Akklimatisieren und Einrollen

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigungstag in Lhasa: Potala-Palast und Kloster Sera, Abholen der Räder, 15 km Einrollen

Der Potala-Palast ist ein Muss. Trotz der vielen Ticketkontrollen und des begrenzten Zeitfensters – ab Betreten der „roten Etage“ bleiben 50 Minuten für die Besichtigung – ist die ehemalige Residenz der Dalai Lamas selbst als Museum noch eindrucksvoll. „Es gibt drei Farben am Gebäude: weiß, gelb und rot“. erklärt unser Guide Suonian, der nebenbei noch eine kleine Kneipe in der Altstadt betreibt und gestern bis spät in die Nacht Freunde bewirtet hat. Rot steht für Religiöses und kennzeichnet die Gemächer und Audienzräume der Dalai Lamas. Gelb steht für Macht. Die weißen Etagen waren reine Verwaltungstrakts. „Die schweren Vorhänge sind wie in den Nomdenzelten aus Yakwolle gefertigt. Sie weisen Wasser ab, lassen aber Sternenlicht durch“. In Gedanken schaue ich in einer lauen Sommernacht in die unendliche Weite des Sternenhimmels, nicht schlecht.

So erfahren wir allerlei über die Geschichte und Architektur dieses stolzen Bauwerks, während wir die vielen Treppen zu den obersten Etagen erklimmen. Es klappt zwar schon besser mit dem Treppensteigen als gestern, aber die Höhe macht sich immer noch bemerkbar. Leider ist fotografieren in den Innenräumen nicht erlaubt. Oder glücklicherweise, denn bei den vielen bunten, reich verzierten Kapellen, Privathallen, Audienzräumen, Grabstupas und Mandalas wären wir sonst nie weitergekommen.

Nach einem Mittagessen in den Hinterhöfen der Altstadt holen wir unsere Räder ab. Der neue UCC Radladen liegt etwas außerhalb, ist gut sortiert und voller Bilder des stolzen Inhabers und seiner Radfreunde. „Ich drehe noch schnell eine kurze Runde, nehmt euch schonmal eure Räder“, meint der Chef und ist mit seinem neuen bike auf und davon, nachdem er anerkennend meinte, Kogas seien in China eine Seltenheit. Er selbst sei auch schon nach Nepal gefahren, tolle Sache. Ich freue mich immer wieder, solche Radfreaks in China zu treffen. Franz und Ramon decken sich noch mit Trikots ein, wir übrigen mit Trinkflaschen, machen ein Gruppenfoto vor dem Laden und verabschieden uns von den Jungs vom Radladen. 

Zum Einrollen fahren wir ins nahe Kloster Sera. Annika ist noch nicht in China geradelt, da eignet sich die kurze Etappe zum Gewöhnen an den Stadt- und Gegen- und Querverkehr. Sera ist wie das Kloster Kumbum in Xining eines der sechs wichtigen Universitäten des Gelug Ordens. Wir sind noch rechtzeitig da, um den Mönchen beim Debattieren zuzuschauen. Es geht recht laut und lebhaft zu. In Paaren verinnerlichen die Mönche den vorher gelernten Text. Der Stehende stellt Fragen, der Sitzende muss antworten, und das stundenlang. Am besten funktioniert das Fragen, wenn man dabei auf und ab läuft, die Gebetkette schwingt und am Ende laut in die Hände klatscht.

Beim Einstellen der Räder im Hotelinnenhof treffen wir eine Brasilianerin, die in bestem Deutsch begeistert nachfragt, wie es denn mit dem Radeln in Tibet sei. In Südamerika könne sie aus Erfahrung Uruguay als Radland empfehlen. Wir plaudern noch eine Weile und gehen dann mit unserem eigentlichen Guide Tashi zum Abendessen. Lhasa ist voller unterschiedlicher Orte und Menschen. 


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Fahrn fahrn fahrn mit der Tibet-Bahn

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Mit der Tibet-Bahn von Xining nach Lhasa

Es ist Abend in Lhasa, die Stadt ist ruhig, nur der Regen plätschert auf die Dächer. Endlich sind wir in Tibet angekommen.

Gestern haben wir uns nach einer guten Portion handgemachter Jiaozi auf den Weg zum Bahnhof gemacht. Bepackt mit Fladenbroten, Joghurt, Obst, Rosinen, Keksen und der obligatorischen Packung Instantnudeln, die auf keiner Bahnfahrt fehlen darf. Wir sind nicht die einzigen, die im neuen Hauptbahnhof auf die Weiterreise warten. Der Z21 soll uns um 15:21 Uhr über die höchste Eisenbahnlinie der Welt nach Lhasa bringen. Es ist eine Fahrt der Superlativen. Ab Golmud liegen 80 Prozent der Strecke über 4.000 m, 550 km davon sind auf Permafrostboden gebaut, irgendwo zwischendrin liegt noch der höchstgelegene Tunnel überhaupt. Eine bautechnische Meisterleistung.

Sitzt man aber im Zug und hat es sich im Viererabteil gemütlich eingerichtet, ist es eher die Landschaft, die fasziniert. Hochland, Weite, Schaf- und Yakherden, Weite, Weite und noch mehr Weite. Und das fast 22 Stunden lang. Die Bahn überwindet in gemächlichem Tempo ein beachtliches Höhenprofil. Hinter Golmud geht es beispielsweise stetig von 2.800 m auf 4,772 m hinauf, in nur 160 km. Man kann in aller Ruhe aus dem Fenster schauen, lesen und essen. Zu Beginn fahren wir am Ufer des Qinghai Sees vorbei, mal scheint die Sonne, mal hängen wir in den Wolken. Den 5.072 m hohen Kanggula Pass passieren wir in der Nacht, Ramon war noch wach, hat aber auch nur den tollen Sternenhimmmel gesehen. Bei Tageslicht sind wieder verstreut kleine Jurten oder Höfe zu sehen, erst kurz vor Lhasa nimmt die Besiedelung deutlich zu, und neben der Bahntrasse wird eine Autobahn gebaut. Der Bauboom macht auch in Tibet nicht Halt.

In Lhasa angekommen, werden wir mit den traditionellen weißen Schals begrüßt. Den Rest des Tages lassen wir uns im Strom der Pilger und Touristen in der Altstadt rund um den Jokhang Tempel herum treiben. Da sollen heute die Bilder sprechen. Der Regen setzt erst spät am Abend ein, und wir hoffen alle, dass es spätestens in zwei Tagen, wenn wir auf die Räder steigen, schön trocken bleibt.


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Ein kleiner Vorgeschmack

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigungstag in Xining, Besuch des Kloster Kumbum

Tag eins der Tibettour beginnt in der Provinz Qinghai. Denn wir wollen uns langsam akklimatisieren, und die Provinzhauptstadt Xining, auch Startpunkt der Tibet-Bahn, liegt immerhin schon auf 2.200 m Höhe.

Wir sind zu fünft unterwegs und haben die Räder also vorläufig gegen das Auto eingetauscht. Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel lassen wir uns zum Kloster Kumbum (chinesisch Taersi) kutschieren. Ein kleiner Vorgeschmack auf Tibet, denn diese große buddhistische Lehranstalt ist eines der sechs wichtigsten Klöster des Gelug Ordens – errichtet an der Geburtsstätte des Ordensgründers Tsongkhapa, was dem Ort eine noch größere Bedeutung verleiht.

Hatte ich das Kloster als ein von chinesischen Reisegruppen übernommenes Highlight in gut erreichbarer Nähe von Xining in Erinnerung, so war es heute angenehm ruhig hier. In einer der ersten Hallen wurden wir von einem jüngeren Mönch unter die Fittiche genommen. Dann ging es von einer Halle in die nächste, Buddas, Bodhisattvas und Taras anschauen, Gebetsmühlen drehen, zwischendurch Ausruhen in der Sonne, schließlich muss das Gesehene auch verdaut werden. „Das richtige Herz bei der ganzen Sache zu haben, ist das Wichtigste“, meint der Mönch. Dann kann man auch zwischendurch Lieder singen, fröhlich herumtanzen und für Fotos posieren. Heute haben wir erlebt, wie lebendig das Mönchsleben zeitweise sein kann.

Einen kulaninarischen Vorgeschmack haben wir auch bekommen, und zwar im Einzugsgebiet der Großen Moschee, denn die Stadt selbst ist eher islamisch geprägt. Selbstgemachte Teigtaschen gefüllt mit Lamm oder Rindfleisch, gezogene Nudeln, allerhand Süßigkeiten und Fladenbrote. In der Nähe der Shuijing Gasse gibt es zusätzlich die obligatorischen Trendgetränke, wie Milchtee mit Getreidekörnern auf Eis in Plastikbechern. Das sind kurzlebige Modeerscheinungen, die im nächsten Jahr durch etwas anderes abgelöst werden, hoffentlich zur Abwechslung nicht in Einwegplastik. Einmal mehr ist er Magen zu klein für die riesige Auswahl an Speisen.“Süßigkeiten machen langsam“, wird auf dem Rückweg ins Hotel festgestellt, nicht etwas wegen der Gewichtszunahme, sondern der vielen Stopps für den Hunger zwischendurch.

Morgen geht es mit der Tibet-Bahn in Richtung Lhasa, wo wir uns weitere zwei Tage lang auf die Höhe einstellen, bevor unsere Radtour richtig beginnt.


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Nudelsuppe und Teekultur

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Letzter Tag in Lanzhou mit Nudelsuppe, Teeprobe und einem Besuch im Provinzmuseum

Heute ist also Abreisetag. Bevor wir uns aber zur letzten Nudelsuppe treffen, gönnen wir uns etwas Kultur. Zuerst ist eine Teeverkostung im Geschäft von Frau Wang angesagt. Wir probieren einen Grüntee aus Gansu, einen Longjing Tee vom Westsee bei Hangzhou und einen Weißen Tee, der aus den Höhenlagen bei Anji ebenfalls an der Ostküstenprovinz Zhejiang stammt.

„Der Tee aus Gansu ist etwas bitterer, man kann ihn aber häufiger aufgießen,“ erklärt uns Frau Wang, „beim Longjing aus Hangzhou werden alle Aufgüsse nach dem vierten etwas fade im Geschmack“. Der allererste Aufguss dient nur zum Waschen der Teeblätter und zum Anwärmen der Tassen und zählt nicht mit. So trinken wir ein Tässchen nach dem anderen, der Zimmerbrunnen plätschert und ein Zierfisch dreht im Aquarium seine Runden. Zu guter Letzt lässt uns Frau Wang noch einen Jasmintee probieren. „Die meisten Leute hier trinken eigentlich am liebsten Blumentees, deswegen wollte ich Euch den nicht vorenthalten. Für die Grüntees nimmt man am besten Glastässchen, darin kommt die Farbe besser zur Geltung, bei Blumentees kann man eher welche aus Porzellan nehmen“. Es geht langsam und entspannt zu, man kann hier drinnen die Großstadt ganz gut vergessen und wir erfahren noch viel über den Tee, seine Lagerung und wie man die kleinen Tässchen richtig hält.

Zuviel Tee macht duselig, und wir wollen ja noch weiter. Also begeben wir uns wieder in die Stadt und in die Obhut der Taxifahrer, die es irgendwie schaffen, sich ohne Schrammen doch noch durch den dichten und chaotischen Lanzhouer Straßenverkehr zu schlängeln. Im Provinzmuseum von Gansu verbringen wir gute zwei Stunden, es gibt einiges zu sehen über die Seidenstraße, Keramikherstellung und buddhistische Kunst. Es ist Samstag Nachmittag, das Museum kostet keinen Eintritt, es strömen immer mehr Familien in die Ausstellungen. 

Dann müssen wir uns wirklich aufmachen zum Flughafen und zur langen Heimreise. Wie so oft ist es schießlich die Deutsche Bahn, die zumindest mir einen Strich durch die frühe Ankunft gemacht hat. Na ja, wenn man zum Ferienende genau dann morgens, wenn die ersten Flieger landen, in Frankfurt Flughafen nur einen winzigen ICE bereitstellt, kommt eben maximal die Hälfte der Reisenden mit. Ich nehm`s gelassen und hoffe, dass alle anderen gut und etwas schneller zu Hause angekommen sind.

Und hier ein wenig Statistik: Wir sind in Osttibet in Höhen zwischen etwa 1.500 und 3.900 Metern geradelt und haben dabei drei platte Reifen gehabt, 967 Kilometer zurückgelegt und 11.386 Höhenmeter überwunden. Die Temperaturen lagen zwischen kühlem 1 Grad und hübsch-heißen 33 Grad. Vom höchsten Punkt gibt es kein Foto, weil uns der Graupelschauer vorwärts getrieben hat. Ansonsten: Kaum Verkehr, nur eine längere Schotterpiste und immer wieder großartige Landschaften… eine tolle Tour.

 

Ausklang

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Freizeit in Zhangye und Zugfahrt nach Lanzhou

Die Orte werden immer größer und unsere Reise neigt sich dem Ende zu. Heute sind wir wieder an unserem Startpunkt in Lanzhou angekommen.

In Zhangye sind die Temperaturen gestern auf 33 Grad gestiegen. Der Vormittag war noch kühl genug, um dem Liegenden Buddha von Zhangye einen Besuch abzustatten. Die Parks sind in chinesischen Städten oft die einzigen Ruhepole mit genügend Schatten zum Verweilen. Vorher haben wir uns noch von Xiao Ding verabschiedet, der seinen 2.500 Kilometer langen Heimweg antritt. Sieben Fahrräder packt er locker in den Kofferraum seines Siebensitzers, sogar für unsere Koffer, die wir nicht im Zug nach Lanzhou mitnehmen wollen, ist noch Platz. Gute und sichere Reise, und bis zum nächsten Mal, Xiao Ding!

In der Stadt ist es später heiß und laut. Nicht nur wegen der Baustellen, sondern auch, weil wir uns gerade zur Mittagspause am Schultor befinden. Hunderte Schüler strömen nach draußen, um die Mittagspause zu genießen und um uns Westler anzuschauen. Einge der Mädchen sind schließlich in der Gruppe mutig genug und sprechen Ruth und Thomas auf Englisch an. Eine Frage, gefolgt von Gekicher, Warten auf die Antwort, große Augen, wieder Gekicher. Das geht eine ganze Weile so.

Den Rest des Tages verbringt jeder nach Lust und Laune und wir treffen uns erst am Abend im Biergarten wieder. Die Temperaturen sind mittlerweile erträglich und allmählich erwacht hier das Leben. Wir staunen und lernen die hiesige Biergartenkultur kennen. Der „Beijing Bikini“, also lässig über den Bauch hochgerolltes T-Shirt, ist auch bei den Männnern in Zhangye verbreitet. Wir essen gegrillte Gemüse- und Lammfleischspieße, Chicken Wings und Fladenbrote. Das alles ist auch in der milden Variante noch so scharf, dass wir notgedrungen zum kühlen Fassbier greifen müssen. So lässt es sich eigentlich ganz gut leben. Ganbei.

Die Fahrt vom neuen Zhangye Westbahnhof nach Lanzhou dauert dank der Schnellzugstrecke am nächsten Tag nur knappe dreieinhalb Stunden. Beim Abendessen fragen wir uns unter anderem, warum es in Stuttgart, Münster, Dortmund und anderen deutschen Städten noch keine Nudelsuppenläden gibt. Die berühmten Lanzhou Lamian würden sicher auch bei uns gut ankommen. „Aber ob man einen deutschen Bauarbeiter dazu bekäme, statt Currywurst Pommes eine Nudelsuppe mit Stäbchen zu essen… ich weiß nicht“ wirft Manja ein. Ich zumindest würde mich über ein Frühstückslokal um die Ecke mit Nudeln und Jiaozi sehr freuen. Den letzten Abend lassen wir gemütlich ausklingen (ohne Fotos für den Blog), morgen geht es für uns alle auf den Heimweg.

Die Statistik folgt.

 

 

Ein Stückchen Seidenstraße

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Besichtigungstag in der Umgebung von Zhangye

Irgendwann in der Nördlichen Wei-Zeit (etwa 380-530 n.Chr.) hat das Matisi, also die Pferdehuf-Grotten, wohl seinen Anfang genommen. Vielleicht war es erst eine buddhistische Meditationshöhle, mit der Zeit wurden es mehr und dann kamen die Höhlentempel dazu. Als dann der Handel an der Seidenstraße aufblühte, baten hier sicherlich auch Mitglieder von Karawanen um Schutz für die nicht ungefährliche Reise.

Heute lassen wir uns von Xiao Ding insgesamt gute 200 Kilometer weit kutschieren. Silkroad by car, statt China by bike. Unsere Ziele sind das Matisi und der Danxia Geopark. Es ist zwar nicht vergleichbar mit dem ausgefallenen Radtag, aber beide Orte haben etwas Besonderes an sich. Matisi liegt mit seiner langen Geschichte in einer tollen Bergwelt, im Falle von Danxia konnte sich ein Gebirgszug wohl nicht entscheiden und hat gleich sieben verschiedene Farbmuster hervor gebracht. Danxia ist ungleich stärker besucht, in dem großen Areal verteilen sich die Touristen aber recht gut auf kleine Busse, die einen „Hop on-Hop off“-Rundweg fahren und an vier spektakulären Punkten für einen Spaziergang anhalten.

Am Ende des Tages steht fest: so schön die Orte auch waren, im Auto zu sitzen ist anstrengender als Radfahren, vor allem, wenn die Temperaturen in Danxia über 30 Grad klettern. Hier ein paar Eindrücke.


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Zieleinfahrt nach Zhangye

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Von Minle nach Zhangye, 66 km bergab, 30 Grad

„Euer Gepäck ist ganz schön schwer geworden,“ meint Xiao Ding heute bei der Abfahrt. Handschuhe, Mütze, Winterbuff, Fleeceweste, Regenjacke, lange Radhose, Regenhose, Neoprenüberschuhe, Gamaschen, das alles ist heute im Koffer geladet. In den Bergen hatten wir diese Sachen griffbereit und auch benutzt. Aber jetzt ist es Sommer geworden im Hexi-Korridor.

Unser letzter Radtag – leider, leider – war auch der schnellste. Wir sind gut eingefahren, es geht 66 Kilometer bergab, der Wind weht von schräg hinten, mit einem 30er Schnitt rauschen wir ganz entspannt auf unseren Zielort Zhangye zu. Die Baustelle zur Verdopplung der Straßenbreite war zwar staubig, groß aufgehalten hat sie uns aber nicht. Die heutige Szene des Tages lief folgendermaßen ab: wir machen gerade auf einer kleinen Nebenstraße eine kurze Pause. Ein geschätzt 80 Jahre alter Herr schiebt sein Fahrrad, es hatte Holzpedalen, die Straße herauf und summt eine Melodie. Sieht uns, schaut uns an, dann die Räder, fängt lauthals an zu lachen, lacht und lacht und geht weiter. Ok. Das können wir auch, und kurze Zeit später ist das allgemeine Gelächter groß.

Das Lachen vergeht mir, als ich Zhangye sehe. Die Stadt erkenne ich kaum wieder, ganze Straßenzüge werden abgerissen, neue sind dazu gekommen, viele Läden stehen leer, es sieht nach Abriss aus. In der sengenden Nachmittagshitze wirken die Dimensionen der Wohnblöcke unmenschlich groß. Erst nach Einbruch der Dunkelheit ändert sich die Atmosphäre und Zhangye entfaltet seinen Charme. Die nun bunt beleuchteten Straßen und Plätze füllen sich, überall wird flaniert, geplaudert, gespielt oder getanzt. Wir schlendern noch eine Weile durch das Städtchen und lassen die Tour Revue passieren. Sommer, Winter, weite Ebenen, schmale Schluchten, neue Straßen und Schotterpiste, und sehr viel mehr war dabei. Schön war’s, da sind wir uns einig.


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Durch die Dörfer

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Kleine Spazierfahrt bei Minle zum Qinglong Tempel, 56 km, mit 642 Höhenmetern fast eben

Als wir unser spätes Frühstück einnehmen wollen, haben die Hotelbediensteten gerade Morgenappell. Es wird berichtet und anschließend getanzt, vor dem Hoteleingang an der Straßenkreuzung.

Auch in Minle wird viel gebaut, beispielsweise eine neue Pagode für den Stadtpark, der ein wenig aufgefrischt werden soll. Dann fahren wir so nah wie möglich an die Berge heran, müssen aber wegen des Naturschuztgebietes schließlich auf die halbe Höhe ausweichen. Ein starker Rückenwind, den wir erst auf dem Rückweg bemerken, treibt uns die wenigen Höhenmeter hinauf, entlang eines Kanals, der die trockene Lößebene bewässert.

So tingeln wir eine Weile durch die Dörfer, bis zum Qinglong Tempel, der natürlich weit oben in den Hügel gebaut ist. In der Nähe gibt es ein neues Restaurant, das einzige weit in breit in dieser ländlichen Gegend. Immer wieder ruft der Kuckuck, Autos fahren hier nur wenige. Gefroren haben wir heute nicht, im Gegensatz zu gestern, als endlich alle mitgebrachten warmen Radsachen zum Einsatz kamen. Das eigentlich Faszinierende aber ist die Kulisse: schroffe, schneebedeckte Berge vor sanften Hügelketten und der leicht ansteigenden Ebene. Schöner wäre es nur noch gewesen, irgendwo in der Nähe über einen Pass zu fahren. Wenn ich das zu Hause doch auch hätte.

Dass wir heute schon in Minle sind, war uns gestern früh auch noch nicht bewusst. Aber es gibt eine neue zentralstaatliche Bestimmung, dass Ausländer nicht mehr einfach in Qingshizui und Ebao übernachten dürfen. So mussten wir uns nach der 95 Kilometer langen Radstrecke gezwungenermaßen ins Auto setzen und nach Minle fahren lassen. Immer wieder etwas neues…


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Fahrradfreundliches Xining

Durch das wilde Osttibet, 12.05. bis 03.06.2018

Vom Kloster Kumbum nach Datong, 77 km, 355 Höhenmeter, kühl aber trocken

Xining hat das Zeug, zur radfreundlichsten Stadt Chinas gekürt zu werden. Zumindest kenne ich keinen anderen Ort, der ein so langes und gut ausgebautes Netz an Radwegen hat wie die Hauptstadt Qinghais.

Von unserem nass-kalten Übernachtungsort Huangzhong rollen wir also wieder durch den Technologiepark und befinden uns schon auf dem Radweg nach Xining. Zuerst nehmen wir die ausgeschilderte „Nanchuan Line“, durch die Parks, das Wäldchen und am Bauernmarkt vorbei, wir erkennen sogar einige Spaziergänger von gestern wieder. Eine Wandergruppe ist mit Kameras bewaffnet unterwegs und freut sich sichtlich und lautstark über Ausländer auf dem Fahrrad, und der Warnruf „Vorsicht Rückwärtsgeher“ kommt nahezu genauso häufig wie die Warnung vor den kleinen etwas dummen Hunden.

In Xining wechseln wir auf den Ost-West-Radweg, der uns an skurrile Orte wie ein grünes Flussufer mit Saxophonspieler inmitten der Baustellen der Stadt führt. Nur für das Museum für Tibetische Medizin müssen wir auf die Straße zurück. Ein 618 Meter langes Tangkha, das das gesamte Obergeschoss einnimmt, zeigt die Geschichte und Kultur Tibets, quasi so etwas wie eine sehr detaillierte Bibeldarstellung, denke ich mir, und ist äußerst beeindruckend. Das kommt also dabei heraus, wenn nach 23 Jahren Vorbereitung 400 Künstler noch vier Jahre lang gemeinsam an einem Bild malen.

„Wir wollten doch Landschaft fotografieren und jetzt knipsen wir Radwege“, meint Ruth, als der Radweg tatsächlich auch hier weitergeht, bis nach Datong. Man stelle sich das so vor: rechts und links vom Fluss ist Baustelle, oder quasi nichts vorhanden, aber der Radweg ist schon angelegt. Mal radeln wir durch angepflanzte Haine, in denen die Anwohner mit Zelten picknicken, mal gibt das Brachland den Blick frei auf die Schwerindustrie und Kraftwerke in den Vororten Datongs. Schafherden sind wir auch begegnet.

Kurz bevor es langweilig wird, geht es in die Kleinstadt Datong. Wir kommen in einem neuen modernen Gebiet mit Malls und unzähligen Restaurants unter, in denen die Leute uns versichern, vor uns noch nie Ausländer hier angetroffen zu haben. Ruth und Thomas bekommen sogar von ein paar mutigen Kindern ein Eis geschenkt. Chinesische Kleinstädte sind immer wieder für Überraschungen gut. Fast alle Lokale bieten Feuertopf an, und ich habe die Qual der Wahl. Das ausschlaggebende Argument ist schließlich der Ausschank von Alkohol, den es in den muslimisch geführten Restaurants nicht gibt. Es ist Wochenende und die Kinder spielen noch spät auf der Straße. Welch ein Unterschied zum gestrigen Örtchen, in dem nach Abfahrt der Touristenbusse schon sehr früh die Bürgersteige hochgeklappt wurden.


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