand, konnten wir nicht herausfinden. Er schmeckte jedoch sehr gut. Es war ein einfaches, aber ehrliches Essen. Unser Versuch zu bezahlen, wurde deutlich abgelehnt. Schließlich hätten wir große Mühen auf uns genommen, das Kloster zu erreichen. Eine schöne Geste, die ein Gefühl des Willkommenseins bei uns erzeugte.

Die Spitze des Berges hatten wir noch längst nicht erreicht und wir wollten wissen, was ganz oben ist. Also wieder einmal die Treppen hoch. Die Beine sind es längst gewohnt. Der Ausblick oben war gut, konnte unsereins aber nicht mehr vom Hocker reißen, nach allem was wir gesehen hatten. Das Kloster, welches sich ganz oben befand, machte jedoch auch diese Bergerklimmung zu einem Erlebnis.

Ein unrestauriertes Gebäude, dass durch sein etwas runtergekommenes Äußeres mehr als authentisch wirkte.
Der Steinschatzberg entsprach wirklich dem Bild, dass man von buddhistischen Klöstern hat. Eine stilvolle Architektur, die sich organisch in den Berg einfügt, eine Harmonie mit der umliegenden Natur, und eine Stille, in der echte Spiritualität aufkommt.

Wir hatten für die Besichtigung etwa zwei Stunden angedacht, kamen dann nach ungefähr vier Stunden erst wieder. Xiao Zhao tat uns leid, der so lange gewartet hatte. Er versicherte uns aber, dass er vollstes Verständnis für uns hatte.

Er brachte uns dann schnurstracks nach Shuanglang, einem Ort am Erhai, einem großen See. Hier checkten wir in ein sehr schönes Hotel ein. Geräumige Zimmer, Balkone und Terrassen, wie gemacht für einen Ruhetag. Nur steht morgen die längste Etappe der Tour auf dem Programm, mit knapp 80 km. Höhenmeter gibt es zwar keine, doch man muss zumindest mit Gegenwind rechnen. Aber nach all dem Wandern und Bergsteigen freuen wir uns richtig auf die Räder.

Im Schatten des Jadedrachen

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Wanderung durch die Tigersprungschlucht, ca 20km, 1000Höhenmeter

Auch heute stand Ausschlafen nicht auf dem Programm. 18 km lagen vor uns und zwar keine leichten. Umso besser, dass wir nicht mit chinesischem Frühstück in den Tag starten mussten. Wie schaffen die das? Man braucht doch was ordentliches im Magen. Zum Beispiel Pancakes. Und Kaffee. Genau das gönnten wir uns.

Pünktlich wie die Maurer machten wir uns dann auf den Weg. Anfangs verlief alles noch unspektakulär. Wir verliefen uns ein wenig auf einer Weide. Wir wunderten uns schon, der Weg schien nicht für Menschen gemacht worden zu sein. Zum Glück fanden wir den Weg dann doch und konnten endlich richtig anfangen zu wandern.

Es ging relativ bald steil bergauf und wir fingen schon an zu schwitzen. Gleichzeitig war es noch relativ kalt. Grade rechtzeitig kämpften sich die ersten Sonnenstrahlen über den Berg und wärmten uns ein wenig auf. So ließ es sich aushalten.

Bevor so richtig Freude am Wandern aufkam, stellte sich uns eine erste Herausforderung. An einem Häuschen kam uns eine Herde Ziegen entgegen. Sowohl wir, wie auch die Ziegen blieben stehen um die Situation einzuschätzen. Ihr Anführer blickte uns fragend an. Wir mussten aneinander vorbei, es gab keinen anderen Weg.

Der Ziegenkönig bewegte sich langsam auf mich zu und ich bereitete mich auf einen Kampf vor. Unvermittelt fing er jedoch an mein Bein abzuschlecken. Ein Zeichen des Friedens. Bevor auch noch die anderen Ziegen auf den Geschmack kamen, gingen wir schnell weiter. Die erste Prüfung war überstanden.

Der Trail war sehr angenehm zu wandern, zwischendurch gespickt mit etwas herausfordernden Abschnitten und begleitet von immer imposanteren Ausblicken. An einigen Stellen flossen Bäche den Berg hinunter. Das Wasser war klar, kalt und lud zum Trinken ein. Nach und nach begegneten wir auch anderen Reisenden. Viele Europäer, viele Koreaner und auffallend wenig Chinesen.

Wir lagen gut in der Zeit und gönnten uns neben einer längeren Mittagspause auch noch eine Auszeit für einen Kaffee. Über uns immer wieder der Jadedrachenschneeberg, der immer weiter ins Blickfeld rückte und die Kulisse sehr alpin erschienen ließ. Grade als wir uns so richtig entspannten donnerte es auf der anderen Seite und eine Gerölllawine toste den Berg runter. Schön, dass das so weit weg war.

Am Nachmittag wurde auch die Vegetation zunehmend alpiner. Vorher Sträucher, jetzt Nadelgehölz. Zwischendurch aber auch Kakteen und kleinere Bambuswälder. Sehr abwechslungsreich.

Dann auf einem engen Weg standen plötzlich drei Pferde. Oder waren es Esel? Oder Maultiere? Was immer sie auch waren, sie standen im Weg und machten keine Anstalten Platz zu schaffen. Sich eng an ihnen vorbei drängen wollten wir nicht. Hätten sie nach uns ausgeschlagen, hätte das nicht nur sehr weh getan, wir wären auch die Schlucht hinunter gepurzelt. Ich hätte gerne von meinem Bambusstock Gebrauch gemacht, der mich treu durch den Tag begleitet hatte. Dirk jedoch bewies, dass Gewalt keine Lösung ist, redete den Tieren gut zu und lotste uns ohne Probleme vorbei. Ein kleiner Hieb konnte trotzdem nicht schaden.

Der Wanderweg war zwischendurch immer wieder anstrengend, belohnte jedoch jeden Aufstieg mit fantastischen Ausblicken über das Tal. Mehr Spaß kann Wandern fast nicht machen. Das sahen längst nicht alle Reisenden so: Immer wieder begegneten wir Touristen, die sich von Pferden, Eseln und Maultieren den steilen Pfad hoch tragen ließen. Über so was konnten wir nur den Kopf schütteln.

Nach mehr als 20 km kamen wir dann endlich am Naxi Family Guesthouse an, wo wir herzlich empfangen wurden. Eine Terrasse gab es auch wieder. Dies wird wohl vorerst das letzte Mal sein, dass wir zum Jadedrachenschneeberg hinauf blicken. Immerhin haben wir mehr als genug Fotos aus wirklich jeder Perspektive gemacht. Hoffentlich tröstet uns das.

Hinunter in die Schlucht

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Fahrt in die Tigersprungschlucht, erste Erkundungstour, ca 5km

Früh um 07:00 ging es raus und um halb acht wartete schon der Fahrer auf uns. Wir hätten also ohne Probleme losfahren können, doch die Rezeptionistin sah das anders. Ein total verschmutztes Handtuch sollte uns angelastet werden. Wir waren uns keiner Schuld bewusst und in solchen Fällen gibt es nur eine Strategie. Hartnäckig bleiben, bis die Gegenseite nachgibt. Leider waren wir unter Zeitdruck. Und die Rezeptionistin schien mehr als entschlossen. Dann kamen aber hinter mir mindestens zehn weitere Gäste, die es wie wir sehr eilig hatten und letztlich hieß es dann: „OK, seht zu, dass ihr wegkommt.“ Etwas höflicher formuliert natürlich. Wir waren sehr begeistert, unseren Fahrer vom Vortag wieder zu sehen. Seine freundliche, aufgeschlossene Art war ein schöner Kontrast zu den vielen brummigen Typen, die wir bis dahin erlebt hatten.

Unser Ziel war die Tigersprungschlucht. Eine enge Schlucht des langen Flusses, der hier Goldsandfluss heißt, an deren engster Stelle einst ein Tiger auf der Flucht vor einem Jäger, sich mit einem beherzten Sprung in Sicherheit brachte. Dass Tiger vor Menschen flüchten ist mir zwar neu, aber die chinesischen Tiger sind etwas kleiner gewesen, als die uns bekannten Bengalischen. Mittlerweile sind chinesische Tiger ausgestorben, vor denen brauchten wir also keine Angst haben.

Unser Fahrer warnte uns vor den vielen anderen Gefahren, die auf uns lauern, loser Boden unter den Füßen und Steinschlag von oben. Auf der Straße lagen in der Tat einige Brocken, unter denen man nicht drunter liegen möchte. (Grade als ich die Zeilen hier schreibe, geht auf der anderen Seite des Flusses eine massive Steinlawine herunter.)

Recht früh erreichten wir Seans Guesthouse. Die Betreiber waren sehr sympathisch und wir waren froh, dass es keine ganz einfache Berghütte war, sondern doch eine recht passable Herberge. Ohne lange Vorbereitung machten wir uns auf den Weg in die mittlere Tigersprungschlucht. Vorbei an Terrassenfelder und einem Haus, wo man sich anscheinend auf eine Hochzeit vorbereitete. Ein gerade geschlachtetes Schwein wurde ausgenommen, ein Huhn gerupft und mehrere auf einmal geschlachtet. Ein barbarischer Anblick, man kann es nicht anders sagen. Schnell durch und weiter.

Der Weg führte uns immer steiler an die Schlucht heran. Das GPS versagte bisweilen und so verließen wir uns auf die unregelmäßig verteilten Plastikflaschen die hier und da den Weg säumten. Unterwegs dann die erste Zollstation. Niemand da. Also weiter. Am Ende einer in den Fels gehauenen Passage mussten wir dann doch zahlen. Wir taten es ohne zu murren, schließlich stellten die Betreiber auch Bänke zur Verfügung, sowie eine Toilette.

Unten an den Stromschnellen bot sich uns ein atemberaubendes Bild. Die Wassermassen tosten an uns vorbei, preschten mit voller Wucht gegen die Felsen, wodurch ein Donnergrollen entstand, gegen das man schon anschreien musste, wollte man gehört werden. Es war auch klar, fällt man hier rein, ist die Überlebensschanche gleich Null. Um darüber Gewissheit zu haben, warfen wir ein Stück Treibholz in die Fluten. Es verschwand sofort. Die Stromschnellen hatten eine beinahe hypnotische Wirkung auf uns. Man versuchte das Zentrum der nassen Hölle zu finden, doch immer wieder taten sich neue Wellenungeheuer auf, die den Blick gefangen nahmen.

Wir blieben noch eine Weile in der Nähe, einerseits weil der Ort uns nicht los ließ, andererseits weil die Himmelsleiter auf uns wartete. Ein steiler Aufstieg aus der Schlucht raus, für den wir gerüstet sein wollten. Tatsächlich gab es an einem Abschnitt sogar eine echte Leiter, die früher wohl der einzige Zugang zur Schlucht war. Christiane und ich wagten den Aufstieg, während die anderen den daneben liegenden Pfad wählten. Wie langweilig… Auf halber Höhe dachte ich noch einmal über meine Entscheidung nach, doch es war längst zu spät. Augen zu und durch.

Als wir den Aufstieg geschafft hatten fing ein kräftiger Wind an durch die Schlucht zu peitschen. Gutes Timing mal wieder. Auf ebener Straße gingen wir zu Sean’s Guesthouse zurück. Auf der Terrasse genossen wir die Aussicht auf die Berge und lauschten dem Fluss, den man bis hierhin hören konnte.

Das Abendessen war so ganz anders als wir es aus den städtischen Restaurants gewohnt waren. Viel weniger Öl, weniger stark gewürzt, dafür mit viel Liebe gemacht. Und etwas Ziegenkäse.

Danach wieder auf die Terrasse und Sterne gucken. Es war ein toller Tag.

Gute Aussichten

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Stadtrundgang in Lijiang, Besteigung des Elefantenhügels

Heute mal ein spätes Frühstück. Zumindest ich war spät dran, der Rest der Gruppe war schon fast fertig. Das Essen war nicht weiter bemerkenswert, doch durch das Fenster sahen wir zum ersten Mal an diesem Tag den Jadedrachenschneeberg, oder Yulongxueshan was mir persönlich leichter von den Lippen geht. Ein echter 5000er. Für mich etwas ganz besonderes, komme ich doch aus dem Flachland und hatte noch nie einen gesehen.

Wir bewegten uns in die Stadt und waren kurz davor, unseren Stadtbummel zu beginnen. Doch uns wurde schnell klar, dass wir keinen großen Spaß dabei haben würden. Die Interessen sind einfach unterschiedlich. Eine will Postkarten, der andere „alte“ Münzen. Statt uns also dem Altstadtwahnsinn auszusetzen, entschieden wir uns den Schwarzdrachenteich aufzusuchen. Der Name war verheißungsvoll. Den Weg erfuhren wir von einem Freiwilligen der Kommunistischen Partei. Diese Freiwilligen standen überall herum und gaben Auskunft. Das war auch bitter nötig, die Altstadt von Lijiang ist mehr als verwirrend.

Der Teich war sehr gut gepflegt. Im Park drumherum spielten Musikanten, liefen Frauen in Traditioneller Kleidung herum und vom Teich aus bot sich uns ein herrlicher Ausblick auf den Jadedrachenberg. Die 80 RMB Kurtaxe hätten sich schon jetzt gelohnt. Dann erblickten wir einen Aufgang zu einem Berg. Die Freude in der Gruppe war groß. Bei mir war sie noch verhalten. Vielleicht sollten wir unsere Kräfte für die Tigersprungschlucht schonen, versuchte ich einzuwenden. Ich sollte es doch lieber als Training betrachten, wurde mein Einwand abgeschmettert.

Hoch also auf den Elefantenhügel. Auf dem Weg noch ein nettes Pläuschen mit einer chinesischen Reisegruppe, der aber nicht über die üblichen Plänkeleien und Höflichkeiten hinausging und schon waren wir oben. Der Weg hatte sich gelohnt. Von hier oben konnten wir wirklich alles sehen. Die Altstadt mit ihren hölzernen Dächern, umgeben von der modernen Stadt, die sie gefällig umschließt und nicht versucht sie durch Hochhäuser zu übertrumpfen, ringsherum Gebirge und vor uns der majestätische Jadedrache.

Ein Anblick den man nicht vergisst. So viele schöne Landschaften gab es schon auf unserer Reise, aber dieser Berg vermochte es uns aufs Neue zu begeistern. Hinzu kam, dass der Blick auf den Gipfel völlig frei war. Nur ein paar Wolken umspielten ihn. Wären wir auch nur eine Stunde später gekommen, hätten wir das so nicht erlebt. Zur Sicherheit gingen wir noch auf den anderen Gipfel und schauten uns die Altstadt an. Runter gab es zwei Wege. Der, den wir gekommen waren und ein uns noch unbekannter. Als Reiseleiter war die Sache für mich klar. Die Sicherheit der Gruppe hat oberste Priorität. Also den selben Weg zurück.

Dirk suchte jedoch das Abenteuer. Ich versuchte zu warnen, schließlich wüsste er nicht was ihn erwartet. Wassergräben, Wegelagerer, oder möglicherweise ein Drache, doch meine Warnungen blieben unerhört. Am Ende kam Dirk dann zwanzig Minuten vor uns an. Falls er Freude darüber empfunden hat, ließ er sie sich nicht anmerken.

Das Mittagessen war mal wieder eine Mischung aus gewohntem und neuem. Das Palasthühnchen durfte nicht fehlen. Ein Gemüse, dass im Wörterbuch mit „leichtes Mädchen“ übersetzt wird, welches außerordentlich gut schmeckte und ein Gericht, welches wir als grünes „Schwabbelschwabbel“ bezeichneten. Letzteres werden wir wohl nicht wieder bestellen.

Den Rest des Tages verbrachten wir dann mit der Erkundung der Stadt. Anke und ich suchten ein Museum für traditionelle Naxi-Trachten, welches wir nicht fanden. Wie auch, es existierte nicht mehr. Immerhin kamen wir den Piktogrammen etwas näher. In einem kleinen Museum erzählte man uns über die Tradition, die dahinter steckte. Was uns besonders gut gefiel, war die Tatsache, dass die Männer sich traditionell mit dem Erlernen der Schrift beschäftigten, während die Frauen harter körperlicher Arbeit nachgingen. Interessant…

Zum Abend gingen wir wieder in eine Foodmall. Es gibt doch nichts schöneres als sich von allen Seiten anschreien zu lassen, während man isst. Herumexperimentiert wurde diesmal kaum und so landeten alte Bekannte wie Tofu, Nudeln und Kartoffeln auf unserem Tisch.

Die Altstadt von Lijiang ist wirklich sehr schön anzusehen. Natürlich geht es hier auch touristisch zu. Da man nun selber Tourist ist, wäre es heuchlerisch sich darüber zu beschweren. Aber im Vergleich mit Yangshuo ging es hier doch sehr viel gediegener zu. Eine willkommene Abwechslung.

Über den Wolken, Südlich der Wolken

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Flug nach Lijiang, 1.900 km

Den Morgen begannen wir wieder einmal mit einem ausgiebigen Frühstück bei Lucy’s wie schon am Vortag. Wir sind nunmal treue Kunden. Wenn uns etwas gefällt, kommen wir gerne wieder. Der Regen hing immer noch über Yangshuo. Aber das konnte uns ja mittlerweile egal sein. Wir hatten einiges gesehen und unsere Laune ließen wir uns nicht verderben.

Trotzdem fiel uns der Abschied nicht besonders schwer. Es war einfach ein bisschen zu laut in Yangshuo. Um 10:30 wurden wir pünktlich abgeholt und nach Guilin gebracht. Auf dem Weg dahin betrachteten wir ein letztes Mal die Karsttürme, die nach und nach flacher und zudem weniger wurden bis am Flughafen angekommen gar keine mehr zu sehen waren. Wir wurden etwas abseits vom eigentlichen Terminal abgesetzt. Sicherlich wollte der Fahrer, dass wir uns das stillgelegte alte Terminal noch einmal angucken. Der Flug (die Flüge)war wie fast alle Flüge wenig aufregend. Wenn man ehrlich ist, dann ist man auch froh drum. Ein Messer und ein Reisegeschirr gingen leider nicht an der security vorbei. An was man nicht alles denken muss.

Wir kamen wohlbehalten in Lijiang an und wurden von einem sehr netten Fahrer in Empfang genommen. Er selbst ist Angehöriger der Naxi-Minderheit. Die Naxi sind nach den Han die dominierende Volksgruppe in Lijiang. Sie sind unter anderem dafür berühmt, eine pictographische Schrift zu verwenden, die sie vor etwa 1000 Jahren selbst entwickelt haben. Aber für solche Exkurse fehlte uns die Kraft. Schnell ins Hotel, etwas essen und dann alsbald zur Ruhe.

Nach dem Abendessen, bei dem es wie immer Palasthühnchen gab, deckten die Herren sich noch mit dem nötigen Alkohol ein. Dann machten wir noch einen kleinen Bummel über den Platz, bei dem wir schonmal Starbucks,Mc Donalds und Pizza Hut ausfindig machten. Nicht so schwer, schließlich waren sie alle nebeneinander aufgereiht.

Ein karstiger Ausflug

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Fahrt zum Mondberg und nach Fuli, 44km

Und wieder begann der Tag mit Regen. Beim ausgiebigen Frühstück berieten wir über die Lage. Rumsitzen wollte keiner von uns. Und Yangshuo war uns dann auch etwas zu klein. Shoppen gehen und Essen erfüllt auf Dauer nicht. Aber gerade als wir über die Option nachdachten, mit einem kleinen Bus zum Mondberg zu fahren, hörte der Regen auf. Der Plan war: Schnell hin, kurz rauf, und schnell zurück. Soweit so gut.

Die Strecke zum Mondberg hatte schon einiges an karstigen Felsen zu bieten. Karstfelsen, was sind das überhaupt? Sehr schroffe Felsformationen, die durch komplexe geologische Prozesse entstanden sind dabei eigenartige Formen herausbilden und einfach schön anzusehen sind. Über und über mit Bäumen und Sträuchern bewachsen und wir mittendrin. Die Landschaft erscheint so fremdartig, dass man nicht verwundert wäre, sollte plötzlich ein Dinosaurier hinter einem der Felsen hervorgucken. Ja, beinahe erwartet man es schon.

Der Aufstieg auf den Mondberg war einigermaßen beschwerlich, aber die Händlerinnen, die uns kaum in Ruhe ließen schienen den Aufstieg ja mindestens einmal am Tag zu machen. Also wollten wir uns auch nicht beschweren. Es war jedoch eine äußerst rutschige Angelegenheit, also war Vorsicht geboten. Oben angekommen konnten wir immerhin die umliegenden Felsen bewundern. Allzu weit konnten wir leider nicht sehen, aber wir trösteten uns damit, dass wir ja an der Mauer so tolles Wetter gehabt hatten.

Auf dem Rückweg nach Yangshuo beschlossen wir eine alternative Route einzuschlagen und kehrten in einem Gasthaus an der Straße ein um einmal den lokalen Zhu Tong Fan zu probieren. Zhu Tong Fan bedeutet schlichtweg Bambusrohrreis. Der Reis wird mit verschiedenen Gemüse versehen, in einem Bambusrohr verschlossen und dann in eine Art Ofen gelegt. Es hat sich gelohnt. Auch die gefüllten Paprikaschoten ließen unsere Herzen höher schlagen. Die Inhaber waren von unserem Geiz aber weniger beeindruckt, schließlich bestellten wir nur ein Bambusrohr, was doch offensichtlich viel zu wenig war für fünf Leute. Wir wollten doch nur mal probieren.

Zwischendurch fing es mal wieder an zu regnen, aber nicht sehr stark. Da wir noch eine Menge Zeit hatten, entschieden wir auch den Nachmittag mit Radfahren zu verbringen. Aber eine kleine Stärkung brauchten wir noch, Die fanden wir in einem muslimischen Restaurant, wo wir die berühmten “gezogenen” Nudeln aus Lanzhou probierten. Die Nudeln wurden live vor unseren Augen hergestellt und schmeckten hervorragend.

Wir fuhren bis nach Fuli, wo wir auf unserer gestrigen Strecke hätten durchkommen müssen, wären wir nicht mit dem Auto gefahren. Ringsherum die Karstberge. Wir fühlten uns richtig wohl. In Fuli angekommen setzten wir mit der Fähre über und hatten somit auch endlich unsere Bootsfahrt, die wir aus verschiedenen Gründen in Yangshuo ausgelassen hatten.

Auf der anderen Seite wären wir fast an einer riesigen Markthalle vorbeigefahren. Aber Anke erblickte sie noch rechtzeitig und so nahmen wir uns die Zeit ein wenig zu schlendern. Alles mögliche von Socken, Kämmen, Haushaltsgeräten, Fleisch und Gemüse wurde hier feilgeboten. Manche Händler saßen dort mit nur ein paar Spargeln, andere hatten riesige Stände aufgefahren. Außer ein paar Socken und einem Pfund chinesischer Datteln (auch Jujube genannt) kauften wir aber nichts.

Am Ende fing es noch ganz ordentlich an zu regnen. Wir gaben volles Tempo, wurden deswegen aber nicht weniger nass. Am Ende noch ein Abendessen, dass insgesamt eher auf Süßes ausgerichtet war und unser Aufenthalt hier geht seinem Ende zu.

Alles in allem war es hier trotz des schlechten Wetters schön. Die Landschaft war beeindruckend und auch kulinarisch sind wir alle auf unsere Kosten gekommen.

Eine Auszeit vom Regen

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Caoping-Yangshuo, etwas mehr als 40 km, mit dem Auto

Der Regen hatte über Nacht nicht ein wenig nachgelassen. Das dämpfte die Stimmung beim Frühstück doch erheblich. Mussten wir wirklich da raus? Nein, wir mussten nicht. Kurzerhand organisierten wir einen Transport für uns und für die Fahrräder. Bevor wir uns versahen standen auch schon zwei Autos vor der Rezeption, die auf uns warteten. Ich setzte mich in das Auto mit den Fahrrädern und los ging es. Sehr gesprächig war der Fahrer nicht und so verging die Fahrt im Stillen.

Nach etwa einer Stunde kamen wir in Yangshuo an. Da das Hotel nicht mit unserer frühen Ankunft gerechnet hatte, musste ich noch etwas länger auf mein Zimmer warten. Die Zeit nutzte ich für einen ersten Erkundungsspaziergang. Ich hatte bereits vor längerer Zeit einmal in dieser Kleinstadt gelebt und mein Geld hier als Englischlehrer verdient und es in den berühmten Roof-Top Bars wieder verprasst. Ich erkannte die Stadt allerdings kaum wieder.

Die Stadt war nach wie vor ein Touristenmagnet. Schiffe aus Guilin kommen hier an und die Touristen laufen einmal über die Weststreet. Mittlerweile ist aber auch Yangshuo selber mit Hotels und Herbergen mehr als gut ausgestattet. Das besondere an Yangshuo ist unter anderem seine hohe Dichte an Ausländern. Bagpacker, Glücksritter, Felsenkletterer aus aller Herren Länder zieht es hierher. Sie alle zieht es hierher wegen der besonders einmaligen Landschaft. Davon konnten wir bislang leider nur das sehen, was unmittelbar vor uns lag. Hoffentlich bessert sich das noch.

Unser Mittagessen nahmen wir in einem Restaurantverbund aus Indischer, Chinesischer, Italienischer und Deutscher Küche ein. Es war also für jeden was dabei. Sogar für Dirk. Prima. Danach ein Bummel entlang dem Fluss, an den Kunsthandwerkern und Trödelläden vorbei. Den Rest des Nachmittags verbrachte die Gruppe dann ganz individuell, mit Kaffee, Spaziergang oder einem langen Nickerchen (wie in meinem Fall).

Abends kamen wir dann noch einmal zusammen und beschloßen diesmal etwas gewagteres. Wir gingen in eine Food Mall wo allerhand Speisen zubereitet und buffetartig dargereicht wurden. Da erblickten wir doch tatsächlich frittierte Maden und Heuschrecken. Jetzt war die Zeit gekommen, so etwas endlich mal zu essen.

Schlecht schmeckten sie nicht, aber so ganz überzeugt waren wir auch nicht. Möglicherweise waren sie einfach etwas zu scharf angebraten. Dirk kam etwas später zum Abendessen und überraschte uns mit seiner neuen Frisur, von der wir sehr angetan waren. Wir überraschten ihn mit gebratenen Heuschrecken, von denen er weniger angetan war.

Wir ließen den Abend bei einem Bier auf einer Dachterrasse ausklingen. Man sich schon vorstellen, wie schön es hier sein könnte.

Wasser, Nebel, Berge

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Fahrt nach Caoping, 36km

Der Tag begann mit einiger Mühsal. Die Fahrräder waren doch noch nicht so fahrtauglich wie wir sie gerne gehabt hätten. Zum Glück lag ein Fahrradladen auf unserem Weg. Der Betreiber tat sein Bestes um unsere Räder halbwegs auf Vordermann zu bringen und so konnten wir dann etwas verspätet endlich los.

Zuerst an der Hauptverkehrsstraße entlang. Verkehr war hier recht viel, erstaunlicherweise wenige Fahrräder. In Guilin fährt man mit dem Moped, wenn man etwas auf sich hält. Dabei ist doch die Fahrradinfrastruktur sehr gut ausgebaut. So schien es zumindest zuerst.

Wir kamen auf unserem Weg zuerst in Daxu vorbei, ein Anlegehafen, wo die Schiffe aus Guilin oder Yangshuo kommend immer wieder Touristen ausspucken.

Am Ortseingang machten wir eine kurze Toilettenpause an einem kleinen Gästehaus. Just diesen Moment nutzte einer der Betreiber um vor unseren Augen ein Huhn zu schlachten.
Das Huhn war festgebunden und mit einem kurzen Schnitt trennte er ihm die Kehle durch. Vor unseren Augen und den Augen seiner höchstens fünfjährigen Tochter. Nun, warum soll sie nicht wissen, woher das Huhn kommt, das später im Topf landet. Wir waren dann aber doch froh, als wir weiterfahren konnten.

Kurze Zeit später parkten wir unsere Fahrräder auf dem Busparkplatz an einem Ort, wo sie hoffentlich niemanden stören würden und baten dann einen hiesigen Ladenbesitzer, ob wir nicht unsere Sachen bei ihm lagern könnten. Dies konnten wir nur unter der Bedingung, dass wir keine Wertsachen bei ihm lassen. Ein vorsichtiger Mann, aber wir konnten die Vorsicht nachvollziehen.

Daxu ist einer jener kleinen Orte, die sich eine Altstadt erhalten haben, die teilweise noch aus der Qing-Zeit stammt, was bedeutet, dass viele der Gebäude zumindest über 100 Jahre alt sind.
Die Wirren der Kriege und der Kulturrevolution ließen sich anscheinend am besten in diesen eher kleinen Orten überstehen, an denen die Geschichte gerne vorbeigeht.

Auf den Märkten konnte man allerlei Tand erstehen, den man möglicherweise auch woanders hätte bekommen können. Ein paar Münzen aus dem 18. Jahrhundert sollten es dann schon sein. Interessanterweise gab es auch Münzen aus dem Britischen Kolonialreich. Ob die Sachen nun echt sind? Zumindest sehen sie alt aus. Das muss für das untrainierte Auge ausreichen. Kostet ja auch fast nichts.

Das Mittagessen spartanisch, aber lecker und nachdem wir dann doch genug gesehen hatten, viel mehr als eine etwa 200 m lange Hauptstraße gab es ja auch nicht bewegten wir uns zurück um unser Gepäck aufzusammeln.

Eine furchteinflößende Parkplatzwächterin machte mich sofort darauf aufmerksam, dass wir für unsere Fahrräder, wie für jedes andere Vehikel auch eine Parkgebühr zu zahlen hätten. Mir war natürlich klar, dass wir letztlich nicht drum herum kommen würden, kampflos aufgeben wollte ich jedoch auch nicht. Ich bezichtigte sie also der Betrügerei, der Halsabschneiderei und was mir sonst noch so einfiel. Sie zweifelte an meinem Urteilsvermögen. Als ich dann genug geflucht hatte, gaben wir ihr dann doch das Geld.
Kurz nach Daxu dann eine Überraschung. Die Brücke über den Fluss war eingestürzt und ein Rüberkommen erschien mehr als schwierig. Die Wahrheit ist, ich wusste bereits von der Brücke, hatte vielleicht insgeheim aber gehofft, dass man sie mittlerweile repariert hätte.

Ein langes Zögern, aber letztlich mühten wir uns dann doch über den Fluss. Schuhe aus und über die Steine balanciert. Ganz trocken blieben wir dabei nicht. Immerhin ein kleines Abenteuer.

Hinter der Brücke dann ein Fahrradweg vom Feinsten. Offensichtlich ist irgendwann einmal viel Geld in diesen Weg geflossen, aber nun scheint sich keiner mehr für ihn zu interessieren. Der Regen war zum Glück nur ein Nieselregen und recht zügig trafen wir im Ferienresort ein. Ringsherum Bambuswälder. Es fühlt sich tatsächlich so an, als wäre man im Regenwald. Auf den Regen würden wir dabei gerne verzichten. Den Wetterbericht hätten wir uns auch lieber nicht angucken sollen.

Ansonsten scheint es fast, als wären wir die einzigen Gäste im Hotel. Eine gespenstische Ruhe.
Beim Abendessen konnten sich die Köchinnen also fast ausschließlich auf uns konzentrieren.
Es war aber auch nicht so einfach uns zufrieden zu stellen.
Palasthühnchen? “Mei You” (Haben wir nicht.) Eis? “Ye Mei You” (Haben wir auch nicht.) Vielleicht ein Stück Kuchen? “Wo Men Shen Me Dou Mei You” (Wir haben hier gar nichts.) War dann die resignierte Antwort der Köchin.
Immerhin hatten sie Schnaps. Wohl bekomms.

Quer durchs Land mit der Eisenbahn

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Zugfahrt von Peking nach Guilin, 1986km

Unser Frühstück war insofern ein ganz besonderes, als dass wir einen traumhaften Blick auf die Mauer hatten. Allzulange hielten wir uns aber nicht damit auf, schließlich wollten wir noch auf die andere Seite der Mauer, welche wir am Vortag nicht erklettert hatten.
Der Weg dahin wurde erschwert, durch einige Wegelagerer, die einen Wegzoll von uns verlangten.
Zuerst als wir einen kleinen Staudamm überqueren wollten, und dann noch einmal auf der anderen Seite. Verhandeln half da nicht und der zweite im Bunde beteuerte, dass er mit dem anderen rein gar nichts zu tun hat. Wir bezahlten zähneknirschend und machten uns auf den beschwerlichen Weg.

Der Muskelkater vom Vortag war noch mehr als akut, zumindest bei mir. Auf der Mauer begegneten wir einem Mann, der Tai Qi praktizierte. Sein kleiner Hund war mehr als erfreut uns zu sehen. Wie der Hund auf die Mauer gekommen war, blieb uns ein Rätsel.

Auch wichtige Fragen, warum die Mauer anscheinend immer über die höchsten Gipfel gebaut wurde, konnten wir nicht abschließend beantworten. Die werden sich schon was dabei gedacht haben, war unsere Schlussfolgerung mit der wir uns zufrieden gaben.

Man konnte eindeutig feststellen, dass der Mauerabschnitt etwas frequentierter war, schließlich lag überall Müll rum. Darüber konnte man sich nicht so richtig freuen. Aber der Ausblick lenkte schnell wieder davon ab,

Auf dem Rückweg wagten wir uns auf eine unbekannte Route, hatten wir doch Angst, dass die Räuber vom Stausee uns nocheinmal Geld abknöpfen würden. Außerdem hofften wir damit noch etwas Zeit für eine heiße Dusche zu gewinnen. Das gelang uns tatsächlich und wir gelangten auf direktem Weg zurück ins Hotel. Wir ahnten aber, dass dem Hotel (der Fischzucht) daran gelegen war, diesen Weg möglichst nicht der Allgemeinheit bekannt zu machen. Stacheldraht am Eingang und ein Rudel Wachhunde ließen daran keinen Zweifel aufkommen.

Einige Stunden später saßen wir schon im Zug nach Peking. Was hatte es uns gegraust vor der langen Zugfahrt. Und dann wurden wir auch noch voneinander getrennt. Letztlich vergingen aber auch die Stunden im Zug. Für einige schneller (dank einer guten Menge Schnaps), für andere etwas langsamer (aufgrund schnarchender und spuckender Bettnachbarn). Im Zug trafen wir noch den Weltenbummler David. David kommt aus England und besucht seine Tochter in Singapur. Da ihm aber das ständige Fliegen über war, entschied er sich die Strecke mit dem Zug hinter sich zu bringen.

Eine Woche in der Transsibirischen Eisenbahn und dann quer durch China. Immerhin noch schneller als mit dem Fahrrad. Das Abteil teilte er sich mit einer überaus entspannten Mutter, deren Baby gar kein Problem damit hatte, dass David es auf den Arm nahm. Ihr schien die Erholungspause, die ihr der temporäre Vaterersatz verschaffte auch gut zu tun.

Anbei noch die ältere Schwester, von etwa vier Jahren, die zuerst noch etwas schüchtern war, aber nachdem sie eine Nacht gut durchgeschlafen hatte, kaum noch zu bremsen war.
Nachdem die Kleine mich aufgefordert hatte ein Bild zu malen, stellte sie leider fest, wie furchtbar meine Malkünste sind. Also musste ich Nachhilfeunterricht nehmen. Ein Baum, ein Haus, ein Buch etc. Meiner Meinung nach waren unsere Malkünste zwar etwa auf dem selben Niveau, aber sie war so sehr von ihrer Meisterschaft und meiner Unfähigkeit überzeugt, dass ich es nicht wagte ihr zu widersprechen.

Gegen Mittag kamen wir dann in Guilin an und wir wurden von einer tropischen Wärme empfangen. Gerade richtig, scjhließlich fing es im Norden langsam an kalt zu werden.

Das Hotel in Guilin begeisterte uns auf Anhieb durch seine stilvolle Einrichtung und seine ideale Lage am Li Fluss. Wir nutzten die Zeit für einen ausgiebigen Stadtbummel. Die Sonne und Mondpagode war hierbei ein Highlight. Zum Glück gab es immerhin in einer der beiden einen Aufzug. Der Tourguide war schon ganz schön am Ende.

Da wir unbedingt noch die Pagoden in der Nacht sehen wollten, vertrieben wir uns die Zeit auf einem der lokalen Märkte, die dafür berühmt sind, dass man dort übers Ohr gehauen wird. Aber wenn man das weiß, ist es gar nicht so schlimm. Das Warten lohnte sich dann auch, die Pagoden wurden rundum beleuchtet.

Unser Abendessen nahmen wir auf der Dachterrasse des Hotels ein. Auch hier wurden wir mit einer schönen Aussicht verwöhnt. So kann es gerne weitergehen. Ich nötigte die Gruppe vom weltberühmten Guilin-Kuchen zu probieren, der traditionell zum Tee gereicht wird. Wir hatten leider nur Bier. Prädikat: Staubtrocken. Aber lecker.

Morgen geht es dann endlich wieder aufs Rad. Wir können es kaum erwarten.

Auf der Mauer

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Fahrt nach Huanghua, 34km, 549 Höhenmeter

Am heutigen Tag sollten wir endlich die Mauer erreichen. Doch erstmal dort hinkommen.
Die Wegfindung war kein Problem. Der leichte Pass, wie ich ihn versprochen hatte, erwies sich dann doch als etwas steiler und verlangte uns doch einiges ab. Oben angekommen trafen wir einen Bruder im Geiste, der ebenfalls mit Fahrrad unterwegs war. Er schien auch ein begeisterter Hobbyfotograf zu sein. Aus allen Winkeln und vor verschiedenen Hintergründen lichtete er uns ab.

Die Abfahrt nach dem Pass brachte uns immer näher an die Mauer und eine sagenhafte Landschaft entfaltete sich zu beiden Seiten. Ob es den Anwohnern nach so vielen Jahren auch noch so gut gefällt? Man möchte meinen ja, immerhin stand vor einem der beeindruckendsten Felsmassive ein Sofa in idealer Position. Die weitere Fahrt nach Huang Hua wurde immer wieder durch kleine Fotopausen unterbrochen. Aber soviel Zeit musste sein.

Schließlich hatten wir ein gutes Tempo vorgelegt und brachten sogar noch den Fahrer des Gepäckautos in Verlegenheit, kamen wir doch eine halbe Stunde vor ihm an. Die Fahrräder, die uns gute Dienste geleistet hatten wurden verladen und nun hieß es zu Fuß weiter. Eigentlich schade, ein Stück wären wir doch gerne auf der Mauer entlang gefahren.

Das erwies sich aber als äußerst unrealistisch, wie wir bald sehen sollten. Es war eine echte Kletterei, mit Anstiegen von sicherlich 15 %. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie dieses massive Bauwerk in den Fels getrieben wurde. Nur wenn man sich bewusst wird, dass hier Abertausende Menschen am Bau gewirkt haben, kann man es einigermaßen begreifen.

Die Berge erscheinen ohnehin so schroff, dass kaum ein Mensch sie überqueren kann, geschweige denn eine Armee und dazu noch mit Pferden. Aber die Kaiser werden schon gewusst haben, warum sie eine Mauer bauen. Schließlich war jene Mauer, die wir besichtigt haben (Mingzeit, 16.Jahrhundert) bei weitem nicht die erste. Bereits unter dem ersten Kaiser im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung hatte man mit dem Bau der ersten Mauer begonnen. Weitere Teilabschnitte kamen im Laufe der Geschichte dazu, alle zum selben Zweck, nämlich die Barbaren aus dem Norden vom ungehinderten Eindringen abzuhalten. Gleichzeitig wurden über die Mauer aber auch Handel und Immigration kontrolliert, oder zumindest versuchte man das.

Zwischen uns Reisenden entbrannte bald eine Debatte über die Länge der Mauer. 6000 km hatte es im Reiseführer geheißen. Das konnte doch nicht sein, viel zu lang. Unmöglich. Aber auf Anhieb ließ sich das nicht so einfach nachprüfen, schließlich waren wir weitab von jedem Internet. Doch dann geschah ein Wunder. Plötzlich konnte ich auf meinem Handy das Wlan vom Hotel empfangen, welches etwas mehr als 1km entfernt lag. Mehr als seltsam, wo es doch schon in meinem Zimmer nur sporadisch funktionierte. Ein Phänomen, dass ich mir, bis mir jemand eine bessere Erklärung liefert, nur mit Magie erklären kann.

Tatsächlich wird die Gesamtlänge der Mauer, rechnet man alle jemals gebauten Abschnitte zusammen auf mehr als 21000 km geschätzt. Wir gaben uns vorerst mit den zwei, drei Kilometern, die vor uns lagen zufrieden. Wenn es überhaupt so viele waren. Sowohl aufwärts als auch abwärts war es eine ziemliche Herausforderung die Balance zu bewahren. Kletternd, Steigend, Trippend und teilweise Kriechend wagten wir uns also bis zum unrestaurierten Teil der Mauer vor, wo wir eine längere Pause einlegten. Stille kehrte ein und alle genoßen den Augenblick. Man liest ja viel über die Mauer, hört von anderen die dort gewesen sind und vielleicht denkt man sich “Meh, ist ja auch nur eine Mauer. Guck ich mir sicher irgendwann mal an. Nette Fotos.” Aber wenn man dort ist begreift man erst, warum Millionen Menschen dort jedes Jahr hinpilgern. Ohne Übertreibung wage ich zu sagen, die Große Mauer muss man gesehen haben. Wir haben sie jedenfalls gesehen und das stimmte uns alle mehr als zufrieden. Wir hatten sicherlich auch großes Glück, denn wir waren beinahe allein und so versprühte der Ort eine ungeheure Ruhe, die man sicherlich an touristisch erschlosseneren Abschnitten und zu den Stoßzeiten so nicht erleben kann.

Schweren Herzens begaben wir uns auf den Rückweg. Am Eingang der Mauer noch ein kurzes ornithologisches Fachgespräch mit der hiesigen Restaurantbetreiberin und Mauerwächterin über den Unterschied zwischen Deutschen und Chinesischen Krähen und dann hieß es zurück ins Hotel.
Eine große Kanne Kaffee und eine heiße Dusche später aßen wir dann zu Abend und aßen Fisch aus der hoteleigenen Fischzucht (sehr schmackhaft).
Teilweise fiel es uns schwer uns von unseren Handys loszureißen, schließlich musste die Heimat über unsere Erlebnisse informiert werden.

Morgen geht es zurück nach Peking und zurück in den Trubel. Wir beschloßen kurzerhand, dass wir vor unserer Abfahrt noch ein letztes Mal die Mauer aufsuchen wollen. Wer weiß, wann und ob man nochmal hierher kommt.