Das Auge isst mit

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

98 km vom Hua Shan nach Luonan

Es ist zwar erst halb acht als wir losfahren, dennoch ist schon jetzt zu spüren, dass es ein heißer Tag werden wird. Der Verkehr donnert und wir fahren mit. Nach etwa zehn Kilometern und der ersten Abbiegung geht es recht gemächlich los mit der Steigung. Die hohen Felswände aus Schiefer und Sandstein schützen uns noch vor der morgendlichen Sonne. Wir begleiten einen noch ungezähmten Fluss, dessen grüne Wasser grosse Gesteinsbrocken umspielen bis zum Gipfel. Uns begleitet der morgendliche LKW-Verkehr. Fast wird das für Peter zum Verhängnis, der an einer besonders engen Stelle von einem Laster touchiert wird. Gott sei Dank ist nichts schwerwiegendes passiert, weder Peter noch dem Rad.

Auch der Trend des „Slowfood“ ist mittlerweile in China angekommen, wie wir aus eigener leidvoller Erfahrung berichten können. Während Diana und Thilo sich in den kleinen Gasse von Jindui verköstigen, setzen Peter, Rainer, Hans und ich uns zu einer deftigen Nudelsuppe ins Restaurant. Der Pass ist geschafft und man gönnt sich ein Bier. Dabei beobachten wir, wie hinter unserem Tisch die köstlichsten Leckereien in die Separees im zweiten Stock gebracht werden. Unser Tisch bleibt dagegen leer. Auf mehrmaliges Nachfragen erfahren wir, dass die Nudeln für unsere Suppen gerade frisch zubereitet werden und bald kommen. Nach einer Stunde entschließen wir uns dann endlich aufzubrechen. Da geht plötzlich alles ganz schnell, innerhalb von drei Minuten steht unser Essen auf dem Tisch. Vor Aufregung spritze ich mir die Brühe in die Augen, was Peter Trocken folgendermaßen kommentiert: „Das Auge isst mit“.

Nach der Pause erwartet uns ein ziemlich beständiger Gegenwind, der die Wirkung der Abfahrt leider etwas minimiert. Umso schöner ist die Gegend. Ordentlich bestellte Felder mit Weizen, Raps und Gemüse bepflanzt ziehen sich bis zum Fuße des Berges. Lehmziegelhäuser schmiegen sich seit längst vergangenen Zeiten in die Landschaft.

Golden ist das Abendlicht als wir in die Stadt einfahren.


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Wandertag

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

Wanderung auf dem Hua Shan

Wenn der lila Flieder wieder blüht, dann ist es Frühling, auch in China und damit auch die beste Zeit die beeindruckenden Gipfel es Hua Shan zu besteigen. In der morgendlichen Frische unter strahlend blauem Himmel geht es los. Der Eingang liegt hinter dem daoistischen Tempel am Fuße des Berges. Hier werden wir erstmal ordentlich mit Räucherstäbchen eingeräuchert und mit Feuerwerkskörpern beknallt. Eine ordentliche Portion blitzwaches China morgens gegen acht, wie sich das gehört.

Hinter dem Tempel geht es dann erst richtig los. Tickets kaufen, großes Sparpotential mal wieder durch Rainer, denn über 65jährige kommen fast überall verbilligt oder umsonst rein. Weitere 15 Biere kann der gute Mann nun auf sein Freibier-Konto schreiben. Dann Fingerabdrücke abgeben, China hat mittlerweile mehr Informationen von mir als Google, Karten entwertet und los. Zwischen steilen Felsklüften schlängelt sich der Weg gnadenlos bergan. Aber wir haben Schatten, Vögel zwitschern und duftende Fliederbüsche verströmen dezent ihr Aroma. Alles gut also. Wir quatschen uns den Berg hoch. Bis die ersten Stufen kommen. Ab da wird es dann doch etwas herausfordernder. Meine Gesprächsbereitschaft sinkt so ziemlich und bald beginnen auch meine Waden leise zu zwicken – ich bereue den faulen Winter, der hinter mir liegt…

Kleine Pausen mit Gebäck und Bananen geben uns Kraft und wir bewältigen unseren heutigen Tagesplan ziemlich bravurös, so dass gegen zwei auch ein Bier für alle drin ist. Danach eine letzte Anstrengung und der phänomenale Blick vom Gipfel als Lohn. Kurz dringt da der Ruf nach „Latoya“ an mein Ohr … Hm, ich muss mich wohl getäuscht haben…

Für den Rückweg entscheiden wir uns dann doch schweren Herzens für die Seilbahn, zu gerne wären wir die ganzen Stufen wieder hinab gelaufen, so als kleinen Test der Belastbarkeit unserer Knie. Die Vernunft siegt aber und wir genießen die hohen Berge nun noch von ganz oben aus der Luft.


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Pannenfrei und mit Bier

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

102 km zum Hua Shan

Zählen 37 und 13 km als vollwertiger Radtag? Oder sollte man das eher als Testlauf betrachten? So oder so, heute standen insgesamt 102 km auf dem Plan, mit dem ein oder anderen kleinen Anstieg als Vorgeschmack – es geht also langsam los mit der Fahrt. Dementsprechend früh sitzen wir im Sattel, lassen den ersten Kaiser bzw. seine Tonsoldaten links liegen und fahren in östliche Richtung zum heiligen Berg des Westens, dem Huashan.

Es geht zügig voran, nach 20 km beim ersten Zwischenstopp versorgt uns Xiao Yang mit Äpfeln und Bananen. Dann geht es weiter. Die Gegend wird ländlicher Obstplantagen und Weizenfelder wechseln sich ab, kleine Ortschaften passieren wir. Alte Männer sitzen zum kurzen Plausch am Straßenrand, an schattigen Plätzen wird schon mal die eine oder Runde Majiang gespielt.
hier ist der Frühling in vollem Gange: Alles blüht. Kilometerweit fahren wir durch lilafarbene Blütenhaine. Es duftet überall, nur in der Mittagszeit mischt sich ein leckerer Essensgeruch nach Sichuanpfeffer und gebratenem Fleisch darunter. Bevor wir aber für das Mittagessen bereit sind, ereilt uns der erste Schock: Hans hat sein Handy verloren! Obwohl er einen Teil der Strecke nocheinmal abfährt, das Gerät ist und bleibt verloren.

Frisch gemachte Nudeln gibt es. Es ist zwar erst halb 12, aber wir haben mehr als die Hälfte der Strecke schon geschafft und haben außerdem schlicht und ergreifend einfach Hunger. Gebratene Nudeln und lange, breite Bandnudeln gibt es, eine Spezialität hier, für die Rainer und ich uns entscheiden. Vier Nudeln pro Person werden uns zugetraut und im Nachhinein bleibt zu sagen, die Schätzung war ziemlich realistisch. Und Bier darf natürlich nicht fehlen. Seitdem ich meiner Gruppe in Xi’an ein natürlich bierloses muslimisches Restaurant zumutete, ist sie, was derartige Experimente angeht, etwas sensibel. Es gibt also Bier. Und frischen Knoblauch (für alle). Und danach? Ein altes neues Handy in Hans‘ Satteltasche.

So gesättigt und erleichtert kommen wir recht früh am Fuße des Huashan an und genießen unser kühles Schmutzbier.


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Es wird Regen geben oder wo ist Latoya?

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

Terrakotta-Armee, 58 km

Über das ideale Radreisewetter hat ja jeder so seine eigenen Ansichten: Die einen mögen es lieber kühl, die anderen hätten am liebsten 30 Grad im Schatten und wieder andere wünschen sich zumindest einen Regentag, um die neuen wasserdichten Socken zu testen. Nun: Harald S. (Anm. der Red.: Name geändert) kann sich freuen, heute war dieser Tag gekommen. Der Regentag. Unheilvoll verdichtet sich eine blaugraue Wolkenwand am Himmel über der Grabgarde des ersten chinesischen Kaisers. Nichts Gutes ahnend richtet Peter seinen Blick gen Himmel. Wir essen auf dem bunkeresken Vorplatz der Ausstellungshallen unser Eis.

Gerade eben haben wir es geschafft uns aus der „Exhibition Hall“ zu retten. Im dichten Gedränge waberten wir einmal an den beiden bronzenen Kultwagen aus Qinshihuangdi“s meganomaner Grabanlage vorbei. Nicht ohne Zeugen der Aufregung um eine gewisse Latoya zu werden. Aus verschiedenen Richtungen der, in der dunklen Röhre fast undefinierbaren homogenen Masse, ertönten raue Rufe. Laut. So laut, dass selbst ein chinesisch/ internationaler Pulk mit Leichtigkeit übertönt wird. Latoya, Latoya immer wieder. Doch von der ominösen, geheimnisvollen Latoya keine Spur. Welche Latoya denn nun nur? Latoya Jackson vielleicht? Dieses Rätsel wird für immer ungelöst bleiben. In der Zwischenzeit haben wir es zum Ausgang geschafft und verzehren bei beginnendem Regen unser Eis.

Und letztendlich ist es an der Zeit am vereinbarten Treffpunkt die anderen wieder zu treffen. Mittlerweile ist der Regen stärker geworden und wir lassen uns mit der strömenden Masse mittreiben. Richtung Ausgang. Dumm nur, dass der Treffpunkt am Eingang liegt und blöd auch das wir, Susanne L. , Christoph P. und Martin H. (Anm. der Red.: Namen geändert), offenbar keinen Orientierungssinn haben und verloren im Regen und in Pfützen rumtapsen. Aber wir haben zwei(!) GPS und so finden wir dennoch zu den Rädern, wo die anderen schon einträchtig warten, nur Harald S. ist traurig: Er hatte keine Socken an.

Für vier von uns endet der Abend beim leckeren Feuertopf. Keinen Finger müssen (oder besser dürfen) wir rühren. Sobald wir Anstalten machen, werden uns Stäbchen, Teller und Kelle aus der Hand gerissen. Der Koch hat auch seinen Spaß, die Kleinkinder hingegen halten neugierigen Abstand.


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Unterm Sternenhimmel in den Westen

Die Drei Schluchten des Yangzi, 11.04. bis 05.05.2019

Xi’an an

Xi’an: 1.000 km mit dem Zug durch die Nacht. Es schuckelt gemütlich, keiner schnarcht, kein Geschrei in der Nacht, beste Voraussetzungen. Warum also kann ich nicht schlafen? Am Morgen weiß ich die Antwort: Ich habe wohl in der falschen Richtung geschlafen, denn wie sich herausstellte schliefen alle mit dem Kopf zum Gang wie Engel, die „Kopf zum Fenster Fraktion“ dagegen überhaupt nicht.
Xi’an begrüßt uns mit mildem Temperaturen. Nach 1000 km auf den Schienen sind wir natürlich entsprechend hungrig und lassen uns erstmal zum Frühstücken fahren. Frisch zubereitete Wantan, Reissuppe, Sojamilch und gefüllte Hefeklöße erfüllen heute nicht nur das chinesische Frühstücksherz.

Sogestärkt geht es hurting weiter zu unserer nächste Station, nämlich dem Radladen. Fünf Räder erwarten uns. Peter dagegen ist einer Ohnmacht nahe, als seine Befürchtung zur Gewissheit wird: Sein vor Tagen in Peking aufgegeben Rad ist noch immer nicht im Radladen angekommen. Nach einigen Telefonaten stellt sich heraus, dass das gute Stück zwar schon in Xi’an, aber noch in der hiesigen Postzentrale ist. Also macht sich unser neuer alter Fahrer Xiao Yang dorthin auf und 20 min später hat Peter sein Rad endlich wieder.

Trotzdem machen wir erstmal ohne Räder weiter. Besteigen die mächtige mingzeitliche Stadtmauer und umrunden auf Leihrädern in 12 m Höhe die Xi’aner Innenstadt. Schlendernder Weise geht es durch die Altstadt zurück zum Hotel.

Die muslimische Altstadt, die sich hinter dem Trommelturm angesiedelt hat, ist sicher schon lange kein Geheimtipp mehr. Doch so voll und laut wie heute habe ich sie noch nie erlebt. Dennoch, das Essen schmeckt, nur das Bier wird schmerzlich vermisst.


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Mekong Teil 2

Goldenes Dreieck, 15.12.2018 bis 08.01.2019

Bootsfahrt nach Huay Xai, 150 km

Auch der heutige Morgen begann früh. Das Quartier war mäßig, das Frühstück spartanisch, doch Kapitän Khuai kannte keine Gnade. Spätestens halb 7 hatten wir uns bei ihm einzufinden, weil wir es sonst nicht schaffen würden, über die Thailändische Grenze. Wie wir später erfuhren, hätten wir schon noch ein bisschen mehr Zeit gehabt, aber zu dem Zeitpunkt konnten wir das nicht wissen.

Zunächst war es genauso kalt, wie am Vortag. Am Beginn der Reise sahen wir drei Elefanten, die am Ufer standen und was sie da genau machten, konnten wir nicht erkennen. Was Elefanten eben so machen, mit dem Rüssel wedeln, trompeten und genügsam dreinschauen.

Der heutige Tag war im weitesten Sinne eine Verlängerung des gestrigen und manchem aus der Gruppe wurde es bald zuviel. Andere konnten von dieser gemütlichen Art des Reisen kaum genug bekommen, konnte man doch endlich einmal Bücher richtig durchlesen, Videos anschauen, die man sich vorher runtergeladen hatte, oder einfach die Seele beim Blick aufs Ufer treiben lassen.

Und wieder Sandbänke, Felsen, ein paar Dörfer, Fischermänner und immer wieder Herden von Büffeln. Es ist keine aufregende Landschaft, aber eine, die zum Verweilen, zur Meditation anregt.

Das Mittagessen, welches Frau Khuai zauberte gehörte auch heute wieder zu den besonderen Highlights, frittiertes Gemüse, frittierter Fisch, ein wunderbares Curry und leckere Ananas zum Nachtisch.

Auch wenn wir uns mit den Khuais kaum verständigen konnten, waren sie uns doch ausgesprochen symphatisch.

Die Ankunft verlief abrupt und überraschte uns sehr. So sehr, dass wir glatt den Pappkarton vergaßen, den wir treu zweieinhalb Wochen mit uns mitgeschleppt hatten um am Ende Berts Fahrrad verpacken zu können. Man hönnte sich in den A…Hintern beißen.

Der Grenzübergang verlief ohne größere Vorkommnisse. Bis auf das die laotischen Beamten vergaßen Bert auszustempeln und man mich für einen Betrüger hielt, und ich den Zweifel nur entkräften konnte, indem ich mein Geburtsdatum richtig aufsagte. Ich frage mich, lag es an der Frisur, oder meiner Gewichtszunahme.

Nach einer kurzen Fahrt auf der thailändischen Seite, wo übrigens Linksverkehr gilt, eine Tatsache, an die wir uns hoffentlich bald gewöhnen, dann die Ankunft im Guesthouse.

Ein üppiges und schmackhaftes Essen im benachbarten Hotel, ein kleiner Schlummertrunk und wir sind bereit für unsere letzte Woche im goldenen Dreieck. Wir sind gespannt, was Thailand zu bieten hat.