No more Rock’n’Roll

Für Tommy

Tommy, unser thailändischer Partner, Fahrradenthusiast und Heavy-Metal-Schlagzeuger, schaut mich mit diesem typischen „Du-wirst-schon-sehen-was-Du –davon-hast“-Grinsen an. Wie jedes Mal, wenn ich ihm erzähle, dass ich gerne in Bangkok Rad fahre, hält er mich für sympathisch verrückt aber doch ein wenig bescheuert. Wir sitzen in einer dieser Gassen am Phra Sumen, den letzten Resten der Bangkoker Altstadt, trinken ausgezeichneten Espresso und sprechen darüber, dass wir unsere China-By-Bike-Räder in Orange lackieren wollen, planen virtuell ein paar Routen durch Thailand und verabreden uns für den 24. Februar, wenn ich wieder zurück in Bangkok bin, auf ein Bier.

„Rock’n’Roll!“, ruft er zum Abschied.

„Rock’n’Roll“ denke ich mir bei der Ausfahrt aus Bangkok. Die ersten knapp 10 Kilometer muss ich mich noch auf der Hauptausfallstraße quälen, zwischen sausenden Motorrollern und dröhnenden SUVs. Die Ampelphasen dauern in der Regel zwei bis drei Minuten, angezeigt von großen digitalen Countdowns. Noch 80 Sekunden, noch 40, noch 10. Motoren dröhnen, Reifen quietschen. Fahrräder sind hier nicht vorgesehen. Werden aber durchaus beachtet. Jedenfalls nicht überfahren. Wer auf der Straße ist, hat auch ein gewisses Recht, dort zu sein. Ob bunt bemalter Überlandbus oder Reiseradler auf Tourerkundung, mit zwei Packtaschen auf dem Gepäckträger. Radfahren in Berlin ist auf jeden Fall gefährlicher. Wenn auch weniger laut!

Nachdem ich es mit viel Geschick vermieden habe, auf die Autobahn zu fahren, habe ich meinen geplotteten Track erreicht. Kaum noch Verkehr. Guter Asphalt, erst an der Eisenbahn entlang, die ebenfalls in Richtung Kanchanaburi, meinem heutigen Etappenziel führt. Dann immer am Ufer eines stillen Kanals. Durch Dörfer, an Tempeln vorbei. Ländliche Idylle mit einer mich umgebenden Blütenpracht.

Gegen Mittag habe ich 90 Kilometer geschafft und gönne mir eine Nudelsuppe in einem der Holzverschläge am Wegesrand. Versuche der Hitze zu entfliehen. Und dem Gegenwind, der mir nun erfrischend aber doch ein wenig nervend entgegen bläst. Gegen Abend aber in Rückenwind umschlägt, gerade rechtzeitig, um meinen dehydrierten Körper (sechs Liter Wasser ohne Pinkelpause!) nach 140 Kilometern zu einem netten Resort am Ufer des River Kwai zu blasen.

Gerne würde ich Tommy anrufen, ihm erzählen, dass alles halb so wild war, ich eine tolle Route für die Weltreise gefunden habe.

Doch Tommy ist gestern gestorben. Herzinfarkt.

China By Bike verliert mit ihm nicht nur einen verlässlichen Partner und Seelenverwandten. Sondern auch einen Freund.

RIP, Tommy! We gonna miss you dearly.
Have fun jamming with Lemmy!

Rock’n’Roll!