Schlafen wie die Kaiser

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Talfahrten waren heute die Devise. Anscheinend ist es nicht jedermanns Ding ungebremst eine 10 km Abfahrt runter zu brettern. Ich hatte allerdings meinen Spaß. Meine Waden hatten auch mit gelacht, als sie sich endlich eine Pause gönnen durften. Die Steigungen waren wesentlich entspannter als erwartet. Natürlich hatte man (ich zumindest… die Schweizer natürlich nicht!) trotzdem zu kämpfen. Täler, Dörfer und Müllhalden schossen an einem vorbei. Da die Möglichkeiten für das Mittagessen eher rar waren heute, entschieden wir uns mit Obst und Keksen einzudecken um zwischen drin uns mit leichter Kost zu stärken. Zusätzlich hatten wir ja noch den 6 Kilo Schmalzzopf (ungelogen!), den wir bei der Einfahrt nach Tonghai gekauft hatten. Vielen Dank an Sabine, dass sie das Monstrum von Teig, Honig und Sonnenblumenkernen mit sich schleppte. Das wäre alles natürlich kein Problem gewesen, hätten wir ein vernünftiges Frühstück gehabt. Leider bekamen wir heute Morgen im Hotel nur etwa die Hälfte der bestellten Gerichte. Dazu kam, dass der Kaffee sich ordentlich verspätete und nur ein Teil der Gruppe wirklich wach die Etappe antreten konnte. Der Mangel an Energie nagte an den Kräften vieler von uns. Als wir endlich an unserem Ziel ankamen wurden wir allerdings mehr als belohnt. Unsere heutige Bleibe, das Zhujia Hua Yuan ist ein altes Domizil von Angehörigen des Adels der ehemaligen Qing Dynastie, erbaut im Jahre 1907. Selbst Domizil klingt fast etwas untertrieben. Der Komplex umfasst 17 Höfe, in denen einige zum Museum, andere zur Unterkunft und wiederum andere zum privaten Gebrauch eingerichtet wurden. So muss sich wohl auch ein Chinese fühlen, wenn er/sie mal im Schloss Neuschwanstein übernachten darf. Auch die Inneneinrichtung überzeugte. Kaiserliche Himmelbetten und Schminktisch mit Ornamenten verleihen ein authentisches Flair. Lediglich der Fernseher mit Kabelanschluss bringt einen wieder zurück in die heutige Zeit. Aber man kann ja auch die chinesischen TV-Geschichtsserien im Hintergrund laufen lassen.

Als Neuling hier in der Stadt fiel es mir schwer ein Restaurant für das Abendessen auszusuchen. Schließlich setzten wir uns draußen in eine Gasse, nett überdacht in einem Separee im Freien (Das klingt jetzt komplizierter als es ist). Wie ausgehungerte Hunde stürzten wir uns auf die Gerichte. Es war mal wieder eine Völlerei. Dieses Mal aber wenigstens verdient. Als krönenden Abschluss gab es noch Verdauungshilfe in Form von selbstgebrannten Maisschnaps. Entgegen einiger Befürchtungen konnten wir nach einem halben Liter x-prozentigem noch alle sehen.

Angeheiterte Ausländer sehen die Einheimischen hier gerne. So wurden wir prompt vom Personal für einen unmittelbaren Fototermin gebucht… auch am Ladenschild wurde posiert. Man versprach uns das Bild im Laden aufzuhängen… wehe wenn nicht! Stolz wird man uns präsentieren: „Schaut euch diese Ausländer auf dem Bild an! Wie dicht die alle sind! Und das nur von einem halben Liter! Das hätte mein Cousin alleine geschafft!“ (oder so ähnlich).

Hiermit erteile ich auch gleich die verantwortungsvolle Aufgabe an den folgenden Reiseleiter dieser Tour, dass er doch bitte überprüfen soll ob wir auch wie versprochen nun mit halboffenen Augenliedern und leicht roter Birne (ich zumindest) die Ladentheke zieren.


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Herbst in Peking

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Allerhöchste Zeit, dass ich mal wieder von mir hören lasse, bevor man mich vergisst und als MIA abschreibt. Ich bin in Peking, da fällt natürlich sofort das gleichnamige Buch von Boris Vian ein (das weder im Herbst noch in Peking spielt und eigentlich gar keine Handlung hat). Es umschmeichelt uns strahlender Endfrühling, so schön habe ich die Stadt ganz selten erlebt, ich bin schon seit ein paar Tagen hier und die Atmosphäre in den Hutong, den Altstadtgassen, ist bei solchem Wetter unvergleichlich. Wenn nur die Sandstürme schon vorbei sind.

Meine Mitstreiter können da gar nicht anders als gut gelaunt sein. Jutta und Albin, Gerlinde und Egon, Sylvia und Matthias, alle pünktlich angekommen und erstmal durch die Gassen geschlendert, es ergibt sich an diesem Punkt ja oft eine surreale Mischung aus Jetlag und völlig fremder Welt. In unserem Fall eine gute Mischung. Die Menschen sind auch hier am Zocken, das Thema werde ich erstmal nicht mehr los (…Hongkong, Macau…) aber natürlich gemächlich und nur zum Zeitvertreib, so will man es uns wenigstens weismachen. Wer weiß was hinter den großmütterlichen Fassaden alles steckt. Erstaunlich viele Mahjong-Spiele haben wir gesehen, komisch, Nordchina ist für mich eigentlich Schach und Karten. Um meine Hongkong-Tour inhaltlich abzuschließen hatten wir ein kleines Dim Sum-Mittagessen. Welf und Loutoa sind abends aus Hawaii eingeschwebt, dort wohnen die beiden und wer will es ihnen verdenken, einfach mal raus zu wollen. Sybille und Edgar mussten leider kurzfristig absagen, alles Liebe von hier aus!

Meistens kommen wir mit unseren Gruppen am Sonntag in Beijing an, wenn wir dann an die Hinteren Seen spazieren ist dort Volksfest, die Gegend ist beliebtes Ausgeh- und Wochenendziel. Heute war es ruhig und stressfrei. Ich lästere ja wo ich kann über die organisierten Hutong-Rikscha-Touren bei denen 20 Gefährte hintereinander her gurken, die Insassen sehen eigentlich immer peinlich berührt aus. Heute haben wir uns auch ein paar Meter chauffieren lassen, es war es ziemlich bequem, das muss man schon zugeben. Später saß ich mit Kollege Che noch beim Bier. Schöne Touren, die da Revue passierten.

Petrus ist der neue Klassenfeind!

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Nach einem einfachen Frühstück wollten wir pünktlich um 9 abdüsen. Alle waren heiß endlich Fahrrad zu fahren, selbst Karin und Renate, die dank chinesischer Wunderheilmittel wieder dabei waren und relativ fit aussahen. Leider war unser Gepäcktransporter der Meinung, die Spannung noch etwas hinauszuzögern und ließ uns noch ein wenig warten.

Als dieser endlich eintraf, bekam ich einen kleinen Schock. Ich hatte für das Gepäck einen kleinen Transporter erwartet. Stattdessen kam ein kleiner PKW in dem drei Leute drin saßen, die Gepäck für neun Reisende mitnehmen wollten plus ein Reserverad. Aber wie es sich herausstellte unterschätzte ich mal wieder die chinesische Transportkunst. Kein Land packt und transportiert effektiver als China. Ich baute das Rad auseinander und die Sachen wurden aufgeladen. Nach ca. 20 min war das Wunder vollbracht: Drei Leute + 9 große Reisetaschen + ein Fahrrad waren in einem kleinen Auto, dass nicht viel größer als ein Golf war untergebracht… Hut ab! Das soll mal einer nachmachen.

Kurz vor 10 ging es dann endlich los. Endlich durften wir nun den Fuxian See in seiner vollen Pracht genießen. Nicht nur diesen, denn unser Weg führte auch ein großes Stück an den angeschlossenen Xingyun See (See der Sterne und Wolken.. Hach, diese Poesie!) entlang. Entlang des Sees befinden sich viele riesige Hotelanlagen im Bau. Vor allem weil sich hier Level AAAA (was auf deutsche Noten umgerechnet etwa einer 1++++ entspricht) Aussichtspunkte befinden. Die Strände sind übersähet mit dem, was für Chinesische Touristen einen perfekten Strand ausmacht: Fischrestaurants und jede Menge bunte Tretboote. Was die Idylle etwas trübte war allerdings, dass uns die ganze Etappe ein recht zügiger Gegenwind entgegen kam. Das nächste Mal werde ich im Tempel in Kunming beim Beten (in 4 Himmelsrichtungen) etwas länger in Richtung Norden beten, damit vielleicht mehr Unterstützung aus der Richtung kommt. Vielleicht war Petrus auch einfach nur beleidigt, dass ich Guanyin anbetete und er völlig vernachlässigt wurde.

Zum Mittagessen am See durfte natürlich nicht der Karpfen aus den Seen fehlen – umgerechnet 3 Euro das Kilo ist ein guter Deal. Trotz guter Stärkung und ausgedehnter Pause ging es nur zäh voran. Vor allem, weil Petrus immer noch beleidigt war und ich viel zu viel Gepäck dabei hatte. Ja… lacht nur, wenn ihr jetzt das Höhenprofil sieht und Euch Euren Teil dazu denkt. Aber ich gebe ja zu, dass ich nach diesem Winter in Berlin ziemlich außer Übung bin. (Danke nochmal René für das Angebot mir was abzunehmen. Aber wie sieht das denn aus, wenn der Reiseleiter seine Sachen von den Teilnehmern schleppen lässt!)

Erst Spät trafen wir in Tonghai, der ehemaligen südlichen Grenze der Yuan-Dynastie, bekannt heute insbesondere für ihre lange Tradition der Herstellung von silbernen Handkunstwerken, ein. Leider hatten wir nicht besonders viel Zeit zum erkunden, da das Schmutzbier rief und es uns in die Fressgasse zog. In Yunnan muss man eigentlich mindestens einmal „grilliert“ haben, sonst hat man auf jeden Fall eine wichtige Komponente der kulinarischen Welt hier verpasst.

Ich hatte mir vorgenommen, weniger zu rauchen auf dieser Tour, was mir bisher auch ganz gut gelungen ist. Das Essen in den Grillrestaurants hier macht dies allerdings wieder mehr als wett. Vier bis fünf Restaurants nebeneinander grillen alle um die Wette und verbreiten einen Qualm von verbranntem Chili, Kreuzkümmel, Lamm- und Hühnerfußfett und überhaupt allem, was in die glühenden Kohlen fällt. Meine Lunge fühlt sich nun an, als hätte ich eine Schachtel Honghe (Roter Fluss) geraucht. Dabei ist meine Schachtel doch noch fast voll.

Hüstelnd freue mich auf die morgige Abfahrt und ärger mich gleichzeitig, dass es ja doch immer noch bergauf gehen muss… Scheiß Rohrzange und Schlüsselset! Warum können die nicht aus gehärtetem Kunststoff sein? Das wär doch mal eine Marktlücke!


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Verdorbener Kuchen und Luxusharem

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Heute Morgen trudelten die schlechten Nachrichten ein: Unser Hotel am See in Chengjiang ist leider überbucht und wir müssen auf eines in der Stadt ausweichen; Renate und Karin hatten gestern irgendetwas im Essen nicht vertragen und waren nicht wirklich einsatzfähig, um es vorsichtig auszudrücken. Das wir heute noch kein Fahrradfahren mussten, war für sie wohl Glück im Unglück, denn eine Busfahrt in der Verfassung ist auch nicht viel angenehmer. Dennoch schlugen sich beide tapfer und traten die mehrstündige Busfahrt zum Steinwald und anschließend nach Chengjiang an.

Zwei Stunden und geschätzte 293 Schlag- und Hüpflöcher später trafen wir im Steinwald ein. Als erstes haut einen der Eintrittspreis von umgerechnet etwa knapp 20 Euro vom Hocker. Die haben einen Knall die Chinesen! Aber offenbar haben wir einen größeren und nahmen unsere Eintrittskarten entgegen. Der Finanzschock war jedoch schnell verdaut, als man die Massen von Touristen sah, die alle mindestens einen gleich großen Knall hatten und sich durch den Eingangsbereich quetschten. Angeführt von vermutlich Han-Chinesen verkleidet als Hani Minoritäten drängelten sich alle die Wege entlang. Im Nachhinein hatten wir gesehen, dass es die Trachten aus zum Vermieten gab. Das gab natürlich einen Minuspunkt für mich, dass ich nicht auch entsprechend gekleidet die kleine Wanderung leitete. Gleich hinter dem Eingang bogen wir in einen kleinen Weg ein und stellten fest, dass wir innerhalb von 3 Sekunden von im Meer voller Touristen schwimmend uns plötzlich vollkommen alleine im Ozean der Karstberge befanden. Die Wege waren gut ausgebaut und reichten von gemütlichen Spazierwegen zu steilen und rutschigen Treppen a la Angkor Wat. Etwas unübersichtlich war es allerdings und man verlor sich schnell zwischen den Felsen.

Nach einem ausgedehntem Mittagessen ging es wieder weiter mit dem Bus. Wir merkten alle, dass das so nicht weiter geht: diese Völlerei und dann sich faul in den Bus setzen. Es wird Zeit, dass wir uns endlich auf die Räder schwingen und unsere Festmahle „verdienen“.

Chengjiang liegt an dem riesigen Fuxian See. Mit einer durchschnittlichen Tiefe von ca. 150 m ist er der tiefste See Yunnans. Leider hat man uns jedoch einen näheren Blick bisher verwehrt, da wir unsere Zelte in der Stadt aufschlagen mussten. Das Hotel ist sauber und macht auf den ersten Blick einen ordentlichen Eindruck. Der zweite Blick jedoch enthüllt sein wahres Gesicht. Außer Tee und Wasser auf den Zimmern gibt es hier auch Boxershorts, Damenschlüpfer und Pariser (Danke Sabine für die neue Vokabel) auf den Zimmern. Man hat wirklich an alles gedacht! Das Hotel ist umzingelt von drei KTVs (Karaoke-Bars), in denen sicher nicht nur Lieder gesungen werden. So ein feines Dreisterne Hotel mitten in so einer unspektakulären Stadt ist natürlich ein geeignetes Liebesnest für Wohlhabendere aus Kunming und Umgebung, was auch die BMWs und Benze auf dem Parkplatz erklären. Also stellten wir uns darauf ein, dass die Nachtruhe hier etwas unruhiger ausfallen wird.

Nun, wie bereitet man sich auf so eine Nacht am besten vor? Natürlich mit Yunnans Hirsenbräu. Damit sind auch 3 KTVs als Nachbarn zu bewältigen.

…nur die armen Renate und Karin. Wir werden sehen, was der morgige Tag bringt.


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Schwimmen auf Asphalt

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Hach Kunming… Irgendwie bist Du schon wie die meisten chinesischen Großstädte: Betonblöcke, riesige Baustellen, bunte Leuchtreklame, surrende Elektroroller, Geschäfte, Geschäfte und Geschäfte. Aber irgendwie bist Du es auch nicht: gelassen, wohl temperiert, eine angenehme Brise weht. Ja hier könnte ich bleiben. Kunming bringt die ganzen Vorteile von den chinesischen Städten mit sich lässt aber die meisten Nachteile aus.

Als Nr. 1 auf dem Tagesprogramm stand eigentlich Wielands Geburtstag.
Als vorbildlicher Reiseleiter wollte ich ihn natürlich nach dem Frühstück mit einem Kuchen überraschen. Aber durch perfekt abgestimmtes Timing hatte ich Frühstück um 8:30 angesagt, ohne zu wissen, dass alle Bäckereien der Stadt erst um 9:00 aufmachen. So kam ich um 9:20 zurück zum Hotel um festzustellen, dass alle Teilnehmer sich bereits wieder auf die Zimmer begeben haben, mit dem Hintergedanken, was für ein verschlafenen und verantwortungsunbewussten Reiseleiter sie doch erwischt haben. Nun gut… Verschieben wir also erst einmal das mit dem Kuchen.

Heute durften wir endlich unsere Räder besteigen und eine ausgedehntere Testfahrt durch Kunming machen. Die meisten von uns sind hier das erste Mal in China und mussten sich erst einmal an den Verkehr hier gewöhnen. Autos, Motorroller, Fahrräder, Menschen kommen von vorne, hinten, links, rechts… aber das alles in einem derart entspanntem Tempo, dass man in Ruhe wie in Zeitlupe in einem John Woo Action Film hier ausweichen, dort durch schlüpfen, da noch mit hinterher ziehen kann. Im Grunde genommen ist es wie Schwimmen durch den Strom. Ich kenne ja chinesischen Stadtverkehr und Kunming ist im Vergleich zu den meisten tatsächlich mindestens einen Gang runter geschaltet.

Unser erstes Ziel war der Yuantong Tempel. Ursprünglich aus dem Ende des 8. Jahrhundert wurde er öfter restauriert und ausgebaut. Der Legende nach wurde er erbaut um zwei Drachen, die früher in den Felshöhlen hausten einzufangen. Im hinteren Bereich gibt es eine Pagode, die von Thailand gestiftet wurde. Das ließ natürlich mein patriotisches Herz wieder höher schlagen.

Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen bei der Gelegenheit Avalokiteschvara oder auch kruz Guanyin, die Göttin der Barmherzigkeit genannt um gutes Wetter und einer spannenden Reise zu bitten. Schließlich ist der Großteil der Chinesen auch nur an den buddhistischen Gottheiten interessiert, wenn was für sie bei rauskommen könnte: gute Noten, erfolgreiche Geschäfte. Das Nirvana haben die meisten längst abgeschrieben.

Anschließend machten wir einen Spaziergang durch den Cuihu (Grüner Teich) Park. Was als ein entspanntes Teetrinken und geruhsames Schlendern durch den Park angedacht war transformierte sich zu einem Open Air Festival mit geschätzten 15 Bühnen: Tanzgruppen, Gesangsgruppen, Musikanten… Alle gaben sie ihr Bestes. Leider war das Gelände etwas eng und wer sein Gehör nicht multitaskisch auf mindestens drei Kanäle aufteilen konnte, der bekam nur einen Matsch aus Rhythmus und Melodien mit. Aber an Spektakel hat es natürlich nicht gefehlt.

Nach einem Abstecher beim Fahrradladen, wo ich mich ordentlich ausrüstete ging es erstmal wieder zurück zum Hotel zum Entspannen. Das Abendessen war gewohnt außergewöhnlich gut und wir kamen abends im Hotel endlich zu meinem Kuchen. Ein gelungener Abschluss eines gelungenen Tages.

In diesem Sinne: Nochmal Alles Gute Wieland!


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In 30 Stunden um die halbe Welt

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Ab Berlin bis Kunming in knapp 30 Stunden… Erst S-Bahn dann Bahn dann Warten dann Flug dann Warten dann Flug dann Bus dann endlich im Hotel. Ein wenig seltsam kam es mir vor, über Bangkok zu fliegen und nichts anderes als den Flughafen zu sehen. Der Stadt meiner Jugend musste ich aber dann recht wehmütig den Rücken kehren um in endlich zur Stadt des ewigen Frühlings zu gelangen. Völlig erschöpft und mit dem einzigen Verlangen nach einer erfrischenden Dusche trafen wir im Camellia Hotel ein. So eine Reise nimmt einem etwas die Energie um noch große Taten zu vollbringen. Aber es ist ja der erste Tag. Heute war eingewöhnen angesagt. Und wie macht man das besser als abends einen ausgedehnten Spaziergang durch das Zentrum zu machen um im Lao Fangzi in gediegener Atmosphäre eines der wenigen noch stehenden alten Häuser in Mitten von Kunmings Herzens eine kaiserlich Mahlzeit sich zu gönnen. Mit Fisch süß-sauer, scharfgebratene sonnengetrocknete Yakstreifen und einer Menge kühlem Bier lässt sich die Strapaze schnell vergessen. Auch die im Namen der Gesundheit synchron zu China-Volks-Techno tanzenden Herrschaften auf den breiteren Abschnitten des Fußgängerwegs, muntern einen wieder auf und lassen etwas von ihrer Ausgelassenheit überspringen. Dennoch fielen fast allen die Augen zu beim letzten Gute-Nacht-Bier. Daher vorerst lieber Energie tanken. Ein großes Abenteuer steht ja noch bevor.

Wetten

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

Grüße aus dem Flughafenhotel Shanghai Pudong 168 (yao liu ba, ein pfiffiges Wortspiel, kann auf chinesisch auch „hier will ich bleiben“ heißen, aber das will ich lieber nicht). Hilde und Peter sind gerade weitergeflogen und Alexandra kann sich noch nicht von Hongkong trennen, die bleibt noch eine Nacht. Es war eine gute, unkomplizierte Tour, zu viert zu reisen ist natürlich ein Luxus. Man ist komplett flexibel, wir waren es jedenfalls. Meine Mitreisenden haben es mir leichtgemacht, danke für die angenehme Zeit!

Wir sind gestern wieder von Macau nach Kowloon gekommen, mit der Fähre. Derzeit wird von Lantau aus eine 50km-Brücke nach Macau und dem chinesischen Festland gebaut, Gott sei Dank, endlich 20min schneller in den Kasinos. Nachmittags waren wir dann u.a. in der dichtesten Gegend Hongkongs, da wo sein eigentliches Herz schlägt, in Mong Kok. Märkte über Märkte. Am Nachtmarkt von Yau Ma Tei haben wir zu Abend gegessen und danach Mahjong gespielt, das musste einfach der Abschluss unserer Tour sein. Ich habe tatsächlich mal ein Spiel gewonnen und zwar das letzte, es geht aufwärts. Heute dann Sha Tin, die größte „New Town“ in den New Territories, dort haben wir uns erstmal zum durchgeknallten Tempel der 10 000 Buddhas (und das ist noch Understatement!) begeben. Außerdem steht hier die größere der beiden Pferderennbahnen von Hongkong. Und wo wir schon mal in der Nähe waren…

Am schönsten sind eigentlich die Nachtrennen von Happy Valley, der anderen Rennbahn, auf Hongkong Island. Dort gibt sich die Gesellschaft ein Stelldichein und feiert im Flutlicht, eingehüllt von der Nacht und den Wolkenkratzern.

Aber Sha Tin ist auch grandios, vor allem wenn die Sonne so scheint und der Himmel so blau ist wie heute. Wir hatten von Kenny, dem Manager unserer Herberge in Tai Mei Tuk, Einladungen für den Mitglieder-Bereich des Hongkong Jockey Club bekommen und sind dann doch an der harten Tür gescheitert (es lag an meiner kurzen Hose, Anfängerfehler). Aber Pferderennen ist in Hongkong das Hobby und Laster des einfachen Mannes, wer will da schon zu den Snobs. Auf der Tribüne, direkt an der Bahn, in den riesigen Schalterhallen, da schlägt der wilde Puls unserer Zockbrüder und – schwestern. Das Wettgeschäft der Stadt ist auf die Pferde fixiert, wer sein Geld anders loswerden will muss eben kurz nach Macau fahren. Die Steuereinnahmen in Hongkong sind wie gesagt sehr gering, größter Steuerzahler ist der Hongkong Jockey Club, der das Wettmonopol verwaltet. Der HKJC ist eine Nonprofit-Organisation durch die die Gelder der Bewohner eben indirekt in staatliche Kassen gelenkt werden. Was an Gewinnen nach Steuern übrigbleibt, fließt in wohltätige Zwecke.

Ich habe nur verloren, aber zum Glück nicht viel eingesetzt. Mein letztes Pferd kam ein paar Längen hinter dem restlichen Feld ins Ziel, das war dann die endgültige Demütigung. Erstmal genug gespielt. Morgen fliege ich weiter nach Beijing und in ein paar Tagen lasse ich schon wieder von mir hören, dann trifft die nächste Gruppe ein. Mit der fahre ich durch die chinesische Pampa, also etwas ganz anderes. Jeden Tag werde ich von der Tour bestimmt nicht mehr schreiben können, aber Volker wird ja aus Tibet berichten und Niti aus Yunnan und Vietnam. Da geht einiges!

Euer eifriger Reiseblog-Schreiber Jan ; )

Gute Hunde…

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

…sind zum Beispiel „Gung Fu Dictionary“ und „Asakusa Sen“, beide haben mir den Abend gerettet und die Wettbilanz insgesamt ausgeglichen gestaltet. Andere Hunde haben auf der ganzen Linie enttäuscht. Vor den Rennen haben sich erstmal alle Wettkämpfer komplett entleert, weswegen es an der Hunderennbahn von Macau riecht wie in Teilen von Friedrichshain oder Neukölln (Heimweh?!). Das war unsere Abendunterhaltung, der weltbekannte Canidrom der Stadt, Teil des Glücksspiel-Lehrgangs. Kein großes Kino, eher schmuddeliges kleines B-Movie, bestechend durch seine Authentizität. Außer uns noch ein paar hundert andere Wetter, wenn überhaupt, die meisten alt und desillusioniert, der Großteil findet gar nicht erst raus an die Strecke sondern bleibt gleich in den Katakomben, bei den Schaltern und Monitoren. Eine aussterbende Kunstform, das Hunderennen. Also alles etwas morbid und seltsam, wahrscheinlich macht es gerade deshalb großen Spaß. Alexandra beobachtet, Hilde verzockt ihren ersten Einsatz und kneift danach schmählich und Peter kann in etwa die gleiche Bilanz wie ich aufweisen. Ich habe seinen Blick gesehen. Es soll in der Nähe von Bietigheim eine Rennbahn geben, hoffentlich war das nicht der Anfang vom Ende der Familie Z.

Aber ich drifte hier wieder in die völlig falsche Richtung, alles zu einseitig. Es wäre ignorant, Macau als Opfer von Spekulanten und Spielwütigen abzuschreiben, das haben wir heute wieder gemerkt. Die Besucherzahlenn steigen, aber das Alltagsleben, die macanesische Kultur und die Altstadt leiden bislang erstaunlich wenig darunter. Zwei Parallelwelten. Die Besucher verlassen ja kaum mal die Kasinos bzw. Vergnügungszonen um sie herum. Einige besuchen vielleicht pflichtschuldig die Touristenachse zwischen Largo do Senado und den Ruinen von S. Paulo. Vielleicht auch noch den A-Ma Tempel, um dort um gutes Gelingen zu bitten. Aber sonst verirren sich nicht viele Besucher ins Wirrwarr der Altstadtgassen. Das Leben geht hier gemächlich weiter.

Macau war auch immer entspannter – was Besitzansprüche und dergleichen angeht – als etwa Hongkong, die Portugiesen haben ein paar mal versucht, ihre kleine Kolonie von sich aus zurückzugeben. Das letzte mal nach der Nelkenrevolution 1974. Aber die VR hatte kein Interesse oder war mit wichtigerem beschäftigt. 1999 konnte man sich endlich einigen. Die VR lässt Macau machen, die Einnahmen stimmen ja.

Macau, du Bastard!

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

Die kleine portugiesische Kolonie von einst ist eine Geldmaschine geworden, über 80 Milliarden Euro gehen derzeit monatlich über die Tische der Kasinos, weit über eine Billion im Jahr! Las Vegas ist dagegen wie das jährliche Poker-Wochenende im Jugendhaus (etwas überspitzt, aber selber Schuld, dort wird nicht mal ein Drittel umgesetzt). Wir waren abends im Venetian, schon wieder das verdammte Venedig, wahrscheinlich habe ich deshalb ziemlich unleidig mein Pensum verzockt und gut. Meine Mitstreiter sind gar nicht erst in Versuchung gekommen, Chapeau! Venedig diesmal mit allem Pipapo. Markusplatz, Seufzerbrücke, Kanäle etc. etc., untergebracht im fünftgrößten Gebäude der Welt, fühlt sich größer an als das eigentliche Venedig. Natürlich ist es das größte Kasino der Welt, 3mal so groß wie der sieche Vorfahre in Vegas. 25 000 Leute sind hier beschäftigt.

Im Guardian gab es neulich einen interessanten Artikel über Macau und die Kasinos. Es sind fast nur Festland-Chinesen, die hier endlich ihre Spielleidenschaft entfesseln und Haus und Hof verzocken dürfen (der Staat streicht 39 Prozent vom Gewinn ein). Man darf als Bürger der VR eigentlich nur etwa 2000 Euro über die Grenze bringen, die meisten Spieler zahlen deshalb zuhause in Fonds ein, die von den chinesischen Triaden kontrolliert werden. Das Geld plus ein großzügig eingeräumter Kredit wird ihnen ausgezahlt,sobald sie in Macau ankommen, die Spieler bekommen außerdem die besten Konditionen und den feinsten Service der Kasinos, gespielt wird VIP-Räumen, wo unsereins nie hinfinden würde und nie hinfinden wollte, das hoffe ich jedenfalls für die allgemeine geistige moralische finanzielle Hygiene (immer wieder ein schönes Wort). Viele Chinesen begeben sich in unschöne Abhängigkeiten.

Aber wir waren ja zunächst da, wo Macau am ursprünglichsten ist, nämlich nicht in Macau. Sondern in Coloane und in Taipa, den Nachbarinseln bzw. der Nachbarinsel, denn das unscheinbare Stückchen Meer dazwischen ist längst zum „Cotai-Strip“ aufgeschüttet und in Beschlag genommen von der nächsten alles übertreffenden Casino-Generation. Die Inseln waren früher Piratensache und wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts von den Portugiesen in Besitz genommen. Am Südzipfel ist die kleine Siedlung Coloane, entzückend! Opfergaben gab es für Tin Hau bzw. Mazu, die Göttin der Seefahrer, einfach deshalb weil sie die Schutzheilige der chinesischen Küsten ist und sich sanft die meisten Tempel von Hongkong und Macau Untertan gemacht hat. Diese wurden an die Küsten gebaut und liegen inzwischen, zumindest in Hongkong, oft weit im Landesinneren.

In Coloane sollen ja die besten Eiertörtchen der asiatischen Welt produziert werden, in Portugal sind sie als Pastéis de Nata bekannt, tatsächlich ist der portugiesische Einfluss in der Ecke hier nach wie vor größer, als es zunächst den Anschein hat.In der Altstadt von Taipa essen wir ausgezeichnet Bacalao und Reis mit Meeresfrüchten, trinken dazu Sagres-Bier und grünen Wein, es ist skurril, dieses Gemisch aus portugiesischer und kantonesischer Kultur. Die Straßenschilder mit ihren ausufernden, portugiesischen Bezeichnungen (meistens katholische Heilige), darunter die hinterhergaloppierenden chinesischen Schriftzeichen.

Qingming

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

Es ist wieder relativ viel los auf Hongkongs Wanderwegen, denn heute ist Qingming, das chinesische Totengedenkfest. Das klingt jetzt vielleicht zusammenhangslos, aber Qingming ist Feiertag und die Menschen haben Zeit, auszuschreiten. Das Fest wird ernst genommen, Familien versammeln sich üblicherweise an Gräbern und Friedhöfen, Opfergaben werden abgebrannt und die Grabstellen gesäubert. Die South China Morning Post hat heute eine schöne Opfergabe abgebildet: die komplette Happy Valley-Rennbahn mit Pferden und Reitern und allem drum und dran, aus Papier. Für einen ehemaligen Wett- und Pferdenarr gedacht, hoffe ich mal. Früher wurden noch dazu im ganzen chinesischen Kulturkreis Straßenopern und andere Belustigungen dargeboten, einzig für die Geister der Ahnen, die an diesem Tag Auslauf haben und gut gestimmt werden wollen. Das alles scheint nun nicht mehr so wichtig, nicht mal Familienzusammenkünfte vor Gräbern haben wir heute gesehen. Aber wir haben auch kaum Gräber gesehen. Seltsam, die Gegend um Sai Kung und all die verlassenen Dörfer müssen dafür nicht das richtige Feng Shui bieten.

In Sai Kung und Umgebung haben wir nämlich unsere letzte Wanderrunde gedreht, auf und ab die fantastische Küste entlang. Angefangen hat die Tour beim High Island Reservoir, dem größten Stausee und wichtigsten Wassergeber der Stadt. Der Wasserstand war ganz schön niedrig, es wird Zeit dass die Regenzeit kommt, dauert ja nicht mehr lange. Hongkong hatte immer mit Wasserknappheit zu kämpfen, in den Sommermonaten schüttet es zwar täglich, aber es sind einfach zu viele Menschen auf zu wenig Raum. Ohne größere Flüsse, ohne einem wasserreichen Hinterland. Wir sind an einigen Reservoirs vorbeigewandert, u.a. dem ältesten auf Hongkong Island (Pok Fu Lam) und jetzt auch dem größten: das High Island Reservoir war politisch umstritten, geplant wurde es Anfang der 1970er, als absehbar war, dass zumindest die Territories 1997 an die VR zurückfallen würden. Die Briten wussten, dass sie das Megaprojekt schlussendlich für die Chinesen bauen würden. Die 1950er und 60er hatten einige extrem trockene Perioden, Wasser musste teuer vom Festland gekauft werden (wenn der Hahn nicht komplett zugedreht wurde), es bestanden also keine Alternativen. Von 1972 bis 1978 dauerten die Bauarbeiten, Leung Shuen Wan (High Island) wurde mit zwei Dämmen an die Sai Kung-Halbinseln angebunden, Hongkong dankt.

Wir sind zunächst über den östlichen Damm des Reservoirs gelaufen, dann die Tai Long Wan-Buchtenlandschaft entlang. Verschiedenste Schattierungen von blau und grau herrschen vor, eine herbe Schönheit. Mit dem Taxi geht es später wieder nach Kowloon und wir essen gut zu Abend, Teochew-Küche, das war es dann schon mit unser Wanderung. Schade. Wir sind immer besser in Tritt gekommen, das Wetter hat mitgespielt und es gibt noch viel mehr zu entdecken. Aber morgen steht Macau auf dem Programm. Die nächsten Tage werden im Zeichen des Glücksspiels stehen, und das bei meinem Horoskop…


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