Wetterwechsel

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

30 km einfache Fahrt mit Mini-Büschen

Gemächlich geht es los heute. Es ist Eingewöhnen angesagt – zu allererst an die Höhe. Von knapp über dem Meeresspiegel auf etwa 2300 m, denn so hoch etwa liegt Xining, bevor es dann morgen per Bahn nach Lhasa über 5000 m hohe Pässe geht. Das fällt uns eigentlich recht leicht. Viel unangenehmer ist der Wetterumschwung und der Temperatursturz. Während ich in Beijing noch 28°C und blauen Himmel genießen konnte, starten wir hier bei 7°C und Wolken. Steigerung nach unten möglich: Ab nachmittag 7°C und Regen. Was haben wir nur falsch gemacht, dass bei unserer Ankunft schon der Himmel weint?

Während uns unser beheiztes Hotelzimmer noch mollige Wärme vorgaukelte, frösteln wir uns nach kurzer Autofahrt in Richtung Kumbum-Kloster oder chinesisch Ta’er si (Pagodenkloster). Dieses Kloster ist eines der sechs wichtigsten Lehranstalten der „Gelbmützen“ und wurde, so sagt es die Legende, am Geburtsort des Ordensgründers Tsongkhapa errichtet. An der Stelle wo seinerzeit, sprich 1357, die Nabelschnur durchtrennt wurde, entsproß aus dem dabei vergossenem Blut ein weißer Sandelholzbaum, dessen 100.000 Blätter niemals abfielen und die wiederum 100.000 Bildnisse Buddhas trugen. Der tibetische Name Kumbum Champs Ling bedeutet soviel wie Kloster der 100.000 Bildnisse des Buddha Maitreya. Später errichtete Tsongkhapas Mutter zu Ehren ihres Sohnes an dieser Stelle eine Pagode. Wieder später wurde hier zunächst eine kleines Kloster errichtet bis dann im ausgehenden 16. Jh hier die erste Studienfakultät durch den 3. Dalai Lama eingerichtet wurde.

Auf dem weitläufigen Gelände mit den unzähligen Hallen kann man gut vier Stunden verbringen. Mandalas umrunden, trommelschlagenden Mönchen lauschen, den Duft alten Holzes und brennender Butterkerzen einsaugen, der uns alle ein wenig an Weihnachten erinnert.

Ordentlich durchgefroren machen wir uns dann auf dem Weg zurück ins Hotel. Der Wunsch nach Gemütlichkeit verbunden mit einem Heißgetränk läßt uns aber vorerst noch einen Abstecher in die nahegelegene Shopping-Mal machen, in der Hoffnung, da etwas Kaffee- oder Teeartiges aufzustöbern. Und wir werden fündig. Im 5. Stock genießen wir frische Waffeln mit heißem Cappuccino. Gegen halb sechs dann landen wir zufrieden und aufgewärmt im Hotel und freuen uns auf unser erstes richtiges Abendessen in China!

Ankunft

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Flug nach Xining

Unsere Wege kreuzen sich in Beijing, Flughafen, Terminal 2, Gate 63. Trotz recht knapper Umsteigezeit in Istanbul hat es Sven als erster geschafft. Ich, obwohl viel Puffer eingeplant – weil extra einen Tag früher angereist- scheitere am Check-in. Mein zum Bersten gefüllter Koffer muss geöffnet werden. Das Werkzeug hat Misstrauen erregt. Also alles raus, denn das schwere ist – klar – ganz unten und alles wieder rein. Quetschen, drücken, ziehen, schwitzen – Koffer zu. Dann nochmal, die Kontroll-Maschine hupt – Mein kleines Batterie Experiment ist aufgeflogen. Ganze Prozedur nochmal…

Naja, selbst schuld! Als ich dann meinen Koffer das dritte Mal öffnen soll, reicht es selbst der Security-Dame und ich werde in die Sicherheitskontrolle entlassen. Hier muss ich Gott sei Dank nur einmal die Schuhe ausziehen. Am Gate angekommen laufe ich Sven direkt in die Arme. Nun warten wir noch auf René und Susann. Die kommen und kommen nicht. Wie sich später herausstellt, war auch hier der Check-in die „Stolperstelle“. Batteriebetriebene Handschuhe für die kalten tibetischen Abfahrten. Drei Versuche hat’s gebraucht den Übeltäter ausfindig zu machen. Zu guter Letzt sitzen wir aber alle glücklich und wohlbehalten im Flieger nach Xining und kommen kurz nach Mitternacht planmäßig im Hotel an. Die geplante erste Stadterkundung verschieben wir auf morgen.

Kathmandu und Abschied von Nepal

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigung in Kathmandu am Beginn der Feiertage: Pashupatinath, Bodnath, Dubar Square

Die Hände nicht mehr ständig am Lenker, haben wir Zeit zum Fotografieren. Nach einem ausgiebigen Frühstück, und für Annika und Dirk nach der Yogastunde, beginnen wir unsere Besichtigungstour per Auto am Pashupatinath, Nepals heiligstem Pilgerort und Stätte der Feuerbestattung für die Verstorbenen aus Kathmandu. Für mich ist es auch zum dritten Mal sehr gewöhnungsbedürftig, nur ein paar Meter entfernt zu sein, wenn Angehörige sich von ihren Lieben verabschieden, das Feuer anzünden und warten, bis schließlich die Asche in den Fluss gekehrt wird. Man wird das Gefühl nicht los, bei einer wichtigen Zeremonie zu stören, deswegen gibt es auch keine Bilder davon hier im Blog.

Heute ist der erste Tag des hinduistischen Dasain-Festes, das sich über zwei Wochen erstreckt. Viele Menschen haben sich herausgeputzt und besuchen die Tempel, es ist etwas voller als sonst. „Zu diesem Feiertag bekommen die Kinder neue Kleider und werden von den Eltern verwöhnt“ erzählt Baskhar, unser Guide. Wir schauen uns das bunte Treiben an, gehen an Hochzeiten vorbei und erleben Zeremonien, von denen noch nicht einmal Baskhar so genau weiß, welchen Inhalt sie haben, es gibt einfach zu viele Volksstämme mit eigenen Traditionen hier in Nepal.

An der großen Stupa Bodnath wird es wieder tibetisch, gerade wird das imposante Bauwerk neu gekälkt, einige Pilger drehen die Gebetsmühlen, die Luft ist voller Rauch und dem Geruch der Butterkerzen. Nach einer Pause in einem der Rooftop Restaurants geht das Programm weiter. Während der Fahrt zu einem Radladen wird uns klar, was Feiertagsbeginn in Kathmandu bedeutet. Die Straßen werden voll und voller, selbst zu Fuß kommt man nicht mehr wirklich weiter. Die halbe Stadt scheint auf den Beinen, um bei den zahlreichen Straßenhändlern einzukaufen.

Kurz vor vier Uhr erreichen wir den Dubar Square, und erhaschen einen Blik auf die Kumari, lebende Gottheit aber vor allem vierjähriges Kind, das sich einmal am Tag auf dem Balkon den Menschen zeigt. Die Kleine schaut kurz hinunter und beobachtet dann die Tauben auf dem Dach, bei uns schleicht sich ein ungutes Gefühl ein, was diese Tradition betrifft, einem kleinem Mädchen bis zu einem Alter von etwa zwölf Jahren ein solch isoliertes Leben anzutun.

Am Dubar Square sind die Auswirkungen des Erbebens von 2015 allzu gut zu erkennen. Viele der Tempel sind noch in sich zusammengefallen, einige befinden sich schon im Wiederaufbau. Auch auf dem Rückweg durch die Gassen des Stadtviertels Thamel wird die Zerstörung immer wieder sichtbar, wenn man sich die Lücken anschaut, die zwischen den stehen gebliebenen Häusern klaffen. Baskhar erzählt, wie er unterwegs das Erdbeben erlebt hat, wie die Kommunikation zusammenbrach und über die bangen Stunden, in denen er nichts über den Verbleib seiner Familie wusste, und ich bin froh, so etwas nicht erlebt zu haben.

Am Abend besuchen wir das Restaurant Bhojan Griha, geführt vom Besitzer des Kantipur Temple Houses, in dem wir in Kathmandu untergekommen sind. Angeschlossen ist auch ein Bioladen, vielleicht der einzige der Stadt, die Speisen stammen aus nachhaltigem Anbau. Kathmandu ist zwar insgesamt etwas schicker geworden, aber immernoch ein ziemliches Chaos aus Stromkabelgewirr, kleinsten Läden und viel Staub, und hier einen Bioladen aufzumachen finde ich einfach gut.

Nach diesem vollen Tag geht auch eine lange Reise zu Ende. Morgen werden Franz, Ramon und ich wieder nach Hause fliegen, Annika und Dirk hängen noch ein paar Tage an. Ich sitze im Innenhof des Hotels und genieße die letzten Stunden hier in Nepal. Schön wars.

Ein klein wenig Statistik:

Wir sind „Auf dem Dach der Welt“ 1.124 km geradelt und haben dabei 9.447 Höhenmeter (reiner Aufstieg) überwunden.

Drei Fünftausender-Pässe lagen auf dem Weg: der Karo La Gletscher (5.050 m), der Gyatso La (5.248 m) und der Kongtang Lamu (5.236 m).

Gefühlt haben wir sämtliche Klimazonen durchquert und geschwitzt und gefroren: von frostigen Temperaturen knapp über null in Tibet bis hin zu sommerlich-heißen dreißig Grad in Kathmandu war alles dabei.

Der Wettergott war auf unserer Seite. Alle Achttausender auf dem Weg haben sich uns wolkenfrei gezeigt. Der Besuch am Everest Basecamp war sicherlich eines der Highlights.

Von den sechs wichtigsten Klöstern des tibetischen Gelug-Ordens haben wir vier besichtigt. Nebenbei haben wir ganz gut gegessen und die lokalen Biere durchprobiert. Unsere Favoriten sind eindeutig die nepalesischen Kaltgetränke.

Die gefährliche Zone unterhalb der Baumgrenze haben wir nahezu unfallfrei passiert. Alles gut gegangen. Nochmal ein Stoßgebet nach oben.

Und… auf der ganzen Strecke hatten wir nur einen Platten, und das auf dem ersten Kilometer in Lhasa.


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Auge an Hirn, Hirn an Hände – Schalten!

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Trisuli nach Kathmandu, 53 km, 1.493 m Aufstieg, teils sehr steil

Die Hände die meiste Zeit am Lenker, blieb nicht viel Zeit für Fotos. Das Frühstück auf der Terrasse hatten wir für halb sieben angesetzt, was uns angesichts der mit 53 km recht kurzen Etappe sehr früh vorkam. Aber um sechs Uhr wird es hell und 53 nepalesische Kilometer können es schon in sich haben.

Die ersten 18 km folgen wir einem Flusslauf, auf abwechselnd sandiger schlammiger und steiniger Piste, mal im Dschungel, mal an Reisfeldern vorbei, immer mal wieder ein Dorf und der Verkehr hält sich in Grenzen. Trotzdem wird man arg durchgeschüttelt. Nach unserer Erfahrung sind die ebenen Strecken in schlechtem Zustand, sobald es in die Hügel geht, wird es besser. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch dort Abschnitte mit groben Steinen, Schlamm oder Sand zu überwinden gäbe, aber tendenziell bessert sich der Belag.

Wir haben die kurze Route nach Kathmandu gewählt, weil Baskhar uns dringend von der ursprünglichen abrät, der Zustand sei sehr schlecht. Also klettern wir nicht auf 30, sondern auf 20 km Länge den Anstieg von knapp 1.500m hoch. Klettern trifft es ganz gut, denn hier sind alle Fahrkünste gefragt, und Ramons Anzeige steht nicht selten auf 18 Prozent Steigung. Das eine oder andere Mal war es steiler, aber da blieb keine Zeit zum Gucken. Da heißt es nur: so schnell wie möglich runterschalten, ganz nach vorn lehnen und treten, treten, treten. Nach dem Höhentraining in Tibet ist es nicht mehr wirklich anstrengend, aber anspruchsvoll, mir macht es Spaß. Oben auf 1.863m angekommen, treffen wir auf den Schrauber, der unsere Fahrräder in Kathmandu wartet. Ich hätte ihn nicht erkannt, aber er kennt unsere Kogas – und so kommen wir ins Gespräch – eine lustige Begegnung. Die Landschaft ist übrigens grandios, die steilen Hügel scheinen bis in den Himmel zu reichen.

Nach einer kurzen Abfahrt sind wir auch schon im Kathmandu Valley angekommen. Die Straße führt zunächst kurvenreich durch Reisfelder, bevor wir uns schließlich der 3-Millionen-Stadt nähern. Motorräder, Kleinbusse und Taxen drängen sich durch die engen Gassen, zu hunderten, es ist wie in einem Fischbecken, finde ich. Wir sind einfach langsam unterwegs und die Stadteinfahrt gestaltet sich nicht so schlimm wie befürchtet. Es ist nur ein sehr kurzes Stück an der Ringstraße zu fahren, wo der Verkehr schneller fließt, das macht es uns einfacher (ich erinnere mich an die vielen scheußlichen Kilometer Stadteinfahrt auf der Schnellstraße vor sechs Jahren und bin froh über die neue Route).

Am Zielort angekommen ist es wieder Zeit für ein Schmutzbier, und schmutzig, verschwitzt und staubig sind wir heute wirklich!


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Willkommen in Nepal

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Dhunche nach Trisuli, 52 km, 1.900 m Abstieg

Nepal ist bunt, die Häuser, die Kleidung, die Busse, einfach alles. Wieder einmal bemerke ich, dass ich keine Menschen abgelichtet habe, ich werde versuchen, das zu ändern. Die Vegetation ist üppig, ein krasser Gegensatz zum kargen Tibet. Heute sind wir beispielsweise an Bananen, Papaya, Pomelo, Reis und Hirse vorbeigefahren. An das pralle Leben, die Dichte und wärmeren Temperaturen muss man sich erst wieder gewöhnen.

Allerdings auch an den Staub, die schlechte Piste und den Verkehr. Wie schlecht Straßen sein können, davon macht man sich zu Hause in Deutschland kein Bild, wir haben auf den ersten 15 Kilometern einen ganz guten Eindruck bekommen – und teilweise die Bedeutung von „Radwandern“ verstanden. Vielleicht hat das eine oder andere nepalesische Bier von gestern Abend und die Feier, nicht wieder frieren zu müssen, auch ein klein wenig zur Trübung der Stimmung beigetragen.

Spätestens am Abend, als wir im gepflegten Garten des Water Tower Hotels sitzen, wird uns der Wechsel von Tibet nach Nepal so richtig bewusst. Ein Unterschied ist besonders auffällig: die Infrastruktur ist hier zwar schlechter, dafür sind aber selbst die kleinsten Restaurants sauber und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Und natürlich müssen wir in den nächsten Tagen die Gelegenheit nutzen, uns durch die nepalesische Küche und die vielen gar nicht so schlechten Biere zu probieren.


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Abwärts, abwärts, abwärts

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Jilong nach Dhunche, ca. 2.500 m Abfahrt, Grenzübertritt nach Nepal

Was ich an Tibet so mag, ist die schier unendlich Weite. Die Berge sind hoch, die Abfahrten lang, die Landschaft scheint einfach nicht aufzuhören. Man kann an einem Tag von über 4.000 m auf unter 2.000 m abwärts rollen. Und dabei einige Klimazonen durchfahren.

Am Morgen war es zugegebenermaßen etwas kalt. So kalt, dass sich das Gefühl in Händen und Füßen etwas erst später wieder einstellte. Unsere Straße nach Nepal ist neu, nach dem Erdbeben von 2015 gebaut. Sie folgt dem Flusslauf, mal auf Wasserlevel, mal hoch darüber. Die Schluchten sind spektakulär, hinter jeder Kurve tun sich neue Blicke auf. Immer weiter geht es abwärts, durch das riesige Gebirge hindurch. Gestern hatten wir schon beobachtet, dass ab 4.600 m Höhe wieder Büsche wachsen und die ersten Yak- und Ziegenherden auftauchen, lässt man die vereinzelten Tiere weg, die auch oberhalb auf steilen Steinhängen klettern. Im Laufe des Tages wird es dann tatsächlich grün. Nadelwälder, Wasserfälle, wäre da nicht der Bambus, könnte man sich fast in den Alpen wägen.

Dann geht es alles recht schnell. Wir verabschieden uns von unserer tibetischen Crew und wünschen Tashi, Lobsang und Dawa eine gute und sichere Heimfahrt nach Lhasa, bestaunen die riesige chinesische Grenzstation und sind schon auf der nepalesischen Seite angekommen, die nur ein kleines Zelt zur Einreise aufgestellt hat. Für die Grenzformalitäten werden wir in ein Hotel gebeten, es gibt Tee und Kaffee. Hier ticken nicht nur die Uhren anders, sehr angenehm.

Die ersten Kilometer nach Dhunche legen wir mit dem Rad zurück und bekommen einen kleinen Vorgeschmack auf die hiesigen Straßenverhältnisse. Um nicht in die Dunkelheit zu geraten, steigen wir in den Bus um. Aber zu Busfahren in Nepal morgen mehr. Wir sind so angetan von den warmen Temperaturen und dem guten Everest-Bier, dass es spontan später wird als gedacht.


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Eigentliche Königsetappe

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Menbu nach Jilong, 140 km, 1.177 HM

Es war die eigentliche Königsetappe, deswegen sollen ein paar mehr Bilder erlaubt sein. Nach einem Candellight-Breakfast, weil der Strom im Ort einmal wieder ausgeschaltet ist, machen wir uns auf den Weg, bloß weg von hier. Nach dem Erdbeben von 2015 ist der Grenzübergang bei Zhangmu wegen eines Hangrutsches nicht mehr passierbar gewesen, und bis heute für Touristen gesperrt. Also werden wir uns bei Jilong durch das Himalaya-Gebirge nach Nepal quetschen. Dieser Weg ist noch nicht lange für Westler geöffnet, wir betreten Neuland. Kurz bevor wir den Friendship-Highway nach Westen verlassen, erhaschen wir noch einen kurzen Blick auf den Xixiapangma, einen weiteren beeindruckenden Achttausender. Dann beginnt der lange Weg nach Jilong Xian. Denn es gibt zwei Jilongs, einer davon ist zwanzig, einer neunzig Kilometer von der nepalesischen Grenze entfernt.

Die Landschaft zu beschreiben würde den Blog sprengen. Schaut Euch die Bilder an. Die eigentliche Herausforderung heute war der dritte Fünftausender-Pass, der nach einer Anfahrt von etwa 100 km bevor stand. Denn der Weg, den wir eigentlich nehmen wollten, entpuppte sich als Steinpiste und war außerdem gesperrt, die Straße sehr gut befahrbar, aber gut zwanzig km länger. Das Dach der Tour lag dann bei 5.236 m. Und nach einer kalten, harten Abfahrt war es ein großes Glück, dass unsere Unterkunft in Jilong eine heiße Dusche hatte. Was für ein Tag, lasst es Euch zu Hause selbst erzählen.


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Außen hui, innen pfui

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Old Tingri nach Menbu, 61 km nahezu flach

Ich hinke etwas hinterher mit dem Blog. Draußen zirpen die Grillen, der Fluss rauscht, es ist selbst nachts noch angenehm warm. In Nepal angekommen kann ich mir kaum vorstellen, wie kalt es noch vor zwei Tagen in Tibet war. Deswegen nur die Kurzfassung.

Wir starten früh am Morgen mit unserer Winterausrüstung. Den Choomolangma und den Cho Oyu links neben uns, fahren wir eine flache Etappe, am Fluss entlang, durch Dörfer, in denen Pferde gezüchtet werden, dann ein strahlend blauer See, und wieder schier unendliche Weite. Es ist malerisch. Die Mittagspause verbringen wir in einer tibetischen Kneipe, die an einen Wintergarten erinnert. Heute können wir uns Zeit lassen, die Etappe ist mit gut 60 km sehr kurz. So beeindruckend die Landschaft, so erschreckend ist unser Zielort. Es wird in Mengbu zwar gebaut, aber wenn man die Details betrachtet, ist der kleine Ort noch herunter gekommener als vor sechs Jahren. Der Herbergshof gleicht einer Müllhalde, an den Gestank scheinen sich die Bewohner gewöhnt zu haben und die Frage, ob man sich irgendwo die Hände waschen kann, löst Erstaunen aus. Wir spazieren durch den Bauernteil des Ortes, halten uns so lange wie möglich in einem kleinen Sichuan Restaurant auf, um möglichst lange von der Party fernzubleiben, die die lokale Polizei im Aufenthaltsraum unserer Herberge feiert. Fast sind wir neidisch auf die Gruppe Westler, die ein paar Kilometer von Menbu entfernt ihre Zelte aufgeschlagen hat. Aber auch nur fast, denn die Temperaturen liegen nachts sicherlich unter dem Gefrierpunkt, was man gut an den Eisschichten auf dem nassen Grasland erkennen kann.


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Wild wild West

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Von Baipa nach Old Tingri, 50 km, flach und windig

Je weiter wir nach Westen fahren, desto wilder wird es. Die tibetischen Männer tragen lange Haare und Cowboyhüte (ich merke, dass ich leider wieder keine Bilder von ihnen geschossen habe) und sehen fast aus wie Indios aus Südamerika. Franz übrigens auch, allerdings ohne die langen Haare, nur seine Gesichtsfarbe hat sich der der Bewohner hier angeglichen. Wir rollen über schnurgerade Straßen, durch kleinste Dörfer, immer im Flusstal, das sich hier und da weitet und Platz lässt für große Herden von Pferden, Schafe oder Yak. Wow. Seit Mittag sind wir endlich wieder auf dem Rad und lassen uns den Wind um die Nase wehen.

Allerdings heißt wilder Westen auch, dass der Strom manchmal ausfällt. So wie kurz nach unserer Ankunft in Old Tingri. Schmutzbier hatten wir schon, gerade sollten Dusche und Blog folgen, was sich erst einmal auf unbestimmte Zeit verschiebt. Von der Baustelle unseres Motels aus können wir aber immerhin den unverbauten Blick auf den Mt. Everest und den Cho Oyu genießen. Doch dann frischt der Wind noch einmal sehr kräftig auf, wir hatten schon beim Radeln Gegenwind, und verdeckt unsere geliebten Achttausender. Was hatten wir für ein Glück, die hohen Berge vorher gut zwei Tage lang unverhüllt zu sehen.

Auf der Fahrt sind wir auch durch tibetische Feuchtgebiete gekommen, auch wenn es manchmal eher den Anschein einer Wüste machte. Pfeiffhasen, Kraniche und „Strandläufer“ waren nur einige der Tiere, die wir zu Gesicht bekamen. Ein Dank an Ramon für die letzten drei Bilder. Annika und Dirk sind noch hoch zum neuen Pavillon geradelt, wir anderen saßen lieber vor dem Haus in der Sonne. Ab dem Nachmittag kühlt es allerdings rasch ab, der Wind ist sowieso kalt, und spätestens nach Sonnenuntergang sind Mütze und dicke Jacken angesagt. Wir hatten Glück, nach dem kurzen Spaziergang in den Ort (Old Tingri ist so etwas wie ein erweiterter Truckstop), kam der Strom wieder und wir konnten im Hellen essen und auch Blog schreiben ist wieder möglich.

Morgen geht es noch weiter gen Westen und wir sind gespannt, was uns auf der teils unbekannten Strecke noch erwartet.

PS. Das erste Bild ist noch ein Abschiedsfotos von unserer netten tibetischen Gastfamilie, die leider um ein Familienmitglied geschrumpft ist, denn der Herbergsvater, den wir schon vor Jahren wegen seines Aussehens auch „Häuptling Gurkennase“ getauft hatten, ist leider vor acht Monaten verstorben. Jetzt ist die Omi für Haus, Feuerstelle und Beaufsichtigung des Kleinkindes zuständig, einer ihrer Söhne und seine Frau beherbergen die Gäste und die älteste Tochter schaut ab und zu nach dem Rechten. Ich kenne sie noch von vor sechs Jahren, und selbst der Sohn, nach eigenen Angaben damals noch in der Grundschule, erkennt mich von einem Foto, das irgendwo in der Schublade eines bunt verzierten Schrankes liegt. Die übrigen Kinder sind aus dem Haus, wahrscheinlich im Internat, weil es hier in Passum ab der Grundschule nicht mehr weiter geht.


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Qomolangma

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Tagesausflug mit dem Auto zum Everest Basecamp und Übernachtung im Bauerdorf Passum

Wir sitzen im Auto und Franz kommentiert immer wieder verzückt die Serpentinen. 108 sollen es sein. Die Straße zum Pang La (5.198 m) ist 2015 geteert worden und hat das ehemalige Waschbrett ersetzt. Das macht es einfacher, sich dem Mt. Everest zu nähern. Die Aussicht ist auch aus dem Auto aus fantastisch, auch wenn Franz sehr viel lieber geradelt wäre. Am Pass angekommen präsentiert sich uns die Himalaya-Kette komplett wolkenfrei: mit Makalu (8.463 m), Lhotse (816 m), Mt Everest (8.844 m) und Cho Oyu (8.201 m) haben wir gleich vier Achttausender im Blick. Es ist einfach nur zum Genießen. Auf der anderen Seite geht es wieder viele viele Serpentinen herunter, wir fahren durch einige Dörfer und erreichen schließlich, ebenfalls über eine gut geteerte Straße, das Basecamp. Na ja, eher die vorgelagerte Zeltstadt, denn der Weg zum vorgelagerten Basislager der Bergsteiger ist nicht mehr für Touristen offen. Aber wir haben den höchsten Berg der Erde gigantisch vor uns, auf Tibetisch Qomolanga und weiblich, und können uns Zeit lassen, so viel wir wollen.

Im Kloster Rongbuk entdecken wir die Mediationshöhle, in der schon Pathmasambava, der um 700 aus Indien kam und die ersten Klöster in Tibet aufgebaut hat, einige Monate verbracht haben soll. Im höchsten Postamt der Welt lassen wir Postkarten und andere Schriftstücke stempeln, dann stehen wir einfach wieder eine halbe Stunde da und schauen uns den Berg an. Ich finde es ergreifend, kann mich kaum satt sehen und nicht recht begreifen, dass so viele Menschen noch einmal gute 3.000 Meter höher gehen, fallen doch hier schon jegliche Treppenstufen erstaunlich schwer.

Ich schreibe diesen Blog erst am Tag danach, weil wir zum ersten Mal auf der Reise im Bauerndorf Passum kein Wifi haben. Dafür sitzen wir in der guten Stube beim Abendessen, der Yakdungofen heizt uns ordentlich ein. Vom Dach des Hauses aus haben wir wieder einen freien Blick auf den Mt. Everest, und auf den „Almabtrieb“, denn die Kühe, Pferde, Yak und Schafe werden von der Weide ins Dorf geholt. Manche der Tiere kennen ihre Abzweigung, bei manchen muss nachgeholfen werden. Es ist sehr ländlich hier, obwohl eine Vielzahl an Jeeps durch den kleinen Ort brausen. Unsere Herberge füllt sich, drei ältere Chinesen sind mit dem eigenen Auto aus Kanton angereist, spät am Abend kommt ein durchgefrorener Motorradfahrer dazu. Das Abendessen verschiebt sich, weil die tägliche Arbeit, also die Versorgung der Tiere, hier einfach noch vorgeht. Landleben auf tibetisch.

PS. Auf den ersten Bildern habe ich diesmal nicht verpasst, die Fotografierlust einiger chinesischer Toursiten festzuhalten. Mann kann auch schonmal aufs Auto steigen, um ein Bild vor dem Eingangstor zur Passstraße zu schießen. Ja, die Gegensätze zum tibetischen Landleben könnten kaum größer sein.


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