Die großen Tsampanos

Auf dem Dach der Welt, 24.09. bis 20.10.2013

Strecke, ca. 90km, Wetter: wechselhaft wie gewöhnlich

Heute eine Übergangsetappe, flach und erfreulich, durch die Gerstenkammer Tibets. Die große Ernte ist gerade vorbei aber mancherorts wird noch gedroschen und gesiebt, fast überall hat das Vieh übernommen: auf den abgeernteten Feldern laufen Pferde, Schafe und Ziegen herum, Yaks und Rinder sind in den kleinen Ortschaften angeleint. Die Gegend um Gyantse und Shigatse ist die fruchtbarste der Provinz Tibet und die Leute hier sind relativ wohlhabend, sie sind die Tsampa-Könige schlechthin! Tsampa ist ein Grundnahrungsmittel der Tibeter, geröstete und gemahlene Gerstenkörner, meistens in Buttertee verknetet. Haben wir auch schon versucht, schmeckt aber ein bisschen langweilig für unsere verwöhnten Gaumen.

Das Wetter schlägt gerade seine kleinen Kapriolen, morgens ist es bedeckt und irgendwann regnet es, später schlägt die Sonne durch, alles ist geboten ob wir wollen oder nicht. Hat Spaß gemacht heute, wir hatten noch dazu wunderbare Mahlzeiten: Mittags Nudeln und Momos in einer reizenden kleinen Teestube, abends koreanisches Barbecue, welches uns noch lange in den Klamotten hängen wird.


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Superstau

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Zu unserem heutigen Tag gibt es leider nicht allzu viel zu berichten. Eine längere und eher unspektakuläre Busfahrt über flaches Land bringt uns in die Provinzhauptstadt Wuhan. Die Industriemetropole und eine der größten Städte Zentralchinas liegt am Zusammenfluss von Yangzi und unserem alten Bekannten, dem Hanfluss und steht wegen der Mischung aus Feiertagsdruck, U-Bahnbau und Brückenrenovierungen kurz vor dem endgültigen Kollaps. Das Verkehrschaos spottet jeder Beschreibung und so bleibt uns als einziger Programmpunkt heute der Besuch des Guiyuansi, eines sehr interessanten und rege besuchten buddhistischen Tempels. Gefühlt die Hälfte des Tages verbringen wir im Stau und erreichen irgendwann gegen Abend unser Hotel, das wir dann auch nur noch kurz für das Abendessen verlassen. Schade eigentlich, denn Wuhan hätte auch sonst noch einiges zu bieten gehabt – das bekannte Provinzmuseum mit seinen Ausgrabungen aus der Zeit der Streitenden Reiche, der Turm des Gelben Kranichs nahe dem Yangziufer (heute sogar mit einigermaßen guter Sicht) oder die Uferpromenade in Hankou mit den alten Gebäuden aus der Kolonialzeit.

Goldene Woche, Tag 5

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Freizeit in Dali, Transfer nach Kunming

Diese Feiertagswoche schafft uns, wir sind genervt. Am 1. Oktober, dem chinesischen Nationalfeiertag, startet eine Woche Urlaub für alle (die nicht im Dienstleistungssektor tätig sind). Das ganze Land ist unterwegs, die Städte sind überfüllt, auf den Straßen herrscht das reine Chaos. Einkaufen, durch die Fußgängerzone quetschen, mit dem Bus fahren, alles dauert mindestens doppelt so lange wie übich. Wir sind schon geübt im Warten, aber irgendwann reicht es.

Der Tag in Dali fing ganz verheißungsvoll an, mit einem Regenbogen. Bis ein Uhr war Freizeit angesagt. Die meisten haben einen Bummel über den lokalen Markt unternommen, der von Hühnerkralle bis gerupftem Huhn alles hergibt, was man an den Feiertagen brauchen könnte. Dem Shoppingwahn (unendlich viele kleine Geschäfte mit unendlich vielem Krimskrams – wovon ich keine Bilder gemacht habe) hatten wir uns schon in Lijiang hingegeben und waren diesmal immun.

Ein Uhr, unser Abholer zum Busbahnhof steht im Stau. Kein Wunder, denn wer ein teures Auto fährt, hat anschienend auch die Lizenz zum Anhalten, Ausladen, Parken und Schwatzen auch noch in der engsten Gasse dazu gekauft. Manch ein „Sonntagsfahrer“ hat vielleicht im Gewühl die Übersicht und Nerven verloren und muss sich erst einmal erholen. Das gilt für die Innenstädte genauso wie für Landstraßen und Autobahnauf- und abfahrten… In diesem Jahr sind so viele private PKW unterwegs wie nie zuvor, und in gleichem Maße ist die Zahl der Unfälle und liegengebliebenen Autos gestiegen. Die Frage nach Parkplätzen, der Feinstaubbelastung, dem Energieverbrauch und der Personensicherheit etc. bereitet sicherlich einigen Planern Kopfzerbrechen. Ich staune auch, wieviele Polizisten das Land auftreiben kann, denn gefühlt an jeder Kreuzung versucht ein trillerpfeifender Uniformierter, Herr bzw. Frau der Verkehrslage zu werden. Ohne diesen Einsatz wären wir wohl immernoch irgendwo zwischen Dali und Kunming.

Wir erreichen den Busbahnhof nur wenige Minuten nach der regulären Abfahrt, der Bus hat aber auf uns gewartet. Für die knappen 400 km in die Provinzhauptstadt haben wir heute über acht Stunden gebraucht – was noch ganz akzeptabel war, denn einige Tage zuvor sollen die Reisenden elf Stunden und länger gebraucht haben.

Rastplatz, ich steige aus dem Bus und zucke zusammen. Zwanzig Zentimeter vor meinem Gesicht verkündet ein Megafon, wo die Toiletten sind und dass jeder Bus maximal zwanzig Minuten Parkenzeit hat… ein Ritual, das bei jedem ankommenden Fahrzeug mit gleichbleibender Lautstärke wiederholt wird, bis alle Passagiere ausgestiegen sind. Man könnte noch die eine oder andere Szene der Goldenen Woche beschreiben. Letztendlich sind wir alle zwar hundemüde und genervt, aber wohlbehalten in Kunming angekommen.

Zu Gast bei Cousine He

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Schussfahrt zum Mekong bei durchwachsenem Wetter

Lehrer Liu ist tot. Seit zwei Jahren. Magenkrebs. Erzählt seine Cousine, Frau He, als wir vergeblich nach unserer Ankunft in Cizhong nach dem Lius Haus suchen. Gestorben, Haus abgerissen, neues Haus gebaut. Immerhin, der Wein wird weiterhin nach Familienrezept angebaut und wir dürfen kosten. „Zuviel Schnaps hat er getrunken!“, weiß Cousine He zu berichten. „Daher der Magenkrebs!“
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Gyantse, ein netter Ort!

Auf dem Dach der Welt, 24.09. bis 20.10.2013

Heute Ruhetag in Gyantse, der kommt zur rechten Zeit. Ausschlafen, üppig Frühstücken und dann durch den Ort spazieren, der in Teilen noch sehr verwunschen ist. Wir haben das Kloster mit der berühmten, siebenterrassigen Pagode und später eine tibetische Familie besucht. Über allem thront der mächtige Dzong, die alte Festung.

Stillleben mit Wäscheleine

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Nun haben wir endgültig den letzten Tag unserer Radtour erreicht, der nochmal eine abwechslungsreiche Strecke, aber auch einiges an Autoverkehr bereithält. Zunächst hält uns eine bergige Umgehungsstrecke durch die Vororte noch ein wenig auf Distanz zur Hauptstraße, aber bald müssen wir uns unsere Route wieder mit dem chinesischen Feiertagstourismus teilen. Einen Stopp legen wir noch ein am Huanglingmiao, einem Tempel, der Yu dem Großen und seinem gelben Ochsen gewidmet ist, die der Legende nach gemeinsam die drei Schluchten geschaffen haben.
In der Haupthalle hat man noch zwei Säulen mit den Marken des Jahrhunderthochwassers von 1870 belassen, bei dem selbst dem großen Yu das Wasser bis zum Mantelkragen gestanden hätte. Wie er da so steht. Aber tatsächlich ist er ja erst nachher aufgestellt worden, also kann man jetzt sagen, dass er nach seiner Verewigung in Form einer Statue die Fluten erfolgreich zurückgehalten hat.

Ein paar Kilometer weiter setzen wir zügig mit der Zweirad- und Personenfähre über, während Xiao Yang mit seinem wahlweise gas- oder dieselgetriebenen Mobile etwas länger an der größeren Autovariante warten muss. Der nun folgende letzte Passanstieg unserer Tour hält nochmal einige schöne Ausblicke auf die letzte der Drei Schluchten bereit, die allerdings wieder durch das diesige Wetter getrübt werden.

Karin sagt, ich soll den Blog mal in fototechnischer Hinsicht aufpeppen und Hautnahes aus dem chinesischen Alltag präsentieren – es kann auch ruhig mal etwas Schlüpfriges dabei sein. Diesem Wunsch sein hiermit mit dem Stillleben mit Wäscheleine entsprochen.

Der Rest unserer heutigen Strecke bringt uns heftiges Stauen an einem chinesischen Vergnügungspark mit Bungeerampe und Riesenschaukel und eine doch irgendwie ganz interessante Stadteinfahrt mit älteren verschlafenen Vororten und einem recht ansehnlichen großstädtischen Zentrum. Heute Abend verabschieden wir auch noch unseren Fahrer Xiao Yang, der uns fast drei Wochen begleitet hat und sich morgen auf den Heimweg in seine 750 km entfernte Heimatstadt Xi’an machen wird. Sicher werden wir uns noch lange an ihn erinnern, unser tägliches hautnahes Beispiel chinesischer Kultur. Er hat uns tatkräftig zur Seite gestanden, hat uns angefeuert, für musikalische Untermalung gesorgt, uns heimgeleuchtet (in den Tunneln), Essen eingekauft und zwischendurch auch ab und zu mal sich und sein Bäuchlein mit einem kurzen Schönheitsschlaf verwöhnt.


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Der Tempel, der aus Disneyland geflogen kam

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Durchwachsenes Wetter und kein Blick auf den heiligen Berg

Vor acht Jahren sind Andreas und ich von Deqin zum Feilai Si, dem „Tempel, der von weit angeflogen kam“ geradelt. Der Tempel stand einsam an einem Hang, kein Gebäude weit und breit. Zwei Kilometer und eine Kurve weiter blickten wir von einem hölzernen Teehaus auf das Massiv des Kawa Karpo, jenem heiligen Berg, der der Sitz des gleichnamigen Schutzpatrons der Gegend ist.
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Der Kurweg von Dali

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

27 km Wanderung im Cangshan-Gebirge, 670 HM, Regen, Nebel, Sonne

Diesen Begriff hat Henning geprägt. Nach dem Frühstück lassen wir die erwachende Altstadt und die bereits touristenvolle Filmstadt und Talstastion der Seilbahn von Dali hinter uns. Bei klarem Wetter hätten wir den Weg auf den Gipfel (per Seilbahn oder alternativ zu Fuß) versucht. Heute aber nehmen wir die Treppen, die durch den Nadelwald zum Pfad auf halber Höhe führen und nur eine handvoll Wanderer angelockt haben. Einmal oben angekommen, könnte man hier oben etwa 12 km mit dem Rollstuhl entlang flanieren – ein ebener, gepflasteter breiter Weg bietet schöne Ausblicke auf den Ohrensee und die Altstadt. Heute sehen wir fast nichts, deswegen entschließen sich einige aus der Gruppe nach dem Mittagsstopp am daoistischen Zhonghe-Tempel zu einem Experiment.

Am Ende des Kurwegs führt der Pfad weiter durch die Hügel. Ein Schild („Nicht regelmäßig gepflegt, möglicherweise tödlich, kenne deine Grenzen“) erklärt ausdrücklich, dass ab hier Weitergehen auf eigene Gefahr stattfindet. So gefährlich wie angekündigt war der Weg nicht, dafür aber sehr schön, nur leider etwas nass. Nach etlichen Kilometern an einem Waldweg, vorbei an den Gräbern der Stadt, erreichen wir etwas müde und durchnässt die Altstadt von Dali. Aber wir hatten es nicht anders gewollt: ein Minibusfahrer hat vergeblich versucht, uns aufzunehmen. Von 30 Kuai pro Person war er auf 20 Kuai heruntergegangen und hatte sogar freundlicherweise angeboten, uns das Reststück kostenlos mitnehmen. Seltsam, diese Deutschen…

Am Abend erwartet uns in einer einfachen Garküche (die man gar nicht so genau untersuchen möchte) das mit Abstand beste Essen der Tour. Nach einer Massage falle ich müde ins Bett. Heute kann mich selbst der Lärm der beiden Diskotheken gegenüber nicht mehr am Einschlummern hindern.


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Durch die Schluchten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Heute morgen müssen neben unserem Gepäck auch erstmal unsere Räder verladen werden, denn diesmal können sie nicht mit aufs Boot, sondern müssen einen ca. neunstündigen Umweg durch die Berge nehmen. Wir dagegen wollen mit dem Boot die Drei Schluchten durchfahren und uns außerdem den im hinteren Teil befindlichen Staudamm anschauen. In den letzten Tagen hatten wir glücklicherweise immer gutes Wetter und es hat nicht geregnet. Das könnte allerdings auch mit dazu beigetragen haben, dass sich heute mal wieder eine in China häufig anzutreffende Wetterlage durchsetzt, die alles in einen trüben Dunst hüllt. Auch das vollbesetzte Linienboot lässt nur eine mangelhafte Aussicht zu, so dass wir von den Schluchten heute insgesamt nur wenig zu sehen bekommen.

Gegen Mittag erreichen wir dann unseren Hafen und steigen um in den Bus, der uns zum Staudammareal bringt. Die Ferien zum chinesischen Nationalfeiertag sind in vollem Gange und wir reihen uns in den Touristenstrom ein, der generalstabsmäßig geplant durch das riesige Staudammareal geschleust wird. Es gibt verschiedene Aussichtspunkte auf den Damm und die Schiffshebewerke und zum Ende noch einen Gedenkpark für die Maschinen, die beim Bau des Staudamms verschlissen wurden. Zu dieser Jahreszeit ist der Wasserstand nicht besonders hoch und alles sieht recht ruhig aus, aber wer schonmal die Stromschnellen in der Tigersprungschlucht am oberen Yangzi gesehen hat, der kann sich vielleicht ungefähr vorstellen, welche Kräfte hinter der 2 km langen Mauer aufgestaut werden. 660 km lang ist der Stausee, über 1 Mio. Menschen wurden umgesiedelt. In China hat man es immer gerne ein bisschen größer als anderswo. Die Energiegewinnung und die bessere Hochwasserregulierung sowie die bessere Schiffbarkeit des Yangzi gegen die ökologischen Folgen und die Folgen der Umsiedlung. Schwer zu sagen, wie lange es noch dauern wird, bis man hierzu eine endgültige Bilanz ziehen kann.

Wir haben heute auch das Drei-Provinzen-Eck von Shaanxi, Chongqing und Hubei hinter uns gelassen und haben endgültig die Provinz Hubei erreicht. In dieser Region befand sich vor gut 2000 Jahren das Königreich Chu und da wir am Abend in der Stadt auf ein Restaurant treffen, dass das entsprechende Zeichen in seinem Namen trägt, nehmen wir gleich die Gelegenheit war, uns mit der Küche dieser Gegend vertraut zu machen. Insgesamt etwas weniger scharf als weiter im Westen und etwas ausgewogener gewürzt wie wir finden. Davon kann es ruhig noch ein bisschen mehr sein in den nächsten Tagen.

Nur mal schnell zum Mekong

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Königsetappe. Legenden, Drama, Nebel, Sonne. Alles zwischen 10 und 25 Grad

Wenn Chinesen Straßen bauen, machen sie es richtig. Weg mit störenden Bergen, Häusern oder anderen Hindernissen. Täler werden überbrückt, Pässe untertunnelt und Dörfer umgesiedelt.

Manchmal steht aber auch die Topographie dagegen. „Nur mal schnell zum Mekong“, wie Uli es in einer Bierlaune ausdrückte, heißt auch für den Straßenbauer, dass sich ein über 4.000 Meter hohes Felsmassiv nicht so einfach ignorieren lässt. Auch wir haben Respekt vor der heutigen Etappe, holen unsere Räder aus dem klostereigenen Minimarkt und satteln gegen 8:30 die Drahtesel. Auf den ersten Kilometern haben die chinesischen Straßenbauer ganze Arbeit geleistet. Verschwunden sind die endlosen Auf-und-Ab-Fahrten in jedes Seitental, die Andreas und mir vor acht Jahren das Leben so schwer gemacht haben. Flüsterasphalt und konstante 7-8 Prozent Steigung.

Bis die neue Straße ein Erdrutsch zugedeckt hat. Auf zwei Kilometer Länge. Das heißt für uns: Eine steile Rampe hinauf bis zur alten Straße, durchbrochener Asphalt, nun dann doch Steigungen bis zu 10 Prozent, aber immerhin ein Anflug von Nostalgie. Nach gut zehn Kilometern hat uns die neue Straße wieder, Straßenarbeiter aus Sichuan versichern uns, dass die neue Straße Erdrutsche und andere Unwägsamkeiten vergessen machen wird („so wie heute?“, liegt mir die Frage auf der Zunge). Die Luft wird dünn, die Steigung steil und die Luft zunehmend kühler. Nebel verdeckt die Bergspitzen, die ersten Radler steigen auf das Begleitfahrzeug um. Nur Christa zieht wie eine Nähmaschine nach oben und ward bis zum Abend nicht mehr gesehen.

Sehnsüchtig fällt der Blick auf fast fertiggestellte Tunnel, die unsere Strecke ein wenig abkürzen würden. Stattdessen: Ein Extrapass, irgendwo im Durcheinandern zwischen alter und neuer Straße eingefügt. Also drei Pässe über 4.200 Meter für uns, mit jeweils 100 Höhenmetern Abfahrt zwischen den Passhöhen und dann das gleiche wieder nach oben. Während Christa im Wortsinne über alle Berge ist, quälen Rudi und ich uns als die letzen Mohikaner die Nebel umwogenen letzten Meter den finalen Pass hinauf. 500 Meter Radeln, eine Minute Luftholen. Wieder 500 Meter Radeln, wieder eine Minute Pause. Schließlich stehen wir auf 4.290 Metern Höhe, könnte aber auch in der Lüneburger Heide bei Nebel stehen, die Aussicht ist die gleiche. Rudi schnappt nach Luft und fährt schon mal ab, ich warte auf das Begleitfahrzeug mit der Gruppe. Dramatisch reißt der Nebel auf und legt Bergspitzen frei, die ich in Europa in den Dolomiten verorten würde. Dann ist der Rest der Gruppe auf der Passhöhe angekommen.

Eine kurze Abfahrt, dann wartet Rudi auf uns, von Christa immer noch keine Spur. NUn laden auch Rudi und ich unsere Räder auf das Auto und fahren gemeinsam mit der Gruppe nach Deqin. Da wartet dann nach Christa. Wäre dies die Tour de France, Christa hätte heute den entscheidenen Vorsprung herausgefahren.

Dann schlägt die große Stunde unseres Fahrers. Beziehungsweise seines Navigationssystems. Unser Hotel sei nicht in Deqin, sondern in Feilaisi, 10 Kilometer weiter. Leider bin ich zu müde, um zu insistieren, dass ich ein Hotel in der Stadt und nicht in der Tourizone gebucht habe. Das bringt uns eine halbstündige Fahrt bei Dämmerung nach Feilaisi, und dann, nachdem Xiao He, unser Fahrer eingesehen hat, dass das Hotel doch in der Stadt liegt (weil das Hotel in seinem Navi zwar ähnlich heißt, aber keine Zimmer mehr hat), eine halbstündige Fahrt bei Dunkelheit wieder zurück nach Deqin.

Das Hotel in Deqin weiss dann von uns, wir halten kurz den durchschwitzten Körper unter warmes Wasser und kehren in der kleine Garküche gegenüber für das bisher beste Essen der Tour ein.


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