Dann eben doch ganz rauf

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Seilbahn auf den Gipfel des Cangshan-Gebirges

Gestern hatte ich noch erzählt, dass diese Wanderung ziemlich langweilig würde im Vergleich zu dem, was wir schon gegangen sind. Und zum Gipfel ginge es eh nicht rauf. Das Cangshan Gebirge, das Ziel unserer letzten Bergetappe, erstreckt sich am Westufer des Ohrensees und erreicht am Malong-Gipfel eine Höhe von 4.122 m. Zwischen See und den Bergen liegt die Altstadt Dali auf gut 2.000 m. Auf „halber Höhe“ (2.600m) ist ein gepflasterter Weg angelegt, der zwölf nicht sehr abwechslungsreiche Kilometer durch Kiefernwald verspricht, mit einigen Ausblicken auf den 50 Kilometer langen See und die Stadt.

Aber wir sind eben in China und die Entwicklung geht ziemlich schnell voran. „Die stadtnahe Seilbahn zum halben Weg ist nicht mehr in Betrieb“, erzählt Asha grinsend. Na, dann eben doch ganz rauf, mit der neuen Seilbahn auf 3.900 m Höhe. Nach dem Frühstück im Hotelinnenhof machen wir uns auf den Weg. An der Talstation staunen wir nicht schlecht: leicht und mit jeglicher Art Schuhwerk bekleidete ChinesInnen stehen vor uns in der Schlange. Dass wir mit unserer Bergausrüstung und allem, was der Koffer hergibt, nicht ganz fehl am Platz sind, zeigt sich knappe 2.000 Höhenmeter später. Im dichten Nebel steigt die Hälfte der Berggäste kurz zum Foto aus und fährt schlotternd mit der nächsten Bahn wieder ins Tal. Die andere Hälfte leiht sich für 30 Yuan rote Wintermäntel aus, und steigt die letzten Meter auf den Gipfel (hier gibt es Treppen mit Geländer, wie es sich für chinesische Berge gehört). Andreas ist der Star des Tages und könnte hier eine Modelkarriere anfangen. Der Nebel lichtet sich nicht, aber die Atmosphäre ist auch so prima: tolle Luft, Wolkenfetzen schweben zwischen den Bäumen, zwischendrin taucht ein keiner Bergsee auf… ich komme mir vor wie in einem Gemälde. 3.966 m ist also unser höchster Punkt der Tour, und geschwitzt haben wir dafür nur ganz wenig.

Irgendwann wird es selbst uns zu kalt, und wir machen uns auf „in die Tropen“, um uns in die feiertagslaunigen Massen zu stürzen.


Ein vergessenes Königreich

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Transfer über den Steinschatzberg nach Dali

Die Anlage liegt tief in den kiefernbewachsenen Hügeln, irgendwo zwischen Jianchuan und Dali. Sie ist so abgelegen, dass die Tempel und Höhlengrotten aus dem Nanzhao Königreich die Zeit weitgehend unbeschadet überdauert haben.

Hauptattraktion sind heute aber die Affen, die hinter dem Baoxiang Tempel leben und sich immer dann zum Parkplatz hinunterschwingen, wenn genügend Besucher mit Futter locken. Vor uns waren schon genügend Touristen da, denn die Tiere scheinen nicht besonders hungrig zu sein. Also steigen wir Treppen, besuchen Tempel und Höhlengrotten und lassen die Szenen aus dem Nanzhao Königreich (ca. 650 bis 1250 n.Chr.) auf uns wirken. Dieses Königreich hat eigenständig am Rande des großen chinesischen Reiches existiert, bis die Mongolen fast ganz Asien überrannt haben. Die Höhlengrotten von Jianchuan sind nicht so großartig wie manch andere in China, zeigen aber buddhistische und Hofszenen aus einer sonst vergessenen Zeit, in der die verschiedenen Einflüsse aus China, Tibet und den vielen Bergvölkern des Dreistromlandes (hier fließen der Yangtze, der Mekong und der Salween 30 bis 60 km voneinander entfernt in parallelen Tälern Richtung Süden) an diesem Ort zusammengelaufen sind.

Den Abend verbringen wir schon in Dali. Vergessen sind alte Handelswege und Königreiche, jetzt sind flanierende Menschenströme, bis in die Nacht tätige Silberschmiede und Marktstände, Cafés und Massagebuden angesagt.